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Der Diktator (lat.: Dictator) war ein mit weitgehenden Vollmachten ausgestattetes politisches Amt in der Zeit der Römischen Republik, das jedoch zeitlich befristet war.

Es handelte sich um ein, allerdings außerordentliches, Magistratsamt (magistratus extraordinarius), wobei das bei den normalen Ämtern des cursus honorum übliche Prinzip der Kollegialität nicht galt: Es gab jeweils nur einen Diktator. Dieser war auch anderen übrigen Magistratsbeamten übergeordnet und konnte selbst nicht für Taten während seiner Amtszeit belangt werden.

Amtszeit und Aufgaben

Angesichts der historisch begründeten Abneigung der Römer gegen eine dauerhaft unbegrenzte Herrschaftsgewalt, wie sie die römischen Könige besaßen, wurde die Amtszeit eines Diktators, der nur in besonderen Situationen berufen wurde, auf maximal sechs Monate begrenzt. Außerdem war seiner vollständigen Amtsbezeichnung oft die spezielle Aufgabe beigefügt, die er zu lösen hatte: zur Abhaltung von Wahlen (comitiorum habendorum causa), zum rituellen Einschlagen eines Nagels (clavus annalis) im Jupitertempel (clavi figendi causa), zur Festsetzung von Festtagen bei bestimmten Vorzeichen (feriarum constituendarum causa), für die Abhaltung von Spielen (ludorum faciendorum causa), zur Durchführung von Gerichtsverfahren (quaestionibus exercendis) und (nur einmal belegt) zur Auffüllung des Senats (legendo senatui). In solchen Fällen konnte seine Amtsführung manchmal auch nur wenige Tage betragen, denn man erwartete von den Diktatoren, dass sie ihr Amt vorzeitig niederlegten, sobald die unmittelbare Aufgabe, zu deren Erledigung sie mit den diktatorischen Vollmachten ausgestattet wurden, gelöst war.

Erst gegen Ende der Römischen Republik gab es Versuche, die maximale Amtszeit von sechs Monaten zu verlängern, zunächst bei Sulla und schließlich bei Julius Caesar, dessen Amtszeit denn auch die Wende in der römischen Verfassungsgeschichte von der Magistratsherrschaft hin zur Herrschaft einer einzelnen Person brachte, wie sie dann unter Augustus als Prinzipat verwirklicht wurde. Auch diesen Langzeit-Diktatoren war ihre sehr umfangreiche Aufgabenstellung mitgegeben: dictator legibus scribundis et rei publicae constituendae (Erlassung von Gesetzen und Neugestaltung des Staates).

Frühe Geschichte

Nach dem Sturz der Monarchie in Rom (traditionell um das Jahr 510 v. Chr.) und der Errichtung der Republik sorgte man einer künftigen Alleinherrschaft dadurch vor, dass von nun an zwei gleichberechtigte Konsuln bestimmt wurden, die für ein Jahr amtierten; ein Konsul konnte dabei gegen Maßnahmen des anderen sein Veto einlegen (Interzessionsrecht). Angesichts der Gefährdung der Römischen Republik durch Angriffe von außen erkannte man aber bald, dass in Notzeiten eine straffere Führung von Vorteil sein konnte. Daher entschloss man sich laut der (vermutlich später konstruierten) Überlieferung im Jahre 501 v. Chr., das Amt des Diktators einzuführen. Die lex de dictatore creando dieses Jahres sah vor, dass zum Diktator nur bestimmt werden konnte, wer vorher Konsul gewesen war. Berufen wurde der Diktator, indem der Senat den Beschluss (senatus consultum) fasste, mit dem einer der Konsuln autorisiert wurde, einen Diktator zu benennen. Die Konsuln selbst durften nicht ohne den Senat entsprechend aktiv werden. Der so beauftragte Konsul ernannte dann eine Person seiner Wahl zum Diktator, in der Regel zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang. Meist wurde die Person bestimmt, die bereits vom Senat für dieses Amt vorgeschlagen wurde; der Konsul war aber nicht an den Personalvorschlag des Senats gebunden, sodass es auch Fälle gab, wo ein Konsul davon abwich. Die Berufung zum Diktator erfolgte für gewöhnlich in Rom, war aber der Gewählte nicht in der Stadt, kam es vor, dass der Senat dem Konsul den Auftrag gab, den Diktator außerhalb Roms in sein Amt einzuführen; allerdings hielt man sich an die Regel, einen Diktator nicht außerhalb Italiens zu bestimmen. Ursprünglich war das Amt des Diktators den Patriziern vorbehalten. Im Jahre 356 v. Chr. ging man aber davon ab, als der Plebejer Gaius Marcius Rutilius zum Diktator ernannt wurde.

Man behielt die Regel, dass es jeweils nur einen Diktator geben durfte, stets bei. Lediglich unmittelbar nach der Schlacht von Cannae im Jahre 216 v. Chr. nominierte man Marcus Fabius Buteo zum Diktator (mit der Aufgabe, die freien Plätze im Senat wieder aufzufüllen), obwohl es mit Marcus Junius Pera bereits einen amtierenden Diktator gab. Marcus Fabius Buteo verzichtete jedoch aus eben diesem Grunde darauf, sein Amt auch anzutreten.

Befugnisse und Machtmittel

War ein Diktator bestimmt, so hörten die Magistratsbeamten praktisch mit ihrer unabhängigen Amtsverwaltung auf und ordneten sich stattdessen dem Diktator unter, dessen Befehle sie ausführten. Die Machtfülle des Diktators ergab sich dabei vor allem durch seine Unabhängigkeit vom Senat und dadurch, dass er sich keinem Gerichtsverfahren unterziehen musste und völlige Immunität besaß. In gewisser Weise ähnelte er damit dem Volkstribun, doch repräsentierte der Diktator die gesamte römische Nation, nicht nur die Plebejer. Zwar stellte sich kein Diktator offen gegen den Senat, prinzipiell war ein Diktator aber, zumal da er keinen Amtskollegen hatte, völlig unabhängig. Gegen seine Beschlüsse gab es auch keine Revisions- oder Appellationsmöglichkeit, sie waren in jedem Fall bindend. Als Zeichen seiner absoluten Macht über Leben und Tod wurden dem Diktator von den (24) Liktoren das Beil und die Fasces vorangetragen.

Dem Diktator war es sogar erlaubt, römische Gesetze zu ändern, wenn er dies zur Abwehr der Gefahr für notwendig erachtete. Er konnte neue Gesetze erlassen, die nicht der Zustimmung durch die Volksversammlungen bedurften. In der Regel stellten die Diktatoren ihre Gesetze aber dennoch zur Abstimmung, um im Volk einen festeren Rückhalt ihrer Position zu erlangen. So geschah es etwa im Fall der Proskriptionsgesetze Sullas. Zugleich war der Diktator auch oberster Gerichtsherr sowie Oberbefehlshaber des Heeres und Herr über die Exekutive.

Das Verhältnis zwischen Diktator und Volkstribun war offenbar nicht genau geregelt. Zwar besaßen auch die Volkstribunen eine unabhängige Stellung, während einer Diktatur waren aber auch sie den Anordnungen des Diktators unterworfen und konnten dessen Aktionen etwa nicht durch ein Veto blockieren. Da das Amt des Diktators vor dem des Volkstribuns geschaffen wurde, sah man offenbar keine Veranlassung, die Befugnisse des Diktators in Bezug auf den Tribun gesondert zu regeln.

Magistratsbeamte besaßen zwar ebenfalls in ihrer Amtszeit Immunität. Sobald diese Amtszeit aber vorbei war, konnten sie für Fehlverhalten und Straftaten jedoch belangt werden. Dies war beim Diktator nicht der Fall, dieser besaß gewissermaßen Immunität auf Lebenszeit bzw. man behandelte eventuelle Rechtsverstöße so, als seien sie nicht aufgetreten.

Die Herrschaftsgewalt (das imperium) wurde angesichts dieser Machtfülle nicht selten mit der der früheren Monarchen verglichen, von der sie sich im Wesentlichen nur durch die zeitliche Begrenzung unterschied. Es gab allerdings noch einige weitere Einschränkungen: So behielt der Senat auch während einer Diktatur die Kontrolle über die Finanzen, sodass der Diktator mit der Summe auskommen musste, die der Senat ihm zugestand. Außerdem durfte er Italien nicht verlassen, um dem eigenen Staat nicht von den Provinzen oder dem Ausland aus gefährlich werden zu können. Auch durfte er in der Stadt Rom selbst nicht ohne Zustimmung des Volkes hoch zu Pferd auftreten – dies hätte allzu deutliche Erinnerungen an das Verhalten der Könige heraufbeschworen. Immerhin aber waren einige der diktatorischen Insignien königlicher Herkunft: Neben dem Beil und den Fasces (die auch von den Konsuln und den Prätoren als Insignien verwendet wurden), waren das der kurulische Stuhl und die Toga Praetexta.

Dem Diktator stand stets ein von diesem ernannter magister equitum (Reiteroberst) zur Seite. Wenn dieser während der Amtszeit des Diktators starb, musste der Diktator einen neuen bestimmen. Mitunter schlug auch der Senat einen Kandidaten vor. Der magister equitum war höchster Beamter abgesehen vom Diktator, dem er untergeordnet war, den er aber in dessen Abwesenheit vertreten konnte. Das imperium des magister equitum galt ansonsten als gleichrangig mit dem eines Prätors. Im allgemeinen galt, dass ein magister equitum vorher Prätor gewesen sein musste, doch gab es von dieser Regel auch Ausnahmen. Den magister equitum begleiteten, wie den Prätor, sechs Liktoren und wie der Prätor trug auch er eine Toga Praetexta.

Spätere Geschichte

Die Diktatur spielte vor allem eine Rolle in den Punischen Kriegen. Als ein Diktator seine Amtsgewalt dazu nutzte, auch außerhalb Italiens, in Afrika, Krieg zu führen, obwohl dies nicht den Regeln des Amtes entsprach, dachte man über eine Verfassungsänderung nach, zumal der Afrikafeldzug in einem Fiasko endete. Als dann aber Hannibal in Italien selbst einfiel, machte man erneut von der Institution der Diktatur Gebrauch. Nach dem Ende des Zweiten Punischen Krieges verschwand dann aber das Amt des Diktators und der Senat wählte stattdessen das Instrument des senatus consultum ultimum, einer Art Notstandsgesetz, mit dem der Senat die beiden Konsuln mit unbeschränkten Befugnissen ausstatten konnte.

Erst Sulla ließ das Amt wieder aufleben, veränderte aber zugleich dessen Charakter. Amtierten Diktatoren bis dahin rei gerendae causa, so ernannte sich Sulla selbst im Jahre 82 v. Chr. (ohne vorherige Befragung des Senats) zum dictator rei publicae constituendae causa, wobei er darauf verzichtete, seine Amtszeit zeitlich zu beschränken. Er hatte es dann auch mehrere Jahre inne, ehe er schließlich freiwillig zurücktrat.

Nächster Diktator wurde dann Julius Caesar, der die Form insofern wahrte, als er die Amtszeit auf ein Jahr beschränkte. Die politische Situation nutzte er aber so geschickt aus, dass er das Amt zehnmal hintereinander antreten konnte, was auf eine zehnjährige Diktatur hinauslief. Schließlich beschloss der Senat, Caesar zum dictator perpetuus, also zum Diktator auf Dauer zu ernennen, was allerdings Anlass für republikanisch gesinnte Gegner Caesars wurde, diesen zu ermorden. Nach dem Attentat verkündete Caesars Mit-Konsul die Lex Antonia, mit der das Amt des Diktators abgeschafft wurde. Später bot man dennoch Augustus dieses Amt an, der sich aber stattdessen für ein eigenes Prinzipat genanntes Verfassungsmodell entschied, das die Formen der Republik wahrte, zugleich aber die unangefochtene Machtstellung des Kaisers sicherte, womit in gewisser Weise die klassische Diktatur in gewandelter Form ihren Höhepunkt feierte.

Der Begriff Diktatur, der sich aus dem Amt der römischen Republik herleitete, hatte in späteren Epochen eine meist negative Konnotation. Die faschistische Diktatur Italiens im 20. Jahrhundert knüpfte auch in ihren Symbolen dagegen bewusst an das antike Rom an.

Liste der römischen Diktatoren (Auswahl)

501 v. Chr. - Titus Larcius Flavus

396, 390, 389, 368 und 367 v. Chr. - Marcus Furius Camillus

439 und 439 v. Chr. - Lucius Quinctius Cincinnatus

342 und 301 v. Chr. - Marcus Valerius Corvus

334 und 333 v. Chr. - Publius Cornelius Rufinus

324 v. Chr. - Lucius Papirius Cursor

315 v. Chr. - Quintus Fabius Maximus Rullianus

zw. 292 und 285 v. Chr. - Appius Claudius Caecus

287 v. Chr. - Quintus Hortensius

249 v. Chr. - Aulus Atilius Caiatinus

221? und 217 v. Chr. - Quintus Fabius Maximus Cunctator

203 v. Chr. - Publius Sulpicius Galba Maximus

81/79 v. Chr. - Lucius Cornelius Sulla Felix

46 v. Chr. und 45/44 v. Chr. - Gaius Julius Caesar, dictator perpetuus

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