Sofonisba Anguissola
Gemälde
Portrait of a Young Lady
Isabella von Valois (1545-1568), Ehefrau von Philipp II., König von SpanienThree children with dog
Sofonisba Anguissola (* um 1531/1532 in Cremona; † 16. November 1625 in Palermo) war eine italienische Malerin der Renaissance und die erfolgreichste Künstlerin dieser Epoche.
Leben und Werk
Leben
Sofonisba Anguissola war eines von sieben Kindern Amilcare Anguissolas und seiner Frau Bianca Ponzoni (sechs Töchter, ein Sohn). Die Eltern Sofonisbas gehörten beide zu aus dem Handelsbürgertum stammenden, adeligen Familien der Stadt Cremona. Amilcare und Bianca Anguissola erzogen ihre Töchter in einem – für damalige Zeiten – „neuen Sinn“: Sie ließen ihnen eine humanistisch geprägte Bildung zukommen, sowie eine Ausbildung, wie es nur für männliche Familienmitglieder üblich war. Sofonisbas Schwestern Lucia, Europa und Anna Maria wurden Malerinnen, Minerva trat als Literatin auf, Elena wurde Dominikanerin.
Sofonisba selbst, die Älteste, erhielt eine solide künstlerische Ausbildung. Sie studierte unter anderem ab ihrem 11. Lebensjahr bei Bernardino Campi und Bernardino Gatti, gen. Il Sojaro. Ihr Vater übernahm das Management seiner begabten Tochter und korrespondierte mit hervorragenden Künstlern jener Zeit (unter anderem Michelangelo) wegen Aufträgen für sie.[1] All dies war für Frauen in der damaligen Kunst sehr ungewöhnlich.
Selbstporträt, 1556
Sofonisba hatte bereits einen guten Ruf als Porträtmalerin, als sie 1559 auf Empfehlung des Herzogs von Alba, Fernando Toledo an den spanischen Königshof gerufen wurde, um Philipp II. und seine Familie zu malen und als Hofdame die erst 14-jährige Elisabeth von Valois zu unterrichten. Die junge Königin verbrachte bald die meiste Zeit vor der Staffelei.
Anguissolas erstes Porträt der kindlichen Infantin Isabel war so gut, dass Peter Paul Rubens es kopierte. 1565 malte Anguissola Philipp II, König von Spanien, dem auch das Herzogtum Mailand und damit Cremona, unterstand.
Sofonisba war der Königin Elisabeth auch emotional sehr verbunden. Als Elisabeth 1568 während ihrer dritten Schwangerschaft starb, fiel Sofonisba in Depressionen und bat um ihre Entlassung. In ihrem Vertrag war ihr zugesichert, dass der Hof sich um einen „standesgemäßen“ Mann für die Hofdame umsehen müsse. So verschlug es sie nach Sizilien zu ihrem ersten Ehemann, dem sizilianischen Edelmann Fabrizio di Moncada. Nach dessen Tod zog sie erneut nach Spanien, verliebte sich jedoch unterwegs in den Genuesen Orazio Lomellini, heiratete diesen ohne Erlaubnis des Königs und zog mit ihm nach Genua. Dort begann sie wieder zu malen und gab Malunterricht. 1585 traf sie die Infantin Catalina Micaela wieder, die sie auf ihrem Weg zu ihrem Bräutigam, dem Herzog von Savoyen nach Turin begleitete. Während dieser Reise fertigte sie für ein Bildnis der Braut Skizzen an.
1606 besuchte sie der junge Peter Paul Rubens, der im Auftrag des Herzogs von Mantua in Spanien mehrere ihrer Werke kopiert hatte. Durch eine Augenkrankheit (starke Kurzsichtigkeit) und Rheumatismus behindert, konnte Anguissola in ihren späten Jahren nicht mehr malen. Sie übersiedelte nach Palermo in Sizilien, wo sie der junge Anthonis van Dyck besuchte und die Neunzigjährige in seinem Italienischen Skizzenbuch porträtierte.
Drei Schwestern beim Schachspiel, um 1555
Bedeutung
Sofonisba Anguissola war zu ihrer Zeit vor allem als Porträtmalerin und als Malerin von Alltags- und Gruppenszenen bekannt.
Das bekannteste Bild ist Drei Schwestern beim Schachspiel, das als erste Darstellung einer Alltagsszene in der italienischen Malerei gilt.
Neben der spanischen Königsfamilie malte sie auch viele italienische und spanische Adelige jener Zeit. Ihre Werke fanden Eingang in die Kunstsammlung des Vatikans, Papst Julius III. sowie Papst Pius IV. besaßen einige ihrer Gemälde. Auch der Biograph von Michelangelo, Raffael und Leonardo da Vinci, Giorgio Vasari, brachte ihren Arbeiten großes Interesse entgegen.[2][3]
Darüber hinaus war Sofonisba Anguissola auch als Lehrmeisterin tätig. Als junge Frau unterrichtete sie ihre Schwestern, später in den Vierzigern weitere junge Künstlerinnen.
Werke (Auswahl)
um 1550 Selbstbildnis, Mailand, Museo Poldi Pezzoli
um 1551 Die Schwester der Künstlerin in Nonnentracht, Southampton, City Art Gallery
1554 Selbstbildnis, Wien, Kunsthistorisches Museum
1555 Bildnis des Dominikanerpaters Tosio Martinengo, Brescia, Pinacoteca Civica
1555 oder 1558 Selbstbildnis mit den zwei Schwestern beim Schachspiel (Die drei Schwestern), Poznań, Muzeum Narodowe
um 1555 Bildnis eines Dominikanermönchs, Verbleib unbekannt, ehemals Collezione Calligaris in Terezo d’Aquileia
um 1556 Selbstbildnis an einer Staffelei, Keir, Collection Stirling
1557 Bildnis der Bianca Ponzoni Anguissola, Berlin, SMPK, Gemäldegalerie
1558 Bildnis einer jungen Frau, Lwiw, Gemäldegalerie
1558 Selbstbildnis, Paris, Sammlung Frits Lugt
1559 Die Ruhe der Heiligen Familie auf der Flucht nach Ägypten, Bergamo, Accademia Carrara
um 1559 Gruppenbildnis des Vaters Amilcare Anguissola, der Schwester Minerva und des Bruders Asdrubale, Niva, Nivaagaards Malerisamling
um 1559 Der Maler Bernardino Campi porträtiert Sofonisba Anguissola, Siena, Pinacoteca Nazionale
vor 1560 Bildnis eines Mädchens, Graz, Landesmuseum Joanneum, Alte Galerie
1561 Selbstbildnis am Spinett mit Amme, Althorp Park, Collection Earl of Spencer
1561 oder 1571 Selbstbildnis, Mailand, Pinacoteca di Brera
um 1564 Bildnis der Minerva Anguissola, Milwaukee, Milwaukee Art Museum
um 1564 Bildnis König Philipp II., Madrid, Museo del Prado
1565 Bildnis der Elisabeth von Valois, Madrid, Museo del Prado
1580 Die mystische Vermählung der heiligen Katharina, Verbleib unbekannt, ehemals Coll. Earl of Pembroke in London
um 1580–1585 Doppelbildnis eines Jungen und Mädchens aus der Familie Attavanti, Oberlin, Allen Memorial Art Museum
um 1585 Selbstbildnis, Niva, Nivaagaards Malerisamling
1588 Maria stillt das Kind (Madonna Lactans), Budapest, Szépművészeti Múzeum
1592 Die Heilige Familie mit der Heiligen Anna und dem Johannesknaben, Coral Gables (Florida), The Lowe Art Museum
nach 1599 Bildnis der Infantin Isabella Clara Eugenia, Wien, Kunsthistorisches Museum (?)
1610 Selbstbildnis, Bern, Sammlung Gottfried Keller
Selbstbildnis, Florenz, Galleria degli Uffizi
Maria mit dem Kinde, Kopenhagen, Statens Museum for Kunst
Bildnis eines Kindes, Kopenhagen, Thorvaldsens Museum
Die Beweinung Christi (Pietà), Mailand, Pinacoteca di Brera
Selbstbildnis am Spinett, Neapel, Museo Nazionale di Capodimonte
Bildnis einer jungen Frau im Profil, St. Petersburg, Eremitage
Bildnis von 3 ihrer Schwestern beim Schachspiel mit einer Dienerin (Die drei Schwestern). (Version des Bildes in Poznań), Turin, Museo Civico
Doppelbildnis einer Frau mit ihrer Tochter, Washington, National Museum of Women in the Art
Galerie
Porträt ihrer Schwester Elena Anguissola, 1551
Der Vater der Künstlerin, Amilcare Anguissola, mit seinen Kindern Asdrubale und Minerva, um 1555/58
Sofonisba Anguissola: Bernardino Campi beim Malen von Sofonisba Anguissola, um 1559
Bildnis von Johanna von Habsburg, um 1561
Bildnis von Elisabeth von Valois, um 1565
Bildnis der Infantin Isabella Clara Eugenia und Catalina Micaela, 1570
Philipp II., um 1570
Infantin Isabella Clara Eugenia, 1573, Galleria Sabauda, Turin
Drei Kinder mit Hund, um 1580
Bildnis der Infantin Isabella Clara Eugenia, 1599
Selbstporträt, 1610
Literatur
Debra N. Mancoff: Frauen, die die Kunst veränderten. Prestel, München 2012, ISBN 978-3791347325, S. 8-10, 129-131.
Christiane Weidemann, Petra Larass, Melanie Klier: 50 Künstlerinnen, die man kennen sollte Prestel München 2008, ISBN 978-3-7913-3957-3, S. 14-17.
Christina Haberlik, Ira Diana Mazzoni: 50 Klassiker Künstlerinnen. Malerinnen, Bildhauerinnen und Photographinnen. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2006, ISBN 3-8067-2532-2, S. 8–13, 15.
Irmgard Osols-Wehden (Hrsg.): Frauen der italienischen Renaissance. Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen. Primus-Verlag, Darmstadt 1999, ISBN 3-89678-115-4.
Paola Tinagl: Women in Italian Renaissance Art. Gender, Representation, Identity. Manchester University Press, Manchester 1997, ISBN 071904054X.
Sylvia Ferino-Pagden: Sofonisba Anguissola, Ausstellungskatalog des Kunsthistorischen Museums, Wien 1995, ISBN 3-900 325-41-3
Angiola Maria Romanini: Anguissola, Sofonisba. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 3 (Ammirato–Arcoleo), Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1961.
Belletristik
Beate Rygiert: Die Fälscherin. Claassen, München 2001, ISBN 3-546-00194-X. (Belletristische Darstellung)
Lorenzo de' Medici: Das Geheimnis der Sofonisba. Ehrenwirth Verlag 2007, ISBN 978-3-431-03717-3. (Historischer Roman)
Nina Blazon: Die Königsmalerin. Ravensburger Verlag 2008, ISBN 978-3-473-35278-4 (Historischer Roman)
Einzelnachweise
Paola Tinagl: Women in Italian Renaissance Art. Gender, Representation, Identity., Manchester University Press, Manchester 1997, S. 14 ff., ISBN 071904054X
Tinagl: S. 114
Haberlik: S. 9-10
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