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Xenophon (griechisch Ξενοφῶν; * um 426 v. Chr.; † nach 355 v. Chr.) war ein aus Athen stammender Schriftsteller, Politiker und Feldherr.
Leben
Xenophon, Sohn des Gryllos, stammte aus einer wohlhabenden Familie und gehörte in seiner Jugend zum Schülerkreis um den Philosophen Sokrates. Politisch stand er den oligarchischen Kreisen Athens nahe.
Während des Bürgerkriegs im Perserreich, ausgelöst durch den Aufstand Kyros’ des Jüngeren gegen seinen Bruder Artaxerxes II., nahm Xenophon 401 v. Chr. an dem Feldzug des Kyros als Begleiter eines griechischen Söldnerheeres teil. Kyros fiel in der Schlacht bei Kunaxa (am Euphrat in Nordmesopotamien), damit war der ganze Feldzug hinfällig geworden. Bei den Verhandlungen mit der persischen Seite verloren die nunmehr auftraglosen und auf freien Abzug eingestellten griechischen Söldner durch Meuchelmord ihr gesamtes Offizierskorps. Xenophon, der eher aus Abenteuerlust einen Freund begleitet hatte, ermutigte jedoch die Truppe zum Abmarsch auf der gefährlichen Nordroute durch Anatolien (harte Kämpfe mit den dort ansässigen Karduchen) und führte sie als gewählter strategos (~ Feldherr) mit an. Berühmt als literarischer und historischer Topos für eine „Rettung nach langer Mühsal“ wurde, als das ganze Heer auf der letzten Hügelkette vor dem Schwarzen Meer in den Ausruf „Thálatta! Thálatta!“ (griechisch: „Meer! Meer!“) ausbrach und auf einmal zu laufen begann. Die Geschichte dieses Zugs hielt Xenophon in einem Geschichtswerk fest (Anabasis).
Nach dem mit einem Todesurteil endenden Prozess gegen seinen Lehrmeister Sokrates wandte sich Xenophon politisch endgültig von seiner Vaterstadt Athen ab. 399 v. Chr. schloss er sich den Spartanern an, die in Kleinasien gegen die Perser kämpften, wenngleich letztendlich erfolglos. 396 v. Chr. machte er die Bekanntschaft des spartanischen Königs Agesilaos und kämpfte auch mit ihm gegen Athens Verbündete. Aus Athen selbst war Xenophon verbannt worden, möglicherweise aufgrund seiner pro-spartanischen Haltung, eventuell auch wegen seiner Teilnahme am Kyros-Feldzug. Große Teile seines weiteren Lebens verbrachte er als Schriftsteller und Gutsherr auf der Peloponnes, wo ihm Agesilaos ein Landgut geschenkt hatte.
Xenophon eignete sich hier auch seine vorzüglichen Kenntnisse von Landwirtschaft und Viehzucht an, war aber vor allem literarisch aktiv. Neben seinen bekannten Geschichtswerken Anabasis und Hellenika (eine griechische Geschichte in Fortsetzung des Thukydides), die trotz mancher subjektiven Färbung wertvolle Quellen sind, verfasste er auch politisch-didaktische und philosophische Schriften. Sie scheinen, den antiken Angaben folgend, vollständig überliefert worden zu sein.
Nachwirkung
Xenophons Werke, insbesondere die sokratischen Schriften und die Anabasis, waren unter anderem wegen ihrer nüchtern-klaren Sprache bliebt (er wurde unter anderem von Marcus Tullius Cicero gelesen und gelobt); er bleibt auch bis heute ein wichtiges Stilvorbild für das attische Griechisch. Da Xenophon teilweise Augenzeuge der berichteten Ereignisse war, ist er außerdem eine wichtige Quelle für die griechische Geschichte des 4. Jahrhunderts v. Chr. und hat in neuerer Zeit wieder das Interesse der Forschung erregt. Auch für die Philosophiegeschichte ist er von Bedeutung als kritische Ergänzung zur Darstellung des Sokrates in den Werken Platons. Seine Werke Hipparchikos und Über die Reitkunst werden heute vielfach als Grundlage der Hippologie gesehen. Die dort zu findenden Hinweise haben auch heute noch unverändert Gültigkeit.
Werke
Anábasis (wörtlich: „Zug ins Landesinnere“), Bericht über den „Zug der 10.000“ in das Perserreich und zurück in sieben Büchern
Helleniká, Geschichte Griechenlands ab 411 v. Chr. (direkter Anschluss an das Werk des Thukydides) bis 362 v. Chr. in sieben Büchern
Agesiláos, Lobschrift auf den spartanischen König
Apologie des Sokrates, hypothetische Verteidigungsrede des Philosophen vor seinen Richtern
Memorabilien (Apomnemoneumata Sokratus), Erinnerungen an Sokrates
Oikonomikós, Lehrbuch der Hauswirtschaft
Sympósion, Dialog ähnlich dem gleichnamigen Werk Platons
Kyrupädie („Erziehung des Kyros“), Schrift zur politischen Bildung über den als idealen Herrscher dargestellten persischen Großkönig Kyros II.
Hieron, Dialog über die Tyrannis
Der Staat der Lakedaimonier, Beschreibung der - von ihm geschätzten - spartanischen Verfassung und Lebensweise
Kynegetikos, Abhandlung über die Jagd, vor allem mit Hunden
Hipparchikós, Abhandlung über die Aufgaben eines Reiteroffiziers
Peri hippikés, Abhandlung rund um das Pferd
Über die Staatseinkünfte, Vorschläge zur Verbesserung der angeschlagenen Volkswirtschaft Athens
Textausgaben und Übersetzungen
Opera omnia. Hrsg. von E. C. Marchant.
Bd. I. Historia Graeca. Oxford 1900 (Internet Archive); Nachdruck 1975, ISBN 0-19-814552-7.
Bd. II. Commentarii, Oeconomicus, Convivium, Apologia Socratis. Oxford 1901 (Internet Archive); Nachdruck 1971.
Bd. III. Expeditio Cyri. Oxford 1904 (Internet Archive); Nachdruck 1969.
Bd. IV. Institutio Cyri. Oxford 1910 (und Nachdrucke; Internet Archive).
Bd. V. Opuscula. Oxford 1920 (Internet Archive); Nachdruck 1985, ISBN 0-19-814556-X.
Kyrupädie – Die Erziehung des Kyros. Griechisch-Deutsch. Hrsg. und übersetzt von Rainer Nickel. Artemis und Winkler, München 1992, ISBN 3-7608-1670-3.
Anabasis - Der Zug der Zehntausend. Griechisch-Deutsch. Hrsg. und übersetzt von Walter Müri und Bernhard Zimmermann. Artemis-Verlag, München 1990, ISBN 3-7608-1661-4.
Hellenika. Griechisch-Deutsch. 2. Auflage. Hrsg. und übersetzt von Gisela Strasburger. München 1988, ISBN 3-7608-1639-8.
Die sokratischen Schriften. Hrsg. und übersetzt von E. Bux. Kröner, Stuttgart 1956.
Xenophons Apologie des Sokrates. Deutsch-Griechisch. Hrsg., eingeleitet, übersetzt, mit Biographie (verfasst von M. Mendelssohn) und Essay (Das Schwören des Sokrates „beim Hunde!“) ergänzt von R. Baer. Verlag Bär, Niederuzwil 2007, ISBN 978-3-9523212-3-2.
Das Gastmahl. Griechisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Ekkehard Stärk. Reclam, Stuttgart 1986, ISBN 3-15-002056-5.
Anabasis. Hellenika. Erinnerungen an Sokrates. Emil Vollmer Verlag, Wiesbaden o.J. (Lizenzausgabe der Übersetzungen von Müri, Strasburger und Järisch).
Literatur
Xenophon allgemein
Christian Mueller-Goldingen: Xenophon. Philosophie und Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-534-20485-4.
Rainer Nickel: Xenophon. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1979, ISBN 3-534-04350-2 (Erträge der Forschung. Bd. 111).
Christopher Tuplin (Hrsg.): Xenophon and his World. Papers from a conference held in Liverpool in July 1999. Steiner, Stuttgart 2004. ISBN 3-515-08392-8 (Historia Einzelschriften. Bd. 172).
Einzelne Werke
John Dillery: Xenophon and the History of his Times. Routledge, London/New York 1995, ISBN 0-415-09139-X.
Robin Lane Fox (Hrsg.): The Long March: Xenophon and the Ten Thousand. New Haven-London 2004.
Otto Lendle: Kommentar zu Xenophons Anabasis. Bücher 1-7. Darmstadt 1995, ISBN 3-534-12813-3.
Christian Mueller-Goldingen: Xenophons Memorabilien. In: Das Kleine und das Große, Essays zur antiken Kultur und Geistesgeschichte. München/Leipzig 2004.
Christian Mueller-Goldingen: Untersuchungen zu Xenophons Kyrupädie. Teubner, Stuttgart 1995, ISBN 3-519-07491-5.
Sarah B. Pomeroy: Xenophon - Oeconomicus. A Social and Historical Commentary. Oxford 1994, ISBN 0-19-815025-3.
Antikes Griechenland
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