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Antisthenes (* um 445 v. Chr. in Athen; † um 365 v. Chr.) war ein griechischer Philosoph der Antike und gilt als Begründer des Kynismus und Ahnherr der stoischen Philosophie.

Biografie
Antisthenes, Begründer des Kynismus

Antisthenes war der Sohn eines gleichnamigen Athener Bürgers und einer Nicht-Griechin. Seine Mutter soll Thrakerin gewesen sein. Er selbst sagte dazu, als ihn jemand wegen der ausländischen Herkunft seiner Mutter verspottete: "Auch die Göttermutter stammt aus Phrygien." Einem, der ihn verhöhnte, weil nicht seine beiden Elternteile freigeboren waren, sagte er: "Beide waren auch keine Ringkämpfer, dennoch bin ich einer." Athener, die sich ihrer attischen Abstammung besonders dreist rühmten, verspottete er mit den Worten, das hätten sie mit Schnecken und Heuschrecken gemeinsam. Sokrates schätzte ihn und bemerkte - wie Diogenes Laertios berichtet -, als Antisthenes sich in der Schlacht bei Tanagra ausgezeichnet hatte, dass ein so braver Mann kaum entstehen könne, wenn beide Elternteile aus Athen seien.

In seiner Jugend studierte Antisthenes Rhetorik bei Gorgias, möglicherweise auch unter Hippias von Elis und Prodikos. Später wurde er ein begeisterter Schüler des Sokrates, der ihm so gefiel, dass er seine eigenen Schüler aufforderte, mit ihm zusammen Schüler des Sokrates zu werden. Täglich kam er zu Fuß von Piräus 40 Stadien (ein Fußmarsch von zwei Stunden) nach Athen, um seinen Lehrer zu hören. Xenophon beschreibt in seinem "Gastmahl" wie Antisthenes gemeinsam mit Sokrates an einem philosophischen Gespräch teilnimmt, wobei sich zeigt, dass Antisthenes aus eigener Initiative heraus kritische Beiträge leistet.

Nach dem Tod des Sokrates gründete er eine eigene Schule in dem Gymnasium Kynosarges, das denjenigen athenischen Bürgern für ihre Übungen zugeteilt worden war, die aus "Mischehen" stammten und deshalb nicht als "echte" Athener galten. Er entwickelte dort seine eigene Philosophie, die von Pessimismus geprägt war und später die Bezeichnung Kynismus erhielt. Sein berühmtester Schüler war Diogenes von Sinope.

Später wandte er sich von der Philosophie ab, gab seine gehobene gesellschaftliche Stellung auf und lebte wie das gemeine Volk. Er protestierte gegen die Gebräuche seiner Zeit und wollte zu einer ursprünglichen Lebensweise ohne Konventionen und staatliche Einschränkungen zurückfinden.


Philosophie

Antisthenes kann als ein Vertreter des allgemeinen Pessimismus verstanden werden. Auf die Frage nach dem größten Glück für die Menschen meinte Antisthenes: "Heiteren Herzens zu sterben!"

Antisthenes wandte sich gegen jede Selbstüberhebung im geistigen Bereich und gegen jegliche Übertreibung in der materiellen Lebensführung. Sein Ideal war der bescheidene, mit sich selbst versöhnte Mensch, der ein einfaches und natürliches Leben führt. Er kritisierte deshalb scharf alles prätentiöse und arrogante Verhalten und den Drang zu einem luxuriösen Leben. Für ihn war Ruhmlosigkeit etwas Gutes. Einem jungen Mann, der sich für einen Bildhauer in Positur setzte, rief er zu: "Sag, wenn die Bronze reden könnte, worauf wäre sie wohl stolz?" Als jener antwortete: "Auf die Schönheit" entgegnete er: "Und du schämst dich nicht, darin mit einem leblosen Ding übereinzustimmen?"

Er teilte die (für die griechische Oberschicht untypische) Ansicht des Sokrates, dass anstrengende Arbeit etwas Gutes sei und verwies dafür auf den großen Herakles und auf den Perser Kyros, wobei er eben je ein Beispiel von den Griechen und den Nichtgriechen heranzog. Einem Lobredner des luxuriösen Lebens bemerkte er: "Meinen Feinden wünsche ich, dass ihre Kinder in Luxus leben!"

Im Zentrum seines philosophischen Interesses stand deshalb die Ethik. Er zeigte auf, dass Tugend lernbar sei und sah den eigentlichen Adel in einem Tugendadel. Für ihn war die Tugend zureichend für die Eudaimonie und mit einer Willenskraft, so wie sie Sokrates zeige, erreichbar. Tugend lag für ihn vor allem in den Werken und bedürfe nicht sehr vieler Worte und Wissenschaften.

Wie Sokrates zählte auch Antisthenes zu den Kritikern der radikalen Demokratie in Athen. Er teilte die Skepsis seines Lehrers Sokrates im Hinblick auf Mehrheitsentscheidungen. Den Athenern riet er deshalb provokativ, durch Volksbeschluss Esel zu Pferden zu erklären. Als sie das unsinnig fanden, meinte er: "Aber genauso macht ihr doch ungelernte Leute zu Feldherrn durch bloßes Händeheben." Als er hörte, dass er von der Menge gelobt werde, sagte er: "Was hab' ich denn falsch gemacht?" Wie für Sokrates, der sich unter Lebensgefahr der Kollaboration mit den Dreißig Tyrannen verweigerte, vertrat auch Antisthenes die Ansicht, dass der Weise sich in der Politik nicht von den jeweiligen Gesetzen des Staates sondern von dem Gesetz der Tugend leiten lassen müsse. Scharfsinnig erkannte er: "Die Staaten gehen zugrunde, wenn man nicht mehr fähig ist, die Guten von den Schlechten zu unterscheiden!" Es sei auch absurd, die Spreu vom Weizen zu sondern und im Krieg die Untauglichen auszumustern, von der Politik die Taugenichtse aber nicht fernzuhalten.

Zwischen Platon und Antisthenes bestanden gewisse Spannungen. Als Antisthenes hörte, dass Platon schlecht von ihm spreche, erwiderte er: "Es ist das Schicksal der Könige, Gutes zu tun und Böses dafür zu hören." Er selbst verspottete Platon wegen seiner Aufgeblasenheit und warf ihm Arroganz vor. In einem Wortspiel nannte er ihn Sathon ("mit dickem Glied" statt "mit breiter Brust oder Stirn").

Antisthenes wird u. a. ein Paradoxon zugeschrieben, nach dem es unmöglich sei, eine wesentliche Aussage zu machen. Dieses besagt:

Eine Aussage 'A ist A' ist zwar wahr, aber bedeutungslos.
Eine Aussage 'A ist B' ist zwar bedeutsam, aber falsch, da B nicht A ist.

In diesem Konstrukt wird die Hoffnungslosigkeit jeglichen Philosophierens deutlich. Entsprechend ist leicht nachvollziehbar, warum sich Antisthenes später von der Philosophie abwandte.

Nach Diogenes Laertios füllte sein Werk zehn Bände - von diesen sind allerdings nur Fragmente erhalten geblieben. Sein bevorzugter Schreibstil scheint der Dialog gewesen zu sein. Aristoteles nannte ihn ungebildet und einfältig. Platon sah ihn in einem aussichtslosen Kampf mit den Schwierigkeiten der Dialektik. Beide Aussagen werden durch die Konkurrenzsituation relativiert, die zwischen diesen drei Philosophenschulen herrschte.


Quellen

Diogenes Laertios: Leben und Lehre der Philosophen. Reclam Verlag, Stuttgart 2004.
Xenophon: Das Gastmahl. Rowohlt Verlag, Hamburg 1957.

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