Als Censur (lat. censura; v. censere = begutachten, schätzen) bezeichnet man das Amt oder die Amtstätigkeit des Censors. Der Censor war einer der Beamten der römischen Republik. Zu seinen Aufgaben gehörte die Durchführung von Volkszählungen und Vermögensschätzungen (census) und die Aufsicht über die Sitten der römischen Bürger (regimen morum).
Entwicklung der Censur
Die Censur wurde am Anfang des 5. Jahrhunderts v.Chr. (nach Livius im Jahr 443 v. Chr.) geschaffen. Zuvor waren die Aufgaben der Censoren von den Konsuln wahrgenommen worden. Anders als das Konsulat war die Censur kein jährlich vergebenes Amt. Ursprünglich wurden die Censoren in unregelmäßigen Abständen gewählt. Später bestimmte man alle fünf Jahre zwei Censoren, die ihre Aufgaben binnen 18 Monaten zu erledigen hatten. Die Wahl erfolgte in den Zenturiatkomitien.
Lucius Cornelius Sulla und Gaius Iulius Caesar schafften die Censur zeitweilig ab. In der Kaiserzeit gingen die früheren Aufgaben der Censoren allmählich auf den Kaiser und auf andere Amtsträger über. Im Lauf des 2. Jahrhunderts wurde die Wahl von Censoren unüblich. Das Amt verschwand damit früher als andere republikanische Ämter.
Befugnisse der Censoren
Die wichtigste Aufgabe der Censoren (und diejenige, von der das Amt seinen Namen hat) war der so genannte census, die Zählung der Bürger und die Feststellung ihres Vermögens. Im Zusammenhang mit dieser Zählung und Vermögensschätzung steht die Befugnis der Censoren zur Zuweisung der Bürger zu Wählerklassen und tribus. Da die Zugehörigkeit zu diesen Untergliederungen der Bürgerschaft über das Gewicht entschied, das die Stimme des einzelnen in der Volksversammlung hatte, war mit der Befugnis, die Zuweisung vorzunehmen, großer politischer Einfluss verbunden. Dies gilt erst recht für die gleichfalls den Censoren obliegende Entscheidung über die Aufnahme in den Ritterstand (recensio equitum) und in den Senat (lectio senatus).
Aus diesen Befugnissen erklärt sich, wie die Censoren die Sittenaufsicht (regimen morum) führen konnten. Sie konnten bei moralischen Verfehlungen den Stand des Bürgers mindern, indem sie ihn in eine weniger einflussreiche Wählerklasse oder tribus versetzten oder aus dem Ritter- oder Senatorenstand ausschlossen. In minder schweren Fällen beließen sie es bei einer Ermahnung oder einem förmlichen Tadel (nota censoria), der allerdings in der Bürgerliste vermerkt wurde.
Ebenfalls im Zusammenhang mit der Aufgabe der Volkszählung und Vermögensschätzung stehen weitere wirtschaftliche Aufgaben der Censoren. Sie konnten staatliche Einnahmequellen wie Steuern und Schürfrechte verpachten und staatliche Aufträge z.B. zur Erhaltung öffentlicher Gebäude an Unternehmer vergeben. In beiden Fällen war die Laufzeit der Pacht bzw. des Auftrages die Fünfjahresperiode bis zur nächsten Einsetzung von Censoren.
Am Ende ihrer Amtszeit vollzogen die Censoren ein großes Reinigungsopfer, das ebenso wie die genannte Fünfjahresperiode als lustrum bezeichnet wurde.
Berühmte Amtsträger
Die Censoren waren sehr einflussreich und genossen hohes Ansehen. Das Amt gehörte - schon wegen der langen Zeiträume zwischen den Wahlen - nicht zu denen, die im Rahmen des cursus honorum regelmäßig durchlaufen wurden. Nur ehemalige Konsuln kamen als Censoren in Betracht. Besonders berühmte Censoren waren:
Appius Claudius Caecus, Censor 312 v. Chr., Erbauer der Via Appia.
Marcus Porcius Cato, genannt Censorius oder Cato maior (der ältere Cato), 234 v. Chr.-149 v. Chr., Censor 184 v. Chr., Verteidiger altrömischer Tugenden und Verfasser vieler Schriften, darunter ein Buch De agri cultura (Über die Landwirtschaft).
Siehe auch: Liste der römischen Censoren
Heutige Bedeutung der Wörter "Zensur" und "Zensor"
Ausgehend vom regimen morum der Censoren nahm das lateinische Wort censura allgemein die Bedeutung Sittenaufsicht an. Später wurde es insbesondere für die Kontrolle von Publikationen durch kirchliche oder staatliche Stellen gebraucht. Daher erklärt sich die heutige Bedeutung des Wortes Zensur. Als Zensor wird folgerichtig der bezeichnet, der eine Publikation zensiert.
Literatur
Christian Gizewski: Art. Censores. In Hubert Cancik, Helmuth Schneider (Hrsg.): Der Neue Pauly. Bd. 2. Stuttgart, Weimar 1997, ISBN 3-476-01472-X. Sp. 1056-1057.
Wolfgang Kunkel, Roland Wittmann: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik. Zweiter Abschnitt. Die Magistratur. München 1995, ISBN 3-406-33827-5. S. 391-471.
Ämter im Römischen Reich Ämter des Cursus honorum: Quaestur | Tribunat/Aedilamt | Praetur | Consulat Außerordentliche Ämter: Censur | Interrex | Dictator | Magister equitum | Decemviri | Triumviri Weitere Ämter und Ehrentitel: Tribunus militum | Pontifex Maximus | Legatus | Dux | Praefectus | Vicarius | Vigintisexviri | Magister militum | Imperator | Princeps senatus | Augustus | Caesar |
Antikes Griechenland
Biographien, Griechische Mythologie , Kriegführung, Kunst, Architektur, Wissenschaft, Philosophie, Literatur, Sport, Leben, Geschichte, Index, Bilder/Zeichnungen Griechenland im Mittelalter Byzanz, Biographien, Kunst, Literatur, Orthodoxie, Byzantinische Armee, Geschichte, Index Griechenland in der Neuzeit Geographie, Inseln, Städte, Kunst, Musik, Biographien, Film, Sport, Wissenschaft, Literatur, Geschichte, --- Hellenica Bibliothek - Scientific Library Index Griechisch: Αλφαβητικός κατάλογος |
Römisches Imperium |
---|
Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen beschrieben.