3) Constantin II., römischer Kaiser 317–340. Flavius Claudius Constantinus (Dessau 712. 713. 721. 722. 724 und sonst), zweiter Sohn Constantins d. Gr., aber nicht von dessen Gattin Fausta, da diese schon sieben Monate nach seiner Geburt mit einem andern Kinde niederkam (s. Constantius Nr. 4). Wahrscheinlich war seine Mutter irgend eine Arelatenserin, mit welcher der Kaiser ein vorübergehendes Verhältnis gehabt hatte. Denn zu Arelate wurde er im Februar 317 in Abwesenheit seines Vaters geboren (Zosim. II 20, 2. Vict. epit. 41, 4), und dieser war am 6. Mai 316 in Vienna (Cod. Theod. II 6, 1) und kann von hier gleich darauf nach Arelate gegangen sein, wo er im August nachweisbar ist (Cod. Theod. XI 30, 5. 6). Dies würde also zu der Zeit, in welcher C. gezeugt sein muss, recht gut passen (Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 33; Geschichte des Untergangs der antiken Welt I² 476). Wenige Tage alt (Zosim. II 20, 2. Vict. epit. 41, 4) wurde er am 1. März 317 (Mommsen Chron. min. I 232) gemeinsam mit seinem älteren Bruder Crispus und dem kleinen Sohne des Licinius zum Caesar ernannt (Anon. Val. 5, 19. Vict. Caes. 41, 6. Euseb. vit. Const. IV 40; laud. Const. 3). Viermal bekleidete er das Consulat, 320, 321, 324 und 329, und feierte 321 seine Quinquennalien (Nazar. paneg. X 2), 226 die Decennalien (Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 25). Bei dem ersten dieser Feste befand er sich am Hoflager seines Vaters zu Serdica (Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. X 227); doch erwartete man schon bei dem vierjährigen Knaben, dass ihm in nicht zu langer Zeit ein selbständiges Commando gewährt werden würde (Nazar. paneg. 37), und wirklich scheint er schon sehr bald nach dem Tode seines Bruders Crispus (326) diesen in Gallien ersetzt und durch seine Feldherrn die Alamannen geschlagen zu haben (Cohen Médailles impériales VII² 377, 108). Der Titel Alamannicus ist bei ihm seit 331 nachweisbar (CIL III 7000.[1] Dessau 724), und da weder sein Vater noch einer seiner Brüder ihn mit ihm teilten, muss er auf einen Sieg zurückgehen, der dem jungen C. als persönliche Leistung angerechnet werden konnte. Als die Sarmaten die Hülfe der Römer gegen die Gothen anriefen, wurde er an die untere Donau commandiert, überschritt sie, während sein Vater zu Marcianopolis [1027] in Reserve stand (Cod. Theod. III 5, 4. 5), und schlug den Feind am 20. April 332 (Mommsen Chron. min. I 234. Hieron. chron. 2348). Durch Hunger und Frost sollen 100 000 Gothen umgekommen sein, weshalb sie sich zum Frieden bequemten und ihr König Ariarich seinen Sohn als Geisel gab. Da aber auch die Sarmaten sich treulos erwiesen, musste auch gegen diese Krieg geführt werden. Er endete damit, dass ihre Sclaven sich gegen sie empörten, über 300 000 Mann stark auf römisches Gebiet übertraten und von Constantin d. Gr. in Thrakien, Skythien, Makedonien und Italien als Colonen angesiedelt wurden (Anon. Val. 6, 31. 32. Iulian. or. I 9 D. Euseb. vit. Const. I 8. IV 5. Vict. Caes. 41, 13. Eutrop. X 7, 1. Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 35). Dies ist vielleicht auch der Anlass gewesen, eine feste Donaubrücke zu bauen (Vict. epit. 41, 13). Um diese Zeit scheint sich C. II. auch vermählt zu haben; jedenfalls war er es schon lange vor dem J. 335 (Euseb. vit. Const. IV 49). Damals befand er sich wieder in Gallien, wo er in Trier residierte und mit dem verbannten Athanasius in Verbindung trat (Euseb. laud. Const. 3. Athan. apol. c. Ar. 87 = Migne G. 25, 405).
Auch nach dem Tode seines Vaters (22. Mai 337) behielt er den gallischen Reichsteil, den jener ihm zugewiesen hatte (Euseb. vit. Const. IV 51. Anon. Val. 6, 35), und regierte ihn einstweilen noch als Caesar (Euseb. vit. Const. IV 68. Athan. a. O.), bis er nach der Ermordung seiner Vettern, die ihm zu Mitregenten bestimmt waren, am 9. September 337 gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Constantius und Constans den Augustustitel annahm (Mommsen Chron. min. I 235. Euseb. vit. Const. IV 68). Im Sommer 338 hatten die drei Kaiser eine Zusammenkunft, nach Iulian. or. I 19 A. 20 C in Pannonien, richtiger wohl nahe der pannonischen Grenze in Viminacium, wo C. II. am 12. Juni (Cod. Theod. X 10, 4) und Constantius um dieselbe Zeit nachweisbar ist (Athan. ap. ad Const. 5 = Migne G. 25, 601. Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. XVII 44). An die Ermordung der Vettern hatten sich zahlreiche Hinrichtungen angeschlossen, und die Verfolgungen ihrer Anhänger scheinen auch später noch fortgedauert zu haben (s. Constantius Nr. 4). Um das Publicum zu beruhigen, wurden jetzt die anonymen Denuntiationen alle verbrannt und dies öffentlich bekannt gemacht (Cod. Theod. IX 34, 5. X 10, 4). Sodann gewährten die Brüder allen verbannten Bischöfen, welcher Richtung sie auch angehören mochten, die Rückkehr (Athan. hist. Ar. ad mon. 8 = Migne G. 25, 704). Vor allem aber hatte der Congress den Zweck, die Teilung des Reiches unter die drei Kaiser festzustellen (Iulian. a. O.). Constantin d. Gr. hatte jedem von ihnen vier Dioecesen schon bei seinen Lebzeiten übergeben, C. II. Britannien, Spanien und die beiden Gallien, Constans Africa, Pannonien und die beiden Italien, Constantius Pontus, Asia, Oriens und Ägypten. Makedonien, Dakien und Thrakien waren seinem Neffen Dalmatius zugedacht gewesen; da dieser jetzt ermordet war, drohte sein Nachlass zum Zankapfel zwischen den Brüdern zu werden. Zum Schlusse einigte man sich dahin, ihn ungeteilt dem jüngsten und ungefährlichsten, Constans, zu übergeben; doch nahm C. II. [1028] als der älteste über den fünfzehnjährigen Bruder eine Art von Vormundschaft in Anspruch, erliess später von Trier aus Gesetze für dessen Reichsteil (Cod. Theod. XII 1, 27) und ernannte wahrscheinlich auch für ihn die höchsten Beamten (Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 44). Daher fasst Zosimus (II 39, 2; vgl. Vict. epit. 41, 20) auch die Gebiete beider als einheitlichen Reichsteil zusammen. Aber schon im folgenden Jahre schüttelte Constans, durch seine ehrgeizige Umgebung aufgestachelt (Ammian. XXI 6, 2), die Oberherrschaft des Bruders ab (s. o. S. 949). Nachdem so C.s Plan, drei Vierteile des Reiches teils unmittelbar, teils in der Form der Vormundschaft zu beherrschen, zerstört war, fühlte er sich nicht mit Unrecht durch den grösseren Reichsteil des jüngsten benachteiligt und forderte drohend die Abtretung von Italien und Africa (Zonar. XIII 5 p. 11 C. Zosim. II 41, 1. Vict. epit. 41, 21). Da dies verweigert wurde, fiel er Anfang 340 (Mommsen Chron. min. I 236. Socrat. II 5. Hieron. chron. 2356), während Constans zu Naissus in Dakien weilte (Zonar. a. O. Cod. Theod. X 10, 5. XII 1, 29), unerwartet in Italien ein und gelangte bis in die Nähe von Aquileia. Hier traf er auf die Vorhut des Constans, die dieser, selbst mit dem Gros des Heeres folgend, vorausgeschickt hatte, fiel bei seinem unbesonnenen Vorstürmen in einen Hinterhalt, wurde im Kampfe erschlagen (Zonar. a. O. Eutrop. X 9, 2. Vict. Caes. 41, 22. Zosim. II 41, 1. Iulian. or. II 94 B. Sozom. III 2. Philostorg. III 1 = Migne G. 65, 480) und sein Leichnam in das Flüsschen Alsa geworfen (Vict. epit. 41, 21. Hieron. chron. 2356). Dies geschah vor dem 9. April 340, da an diesem Tage Constans schon in Aquileia eingetroffen war (Cod. Theod. II 7, 3. X 15, 3). Dieser ächtete das Andenken des Bruders als eines hostis publicus, hob seine Verfügungen auf (Cod. Theod. XI 12, 1) und liess seine Inschriften tilgen. Doch scheint dieser Befehl nicht mit aller Strenge ausgeführt zu sein, da die Rasur von C.s Namen auf den erhaltenen Steinen recht selten ist (CIL V 8030.[2] Ephem. epigr. V 303).
[Seeck.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 7000
Corpus Inscriptionum Latinarum V, 8030
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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