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Titus Flavius Domitianus (* 24. Oktober 51 n. Chr. in Rom; † 18. September 96 in Rom), im Deutschen meist kurz Domitian genannt, war römischer Kaiser von 81 bis 96.

Leben

Domitian, der zwar von seinem Vater Vespasian nicht bewusst zurückgesetzt, aber dennoch kaum auf die Rolle des Princeps vorbereitet worden war, wurde nach dem frühen Tod seines Bruders Titus am 13. September 81 römischer Kaiser. Zumindest am Anfang seiner Regierungszeit erwies er sich als fähiger Regierungschef. Er bekämpfte energisch die Korruption, steigerte die Effizienz der Verwaltung, brachte die Staatsfinanzen in Ordnung und führte zahlreiche Bauvorhaben durch.

Den Senat brachte er aber offenbar recht schnell gegen sich auf, weil er ihn kaum noch zu Rate zog und sich von seinem Umfeld als dominus et deus („Herr und Gott“) anreden ließ. Ähnlich wie vor ihm Caligula und nach ihm Commodus brach er damit die Spielregeln des Prinzipats, denen zufolge der Kaiser zwar faktisch alle Macht in Händen hielt, nach außen aber die Rolle von Volk und Senat in Ehren zu halten hatte. Domitian scheint diese seit Augustus übliche Fassade zumindest in der zweiten Hälfte seiner Regierung immer weniger gepflegt zu haben und durch die Offenlegung der tatsächlichen Machtverhältnisse brüskierte er den Senat immer mehr. Allerdings nahm Domitian damit für sich nicht in Anspruch, selbst ein Gott zu sein und er forderte für sich selbst auch keine göttliche Verehrung, vielmehr sah er sich unter göttlichem Schutz stehend. Domitians autokratische Herrschaft führte aber offenbar zum Widerstand senatorischer Kreise wie auch einiger Philosophen, die gegen das Prinzipat Stellung bezogen. Die Feindseligkeit dieser Kreise trug entscheidend dazu bei, das Bild Domitians nach seinem Tod zu verdunkeln. Heute glauben daher manche Althistoriker, der Kaiser sei in der Innen- und Außenpolitik weitaus erfolgreicher gewesen, als es die Quellen suggerieren.

83 n. Chr. führte der Kaiser, dem es an militärischem Ruhm mangelte, einen erfolgreichen Kriegszug in Germanien gegen die Chatten. Die Operationen brachten reiche Beute und führten zu kleineren Gebietsgewinnen für die Römer, mussten dann aber abgebrochen werden, da die Legionen an der Donau benötigt wurden: 85 n. Chr. drangen die Daker in römisches Gebiet ein, ein römischer Gegenangriff scheiterte zunächst. Der Kaiser begab sich daraufhin selbst an die Front und stabilisierte die Lage; die weiteren Kämpfe verliefen offenbar wechselhaft. Schließlich schloss Domitian mit den Dakern Frieden, und ihr König Decebalus wurde offiziell römischer Klientelkönig. In Britannien gelang es dem Statthalter Gnaeus Iulius Agricola, Schwiegervater des Geschichtsschreibers Tacitus, den römischen Machtbereich erheblich auszuweiten.

In den letzten drei Jahren seiner Regierungszeit wurde Domitian, der sich übrigens auch als Mäzen der Künste betätigte (so förderte er den bedeutenden Dichter Statius), zunehmend misstrauisch und fürchtete ständig Verschwörungen gegen sich. Auslöser dafür dürften tatsächliche Umsturzpläne gewesen sein; der erste scheint bereits 87 aufgedeckt worden zu sein.

Seit dem gescheiterten Usurpationsversuch des obergermanischen Statthalters Lucius Antonius Saturninus steigerte sich Domitians Furcht vor Attentaten immer mehr (übrigens ist bezeichnend, dass die Revolte sehr rasch zusammenbrach, was dafür spricht, dass der Kaiser auch weiterhin die Unterstützung der Armee hatte). Mehrere Senatoren ließ er aus eher geringfügigen Gründen hinrichten, viele andere schickte er in die Verbannung. Viele der Aktionen gegen vermeintliche oder tatsächliche Verschwörer waren offenbar so willkürlich wie grausam. Dabei ist es allerdings schwierig zu entscheiden, welche Rolle der Kaiser tatsächlich spielte, da die beiden wichtigsten Quellen, Sueton und Tacitus, ihn im Rückblick äußerst feindselig und negativ schildern. Auch die Christen hatten vielleicht regional unter Verfolgungen zu leiden (in diesem Zusammenhang entstand auch die ursprünglich an sieben Gemeinden in Kleinasien gerichtete Offenbarung (auch: Apokalypse) des Johannes), doch kann von einer systematischen Christenverfolgung wohl keine Rede sein: Die christliche Tradition zählt Domitian zu unrecht zu den Verfolgern.

In jedem Fall scheint die Furcht des Kaisers vor Verschwörungen die Zahl seiner Feinde nur noch weiter erhöht zu haben. Auch vor seiner eigenen Familie hatte Domitian – vielleicht mit gutem Grund – Angst. Den Mann seiner Nichte Julia, der Tochter des Titus, ließ er hinrichten, sie selbst wurde in die Verbannung geschickt. Er soll sogar die Ermordung seiner Frau Domitia Longina geplant haben; sie verbündete sich aber mit mehreren Vertrauten Domitians, die ebenfalls um ihr Leben oder aber nur um ihre Machtstellung fürchteten oder teils einfach nur gekauft waren. Domitian fiel schließlich am 18. September 96 in Rom einem Anschlag zum Opfer, ausgeführt von Höflingen und Gladiatoren. Sein Nachfolger wurde der verdiente Senator Nerva, dessen Position aber gefährdet war, da Domitian bei Armee und Volk sehr beliebt gewesen war.


Die Germanienpolitik Domitians

Domitian als Unterwerfer Germaniens

Unter Domitian begann die Phase einer erneuten (begrenzten) römischen Expansion rechts des Rheins im Bereich der obergermanischen Heeresgruppe. Im Jahre 83 führte der Princeps einen Feldzug gegen die Chatten durch. Dabei gelang die Unterwerfung des Gebiets zwischen Taunus, Lahn und Main (Wetterau).

Die Annahme des Namens Germanicus, das ungeheure Gepränge, mit dem der Triumph über die Germanen Ende 83 gefeiert wurde, Münzlegenden, die Domitian mit Germania capta, de Germanis als summus Rheni domitor feiern (bis zum Jahre 87), lassen darauf schließen, dass der Princeps nach einem räumlich begrenzten Erfolg das Germanenproblem endgültig für abgeschlossen erklären wollte.

Aus Analogien zu Vespasian und Trajan geht hervor, dass mit Formulierungen wie Germania capta die in Kämpfen errungene Einrichtung neuer Provinzen gefeiert wurde. Mit der Erneuerung solcher alter Formeln sollte wohl das Versprechen der endgültigen "Befriedung" Germaniens als eingelöst dokumentiert werden.


Errichtung der germanischen Provinzen

Nach einem erneuten Chattenkrieg im Jahre 85 gelang es Domitian, nach der Sicherung seines Teilerfolges im Chattenland durch die Taunuskastelle die Bereiche des ober- und niedergermanischen Heeres mit propagandistischem Aufwand in zwei regelrechte Provinzen umzuwandeln und damit den endgültigen Verzicht auf eine wirkliche Eroberung ganz Germaniens zu verschleiern. Dieser Chattenkrieg stellt für längere Zeit die letzte große militärische Machtdemonstration im rechtsrheinischen Germanien dar; manches spricht dafür, dass die Domitian feindlich gesonnene Überlieferung den Erfolg dieser Operationen kleinredet: Tatsächlich blieb die Grenze zum freien Germanien in der Folgezeit fast 100 Jahre lang weitgehend friedlich. Wenig spricht dafür, dass Domitian seine Ziele in diesem Raum nicht erreicht hat. Anschließend wurde ein Teil der Truppen an die Donau verlegt (Vorbereitung des Dakerkrieges).


Lösung des Germanienproblems

Domitian hat so das seit Augustus ungelöste Germanienproblem durch die offizielle Gründung der beiden Provinzen Germania Superior und Germania Inferior für beendet erklärt. Noch im Jahre 82 war in offiziellen Dokumenten nur von der Germania die Rede gewesen. Kurz darauf tauchen die ersten Inschriften auf, die von duae Germaniae sprechen. Tilmann Bechert nimmt daher an, dass Germania inferior etwa in den Jahren 83/84 seine lex provinciae erhalten hat, die alle Fragen der Gerichtsbarkeit, Steuergesetzgebung und Verwaltung in der Provinz gesetzlich und endgültig regelte. Anhand von Militärdiplomen scheint die offizielle Einrichtung der beiden Provinzen Ober- und Niedergermanien hingegen auf die Zeit zwischen 85 und 90 datierbar zu sein. Die exakte Amtsbezeichnung des niedergermanischen Statthalters lautete jetzt: legatus Augusti pro praetore Germaniae inferioris (vorher: legatus Augusti pro praetore exercitus Germanici inferioris).

Seit dem Ende der 80er Jahre wurden aus den Legaten der germanischen Heere consularische Statthalter der beiden schmalen Grenzprovinzen Ober- und Niedergermanien. Im Rang und in ihrer Laufbahn standen sie etwa zwischen den Statthaltern der beiden moesischen und denen der großen, mit drei Legionen besetzten Provinzen wie Britannien, wohin der militärische und politische Aufstieg die Statthalter der germanischen Provinzen häufig führte. Census und Finanzverwaltung, damit auch das gesamte Steuerwesen, unterstanden auch weiterhin dem Procurator von Gallien (Sitz: Trier). Die Hauptstädte der beiden Provinzen und Sitze der Statthalter blieben in Köln und Mainz, wo sich auch das Oberkommando der beiden Heere befunden hatte.


Beendigung innergermanischer Aktivitäten Roms

Domitian und seine Berater hatten schnell erkannt, dass der Wert der vertraglichen Beziehungen zu den germanischen Stammeseliten bei ausreichender Stärke der römischen Grenztruppen nicht hoch einzustufen war. Ein aktives Eingreifen in innergermanische Konflikte im Sinne einer Schutzmacht stand nie zur Diskussion. Als die Cherusker ein Jahr nach dem Chattenkrieg Domitians von diesen bedrängt Rom um Hilfe baten, erhielten sie eine abschlägige Antwort. Danach fanden nahezu keine erkennbaren diplomatischen Aktivitäten jenseits des Limes statt.

In Rom verfügte man bald wohl nur noch über recht wenige aktuelle Informationen hinsichtlich der Verhältnisse im unbesetzten Germanien, so dass man zu Beginn der Markomannenkriege (166–172) diesbezüglich offenbar ziemlich ahnungslos war. Wohl noch während der Regierungszeit Domitians (sicher vor dem Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.) bricht auch der Zufluss römischer Funde nach Niedersachsen fast ganz ab. Allerdings lässt sich zumindest im grenznahen Gebiet römischer Einfluss auch noch nach dem Jahr 100 nachweisen; so griff Antoninus Pius in innere Streitigkeiten bei den germanischen Quaden ein.

In der außen- und militärpolititischen Praxis ist Tiberius als Vorbild Domitians erkennbar. Dieser setzte die Politik, die ihm in Senatskreisen größte Vorwürfe einbrachte, fort, nämlich nur dann Kriege zu führen, wenn sie unumgänglich waren, ansonsten aber die Grenzsicherung zu verstärken. Domitian wollte damit offenbar auch mit den militärischen Erfolgen seines Vaters und seines Bruders gleichziehen.


Beurteilung

Traditionell wird Domitian seit der Antike zu den so genannten schlechten Kaisern gezählt, die sich mehr als Tyrannen (Caesarenwahn) denn als fähige Staatsführer gezeigt haben. Dazu zählen u. a. Caligula, Nero, Commodus, Caracalla und Elagabal.

Doch ungeachtet der negativen Darstellung in den antiken Quellen, die Domitian als angeblichen Tyrannen ächten, führt eine nüchternere Bewertung seiner Herrschaft zu einer durchaus positiven Einschätzung: Außenpolitisch war Domitian insgesamt durchaus erfolgreich. Seine Regierungszeit kann daher als eine wichtige Vorbereitungsphase für die Erfolge seines mittelbaren Nachfolgers Trajan gelten.

Im Inneren schuf der Kaiser eine reibungslose, nicht mehr korrupte Verwaltung (was sogar Tacitus einräumen musste, der den Kaiser mit glühendem Hass schildert); allerdings verkannte er wohl die Bedeutung, die die Aufrechterhaltung einer republikanischen Fassade noch immer besaß, und schuf sich damit erbitterte Feinde unter den Senatoren. Sein Andenken fiel nach seiner Ermordung der Damnatio Memoriae anheim.

Domitia Longina

Personen in Sueton's De vita Caesarum

Julius Caesar - Augustus - Tiberius - Caligula - Claudius - Nero - Galba - Otho - Vitellius - Vespasian - Titus - Domitian

Literatur

Sekundärliteratur

  • Brian W. Jones: The Emperor Domitian, Neuauflage, Routledge, London 1993, ISBN 0-415-10195-6.
  • Pat Southern: Domitian. Tragic tyrant, Routledge, London 1997, ISBN 0-415-16525-3.
  • Christian Witschel: Domitian, in: M. Clauss (Hg.): Die römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian, C. H. Beck, München 1997, S. 98–110.

Erzählende Literatur

  • Gerd Trommer: Triumph der Besiegten. Roman um Domitian, Leipzig 1983.

Weblinks


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