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24) Eusebios von Caesarea (Preuschen R.-E. für protest. Theol. und Kirche s. v. Harnack Altchristl. Lit. I 551ff. [von Preuschen verfaßt]. II 2, 106ff.). Er hat wenigstens den größten Teil seines Lebens in der römischen Hauptstadt Palästinas, Caesarea, zugebracht; ob er dort geboren war, läßt sich nicht ausmachen. Es besagt nichts, daß er in der zweiten Ausgabe der palästinischen Märtyrer Caesarea öfters ἡ ἡμετέρα πόλις nennt (Violet Texte u. Unters. XIV 164); denn diese Ausgabe ist wohl schon in der Zeit verfaßt, in der er Bischof von Caesarea war. Die Zeit seiner Geburt ergibt sich aus den Angaben der Kirchengeschichte, in denen er Personen oder Ereignisse ‚seiner Generation‘ erwähnt. Der Ausdruck καθ’ ἡμᾶς ist technisch, namentlich bei literarhistorischen Angaben, wie z. B. Strabon beweist, und bedeutet, daß ein Ereignis später als die Geburt des Verfassers fällt oder eine Persönlichkeit noch lebte, als der Verfasser schon geboren war. Gegen Ende des VII. Buches (26, 3) geht E. ausdrücklich zu seiner eigenen Generation über: er hat vorher die Valerianische Verfolgung, 258–260 n. Chr., erzählt (VII 10ff.) und die Exzerpte aus sowie den literarischen Bericht über Dionys von Alexandrien abgeschlossen (VII 26, 3). Den Tod des Dionys, 264/5, setzt er noch in seine Generation (VII 27, 2): er fiel in die Kämpfe mit Paul von Samosata mitten hinein, und es ist demnach richtig und konsequent, wenn E. den ketzerischen Bischof von Antiochien mit dem Zusatz καθ’ ἡμᾶς versieht (V 28, 1); denn E. muß zwischen 260 und 264 geboren sein. Damals saß Dionys auf dem römischen Bischofsstuhl (259–269); die Ungenauigkeit, daß E. seine Wahl zum Bischof in seine eigene Generation setzt (VII 27, 1), erklärt sich daraus, daß er über die Chronologie der römischen Bischöfe nach Pontian überhaupt schlecht unterrichtet ist. Mit καθ’ ἡμᾶς bezeichnet er ferner Porphyrios (VI 19, 2), der 268 nach Sizilien ging (Zeller III 2⁴, 694), Theoteknos den Bischof von Caesarea (VII 14), der noch Origenes (ca. 253 gestorben) gehört hatte, die Bischöfe von Antiochien und Jerusalem, Kyrillos (VII 32, 2, wo καθ’ ἡμᾶς näher erklärt wird) und Hymenaios (VII 14), sowie den römischen Bischof Gaius (VII 32, 1). Dieser bestieg allerdings erst am 17. Dezember 283 den Thron; E. wußte, wie schon [1371] gesagt, von den Zeiten der damaligen römischen Bischöfe sehr wenig, und so erklärt es sich, daß er erst den Bischof, den er als erwachsener Mann erlebte, seinen Zeitgenossen nannte.

E. war sicherlich nicht als Jude geboren; ob seine Eltern schon Christen waren, muß dahingestellt bleiben. Vornehmen Standes waren sie sicher nicht. Seine kirchenpolitischen Gegner, Athanasius und Marcellus, nennen ihn nach seinem Bischofssitz Caesarea, um ihn von seinem Parteigenossen Eusebios von Nikomedien zu unterscheiden (Athan. de synod. 17; de decr. Nic. syn. 3. Εὐ. ὁ ἀπὸ Καισαρείας τῆς Παλαιστίνης, ähnlich apol. c. Arian. 8. 47, ebd. 87 ἕτερος Εὐ.; Marcell. bei Euseb. c. Marc. I 4, 39 Εὐ. ὁ τῆς Παλαιστίνης; I 4, 50 Εὐ. ὁ τῆς Καισαρείας); merkwürdigerweise sagt auch Rufin in der Vorrede zu seiner Übersetzung der Kirchengeschichte Eusebius Caesariensis. Denn als Schriftsteller führt er, gemäß der alten Gewohnheit der hellenischen Gelehrten, ihrem Namen ein Distinktiv zuzusetzen, den Zunamen ὁ Παμφίλου. Dieser ist schon Hieronymus bekannt (de vir. ill. 81): ob amicitiam Pamphili martyris ab eo cognomentum sortitus est, und in den handschriftlichen Titeln seiner Schriften erscheint er regelmäßig. Was er in der späteren Ausgabe der palästinischen Märtyrer (p. 932, 9 meiner Ausgabe der Kirchengesch., der griechische Text ist zuerst Anal. Bolland. XVI 129ff. veröffentlicht) über Pamphilus sagt, sieht ganz so aus, als habe er den Zunamen wenn nicht sich gegeben, so doch angenommen: ὁ ἐμὸς δεσπότης, οὐ γὰρ ἑτέρως προσειπεῖν ἔστι μοι θέμις τὸν θεσπέσιον καὶ μακάριον ὡς ἀληθῶς Πάμφιλον. Παμφίλου ist in dem Beinamen wirklicher possessiver Genetiv. Es geht nicht an, den Ausdruck ὁ ἐμὸς δεσπότης im vollen Wortsinne zu nehmen, so daß E. sich als Pamphilus’ Freigelassenen bezeichnete; sonst könnte er K.-G. VII 32, 25 nicht Πάμφιλον ἔγνωμεν sagen. Aber so viel folgt doch daraus, daß er ursprünglich sich in einer von Pamphilus abhängigen Stellung befand und ihm seine geistige nicht nur, sondern auch seine materielle Existenz verdankte. Es haftet ihm auch in den Zeiten, als er der bei Hof gern gesehene Bischof einer Provinzialhauptstadt war, immer noch etwas Kleinbürgerliches an, wie es sich leicht bei Gelehrten findet, die als Famuli angefangen haben; andererseits ist in seinem Leben und seiner Schriftstellerei das Beste und Bleibende das gewesen, was er von Pamphilus überkommen hatte. Denn von ihm hat er es gelernt, die philologische Arbeit an der christlichen Literatur zu schätzen und zu üben, und ohne ihn wäre er nicht der große Archivar der alten Kirche geworden.

Origenes hatte im J. 230/1 (Euseb. K.-G. VI 26) seine Lehrtätigkeit von Alexandrien nach Caesarea verlegt und dort noch etwa 23 Jahre gewirkt. Zu seinen Lebzeiten mit gewaltigem Erfolg, wie Gregorius Thaumaturgus schöne Schrift bezeugt; aber die Decianische Verfolgung hat offenbar die Herde zerstreut, und als der Hirt weggerafft war, schien es mit dem gelehrten Leben in Caesarea zunächst aus zu sein. Der Bibliothek des Origenes erging es übel; sie blieb nicht beisammen, und vieles ist schon damals verloren gegangen. Der Berytier Pamphilus, von reichen [1372] und vornehmen Eltern (vgl. die spätere Ausgabe der palästinischen Märtyrer p. 934, 26ff. Dem. ev. III 6, 23), ursprünglich Jurist, wurde in Alexandrien, wo sich trotz allem die Traditionen des Origenes besser behauptet hatten, von dem Lebensideal jenes erfaßt, das strenge Askese und gelehrte Arbeit im Dienst der christlichen Gemeinde vereinigte: am stärksten scheint Pierius (Euseb. K.-G. VII 32, 27) auf ihn gewirkt zu haben (Abb. d. Gött. Ges. d. Wiss. N. F. VII 5, 51). In Caesarea zum Presbyter geweiht, begründete er dort unter dem Bischof Agapius (Euseb. K.-G. VII 32, 25) eine Schule des Bibelstudiums (vgl. z. B. den Bericht der zweiten Ausgabe der palästinischen Märtyrer über Apphianos p. 913, 25ff.), welche die Tätigkeit des Origenes konservieren und fortsetzen sollte. Wie Origenes neben und mit seiner Spekulation Philologe war und die alexandrinische Philologie auf die Bibel übertrug, so ist auch die größte Leistung des Pamphilus aus alexandrinischem Geist geboren, die Schöpfung der christlichen Bibliothek von Caesarea. Sie ging hervor aus seiner Sammlung der Schriften des Origenes, bei der es ihm wesentlich darauf ankam, die Originalexemplare, die Origenes selbst mit Noten und Randbemerkungen versehen hätte, wieder herbeizuschaffen; vollständig glückte es auch ihm nicht mehr. Der leitende Gesichtspunkt war, den Bibeltext des Origenes festzustellen. Vom Alten Testament hatte Origenes in der Hexapla eine Ausgabe gemacht; wenn auch nicht von dieser, so hatte doch von der Tetrapla Pamphilus das Handexemplar des Origenes wieder aufgefunden (vgl. die Subskriptionen des Codex Marchalianus Q = Vat. 2125 zu Jesaias und Ezechiel). Im Neuen Testament war ,der Text des Origenes‘ eine fiktive Größe, da Origenes nie eine Ausgabe des Neuen Testaments gemacht oder auch nur angestrebt hatte; aber Pamphilus bemühte sich, aus den Kommentaren und den Stromateis des Origenes dessen Lesungen zu ermitteln, eine Arbeit, die auch nach ihm noch fortgesetzt worden zu sein scheint (vgl. die Notiz fol. 14 des Codex H der Paulinen und die Mitteilungen von v. d. Goltz über den Cod. Athous Laura 184 B 64 in Texte und Unters. N. F. II 4). Man kann diese Bemühungen mit denen der antiken Philologen vergleichen, die Aristarcheischen ἐκδόσεις Homers, die beim Brand der alexandrinischen Bibliothek 48 v. Chr. zu Grunde gegangen waren, aus Aristarchs ὑπομνήματα und Monographien zu rekonstruieren. Auch darin gleicht die Schule des Pamphilus dem alexandrinischen Museion, daß wie die Homerexemplare nach den ἐκδόσεις der Gelehrten des Museion korrigiert wurden und allmählich, wenn auch nie vollständig, der Text des Aristophanes und Aristarch sich durchsetzte, so die Bibelhandschriften mit den Exemplaren der Bibliothek von Caesarea kollationiert wurden. Das gewann in der Zeit der Diocletianischen Verfolgung, als viele Bibeln verbrannt waren und neue hergestellt werden mußten, eine besondere Bedeutung; nach einer Notiz im Codex Sinaiticus hat ein Bekenner Antoninus, dessen Martyrium Euseb. de mart. Pal. 9, 5 erzählt, einen Codex mit der Hexapla in Caesarea verglichen und Pamphilus im Gefängnis ihn durchkorrigiert: Πάμφιλος διώρθωσα τὸ τεῦχος ἐν τῆι φυλακῆι διὰ τὴν [1373] τοῦ θεοῦ πολλὴν καὶ χάριν καὶ πλατυσμόν. Für diese wissenschaftliche Bibelanstalt zog sich Pamphilus Schreiber, wie jenen Porphyrius, der mit ihm den Märtyrertod erlitt (zweite Ausgabe der paläst. Märt. p. 939, 28ff.), und Gehilfen heran, unter denen offenbar E. der fleißigste und gescheiteste gewesen ist. Nach den Subskriptionen des Cod. Marchalianus Q hatte E. in dem Archetypus der Hs. die Scholien des Origenes aus dessen Originalexemplar der Tetrapla übertragen und mit Pamphilus zusammen die Hs. durchkorrigiert; die Syro-Hexaplaris ist aus einem griechischen Original übersetzt, das etwa die Unterschrift trug Εὐσέβιος διώρθωσα ὡς ἀκριβέστατα; auch der Patmensis hat die Subskription unter den Proverbien μετελήμφθησαν ἀφ’ ὧν εὕρομεν ἑξαπλῶν καὶ πάλιν αὐτὰ χειρὶ Πάμφιλος καὶ Εὐσέβιος διωρθώσαντο. Vgl. Ehrhardt Röm. Quartalschr. V 221ff.; weitere Literatur bei Harnack Altchristl. Lit. I 543ff. II 2, 104.

So muß E. lange Jahre in Caesarea ein beschauliches, arbeitsreiches Leben geführt haben. Die Reise nach Antiochien, auf der er den dortigen Presbyter Dorotheos kennen lernte (K.-G. VII 32, 2f.), fiel noch in die Friedenszeit, vor den Ausbruch der großen Verfolgung, wahrscheinlich auch der Aufenthalt in Caesarea Philippi (K.-G. VII 18). Allerdings wird die Behauptung des Asterius von Amaseia (Phot. cod. 271 p. 505 b 13), die auch in das Exzerpt aus E. in der Lucascatene Mai Nova bibl. patr. IV 168 (vgl. die Note) hineininterpoliert ist, daß Maximin die dortige Gruppe zerstört hätte, die auf Jesus und das blutflüssige Weib gedeutet wurde, durch den genauen Bericht des Philostorgius VII 3 (vgl. Sozom. V 21, 1) widerlegt; es kann also aus dem Zeugnis des E., daß er die Gruppe gesehen hätte, kein Schluß über die Zeit seines Aufenthalts gezogen worden. Es versteht sich außerdem von selbst, daß er in Aelia (Jerusalem) gewesen ist, um die Bibliothek zu benützen, die der Bischof Alexander dort begründet hatte (K.-G. VI 20, 1). In Caesarea selbst sah er Diocletian und den jungen Constantin, als sie durch die Provinz reisten (Vit. Const. I 19, 1); man pflegt diese Durchreise mit der Niederwerfung des alexandrinischen Aufstands im J. 296 zu kombinieren (Mommsen Abh. Akad. Berl. 1860, 443): Constantin war damals etwas über 20 Jahre alt (falsch Seeck Untergang d. antiken Welt I² 435; denn Diocletian war nicht 302, sondern 303, zur Zeit der Verfolgung, in Antiochien, vgl. de mart. Pal. 2, 2 und die Parallelstelle in der späteren Ausgabe).

E. schildert in der Einleitung zu seiner Darstellung der großen Verfolgung in lebhaften Farben den Glanz und das Ansehen der Kirche, die von den Kaisern mit ausgesuchter Rücksicht behandelt worden sei, zugleich aber auch die inneren Zwistigkeiten, bei denen es sich nicht um dogmatische Differenzen, sondern um die Besetzung der Bischofsstühle handelte. Er hat dabei lediglich die Zustände der Diöcese Oriens im Auge, die er aus erster Hand kannte; da sonst nichts darüber überliefert ist und er nicht ausführlich hat werden wollen, fehlt zu seinen Andeutungen der erklärende Kommentar. Im Februar 303 begann am kaiserlichen Hoflager in Nikomedien der Sturm der [1374] Verfolgung; es dauerte einige Zeit, bis er die Provinzen erreichte: am 7. Juni 303 fiel in Caesarea der erste Märtyrer, nachdem die Kirchen schon vorher niedergerissen waren. Die Verfolgung erreichte ihre größte Heftigkeit am Anfang und nach der Erhebung Maximins zum Caesar 305 (de mart. Pal. 4, 1), nach der kanonischen Epistel des Petrus von Alexandrien über die lapsi (Routh Reliquiae sacrae IV² 23ff. Pitra Monum. iur. eccles. I 551ff., die den griechischen Text verbessernde und vervollständigende syrische Übersetzung bei Lagarde Reliquiae iuris ecclesiast.), die bald nach Ostern 306 abgefaßt ist, war sie damals schon merklich abgeflaut (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 171). Im J. 306 oder Anfang 307 müssen auch die kaiserlichen Edikte erlassen sein, die an die Stelle der nur für besondere Fälle reservierten Todesstrafe die durch körperliche Verstümmelung verschärfte deportatio in metallum setzten (K.-G. VIII 12, 8ff‚; de mart. Pal. 7, 2. 3. 8, 1). Nach einer längeren Pause flackerte die Verfolgung Ende 309 noch einmal wieder auf (de mart. Pal. 9, ausführlicher in der späteren Ausgabe, von der in dieser Partie nur die syrische Übersetzung erhalten ist); das letzte Martyrium in Caesarea selbst wird von E. (de mart. Pal. 11, 30) auf den 5. März 310 datiert; in der Provinz folgten noch die allerdings sehr zahlreichen Hinrichtungen von Deportierten (de mart. Pal. 13).

Von der Verfolgung gibt E.s Schrift über die palästinischen Märtyrer ein anschauliches und objektives Bild (vgl. besonders cap. 12, das die Streitereien zwischen den Melitianern und den Anhängern der Großkirche schonend andeutet. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 180). Gewiß fehlt es nicht an empörenden Grausamkeiten, die Deportation in die Kupferbergwerke, mit arger Verstümmelung verbunden, wird viele dahingerafft haben und machte alle, die sie aushielten, zu Krüppeln für Lebenszeit; indes lehrt gerade E., daß man sich keine übertriebene Vorstellung von der Zahl der Opfer machen darf. E. hat gewiß alle aufzählen wollen, die in Caesarea den Märtyrertod erlitten, und da hier das Statthaltergericht stattfand, waren dies zugleich alle Opfer der Verfolgung in der Provinz, und zwar nicht nur von Palaestina I, sondern mindestens noch Palaestina II (dazu gehören Diocaesarea [de mart. Pal. 8, 1 nach der späteren Ausgabe] und Skythopolis, 9, 6). Er zählt außerdem noch das Martyrium eines Palästiners in Antiochien (de mart. Pal. 2) und eines in Alexandrien (5, 2ff.), ferner das eines Tyriers (5, 1) und eines Gazaeers (3, 1), sowie das von drei Ägyptern in Askalon (10, 1) hinzu. Rechnet man alles zusammen, so ergeben sich für die acht Jahre vom Frühling 303 bis zum Frühling 311 44 Hinrichtungen; dazu kommen noch die 42 Deportierten, die gegen Ende der Verfolgung das Martyium erlitten. Dabei darf nicht außer acht gelassen werden, daß die meisten Märtyrer recht provokatorisch aufgetreten waren: die Deportierten hatten offenbar die römischen Behörden schwer gereizt dadurch, daß sie sich zu Gemeinden zusammenschlossen, Bischöfe wählten, Gottesdienste abhielten, ja sich sogar den Luxus schismatischer Zänkereien verstatteten (Epiphan. LXIX 3). Wichtig ist auch, daß kein [1375] einziger palästinischer Bischof den Märtyrertod erlitten hat; Silvanus von Gaza war erst in der Deportation zum Bischof gewählt (de mart. Pal. 13, 4. 7, 3).

E. ist während der Verfolgung zeitweilig auf Reisen gewesen, er hat den Tierhetzen in Tyrus zugesehen, bei denen fünf Christen den Bestien vorgeworfen und dann hingerichtet wurden (K.-G. VIII 7), und erlebte das Wüten der Verfolgung in der Thebais (K.-G. VIII 9, 4). Man darf vermuten, daß diese Reisen in die erste Zeit der Verfolgung fielen. Am 5. November 307 wurde Pamphilus verhaftet (de mart. Pal. 7, 4). Über zwei Jahre blieb er im Gefängnis und hat dort noch wissenschaftlich gearbeitet; am 16. Februar 310 (nicht 309, wie öfters gedruckt wird) wurde er geköpft (de mart. Pal. 11). Dagegen ist den Bibliotheken in Caesarea und in Jerusalem nichts zu leide geschehen.

Den Verkehr mit Pamphilus setzte E. während der Haft eifrig fort (Phot. cod. 118 p. 92b, 2); wahrscheinlich hat er sie, einige Zeit wenigstens, geteilt. Er entging aber nicht nur dem Tode, sondern auch der Deportation und der Verstümmelung. Daraus leitete ein fanatischer Parteigänger des Athanasius, Potamon, der Bischof von Herakleopolis (Epiphan. LXVIII 8 ist τῆς Ἡρακλείας aus τῆς Ἡρακλέους entweder von den Abschreibern oder von Epiphanius selbst entstellt), eine gemeine Verleumdung ab, die schon das Schreiben der ägyptischen Synode von 338 mit Behagen wiederholt (Athan. apolog. c. Arian. 8); am genauesten wird die Geschichte von Epiphanius erzählt (a. a. O.; über seine Gewährsmänner Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 165). Danach sagte Potamon auf der tyrischen Synode (335) zu E.: λέγε δέ μοι σύ, οὐ σὺν ἐμοὶ ἦσθα ἐν τῆι φυλακῆι ἐπὶ τοῦ διωγμοῦ; κἀγὼ μὲν ὀφθαλμὸν ἀπεβαλόμην ὑπὲρ ἀληθείας, σὺ δὲ οὔτε φαίνηι λελωβημένον τι ἔχων ἐν τῶι σώματι οὔτε ἐμαρτύρησας, ἀλλὰ ἕστηκας ζῶν μηδὲν ἠκρωτηριασμένος· πῶς ἀνεχώρησας ἀπὸ τῆς φυλακῆς, εἰ μὴ ὅτι ὑπέσχου τοῖς τὴν ἀνάγκην τοῦ διωγμοῦ ἡμῖν ἐπενέγκασι τὸ ἀθέμιτον πρᾶξαι ἢ ἔπραξας; Man sieht, der Vorwurf, E. habe zu opfern versprochen oder geopfert, ist nicht substantiiert, sondern nur daraus erschlossen, daß E. aus der Haft entlassen war. Übrigens gehörte Potamon vermutlich zu dem Transport von ägyptischen Konfessoren, die im J. 308 in Caesarea verstümmelt und in die Bergwerke dirigiert wurden (de mart. Pal. 8, 13).

Am 30. April 311 wurde in Nikomedien das Edikt der vier Augusti Galerius, Maximin, Constantin und Licinius veröffentlicht, das der Verfolgung der Christen ein Ende machte und ihnen verstattete, ihre Gemeindegottesdienste öffentlich auszuüben. Im Gebiet Maximins wurde es zwar nicht vollständig ausgeführt; der Kaiser begünstigte die Chikanen, mit denen die heidnischen Gemeinderäte den Christen das Leben sauer machten, erließ auch noch vereinzelt Todesurteile; aber eine allgemeine Verfolgung wagte auch er nicht mehr zu inszenieren, und in Palästina hat kein Märtyrer mehr das Leben für seinen Glauben lassen müssen. Es hatte dem Ansehen, dessen E. sich als vertrauter Gehilfe des allgemein verehrten Presbyters Pamphilus bei der Gemeinde von Caesarea erfreute, nicht geschadet, daß er [1376] ohne Leibesschaden das Gefängnis verlassen hatte; er wurde der Nachfolger des Agapius auf dem Bischofsthron; daß er vorher Presbyter gewesen war, sagt er selbst in dem Brief, den er nach der Synode von Nicaea an seine Gemeinde schrieb (s. u.). Als Bischof hielt er die Festpredigt bei den Enkaenien der Basilika von Tyrus, die er dem letzten Buch der Kirchengeschichte einverleibt hat. Der Bau ist sicher nicht vor Maximins Sturz im J. 313 begonnen, da gerade die Tyrier bei jenem durchgesetzt hatten, daß den Christen die Niederlassung in ihrer Stadt verboten wurde (K.-G. IX 2. 7, 3ff.), und muß mehrere Jahre gedauert haben, ganz abgesehen davon, daß das zehnte Buch erst nach 314 der Kirchengeschichte hinzugefügt ist (s. u.). Andererseits war zur Zeit der Predigt Licinius noch offiziell im besten Einvernehmen mit Constantin und der christlichen Kirche, vgl. K.-G. X 4, 16. 60. Im Spätherbst des J. 323 wurde er von Constantin besiegt; damit begann für E., der damals die besten Mannesjahre schon hinter sich hatte, ein neuer Lebensabschnitt; er prägt sich auch in seiner Schriftstellerei und in seinem Stil deutlich aus. Es ist daher an der Zeit, die biographische Darstellung zu unterbrechen und die Schriften aufzuzählen, die sich mit Sicherheit der ersten Periode zuweisen lassen.

Zu den frühesten Werken des E. muß die sog. Chronik gehören; er zitiert sie nicht nur in der Praep. evang. (X 9, 11) und K.-G. (I 1, 6), sondern auch in den Ecl. proph. p. 1, 27ff., die vor dem Toleranzedikt von 311 geschrieben sind. Da es nun in der Tat nicht gut auszudenken ist, wie E. während der Verfolgung oder in seiner Haft ein solches Buch zusammenbringen konnte, wird man die Abfassung oder wenigstens die Sammlung des Materials vor 303 schieben müssen. Nach den Selbstzitaten des E. zu urteilen hieß das Werk Χρονικοὶ κανόνες καὶ ἐπιτομὴ παντοδαπῆς ἱστορίας Ἑλλήνων τε καὶ βαρβάρων (vgl. Ecl. proph. p. 1, 27 Χρονικοὺς συντάξαντες κανόνας ἐπιτομήν τε τούτοις παντοδαπῆς ἱστορίας Ἑλλήνων τε καὶ βαρβάρων ἀντιπαραθέντες; K.-G. I 1, 6 ἐν οἷς διετυπωσάμην Χρονικοῖς κανόσιν ἐπιτομὴν κατεστησάμην), woraus Hieronymus mit einem groben Mißverständnis gemacht hat (de vir. ill. 81) Chronicorum canonum omnimodo historia et eorum ἐπιτομή. Dem Werk war eine Einleitung vorausgeschickt (vgl. Euseb. chron. ed. Schoene I 5, 42ff.), die man jetzt – ohne genügenden Grund – ‚Chronik‘ im Gegensatz zum ,Kanon‘ nennt und als erstes Buch zählt, wozu I p. 7, 7 schwerlich berechtigt. Nur sie ist in der echten Gestalt wenigstens einigermaßen erhalten; vom griechischen Original gibt es freilich nur Exzerpte, aber für das Ganze bietet eine armenische Übersetzung einen unvollkommenen Ersatz. Die Übersetzung selbst ist am besten bis jetzt von Aucher veröffentlicht. Sie ist nur in einer, durch Blattverlust mehrfach beschädigten Hs. in Etschmiadzin erhalten; vgl. Mommsen Herm. XXX 321ff.; der dort ausgesprochene Wunsch, den Text nach dieser Hs. neu herauszugeben, ist bis jetzt nicht erfüllt. Für Schoenes Ausgabe von E.s Chronik hat Petermann zwei Abschriften der Hs. von Etschmiadzin verglichen und danach eine lateinische Übersetzung angefertigt, ein übler [1377] Einfall, da auf die Weise der enge Anschluß des armenischen Textes an das griechische Original bis zur Unkenntlichkeit entstellt wird; wenn überhaupt übersetzt werden soll, darf es nur ins Griechische geschehen.

In dieser Einleitung legt E. die Fundamente und Prinzipien seines chronologischen Systems vor. Das Material ist nicht zu einer Darstellung verarbeitet, sondern, wie sichs bei einem gelehrten Buch gehört, in der Form von Exzerpten aus den benützten Autoren gegeben.

Die Beschäftigung mit der Chronologie hatte die christliche Apologetik schon früh von der jüdischen geerbt; das Interesse drehte sich um den Nachweis, daß die jüdische Kultur älter sei als die heidnische. Außerdem hatte die sehr ausgedehnte Literatur der Χρονικά für die jüdischen und christlichen Gegner des Polytheismus noch einen besonderen Reiz. Jene Χρονικά nämlich setzten eine Pseudochronologie der Sage in Kurs, welche auch die Göttergeschichten mit umfaßte und die rationalistisch-pragmatische Auffassung der Götter mit pedantisch erfundenen Jahreszahlen ausstaffierte; hier trat kraß hervor, daß die Götter keine Götter waren, sondern tote Menschen, wie die jüdisch-christlichen Apologeten behaupteten. Die pseudomanethonischen Tabellen, die phantastische orientalische Chronologie des Alexander Polyhistor, Kastor und ihrer Nachtreter, die zweite Pentade der Diodorischen Bibliothek u. ä. sind schon den christlichen Gelehrten des 2. Jhdts. bekannt, und Africanus hatte in den fünf Büchern seiner Χρονογραφίαι, die mit dem J. 220/221 schlossen, den ganzen chronologischen Apparat, soweit er einen Christen interessierte, zusammengefaßt. Während bei Clemens, Tatian, Theophilus das beliebig aufgegriffene Material noch ungeordnet und unverbunden ausgeschüttet wird, hat Africanus ein System der Chronologie aufgestellt, in dem die Synchronismen der biblischen und heidnischen Geschichte wie in einer reinlich gezogenen Bilanz deutlich und plastisch hervortreten. Folgenschwer war seine Erfindung einer die biblische Geschichte bis zum Ende der babylonischen Gefangenschaft umspannenden Ära. Zu dieser Erfindung verhalf ihm der Chiliasmus. Die Chronologie in den Dienst apokalyptischer Hoffnungen zu stellen, war durchaus nicht neu; noch kurz vor Africanus hatte ein christlicher Schriftsteller Judas zur Interpretation des Hebdomadenorakels bei Daniel 9, 24ff. eine Chronographie geschrieben, die mit dem zehnten Jahr des Severus schloß und wegen der in Palästina und Ägypten ausgebrochenen Verfolgung das baldige Erscheinen des Antichrist in Aussicht stellte (Euseb. K.-G. VI 7). Africanus modifizierte den Chiliasmus in einer sonderbaren Weise; er nahm ihm die Beziehung auf die Gegenwart und schuf ihn zu dem Hauptfaktor einer pseudochronologischen Konstruktion um. Jenes schon erwähnte Orakel des Propheten Daniel interpretierte er historisch; es war durch die Auferstehung Christi erfüllt. Die Weltära wurde von ihm aus den biblischen Angaben, die der freien Kombination ja reichlichen Spielraum lassen, so konstruiert, daß die Empfängnis Christi in das J. 5500 der Welt (= 3/2 v. Chr.) fiel. Darin lag der Gedanke beschlossen, daß nach [1378] einem weiteren halben Jahrtausend die sechs Welttage abgelaufen seien und der siebente, d. h. das tausendjährige Reich, anbrechen würde. Praktisch war damit die apokalyptische Hoffnung aus der Gegenwart hinausbugsiert, aber sie war nicht aufgehoben, sondern methodisiert.

Africanus wandte die Weltära direkt nur auf die biblische Geschichte an, aber er suchte sie durch bestimmte Synchronismen mit der profanen Chronologie zu verbinden, die mit Olympiaden und Jahren vor Ol. 1 zu rechnen pflegte. So konnte er eine Tabelle aufstellen, in der Hellenisches und Hebräisches sich entsprach: λαβόμενος μιᾶς πράξεως Ἑβραικῆς ὁμοχρόνου πράξει ὑφ’ Ἑλλήνων ἱστορηθείσηι καὶ ταύτης ἐχόμενος ἀφαιρῶν τε καὶ προστιθεὶς (d. h. vorwärts- und rückwärtszählend) τίς τε Ἕλλην ἢ Πέρσης ἢ καὶ ὁστισοῦν τῆι Ἑβραίων συνεχρόνισεν, ἐπισημειούμενος, ἴσως ἂν τοῦ σκοποῦ τύχοιμι (Africanus bei Euseb. Praep. ev. X 10, 2). Für die profanen Daten und diejenigen, die nach dem Abschluß der biblischen Geschichte fielen, bediente er sich der Olympiadenrechnung, attischer Archontenjahre, der Consulate oder römischer Kaiserjahre, je nachdem (vgl. die Fragmente bei Synkell. 581, 7ff. 400, 6ff. Phot. cod. 34 p. 7a 14); die Umrechnung in Weltjahre wurde nur bei den großen Marksteinen der Chronologie vorgenommen.

E. stellte diesem System ein anderes gegenüber. Die in der armenischen Übersetzung erhaltene Einleitung zu der eigentlichen Tabelle erörtert die Chronologie 1) der Chaldaeer nach Alexander Polyhistor, Abydenus, Josephus; 2) der Assyrer nach Abydenus, Kastor, Diodor, Kephalion und einer aus Kastor abgeleiteten, nicht einfach entlehnten Liste der assyrischen Könige, an die sich die medischen, lydischen und persischen anschlossen; 3) der Hebräer nach der Bibel, Clemens von Alexandrien und Josephus; 4) der Ägypter nach ,Manetho‘ und Porphyrius chronologischem Werk (vgl. I p. 266, 8); 5) der Griechen nach Kastor, Porphyrius, Diodor; 6) der Römer nach Dionys von Halikarnassos, Diodor, Kastor. Am Schluß ist eine Liste der römischen Kaiser weggefallen, in der die Regierungsjahre nach Consulaten und Olympiaden bezeichnet waren (vgl. I p. 295, 36).

Africanus ist von E. zweifellos stark benützt, auch da, wo er es nicht sagt. Die Olympionikenliste (I p. 193, 27ff.), die mit Ol. 249 schließt, muß aus jenem entlehnt sein, und von den Autoren, die E. in der Subskription des fünften Abschnitts (I p. 265, 31ff.) – er ist im Armenier fälschlich in den Anfang des sechsten gestellt – aufzählt, sind die, welche sich nur auf die Olympionikenliste beziehen können, Cassius Longinus (identisch mit dem Cassius bei Minucius Felix 21, 4; falsch macht Tertull. apol. 10; adv. nat. II 12 Cassius Seuerus, die Modernen Cassius Hemina daraus), Phlegon und Thallus aus Africanus entnommen; Africanus zitiert Thallus in dem Exzerpt Euseb. Praep. X 10, 4. Wahrscheinlich hatte E. auch die jetzt fehlende Kaiserliste aus Africanus übernommen; zu beachten ist wenigstens, daß in der Olympionikenliste die Kaiser angemerkt sind. Auch die Aufgabe, die sich Africanus gestellt hatte, systematisch die biblische und profane Chronologie miteinander zu vergleichen, hat [1379] E. zu der seinen gemacht, er hat ebenfalls für die biblischen Daten eine Ära erfunden und sie mit der Olympiadenrechnung verknüpft. Trotzdem ist das Werk des Africanus in E.s Händen etwas wesentlich anderes geworden. Nicht genug, daß er in der Regel besseren und älteren Autoren folgt als sein Vorgänger (vgl. darüber Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. XL 22ff.) – nur in der ägyptischen Liste sind seine manethonischen Tabellen viel schlechter als die des Africanus –: er hat das ganze Prinzip verändert. Ihm war der Chiliasmus in jeder Gestalt widerwärtig, und seine biblische Chronologie ist durchaus von der Tendenz beherrscht, die Weltära des Africanus als falsch und unwissenschaftlich hinzustellen. Das Jahr der Erschaffung Adams berechnen zu wollen ist ein Unding, da niemand wissen kann, wie lange der erste Mensch im Paradiese war; und nicht einmal vom Sündenfall, dem wirklichen Anfang der Menschengeschichte, kann man ausgehen; denn bis Abraham sind die Zahlen der Erzväter in der LXX, dem hebräischen und samaritanischen Text verschieden überliefert; hier meldet sich der gewiegte und geschulte Textkritiker. So kann methodisch die Ära nur auf das erste Jahr Abrahams (= 2016/5 v. Chr.) gestellt werden. E. sucht dann weiter die Berechnung der Richterzeit bei Africanus als falsch nachzuweisen; dabei scheut er sich nicht die von Paulus (Act. 13, 20) aufgestellte Chronologie des Richterbuchs aus III Reg. 6, 1 und den Geschlechtsregistern Jesu bei Matthäus und Lucas zu widerlegen. Auch das Hebdomadenorakel deutete er anders; charakteristisch für den Origenianer ist die Elastizität der Interpretation, die die Zeitpunkte nicht zu scharf nimmt und dem Wortlaut des Orakels sich genauer anschließt (Chron. I p. 123 wird erst verständlich durch Ecl. proph. p. 153, 12ff.; Dem. ev. VIII 2, 55ff.; vgl. Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. XL 25ff.). Von der Wissenschaftlichkeit des Eratosthenes und Apollodor ist E. freilich weit entfernt, er hat sie auch nicht mehr gekannt; aus dem Zwang, die biblische Geschichte mit der griechischen zu parallelisieren, konnte er als Christ nicht hinaus und mußte sich an die pseudochronologischen Systeme, wie sie Kastor und seine Bearbeiter ausgebildet hatten, halten. Aber innerhalb dieser Grenzen ist seine Leistung sehr achtbar, und daß er unparteiisch genug war, aus dem Christenfeind Porphyrius das wertvollste, auch heute noch fundamentale Material für die Chronologie der hellenistischen Dynastien zu entnehmen und so vor dem Untergang zu bewahren, muß ihm hoch angerechnet werden.

Auf die einleitenden Zusammenstellungen, die sich in dem Abschnitt über die hebräische Chronologie zu einem kritischen Raisonnement verdichten, folgten die κανόνες; und die ἐπιτομή (über die Bedeutung des Wortes vgl. Jacoby Philol. Unters. XVI 20), d. h. die Tabellen der Daten. Dieser Hauptteil ist unwiederbringlich verloren; denn er ist schon sehr früh, bald nach E.s Tod, durch eine Bearbeitung ersetzt worden, welche das Originalwerk bis zur Unkenntlichkeit entstellt hat. Und auch von dieser Bearbeitung sind nur Übersetzungen erhalten. Am treuesten wird sie wiedergegeben durch Hieronymus, der den einleitenden Teil so gänzlich ignoriert, daß man annehmen [1380] muß, die Bearbeitung der Tabellen sei gesondert im Umlauf gewesen. Eine diplomatisch treue Ausgabe der Chronik des Hieronymus ist ein dringendes Bedürfnis; über die Hss., auf denen sie aufzubauen ist, vgl. Berl. Philol. Wochenschr. 1906, 744ff. Da die A. Schoenesche Ausgabe (Eusebii Chronicorum libri duo, vol. I. II, Berl. 1875. 1866) die besten Hss. teils noch nicht hat, teils nicht zuverlässig registriert und von der ursprünglichen Anordnung das Wichtigste beseitigt, ist es einstweilen geraten, sich an das ausgezeichnete Faksimile der besten, leider nicht vollständig erhaltenen Oxforder Hs. zu halten (The Bodleian Manuscript of Jerome’s Version of the Chronicle of Eusebius ... by Fotheringham, Oxford 1905). In ihr ist der Aufbau der Tabellen, wie sie Hieronymus gegeben hatte, treu wiedergegeben, und es läßt sich vernünftigerweise nicht bezweifeln, daß Hieronymus diesen Aufbau aus dem griechischen Original übernommen hatte. Im einzelnen ist dieser Aufbau in der Berl. Philol. Wochenschr. a. a. O. geschildert, worauf ich verweise, und hier nur das Wichtigste heraushebe. Die Tabellen sind so angelegt, daß jedes Jahr, auch wenn nichts dazu notiert wird, bezeichnet ist, mindestens durch zwei, oft durch sehr viel mehr Ziffernreihen. Die wichtigste Reihe ist die der Olympiaden, nach denen von 776 v. Chr. ab zitiert werden muß. Mit ihnen kombiniert sind die fila regnorum, die Königsjahre der Dynastien, die sich zuletzt auf die Kolumne der römischen Kaiserjahre reduzieren. Sie sind durchweg, Jahr für Jahr, miteinander und den Olympiadenjahren synchronistisch ausgeglichen. Am äußersten linken Rand sind von zehn zu zehn Jahren die Abrahamsjahre notiert; die jetzige Manier, sie durchzuzählen und nach ihnen auch die profanen und christlichen Daten zu zitieren, ist unbequem und irreführend. Die Ereignisse sind entweder, wenn sie besonders wichtige Synchronismen bilden, so notiert, daß sie die Ziffernreihen unterbrechen, oder zwischen die Zahlenkolumnen geschrieben, und zwar stehen die biblischen Daten auf der linken, die profanen auf der rechten Seite. Mit dem für E.s System wichtigen Datum 520/19 v. Chr. = zweites Jahr des Darius = Ol. 65,1 (Bau des zweiten Tempels) hört die biblische Geschichte und damit die Trennung der Daten auf.

Hieronymus erklärt in der Vorrede, daß er den ersten Teil bis zur Zerstörung Troias aus dem Original getreu übersetzt, im folgenden Zusätze gemacht und den Schluß vom 21. Jahre Constantins (nach strenger Rechnung Ol. 275,4 = 324/5. Hieronymus und schon das griechische Original setzen falsch Ol. 276,2 = 326/7 an) bis zum Consulat Valens VI Valentinianus VI (= 378) hinzugefügt habe. Die in das griechische Original von Hieronymus eingestreuten Zusätze beziehen sich auf römische Dinge und sind meist aus Eutrop und Sueton de viris illustribus entlehnt. Sie lassen sich leicht ausscheiden; eine gute Hilfe leistet dabei die armenische, ebenfalls in der Hs. von Etschmiadzin erhaltene Übersetzung, die zweifellos aus dem Griechischen, nicht aus dem Syrischen gemacht ist. Auch in ihr finden sich die fila regnorum und die Zweiteilung der historischen Notizen; für wissenschaftliche und exakte Arbeit ist es nötig, auf die Folioausgabe von [1381] Aucher (Venet. 1818) zurückzugehen; doch ist die Petermannsche Übersetzung daneben nicht ganz entbehrlich. Auch der Armenier muß neu ediert und mit griechischer (ja nicht lateinischer oder gar deutscher) Übersetzung versehen werden; ihn mit Hieronymus zu verkuppeln, ist unzulässig. Die armenische Übersetzung ist nach einem erheblich schlechteren Original gemacht, als dem, das Hieronymus vorlag; durch die falsche Ansetzung von Ol. 1,1 ist, von anderen Schäden abgesehen, die Ziffernreihe in Unordnung geraten, und die Zuweisung der Ereignisse an die Jahre der Ziffernreihe wimmelt von Fehlern. Zum Unheil für die wissenschaftliche Forschung hat v. Gutschmid, der die besten Hss. des Hieronymus noch nicht kannte, den Armenier über die lateinische Überlieferung gestellt und sich dadurch zu den seltsamsten Schlüssen fortreissen lassen; vor seinen Reduktionsformeln (De temporum notis quibus Eusebius utitur in Chronicis Canonibus, Kl. Schr. I 448ff.) muß auf das eindringlichste gewarnt werden. Dagegen können zur Kontrolle des Hieronymus mit Nutzen verwandt werden die Zitate Kyrills (Hiller Rh. Mus. XXV 254ff.) und die, von v. Gutschmid (Kl. Schr. I 483ff.) unterschätzten Auszüge aus den griechischen Tabellen in dem ersten Buch der syrischen, mit 774/5 n. Chr. schließenden Chronik, die im Cod. Vat. syr. 162 erhalten ist und gewöhnlich mit Unrecht dem jacobitischen Patriarchen Dionysius v. Tell-Maḥrê zugeschrieben wird (Nöldeke Wien. Ztschr. f. Kunde d. Morgenl. X 160). Nur ist es nötig, die syrische Originalausgabe von Tullberg, Upsala 1850 – sie fehlt auf der hiesigen Bibliothek – zu Grunde zu legen; die lateinischen Exzerpte in Eusebii Canonum Epitome ex Dionysii Tellmaharensis chronico petita verterunt C. Siegfried et H. Gelzer, Leipz. 1884, sind zu ungenau gearbeitet.

Für die Rekonstruktion des griechischen Textes leistet unschätzbare Dienste die Chronographie des konstantinopler Mönchs Georgios Synkellos; wie weit er das Original direkt, wie weit durch Vermittlung Annians, Panodors u. a. benützte, bleibt einer dringend nötigen Quellenuntersuchung vorbehalten, für welche freilich eine wissenschaftliche Ausgabe an Stelle der liederlichen Kompilation Dindorfs (Bonn 1829) die Vorbedingung ist; die syrische Chronik Michaels wird bei dieser Untersuchung wahrscheinlich gute Dienste leisten.

Die ursprünglichen Χρονικοὶ κανόνες des E. können die Zeit Constantins nicht erreicht haben. An und für sich wäre die Annahme möglich, daß er sie später bis zu den Vicennalien Constantins hinabführte; in dem griechischen Original, das Hieronymus fortsetzte, ist es sicher der Fall gewesen; vgl. außer Chron. I p. 131, 8 (15. Jahr des Tiberius–Vicennalien Constantins 300 Jahre, falsch) und Synkell. 64, 13 (2342 Abr. = 326/7 n. Chr. Vicennalien Constantins, wie bei Hieronymus). Nur ist es unglaublich, daß E. dies Ereignis, das er selbst erlebte und feierte, falsch datiert haben sollte, und Änderungen sind durch das feste filum regnorum ausgeschlossen. Der Fehler liegt weiter zurück und macht sich schon bei Diocletian geltend, dessen Regierungsantritt zwei Jahre zu spät, Ol. 266,2 = 286/7, von Hieronymus angesetzt wird. Das kann E. nicht getan haben, [1382] der den Ausbruch der großen Verfolgung in der Kirchengeschichte (VIII 2, 4) richtig in das 19. Jahr des Kaisers = 302/3 setzt und von diesem Termin ab die Jahre der Verfolgung in den palästinischen Märtyrern zählt. K.-G. I 5, 2 datiert er Christi Geburt auf Augustus 42. römisches und 28. ägyptisches Jahr = 3/2 v. Chr. und berechnet das Intervall bis zum 19. Jahr Diocletians VII 32, 32 auf 305 Jahre, was wiederum auf 302/3, also auf den Regierungsantritt 284/5 führt.

Aber dies ist nur ein Moment von vielen, die den Glauben an die Authentizität des von Hieronymus übersetzten Tabellenwerks erschüttern, ja unmöglich machen. Die fila regnorum müßten, wenn E. sie entworfen hätte, mit den Listen der Einleitung übereinstimmen; das ist aber durchaus nicht der Fall, vielmehr wimmeln schon bei Hieronymus die Ziffernreihen von willkürlichen Entstellungen, die gerade darum bösartig wirken, weil ein Fehler hinreicht, um den festen Rahmen der von Jahr zu Jahr fortlaufenden Synchronismen zu verschieben, und nur durch neue Fehler korrigiert werden kann (vgl. Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. XL 43ff.). Die wuchtigsten Beweise aber gegen die Echtheit des von Hieronymus übersetzten Werks liefert die Kirchengeschichte, deren chronologischer Aufriß durchsichtig und zugleich musterhaft überliefert ist. E. verfügte nur über zwei mit chronologischen Notizen versehene Bischofslisten, die alexandrinische und die römische. Jene notierte zu jedem Bischof die Dauer seiner Amtsführung und das Kaiserjahr des Antritts, diese bot im ersten Teil dieselben Angaben, ließ aber von Urban ab die Kaiserjahre des Antritts weg und begnügte sich mit den Intervallen. Prägt sich schon in diesen Differenzen die Überlieferung, über welche E. verfügte, dank seiner Gewissenhaftigkeit deutlich aus, so noch mehr darin, daß erstens die angegebenen Intervalle mit den aus den Kaiserjahren zu berechnenden oft nicht übereinstimmen und zweitens die Kaiserjahre des Antritts gelegentlich nicht notiert werden; sie fehlen in der römischen Liste vor Urban bei Pius und Aniketos (IV 11, 6. 7), in der alexandrinischen bei Marcus, Keladion (IV 11, 6), Theonas und Petrus (VII 32, 30. 31); bei Kerdon (IV 1) ist das Intervall weggelassen. Die Sorgfalt des philologischen Forschers, der eine trümmerhafte und widerspruchsvolle Überlieferung so läßt, wie sie ist, und sich hütet, sie gewaltsam zu harmonisieren, ist unverkennbar. Im Kanon des Hieronymus ist das alles verwischt; die Kaiserjahre sind, wo sie fehlen, willkürlich ergänzt, und geändert, wo sie den Intervallen zu stark widersprechen. Der letzte Bischof der alexandrinischen Liste, Petrus der Märtyrer, soll nach dem Kanon im 19. Jahr Diocletians sein Amt angetreten haben, d. h. in dem Jahr, in dem die Verfolgung begann. Das steht in unversöhnlichem Widerspruch zur Kirchengeschichte (VII 32, 31), nach der Petrus nicht ganz drei Jahre im Amt war, als die Verfolgung ausbrach. Für die Zeit von Urban an stand E. eine römische Liste zur Verfügung, die, wie der Vergleich mit dem sog. Liberianischen Katalog (Chron. min. ed. Mommsen I 73ff.) zeigt, an so schweren Fehlern litt, daß sie sich in eine Datentabelle nicht umschreiben ließ; für Fabian fehlt außerdem nicht nur, wie in diesem [1383] Abschnitt der Liste überhaupt, das Kaiserjahr des Antritts, sondern auch das Intervall (VI 39, 1). Der Kanon setzt sich über all diese Schwierigkeiten hinweg, das Resultat ist aber auch darnach: der Bischof Xystos, dessen Briefwechsel mit Dionys von Alexandrien E. wohl bekannt war, ist ohne viel Umstände aus der Liste hinausgeworfen. Das System, das mit pedantischer Konsequenz jedes Jahr synchronistisch als Kaiser- und Olympiadenjahr abzählt und die Bischofslisten in diesen Rahmen hineinpreßt, zwingt zu solchen Gewalttaten, sobald das vorhandene Material ungenau oder fehlerhaft ist; es macht jede treue Wiedergabe einer nicht mathematisch genauen Überlieferung unmöglich. Soll man nun wirklich glauben, daß E. selbst sich ein solches System zurechtgezimmert hat, das seinen wissenschaftlichen Grundsätzen schnurgerade zuwiderlief und ihn um die besten Früchte seiner bibliothekarischen Sammlertätigkeit brachte? Man kommt nicht, wie ich früher glaubte, mit der Annahme einer ausgedehnten Interpolation aus, durch welche die fila regnorum des Kanons zerstört sind, sondern man muß den entscheidenden Schritt wagen und die These aufstellen, daß das System der fortlaufenden synchronistischen Jahrestabellen, das Hieronymus aus dem ihm vorliegenden griechischen Original übernommen hat, eine durch und durch unwissenschaftliche und sekundäre Erweiterung der echten Tabellen des E. ist: in der scheinbaren Genauigkeit der Ziffernreihen, die so tut, als ließe sich alles aufs Jahr datieren, verrät sich der Dilettant, der von wissenschaftlicher Chronologie auch nicht die Anfangsgründe begriffen hat. Dieser Dilettant hat sich auch nicht gescheut, die antiochenische Bischofsliste mit fiktiven Daten auszustaffieren, obgleich die Kirchengeschichte bezeugt, daß E. nur eine Namenreihe ohne Daten hatte. Ebenso steht es mit der Liste der Bischöfe von Jerusalem. In einem einzelnen Fall, bei den 15 judenchristlichen Bischöfen, die vor der Gründung von Aelia die dortige Gemeinde regiert haben sollen, bemerkt E. (K.-G. IV 5) ausdrücklich, daß er die Zeiten dieser Bischöfe nicht habe eruieren können. Im Kanon des Hieronymus wird diesem Mangel dreist abgeholfen und der 4.–9. Bischof zum 14. Jahr Traians, der 10.–15. zum 7. Jahr Hadrians notiert.

E. klagt in der Einleitung der Kirchengeschichte über den Mangel an festen chronologischen Anhaltspunkten: er muß sich durchweg mit approximativen Schätzungen behelfen. In seltsamem Gegensatz dazu stehen die Notizen des Kanons. Ihr Wortlaut ist eusebianisch, wie der Vergleich mit der Kirchengeschichte zeigt, aber die Einreihung in die Jahrestabellen ist Fälschung, vor der sich E. selbst wohl gehütet haben würde. Daß im Armenier solche Notizen öfters zwischen die Ziffernreihen geschrieben werden, beweist für das griechische Original nichts, da bei Hieronymus sich nichts derartiges findet: es beruht einfach auf Ungeschick der armenischen Schreiber, die Ziffernreihen und Notate nicht ordentlich miteinander auszugleichen im stande waren. Aus diesem Stand der Dinge folgt, daß es unzulässig ist, Daten des Kanons herauszugreifen und als Überlieferung anzupreisen, so beliebt diese Manier namentlich in der kirchengeschichtlichen Chronologie [1384] ist: hier gilt unbedingt der Satz, daß ein von der Kirchengeschichte des E. nicht gedecktes Datum des Kanons ohne jede Gewähr ist. E. hat seine Tabellen jedenfalls so angeordnet, daß die Überlieferung klar hervortrat, und sich gewiß oft – namentlich in der von ihm erst geschaffenen Chronologie der christlichen Literatur – mit allgemeineren Ansätzen begnügt. Synchronismen mußte er für die alte Zeit – vor 520/19 v. Chr. – berechnen und hat das jedenfalls getan, aber wohl kaum mehr als jetzt in der Vorrede Hieronymus stehen: mit dem Zahlengerüst der fila regnorum wird er sein Werk so wenig beschwert wie der modernen Grille gehuldigt haben, alle Daten in Jahren Abrahams auszudrücken. Die Tabellen imponierten aber dem Publikum gerade darum nicht, weil sie so zurückhaltend und wissenschaftlich waren; es sollte alles recht fest und normiert sein, und so ist ein zum Unglück fleißiger Mann auf den Gedanken gekommen, diese ungeheuerlichen Ziffernreihen auszuarbeiten, die dann unter dem Namen des E. ausgingen und das ursprüngliche Werk vollständig verdrängten, um auf griechischem Boden sehr bald von den Paschalchronologien, einer noch viel schlimmeren Ausgeburt unwissenden Fleisses, abgelöst zu werden.

Das darf die moderne Wissenschaft nicht abhalten, das Tabellenwerk zu rekonstruieren, umsoweniger, als die vorzügliche Überlieferung des Hieronymus die Aufgabe sehr erleichtert. Aber brauchbare historische Daten wird diesem Tabellenwerk nur der entnehmen können, der seine Art und Entstehung gründlich kennt und das parallele chronologische Material von Grund aus beherrscht; eine Tabelle, aus der Daten bequem nach irgend einer Reduktionsformel abgelesen werden können, wird auch der mit größter Gewissenhaftigkeit rekonstruierte Kanon niemals werden.

In den J. 308 und 309, während der Haft des Pamphilus, entstand die Apologie für Origenes (Phot. cod. 118. Euseb. K.-G. VI 33, 4). Sie war an die größtenteils aus Ägypten stammenden Konfessoren in den palästinischen Bergwerken adressiert (Phot. a. a. O., Überschrift der lateinischen Übersetzung Rufins), speziell an Patermuthios. Die ersten fünf Bücher waren von Pamphilus und E. gemeinsam verfaßt; nach Vollendung des fünften Buchs wurden Pamphilus und sehr bald darauf auch Patermuthios (de mart. Pal. 13, 3. Phot. a. a. O.) hingerichtet, und E. schrieb das sechste und letzte Buch (Zitat K.-G. VI 36, 4) allein. Eine Übersetzung des ersten Buches, die Rufin angefertigt hatte (über die Veranlassung vgl. Rufin. apol. I 11) und die noch erhalten ist, spielte in dem Streit zwischen Hieronymus und Rufin eine Rolle. Rufin bezeichnete das Buch, wie es in der Ordnung war, als das des Pamphilus; Hieronymus dagegen bot seine verlogene Dialektik auf, um die Behauptung durchzuführen, daß Rufin das Andenken des ,Märtyrers‘ mit dem Vorwurf, einen Ketzer verteidigt zu haben, belastet hätte. Da er recht gut wußte – er hatte früher das griechische Original von Rufin entliehen (c. Ruf. II 23. III 12) –, daß das sechste Buch von E. allein geschrieben war, versuchte er zunächst die Lüge in die Welt zu setzen, die Übersetzung entspräche dem Anfang dieses Buchs; [1385] der Rest sei von Didymus (dem Alexandriner) oder ,jemand anders‘ hinzugefälscht (ep. 84, 11). Die Unwahrheit war zu frech, um auch von Hieronymus aufrecht erhalten werden zu können (vgl. Rufin. apol. II 30. Hieron. c. Ruf. III 12); so gab er im Verlauf der Polemik zu, daß Rufin das erste Buch wirklich übersetzt habe, verfocht aber nun die ebenso arge Unwahrheit, der ,Arianer‘ E. habe das ganze Buch allein geschrieben (c. Ruf. I 8ff. 13. 14. 20. II 14. 15. III 15. 24. 37), und tat so, als habe er erst, nachdem der Streit in Gang gekommen war, das Buch sich genauer angesehen (c. Ruf. II 23. III 12). Daß E. in der Vorrede des sechsten Buches, die in dem Referat des Photius noch durchschimmert, den Sachverhalt auseinandergesetzt hatte, verschwieg er wohlweislich.

Die Apologie war durch Angriffe gegen Origenes veranlaßt (Euseb. K.-G. VI 33, 4 τῶν φιλαιτίων ἕνεκα), u. a. war auch Methodius von Olympos aufs Korn genommen (Hieron. c. Rufin. I 11, er ist in der Apologie selbst wohl gemeint, Orig. ed. Lommatzsch t. XXIV p. 301 a. E.). Das von Rufin übersetzte erste Buch enthielt nur dogmatische κεφάλαια; aber es war in dem Werk auch die noch lebende mündliche Tradition über Origenes gesammelt (Euseb. K.-G. VI 33, 4; vgl. 2, 1) und sein Streit mit dem alexandrinischen Bischof nach den Akten und Briefen dargestellt (K.-G. VI 23, 4. 36, 4). E. hat mit Absicht den für die Kirche nicht eben rühmlichen Handel in der Kirchengeschichte nur flüchtig gestreift; einiges ist aus dem Referat des Photius noch zu gewinnen; aber der Verlust der Auszüge aus den Urkunden ist unersetzlich, die für die Entwicklung des Kirchenrechts ein unschätzbares Material enthalten haben müssen. Auch die syrische Übersetzung scheint hoffnungslos verloren zu sein. Nach dem Referat des Photius waren in dem Werk zwei Versionen über Origenes Tod einander gegenübergestellt, die des Pamphilus und der mündlichen Tradition und eine andere, die sich auf Briefe des Origenes stützte. Diese ist die des E. selbst nach Ausweis der Stellen in der Kirchengeschichte (VI 39, 4. VII 1); er hatte entweder nach Pamphilus Tod Material erhalten, ihn zu verbessern, oder sie beurteilten das Material verschieden (Phot. p. 92 b 22 εἴ γε αἱ φερόμεναι αὐτοῦ μετὰ τὸν Δεκίου διωγμὸν ἐπιστολαὶ οὐκ ἔχουσι τὸ πλαστόν). Jedenfalls hängt hiermit zusammen die Sammlung der Briefe des Origenes, die E. veranstaltet hat (K.-G. VI 36, 3; es ist zu beachten, daß der Brief an Fabian von Rom in dem von E. allein geschriebenen sechsten Buche stand); er vervollständigte damit die von seinem Herrn und Meister betriebene Wiedervereinigung des Origenischen Nachlasses und ahmte zugleich das Beispiel des Bischofs Alexander von Aelia nach, der in der dortigen Bibliothek ein Corpus von Briefen ‚gebildeter und rechtgläubiger Männer‘ angelegt hatte (K.-G. VI 20, 1).

An dieser Stelle muß auch gleich die Biographie des Pamphilus in drei Büchern (de mart. Pal. 11, 3. Hieron. de vir. ill. 81; ep. 34, 1; c. Ruf. I 9) erwähnt werden, die E. jedenfalls gleich nach dessen Tod abfaßte und die er schon in der ersten Ausgabe der palästinischen Märtyrer (a. a. O.) und der Kirchengeschichte (VII 32, 25. [1386] VI 32, 3, das futurische Zitat VIII 13, 6 geht auf die Schrift über die palästinischen Märtyrer) zitiert; in ihr stand der Katalog der Schriften des Origenes (K.-G. VI 32, 3. Hieron. c. Ruf. II 22), den er leider in der Kirchengeschichte nicht wiederholt hat. Über ein Zitat des Buches in den Exzerpten aus Philippus von Side (de Boor Texte und Unters. V 2, 170) vgl. Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. N. F. VII 5, 5, 1.

Noch vor dem Toleranzedikt von 311 beginnt die umfangreiche systematische Schriftstellerei E.s, in der er von verschiedenen Seiten und unter verschiedenen Gesichtspunkten es unternahm, eine wissenschaftliche Apologie des Christentums zu liefern. Das älteste Werk der Art war die Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή (Ecl. proph. p. 97, 5. 236, 5; vgl. Praep. evang. I 1, 12 τὰ τῆς Προπαρασκευῆς ... στοιχειώσεως καὶ εἰσαγωγῆς ἐπέχοντα τόπον), von Späteren (vgl. Mai Nova bibl. patr. IV 316f.) auch kürzer, aber mit gleichem Sinne Πρώτη εἰσαγωγή betitelt. Photius (cod. 11. 12) las eine ἐκκλησιαστικὴ προπαρασκευὴ ἐν βιβλίοις (Ziffer fehlt), ἐν οἷς Ἐκλογαί und eine ἐκκλησιαστικὴ ἀπόδειξις ἐν βιβλίοις (Ziffer fehlt wiederum); aus dem Zusatz ἐν οἷς Ἐκλογαί (s. u.) wage ich zu schließen, daß diese beiden Werke die Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή waren, deren Titel nach der Praeparatio und Demonstratio evangelica umgebildet war. E. selbst schließt die εἰσαγωγή an die Χρονικοὶ κανόνες an (Ecl. proph. p. 1, 27ff.). Die ersten fünf Bücher enthielten die allgemeinen und ohne weiteres verständlichen Beweise für die Wahrheit der ‚Zeugnisse‘, d. h. der Bibelstellen über Christus, mit einer Zusammenstellung weniger biblischen loci am Schluß (Ecl. proph. p. 1, 1ff. 197, 1ff.; zum Gegensatz der ersten fünf zu den folgenden vier Büchern vgl. Dem. evang. VII 2, 52): sie waren für die Klasse der ἀκροώμενοι (p. 1, 6ff.; vgl. K.-G. X 4, 63 ἄλλους .. ταῖς πρώταις τῶν τεττάρων εὐαγγελίων τοῦ γράμματος προσβολαῖς ἐμβιβάζων. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 171) bestimmt. Die folgenden Bücher, VI–IX, wenden sich an die Katechumenen und Gläubigen (p. 3, 1ff.) und führen die messianischen Weissagungen des Alten Testaments vor mit kurzer Erklärung, Buch VI der historischen Bücher (p. 63, 18 τὰς ἀπὸ τῶν ἱστορικῶν γραφῶν ἐκλογάς. 67, 1), Buch VII der Psalmen, Buch VIII der übrigen στιχηρά und der Propheten, Buch IX des Jesaias. Während von dem übrigen Werk außer E.s Selbstzitaten nur einige Exzerpte des Leontius (Mai a. a. O.) Kunde geben, sind die eben skizzierten Bücher VI–IX noch in einer Wiener Hs. erhalten (erste und einzige Ausgabe von Gaisford, Oxford 1842); E. hatte ihnen den Sondertitel Περὶ τοῦ Χριστοῦ προφητικαὶ ἐκλογαί (p. 97. K.-G. I 2, 27) gegeben. Er verweist oft auf Origenes (p. 107, 3 ὁ φιλοπονώτατος τῶν θείων γραφῶν ἐξηγητής. 179, 2. 181, 19 τῶν εἰς τοὺς τόπους ὑπομνηματισθέντων τῶι ἱερῶι ἀνδρί; auf dessen Kommentare sind auch die Verweisungen p. 69, 8. 72, 26. 79, 9. 184, 10 zu beziehen); die Polemik richtet sich in erster Linie gegen die jüdische Exegese (besonders zu beachten sind die Stellen p. 140, 2. 178, 16), daneben werden die Häretiker, welche das Alte Testament nicht anerkennen, nur gelegentlich erwähnt (p. 97, 13. 3, 19). Dagegen wird am Schluß (p. 236, 7) eine von anderen [1387] Gesichtspunkten aus zu führende Polemik gegen die Ketzer für das zehnte Buch in Aussicht gestellt; daß dies das letzte des Gesamtwerkes sein solle, wird an der Stelle nicht gesagt, und daraus, daß Leontius Zitate nur bis zum zehnten Buch reichen, folgt nichts. Aus der merkwürdigen Auslegung (p. 26, 5ff.) von Gen. 49, 10, die neben der auch später noch von E. vertretenen vorgeschlagen wird, folgt, daß zur Zeit, als die Schrift verfaßt wurde, die Organisation der Christen noch verboten war (p. 26, 29; vgl. auch 59, 15ff. 69, 25. 228, 15); sie ist also vor dem Toleranzedikt vom Frühjahr 311 verfaßt. Andererseits gehören die Martyrien der Vergangenheit an (vgl. die Part. Aor. 26, 23; ferner 191, 3), und es macht sich schon eine ziemliche Siegeszuversicht geltend (p. 219, 16ff.). In der Deutung von Jes. 61, 3 sind aktuelle Beziehungen nicht zu verkennen; p. 230, 14ff. geht auf den hingerichteten Pamphilus, 16ff. auf die deportierten Christen und 231, 3 auf die Trauer über die lapsi; der Gegensatz zu den Rigoristen ist leise, aber vernehmlich (διὰ τὸ συμπαθὲς καὶ φιλάνθρωπον, vgl. K.-G. V 2, 8) angedeutet. Danach läßt sich das Werk mit ziemlicher Sicherheit in das J. 310 setzen.

Apologetischen Zwecken (vgl. u. über Praep. ev. I 3, 8–12) diente auch eine Sonderschrift, die E. Praep. ev. I 3, 12 erwähnt, über die in Erfüllung gegangenen Weissagungen des Herrn: καὶ ἄλλα δὲ μυρία πρὸς τοῦ σωτῆρος ἡμῶν λεχθέντα τε καὶ προρρηθέντα ἐν οἰκείᾳ συναγογόντες ὑποθέσει, ταῖς ἐνθέοις αὐτοῦ προγνώσεσι τὰς τῶν πραγμάτων ἀποβάσεις συμφώνους παραστήσαντες ἀναμφίλεκτον τῶν περὶ αὐτοῦ δοξαζομένων ἡμῖν τὴν ἀλήθειαν ἐπιδείκνυμεν. Die Schrift ist dadurch erhalten, daß E. sie später als viertes Buch in die Theophanie (s. u.) aufgenommen hat.

Die ,allgemeine elementare Einleitung‘ ist aus dem Unterricht hervorgegangen; Pamphilus hat offenbar etwas der alexandrinischen Katechetenschule Vergleichbares im kleineren Maß in Caesarea eingerichtet; auch in Alexandrien findet sich die Differenz zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen (Euseb. K.-G. VI 15). Die im Unterricht gepflegte Bibelexegese war es auch, die E. zu einigen Monographien über biblische Zetemeta veranlaßte, die, sei es vor, sei es während der Abfassung des großen aus Praeparatio und Demonstratio evangelica (s. u.) bestehenden Werkes geschrieben sein müssen. Verloren ist eine Schrift Περὶ τῆς τῶν πάλαι θεοφιλῶν ἀνδρῶν πολυγαμίας τε καὶ πολυπαιδίας (Dem. ev. I. 9, 20; kürzer Praep. ev. VII 8, 29. Bas. de spir. sancto 29, 72): das Zetema griff einerseits in die christliche Geschichtsauffassung ein, nach der die Religion der vormosaischen Patriarchen mit dem Christentum identifiziert wird, andererseits in die kirchliche Disziplin; der Widerspruch von I Tim. 3, 2 und der Vorschriften über das Verhalten der verheirateten Kleriker zu dem scheinbar nicht sehr monogamischen und enthaltsamen Leben der Patriarchen sollte weginterpretiert werden.

Dagegen existiert noch eine Ἐκλογὴ ἐν συντόμωι ἐκ τῶν συντεθέντων ὑπο Εὐσεβίου πρὸς Στέφανον und πρὸς Μαρῖνον περὶ τῶν ἐν εὐαγγελίοις ζητημάτων καὶ λύσεων, die A. Mai Nova bibl. patr. IV 219ff. – recht nachlässig – herausgegeben und aus Exzerpten in [1388] Catenen-Hss. u. a. vervollständigt hat; andere Hss. als die von Mai benutzten weist Preuschen bei Harnack Altchristl. Lit. I 579 nach. Mai erkannte, daß das Buch von Hieronymus (de vir. ill. 81; Comm. ad Matth. 1, 14) unter dem Titel Περὶ διαφωνίας εὐαγγελίων angeführt wird. Nach dem Katalog Ebed-Jesu’s (Assemani Bibl. orient. III 1, 18ff., abgedruckt bei Harnack Altchristl. Lit. I 552) war es unter dem Titel Λύσις διαφωνίας εὐαγγελίων ins Syrische übersetzt und, gegen die Absicht des Verfassers, mit den Kanones (s. u.) vereinigt. Es zerfiel in zwei Teile: der erste, Stephanus gewidmete, umfaßte in zwei Büchern Zetemata aus dem Anfang der Evangelien, der zweite, an Marinus, den E. vielleicht später zufügte, solche aus dem Ende (p. 254. 255); dessen Buchzahl ist nicht bekannt. Die Differenzen der Evangelisten unter einander spielen dabei eine wichtige Rolle, sind aber doch nicht das einzige Thema der Erörterung. E. redet die beiden Adressaten an mit ἱερώτατε ἀνδρῶν καὶ φιλοπονώτατε υἱὲ Στέφανε (p. 254) und Μαρῖνε υἱὲ τιμιώτατέ μοι καὶ φιλοπονώτατε (p. 255); sie werden jüngere Kleriker gewesen sein, mit denen er Bibelexegese trieb.

Das erste κεφάλαιον der Ζητήματα καὶ λύσεις πρὸς Στέφανον wird unzweifelhaft Dem. ev. VII 3, 8 zitiert (ἐν τῶι πρώτωι τῶν εἰς τὴν γενεαλογίαν τοῦ σωτῆρος ἡμῶν ζητημάτων καὶ λύσεων); zu Dem. VII 3 sind außerdem noch Quaest. ad Steph. 5, zu VII 2, 17 Quaest. 15, 4, zu VII 2, 32ff. Quaest. 8, 4 zu vergleichen. Die Quaest. ad Steph. 1, 7 vorgeschlagene λύσις kehrt K.-G. I 7, 17 wieder; dagegen erwähnt E. die beiden Lösungen der Differenz zwischen den Geschlechtsregistern Jesu in Matth. und Luc., die er Quaest. 3 vorschlägt, K.-G. I 7 nicht, sondern führt hier nur die keineswegs scharfsinnigere des Africanus an, die er auch in der Quaest. 4 ausschreibt. Kompliziert wird die Frage nach der Abfassungszeit dadurch, daß Quaest. 7, 7 (ὥσπερ συνεστήσαμεν ἐν τοῖς Εὐαγγελικαῖς ἀποδείξεσι) allem Anschein nach Dem. ev. I 5, 6 zitiert wird. Will man nicht zu dem etwas bedenklichen Ausweg greifen, unter Εὐαγγελικαὶ ἀποδείξεις die ersten verlorenen Bücher der Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή zu verstehen, so bleibt nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß E. die Ζητήματα καὶ λύσεις als ein Parergon geschrieben hat, während er an der Demonstratio evangelica arbeitete und nachdem die Kirchengeschichte im ersten Entwurf fertig geworden war.

Es gehört zu den Eigentümlichkeiten des E., daß er seine schriftstellerischen Produktionen immer von neuem wieder aufnimmt, ausbaut und überarbeitet. In seinem späteren Leben war das für die Früchte seines Fleißes nicht immer ein Vorteil; aber zuzugeben ist, daß ihm die Ausgestaltung der ‚allgemeinen elementaren Einleitung‘ zu dem großen apologetischen Werk über das Christentum, der Praeparatio und Demonstratio evangelica, besonders gut gelungen ist: nächst der K.-G. sind diese beiden Corpora diejenige Leistung, die die Vorzüge seines Talents und seine Art, für wenige und einfache Gedanken emsig gelehrtes Material heranzuschleppen, am schärfsten zeigen. Es ist ein Unrecht gegen ihn, wenn man sie nur nachschlägt – bei der Dem. [1389] ev. geschieht auch das kaum – und sie nicht im Zusammenhange liest.

Beide Werke sind Theodotos gewidmet, dem Bischof des syrischen Laodikeia. Dort hatten die Alexandriner Eusebius und Anatolius eine Filiale des gelehrten Christentums ihrer Heimat eingerichtet; nachdem ihr Nachfolger Stephanos bei der großen Verfolgung versagt hatte, organisierte Theodotos, von Beruf Arzt, die Gemeinde von neuem (Euseb. K.-G. VII 32, 21ff.). Später gehörte er zu den Notabilitäten der Partei des Eusebius von Nikomedien (vgl. Nachr. d Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 277 und den Drohbrief Constantins bei Gelas. III p. 224 Balf.) und nahm noch an dem antiochenischen Konzil teil, das ca. 330 stattfand (Euseb. Vita Const. III 62); vor dem tyrischen Konzil (335) muß er gestorben sein, da hier schon sein Nachfolger Georgios, wiederum ein Alexandriner, auftrat (Schreiben der ägyptischen Synode bei Athanas. apol. c. Arian. 8). Er gehört deutlich zu demjenigen Teil des Klerus der Dioecesis Oriens, der E. und seine Gelehrsamkeit zu schätzen wußte.

Das Gesamtwerk ist von E. in zwei Teile zerlegt (vgl. z. B. Dem. ev. I pr. 1), die Εὐαγγελικὴ προπαρασκευή (vgl. z. B. Dem. ev. I 1, 17. V pr. 6; ebd. 15 προπαρασκευὴ τοῦ παντὸς λόγου vgl. Praep. ev. I 1, 11; Προπαρασκευή allein oft, wie Dem. ev. I 2, 1. III 3, 6. 19. IV 9, 10. V pr. 19; Praep. ev. XV 1, 8) und die Εὐαγγελικὴ ἀπόδειξις (Praep. ev. XV 1, 8; Dem. ev. III pr. 1. IV 1, 1. V pr. 1. VI pr. 1 usw.). Hieronymus führt de vir. ill. 81 auf, in verkehrter Reihenfolge, Εὐαγγελικῆς ἀποδείξεως libri viginti, Εὐαγγελικῆς προπαρασκευῆς libri quindecim. Über Photius cod. 11. 12 s. o. S. 1386.

Am Anfang wird zunächst kurz das Wesen des ‚Evangeliums‘ bestimmt als die wahre Verehrung (εὐσέβεια) des einen Gottes, die der in Christus erschienene göttliche Logos verkündet hat. Nach dem Muster antiker Schriften (vgl. z. B. Philon von Larissa bei Stob. ecl. II 40, 9ff.) folgt eine Widerlegung von Einwänden; und diese Einwände führen dazu, das Thema des Werks schärfer zu formulieren. Zunächst wird gegen die Christen der Vorwurf erhoben, daß sie blinden Glauben verlangen und sich für außer stande erklären, einen wissenschaftlichen Beweis für die Wahrheit dessen zu liefern, was sie der Welt zu bieten behaupten (I 1, 11–13). Daran schließen sich die Einwände der Heiden und der Juden. Die Heiden sagen: warum geben die Christen den überlieferten heidnischen Kult auf und wenden sich dem Judengott zu, und warum verehren sie auch diesen nicht in der jüdischen Weise, sondern machen sich eine neue Religion (2, 1–4)? Von jüdischer Seite wird den Christen vorgehalten, daß sie die dem Volke Gottes gegebenen Verheißungen usurpieren, obgleich sie das Gesetz aufheben (2, 5–8).

Gegen den ersten Vorwurf beruft sich E. auf den christlichen Unterricht und die christliche Predigt (διάλεξις, der Name beweist ihren philosophischen Charakter), sowie auf die polemische und exegetische Literatur der Christen (3, 1–6). Besonderes Gewicht legt er – das ist für ihn charakteristisch, im Gegensatz zu dem Spiritualismus des Origenes – auf den historischen Beweis, [1390] der sich ihm zur Form des Weissagungsbeweises krystallisiert. Die christliche Kirche ist von Christus geweissagt und eine universale, unüberwindliche Institution geworden, wie der Stifter es vorhergesagt hat (3, 8–12). In Christi Erscheinen in der Welt, in dem Abfall der Juden, in der Berufung der Heiden haben sich die Weissagungen der ,hebräischen‘ Propheten erfüllt (3, 13–15). Wenn dies schon klare Beweise für den übernatürlichen Ursprung des Christentums sind, so tritt noch ein historisches Moment hinzu, das zeigt, wie die göttliche Vorsehung bei seinem Ursprung die Hand mit im Spiel gehabt hat. Mit dem Erscheinen Christi, das die Vernichtung des ,polytheistischen Irrtums‘ und der Vielherrschaft der Dämonen durch die ,Monarchie‘ des wahren Gottes bedeutet, fiel zeitlich zusammen die Aufrichtung der Pax Augusta des römischen Weltreichs, das die sich selbst in endlosen Kriegen zerfleischenden Einzelreiche beseitigte (4, 2–5). Indem E. das oekumenische Christentum und die universale Zivilisation gleichsetzt, bringt er heraus, daß jenes die epichorischen νόμιμα βαρβάρων wie Inzest, Tötung der Greise usw. aus der Welt gebracht hat, und stellt dann als positiven Kulturfortschritt der polytheistischen Unsittlichkeit die Herrschaft der hochgespannten christlichen Moral gegenüber (4, 6–15). Endlich – der Glaube ist bei den Christen nur eine Stufe, ein notwendiges Requisit für die Ungebildeten; er schließt die λόγοι (Wissenschaft) nicht aus (5, 1–9).

Man muß die stolze Zuversicht dieser Einleitung mit der Auslegung von Gen. 49, 10 in den Ecl. proph. p. 26, 5ff. vergleichen oder beobachten, wie dort (170, 8ff.) die Weissagungen des glücklichen Zeitalters Jes. 2, 1ff. noch in der Weise des Origenes spiritualistisch verflüchtigt, hier sehr real auf das römische oder besser rhomaeische Weltreich gedeutet werden und wie das Christentum dessen Kulturmission für sich beansprucht: dann wird man inne werden, daß die Gedankengänge, in denen sich die Praeparatio evangelica gleich am Anfang bewegt, den Sieg der verfolgten Kirche über das Kaisertum voraussetzen. Noch zittert die Erinnerung an die Verfolgung nach; sie gehört noch nicht vollständig der Vergangenheit an (V 1, 16. XIV 3, 5. VI 6, 63. 69. XII 10, 7. XIII 6, 12): aber der Märtyrerkult ist doch schon im Schwange (XIII 11, 2), und die Kirche ist sich ihres Sieges bewußt, Kirchenbau und Kultus sind ungehindert (IV 4, 1. V 1, 7. VII 16, 11). Einen sicheren Terminus post quem ergibt die Stelle IV 2, 10ff. Dort wird unverkennbar auf die Entlarvung des heidnischen Fanatikers und Vertrauten Maximins, des Antiocheners Theoteknos, angespielt: nach dem Bericht der K.-G. IX 11, 5f. (vgl. IX 2) geschah das nach dem Tode Maximins, als Licinius von Antiochien Besitz ergriff, Ende 313 oder Anfang 314. V 27, 5 bezieht sich auf die Niederlage Maximins, vgl. K.-G. IX 10, 6. Da nun aber der Reichsfriede in der Praeparatio evangelica enthusiastisch gepriesen wird (außer I 4, 2ff. vgl. V 1, 4ff.), so muß das Werk frühestens nach dem Cibalensischen Krieg und der definitiven Teilung des Reichs zwischen Constantin und Licinius, also nach dem Ende des Jahres 314, [1391] begonnen und, weil von der Spannung zwischen den beiden Kaisern, geschweige denn von Constantins Alleinherrschaft auch nicht die leiseste Spur zu finden ist, unter dem Regiment des Licinius vollendet sein. Zu beachten ist, daß I 9, 14 die Befreiung des Klerus von den munera erwähnt wird; sie war von Constantin in der westlichen Reichshälfte eingeführt (K.-G. X 7).

Die eigentliche Darstellung der Προπαρασκευή beginnt I 5, 10ff. Sie will rechtfertigen, daß die Christen die nationalen Religionen aufgegeben und sich der Offenbarung des Judengottes zugewandt haben, also den Einwand der Heiden (s. o.) widerlegen. Diese Widerlegung wird breit und füllt ein Werk von 15 Büchern aus, nicht weil sie eine Fülle von Gedanken ins Feld führt, sondern lediglich durch die Masse der Exzerpte, und zwar aus der heidnischen Literatur: die Heiden sollen durch sich selbst widerlegt werden. Gerne operiert E. mit dem gefährlichsten und gelehrtesten Gegner der Christen, mit seinem älteren Zeitgenossen Porphyrius. Aus ihm entnimmt er die Formulierung der hellenischen Einwände gegen das Christentum (I 2, 1–4, vgl. die Analyse von v. Wilamowitz Zschr. f. neutestamentl. Wiss. I 101ff.), und er ist besonders erfreut, wenn er glaubt, Porphyrius mit seinen eigenen Waffen schlagen zu können.

An der Spitze stehen die Exzerpte über die Kosmogonie und Theologie der Heiden, speziell der Phoiniker, Ägypter, Hellenen (I 6, 1 bis II Ende). Dabei wird der Satz verfochten, daß die rohen Mythen der ältesten Theologie nicht allegorisiert werden dürfen. Ursprünglich war das ein Gedanke, mit dem Porphyrius die Interpretationsmanier des Origenes (vgl. K.-G. VI 19, 4) bekämpft hatte; E. spielt ihn geschickt gegen ihn aus (I 9, 20ff. 10, 42).

Es folgen die Exzerpte über physikalische Umdeutung der theologischen Mythen (III); nicht ohne Schadenfreude wird die Inkonsequenz des Porphyrius breit erörtert (III 9ff.), der selbst aufs allerstärkste allegorisiert und symbolisiert. Noch ausführlicher ist die sog. bürgerliche Theologie, d. h. die Religion des heidnischen Kultus behandelt; es ist für E., der im Weissagungsbeweis die stärkste Stütze des Christentums sieht, charakteristisch, daß er sich besonders für die Orakel interessiert. In einer Einleitung wird als These aufgestellt, daß die Götter des Kultus überhaupt nicht existieren (IV 1–3); sie wird jedoch nicht durchgehalten, vielmehr die Existenz der Götter angenommen, nun aber, besonders durch Exzerpte wiederum aus Porphyrius Περὶ τῆς ἐκ λογίων φιλοσοφίας, der Beweis angetreten, daß die Götter böse Dämonen sind (IV 5–23). Buch V handelt speziell über die Orakel, Buch VI im Anschluß daran über den Fatalismus.

Nachdem so in den ersten sechs Büchern der Polytheismus abgetan ist, geht E. zu der ,Philosophie und Religion der Hebräer‘ über, d. h. zu der vormosaischen Religion, die nach ihm im wesentlichen mit der christlichen Lehre identisch ist. Das VII. Buch stellt diese vormosaische Religion zuerst in den βίοι der Erzväter, dann in ihrem δογματικὸς τρόπος (vgl. VII 8, 41) dar. Die Fortsetzung bildet im VIII. Buch ἡ κατὰ Μωσέα πολιτεία: nach einer Einleitung über die [1392] Entstehung der griechischen Bibelübersetzung folgen die Exzerpte aus den jüdischen Apologeten, die die Thorah den Hellenen mundgerecht zu machen suchten, Philo, Josephus, Aristeas, Aristobul. Damit ist erwiesen, daß die Christen recht daran getan haben, die ,hebräische Philosophie‘ vorzuziehen. Das IX. Buch sammelt die Zeugnisse dafür, daß die Hellenen von den ,Hebräern‘ gewußt haben, zugleich soll die Übereinstimmung des Alten Testaments mit der profanen Geschichtschreibung aufgezeigt werden. Im X. Buch soll bewiesen werden, daß die Hellenen selbst ihre Weisheit von den Barbaren bezogen haben; den Zweck verraten Stellen wie X 4, 31. 8, 17. Maliziös ist ein langes Exzerpt aus Porphyrius über die κλοπὴ τῶν Ἑλλήνων eingeschaltet (3): das Vorbild waren hier Clemens’ Stromateis. Die zweite Hälfte des Buches greift auf die Χρονικοὶ κανόνες (9, 11) zurück: die hebräische Literatur und Philosophie ist viel älter als die hellenische. Damit sind die Fundamente gelegt für die These, daß Platon, der von allen griechischen Philosophen der christlichen Lehre am nächsten steht, wesentliche Sätze seiner Philosophie den Hebräern, Moses und den Propheten verdankt: E. kam auf diese These viel an, und er hat mit den Belegstellen dafür zwei ganze Bücher (XI. XII) gefüllt, ja sie laufen im XIII. Buch zunächst noch fort und werden durch Sammlungen von ,Entlehnungen‘ griechischer Schriftsteller aus der Bibel ergänzt (XIII 1–13); erst mit XIII 14 beginnt die Kehrseite der These von dem christlichen Charakter der Platonischen Philosophie: der attische Philosoph hat nicht den Mut gehabt, offen mit dem Polytheismus zu brechen (vgl. XIII 14, 13. 18, 17. XIV 1). Die beiden letzten Bücher enthalten dann noch eine gedrängte Darstellung der übrigen hellenischen Philosophie: welche Gesichtspunkte dabei maßgebend sind, läßt sich z. B. aus XIV 2, 7. 10, 6 erkennen, wo wiederum Porphyrius gegen sich selbst ausgespielt wird: 27, 13. XV 1, 6. 12. 61, 11.

Die 15 Bücher der Praeparatio evangelica sind vollständig erhalten, die ersten 5 in doppelter Überlieferung; von den letzten 10 enthalten die besten der durchweg jungen Hss. vielfach nur Exzerpte, die sich aber gegenseitig ergänzen. Die neueste Ausgabe von Gifford (Oxford 1903) gibt das hsl. Material weder vollständig noch zuverlässig; recensio und emendatio lassen sehr viel zu wünschen übrig.

Die Εὐαγγελικὴ ἀπόδειξις ist schon mit der Praeparatio evangelica zusammen geplant (Praep. ev. I 2, 5–8. XV 1, 8) und unmittelbar nach ihr geschrieben worden. Nach III 6, 23 gehört der Verkehr mit Pamphilus der Vergangenheit an; III 7, 37 erwähnt den Tod des Galerius und das Toleranzedikt von 311 (K.-G VIII 16). Merkwürdig ist aber, daß öfters der Kampf der Heiden gegen das Christentum als noch andauernd hingestellt wird, II 3, 155. III 3, 78. IV 16, 3. VIII 1, 61. IX 13, 9. In Ägypten, wo die neue Religion sich besonders ausgebreitet hat (VI 20, 9. VIII 4, 25), bemühen sich die Heiden, sie zu verdrängen (VI 20, 17. VIII 5, 3. IX 2, 4; vgl. V 3, 11). Offiziell ist die Verfolgung der Christen von den Römern, d. h. der Staatsgewalt, untersagt (VI 12, 21); [1393] der Reichsfriede wird wie in der Praeparatio evangelica gepriesen VII 2, 22. VIII 4, 13. IX 7, 14. Die ‚Inseln‘ Jes. 49, 1, die Ecl. proph. p. 210, 28 noch ganz spiritualistisch erklärt waren, werden I 6, 54. III 3, 45 damit zusammengebracht, daß das Christentum sich bis nach den britanischen Inseln ausgebreitet hat. Die Demonstratio evangelica muß also, wie die Praeparatio evangelica, nach 315 und noch vor dem Beginn des letzten Konflikts zwischen Licinius und Constantin geschrieben sein; die angeführten Stellen der Praeparatio und Demonstratio, welche von noch andauernder Verfolgung reden, beziehen sich teils nur die unmittelbare Vergangenheit, teils auf gegenwärtige lokale Vorgänge, besonders in Ägypten, die zeigen, daß im Orient die christliche Kirche die Stellung, die ihr Constantin im Westen gegeben hatte, noch nicht einnahm, sondern mit einer spontanen, nicht offiziellen Opposition der heidnischen Bevölkerung zu kämpfen hatte, die gelegentlich von den Behörden mehr als geduldet worden sein wird. Das beweist, daß früher diese Opposition von Maximin zwar gefördert, aber nicht, wie die Christen behaupten, künstlich geschaffen worden war; als später Licinius den Krieg mit Constantin sicher kommen sah, ließ er sie von neuem los, entgegen der Dem. ev. VI 12, 21 angedeuteten Praxis: das Toleranzedikt selbst hat er bekanntlich nicht aufgehoben.

Wie die Προπαρασκευή die Praep. ev. I 2, 1–4 nach Porphyrius formulierten Einwände mit ihrem massenhaften Material zu erdrücken verbucht, so antwortet die Ἀπόδειξις den a. a. O. 5–8 angeführten jüdischen Vorwürfen (vgl. I 1, 11. 16) mit dem breit ausgeführten Weissagungsbeweis. Der Diskussion der loci werden einige zusammenfassende Erörterungen vorausgeschickt: 1) über die vormosaische Religion, die wie das Christentum, weder Ἰουδαισμὸς noch Ἑλληνισμός war (I 2); 2) daß das mosaische Gesetz nur für die Juden bestimmt war, als sie noch in Palästina lebten, und jetzt nicht mehr beobachtet werden kann (I 3); 3) daß die Propheten ein die ganze Menschheit bindendes Gesetz geweissagt haben (I 4); 4) das Christentum hat die vormosaische Religion erneuert und ist im Gegensatz zu dem partikularen Gesetz universal, gemäß den prophetischen Weissagungen (I 5–7); 5) vollkommene, asketische und das mit der Welt sich abfindende Christentum (I 8; zu der für den Origenianer wichtigen Teilung vgl. den ἀποστολικὸς βίος III 3, 37. 74. 6, 20. VI 18, 29); 6) Fragen: warum kennt das Alte Testament die Ehelosigkeit nicht? und weshalb opfern die Christen nicht mehr? (I 9. 10). Mit Buch II beginnt die Zusammenstellung und Erklärung der einzelnen loci. Zunächst soll bewiesen werden, daß die Heiden von der Erfüllung der Weissagungen nicht ausgeschlossen sind (II). Im III. Buch folgen die Weissagungen über Jesus den Messias; angehängt ist eine lange Widerlegung der Behauptung, Jesus sei ein Zauberer (γόης) und Betrüger (πλάνος) gewesen (III 3–7), in der, wie in der Praeparatio evangelica, ein Zeugnis des Porphyrius wirksam verwandt wird (III 7, 1. 2). Buch IV und V enthalten die Lehre von Gott und dem Logos, Buch VI die Weissagungen der irdischen Erscheinung des Logos; in den folgenden [1394] Büchern werden die Einzelheiten dieser Erscheinung als geweissagt nachgewiesen, in VII Herkunft und Geschlecht Christi, in VIII die Zeit seines Erscheinens, in IX die einzelnen Ereignisse, in X der Tod.

Damit bricht das Werk ab, dessen größter Teil nur in einer einzigen Hs. erhalten ist; den dort verlorenen Anfang erhielt Fabricius von Steph. Bergler aus einer, jetzt spurlos verschwundenen Hs. des walachischen Hospodars Maurocordato († 1730). Von den verlorenen zehn letzten Büchern ist nur ein längeres Fragment aus dem XV. erhalten.

Photios (cod. 13) kannte von E. noch zwei Bücher Ἐλέγχου καὶ ἀπολογίας in einer doppelten Rezension, die indes nur geringe Differenzen aufwies. Als Inhalt gibt er ‚heidnische‘ Einwände (ἀπορίαι) gegen das Christentum, sowie deren Lösung an. Weitere Spuren dieser Bücher gibt es nicht; man kann nur vermuten, daß dieselben Fragen wie in Praep. ev. I 1–5; Dem. ev. I. III 3–7. Theophan. III 39ff. in ihnen verhandelt worden sind. Ob sie eine frühere oder spätere Bearbeitung dieser partiellen Themata der Praeparatio und Demonstratio evangelica enthielten oder, worauf die doppelte Rezension führt, Exzerpte waren, läßt sich nicht mehr entscheiden.

In den auf die Verfolgung folgenden Jahren scheint auch die kleine Schrift gegen Hierokles verfaßt zu sein; da 4, 1 die göttliche Strafe der Verfolger erwähnt wird, muß ihr mindestens der Tod des Galerius 311 vorangegangen sein. Sie ist allein durch den Pariser Apologetencodex (nr. 451) des Arethas erhalten, der noch nicht verglichen ist. In dessen Abschrift, dem Marc. 343, lautet die Überschrift Εὐσεβίου τοῦ Παμφίλου πρὸς τὰ [ὑπὸ] Φιλοστράτου εἰς Ἀπολλώνιον διὰ τὴν Ἱεροκλεῖ παραληφθεῖσαν αὐτοῦ τε καὶ τοῦ Χριστοῦ σύγκρισιν: das kann der ursprüngliche Titel schwerlich sein. Photius (cod. 39) nennt die Schrift ein ἀνασκευαστικὸν βιβλιδάριον πρὸς τοὺς ὑπὲρ Ἀπολλωνίου τοῦ Τυανέως Ἱεροκλέους λόγους. Die Form des Werkchens ist von einer bei E. ungewöhnlichen Affektation, wozu ihn vielleicht die Lektüre Philostrats verführt hat. Schon der Anfang ἆρ’ οὖν, ὦ φιλότης, κἀκεῖνά σε τοῦ ξυγγραφέως ἄξιον ἀποθαυμάζειν verblüfft, da der ‚Schriftsteller‘ nicht genannt und καί unverständlich ist. Aber es fehlt wenigstens vom Text nichts; denn gleich der folgende Satz klärt den Sinn des καί auf und gibt wenigstens den Titel des angegriffenen Buches: πρὸς μὲν γὰρ τὰ λοιπὰ τῶν ἐν τῶι Φιλαλήθει (οὕτω γὰρ εὖ ἔχειν αὐτῶι τὸν καθ’ ἡμῶν ἐπιγράφειν ἐδόκει λόγον) οὐδὲν ἂν εἴη σπουδαῖον ἐπὶ τοῦ παρόντος ἵστασθαι κτλ. Der Name des Schriftstellers erscheint allerdings erst 2, 3, nachdem die Stellen des Φιλαλήθης λόγος, gegen die E. das ganze Büchlein schrieb, mitgeteilt sind: ταῦτα ῥήμασιν αὐτοῖς Ἱεροκλεῖ τῶι τὸν καθ’ ἡμῶν ἐπιγεγραφότι Φιλαλήθη λόγον εἴρηται. Dagegen kommt der Name des auch 5, 1 mit ἑταῖρε angeredeten Freundes in der Schrift nicht vor; er kann in einer Überschrift gestanden haben, die früh verloren ging. Über den zwei Bücher umfassenden Φιλαλήθης λόγος, den Hierokles an die Christen gerichtet hatte, während er Praeses von Bithynien war (Lact. inst. V 2, 2. 12; de mort. [1395] pers. 16, 4), referiert Lactanz (inst. V 2, 12–3, 26); eine der von E. angeführten Stellen kehrt dort (V 3, 16) wieder. Nach der längeren Rezension von de mart. Pal. (p. 919, 23 meiner Ausgabe) war Hierokles 306 (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 356) Praeses von Alexandrien und zugleich Praefect der gesamten ägyptischen Provinzen (τὴν Αἴγυπτον ἐξουσίαι τῆι ἑαυτοῦ πᾶσαν διεῖπεν; in dieser Eigenschaft vertrat er die kaiserliche Appellationsinstanz (iudex sacrarum cognitionum, vgl. Mommsen Röm. Strafrecht 282); darauf wird die Charakterisierung bei E. (4, 4. 20) τὰ ἀνωτάτω τε καὶ καθ’ ὅλων δικαστήρια διειληφότος sich beziehen. Nach dieser Praefectur, die, weil sie mit der den Vicarien zustehenden Judicatur verbunden war, von Lactanz (de mort. pers. 16, 4 ex vicario praesidem) Vicariat genannt werden konnte, wurde er Praeses von Bithynien, nicht vor 307; dazu paßt, daß Donatus, der Adressat von Lactanz’ de mort. pers. 305 verhaftet (35, 2) und zunächst nicht von Hierokles, sondern von einem andern Statthalter verhört wurde (16, 4). Als E. gegen ihn schrieb, war er nicht mehr Beamter; nach Lact. de mort. pers. 16, 4; inst. V 2, 12 (qui erat tum e numero iudicum) hatte er schon vor dem Ende der Verfolgung (311) die staatliche Laufbahn aufgegeben.

An dieser Stelle mögen auch gleich die 25 Bücher gegen Porphyrius erwähnt werden; denn wenn auch Constantins Befehl, dessen Bücher gegen die Christen zu vernichten (vgl. den Brief bei Gelas. II 37. Socrat. I 9, 30), nur teilweise Erfolg hatte, wie die spätere Gegenschrift des Apollinaris beweist, so ist es doch sehr unwahrscheinlich, daß E. nach 323, unter der Herrschaft Constantins, das verpönte Werk einer breiten Widerlegung würdigte. Von E.s Werk ist nicht mehr erhalten, als von dem des großen Platonikers; zu den Stellen bei Harnack Altchristl. Lit.-Gesch. I 564f. ist das kleine Fragment bei v. d. Goltz Eine textkritische Arbeit des 10. Jhdts., Texte u. Unters. N. F. II 41 (über Act. Apost. 15, 20) hinzuzufügen. Nach dem wenigen, was bekannt ist, bewegte sich die Polemik zum großen Teil um die Interpretation von Bibelstellen: es waren eben zwei Gelehrte aneinander geraten.

Noch vor dem Gesamtwerk der Εὐαγγελικὴ προπαρασκευή und ἀπόδειξις stellte E. den ersten Entwurf des Werkes fertig, das ihn unsterblich gemacht hat, der Ἐκκλησιαστικὴ ἱστορία. Die landläufige Übersetzung ‚Kirchengeschichte‘ darf nicht zu der Vorstellung verleiten, als sei es E.s Absicht gewesen, die Schicksale oder gar die Entwicklung der christlichen Kirche von Jesus bis zu seiner Zeit zu erzählen. Mit der profanen Historiographie großen Stils zu wetteifern, konnte damals einem Christen nicht in den Sinn kommen, die Kirche war doch nach christlicher Vorstellung kein Reich von dieser Welt. Ἱστορία ist hier von E im allgemeinen Sinne gebraucht, etwa wie in den Titeln Παντοδαπὴ oder Ποικίλη ἱστορία, auch Porphyrius’ Φιλόσοφος ἱστορία läßt sich vergleichen: es bedeutet die Sammlung von überliefertem Material, wie E. auch den in der Praeparatio evangelica und Demonstratio evangelica gesammelten Stoff mannigfaltigster Art ἱστορία nennt (Praep. ev. I 6, 7 ἀναγκαίως δὲ τῆς τούτων ἁπάντων μνημονεύσομεν ἱστορίας ὡς ἂν διὰ τῆς [1396] τῶν ἑκασταχοῦ τεθαυμασμένων παραθέσεως ὁ τῆς ἀληθείας ἔλεγχος ἀποδειχθῆι). Es paßt zu dieser ἱστορία, aber nicht zu den festen Formen der Historiographie, die z. B. noch Sozomenos, so gut es geht, festzuhalten bestrebt ist, daß E. in der Kirchengeschichte so viele Exzerpte direkt mitteilt, wie er es auch in der Praeparatio evangelica tut, und es entspricht der unbestimmten, den Autor nicht bindenden Bedeutung von ἱστορία, wenn er im Prooemium die Rahmen vorlegt, in die er sein Material hineinbringen will. Sein Werk soll enthalten:

1. Die Sukzessionen der Bischöfe mit ihrer chronologischen Fixierung, wenigstens für die wichtigsten Gemeinden. Über die Bischofslisten, die E. für Rom, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem zu Gebot standen, ist schon bei Gelegenheit der Chronik das Nötigste bemerkt worden; als sicher darf angesehen werden, daß die ersten Teile der römischen und alexandrinischen Liste miteinander zusammenhängen und von E. aus Africanus entnommen sind. In die Literatur sind die διαδοχαί der Bischöfe durch die Ketzerbestreiter gekommen, die durch sie die Lückenlosigkeit der apostolischen Tradition beweisen wollten, Africanus und E. haben sie mit der Kaiserliste kombiniert und damit das chronologische Gerüst für die Kirchengeschichte oder richtiger die kirchliche Literaturgeschichte schaffen wollen, so wie die διαδοχαί der Philosophen seit dem 3. vorchristlichen Jhdt. der Rahmen waren, in dem die äußere Geschichte der Philosophie dargestellt wurde. In der heidnischen Literatur ist Διαδοχαί der hergebrachte Titel für ,Geschichte der Philosophen‘ oder besser ,Philosophenschulen‘, und wenn E. mit διαδοχαὶ τῶν ἀποστόλων die ersten sieben Bücher seines Werks bezeichnet (I 1, 1. VII 32, 32. VIII pr.), so setzt er die ,wahre Philosophie‘ in Parallele zur heidnischen. F. Overbeck hat in seiner etwas spitzen und gewundenen, aber sorgfältig interpretierenden Abhandlung ,Die Bischofslisten und die apostolische Nachfolge in der Kirchengeschichte des E.‘, Baseler Progr. 1898, das Richtige gefunden, nur aus Unkenntnis der profanen Literatur sein Resultat nicht recht ausbeuten können.

2. Die christlichen Lehrer und Schriftsteller und 3. die Haeretiker. Den Ketzerbestreitern, Irenaeus und seinem Nachtreter Hippolyt, liegt der literargeschichtliche Gesichtspunkt ganz fern; sie wollen nur polemisieren, und wenn sie ab und zu chronologische Ansätze bringen, so sollen auch diese nur der Behauptung dienen, daß die Ketzereien jungen und nachapostolischen Ursprungs sind. E.s Arbeit ist aus den Schätzen der christlichen Bibliotheken von Caesarea und Aelia hervorgegangen, so wie auch die profane literarhistorische Forschung durchweg in engstem Zusammenhange mit bibliothekarischen Arbeiten stand. Es ist vielleicht das Hauptverdienst des E., daß er den Begriff einer christlichen Literatur zuerst scharf gefaßt und die antiken Methoden, d. h. die Zeitbestimmung der Schriftsteller und die Katalogisierung ihrer Werke, auf sie angewandt hat; er hat die Traditionen der alexandrinischen Philologie auf christlichen Boden verpflanzt. Wie einst Apollodor, um nur den berühmtesten zu nennen, in den Werken der Alten nach Zeitanspielungen suchte, um danach das Buch und seinen [1397] Autor zu fixieren, so macht es E. mit den christlichen Schriftstellern (vgl. I 1, 3). Der Begriff der ἀκμή kehrt bei ihm wieder, und ebenso kehrt bei ihm wieder das System literarischer Gleichzeitigkeiten, das geschmeidig und elastisch gehandhabt wird, weil die Generationen der Menschen ineinander übergehen. Er macht sich darum auch nichts daraus, die ἀκμή öfters mehrfach anzusetzen (vgl. z. B. über Clemens von Rom III 15–17 u. 38, über Hegesipp IV 8. 22 und Iustin IV 8. 11, 8. 16, über Irenaeus IV 25. V 6. 20. 24, über Clemens von Alexandrien V 11. VI 6. 13), und wagt es, nach der Methode der profanen Chronologie, auch die Grenze zwischen den Aposteln und ihren ersten Nachfolgern als eine gebrochene Linie darzustellen (vgl. III 1–4. 31, 6, im einzelnen muß ich auf die ‚Ökonomie der Kirchengeschichte‘ im dritten Bande meiner Ausgabe verweisen). Mit diesem System der Gleichzeitigkeiten hängen die häufigen Ausdrücke κατὰ τὸν δηλούμενον, κατὰ τοὺς δηλουμένους, ἐπὶ τῶν δηλουμένων u. ä. zusammen, die stets auf eine oder mehrere vorher genannte Persönlichkeiten zu beziehen sind; Harnacks Vorschlag (Altchristl. Lit. II 1, 7ff.) χρόνον oder χρόνους oder χρόνων in solchen Fällen zu ergänzen, ist schon aus sprachlichen Gründen abzulehnen.

Eine besondere Stellung nimmt in der christlichen Schriftstellerei der biblische Kanon ein. E. erwähnt ihn in der einleitenden Disposition nicht, mit Absicht, denn die Bibel stand außerhalb der literargeschichtlichen Forschung. Aber er schließt ihn von der Behandlung auch nicht aus; denn zur Erklärung der eigentümlichen Stellung des vierten Evangeliums zu den Synoptikern hatten sich schon früh, vor Papias (vgl. Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. N. F. VII 5, 18ff.), Erzählungen gebildet, in denen E. wertvolle Traditionen erblicken mußte, die von seinem Werke fernzuhalten kein Grund vorlag, und wenn auch eine Reihe von Schriften als kanonisch der Diskussion entzogen war, so gab es andrerseits solche, die im Kanon keinen festen Platz gefunden hatten und insofern ein Objekt der Wissenschaft von der christlichen Literatur sein durften. Es verrät die Schärfe, mit der E. seine literarhistorische Aufgabe bestimmte, daß er bei diesen Schriften von dogmatischen Argumentationen so gut wie ganz absieht, sondern sich darauf beschränkt, die Zitate solcher Schriften bei kirchlichen d. h. orthodoxen Autoren zu sammeln. Eine Ausnahme macht er in gewissem Sinne bei der Apokalypse; über sie hat er ein langes Exzerpt aus Dionys von Alexandrien (VII 25; damit hängt die von E. selbst III 39, 6 aufgestellte Hypothese zusammen) aufgenommen, in dem ihre Authentie bestritten wird, bezeichnenderweise aber nicht mit dogmatischen, sondern mit stilkritischen Erörterungen. E. ist geradeso wie Dionys hier besonders interessiert; den beiden Origenianern erschien der chiliastische Realismus, der in der Apokalypse immer wieder eine neue Nahrung fand und von der spiritualistischen Auslegung nichts wissen wollte, als eine Gefahr für die christliche ‚Philosophie‘. Andrerseits ist er unparteiisch; er verschweigt nicht, daß die Apokalypse von alten Schriftstellern oft zitiert wird (vgl. z. B. III 18, 3. V 8, 6. IV 18, 8. 24. V 18, 14); daß Gaius sie als Fälschung Kerinths [1398] scharf kritisierte, verschleiert er (vgl. III 28, 2 mit VII 25, 2), und stellt sie sowohl unter die ὁμολογούμενα, wie unter die Bücher, die zwar unecht, aber doch von vielen rechtgläubigen Schriftstellern anerkannt sind (III 25). Umgekehrt gibt E. zu, daß der von ihm geschätzte Hebräerbrief (II 17, 12) nicht direkt von Paulus geschrieben sei (III 3, 5. VI 20, 3. III 38. VI 14, 2ff.). In beiden Fällen läßt E. keinen Zweifel über die Richtung, die sein wissenschaftliches Urteil genommen hat, aber er fällt nicht aus der Rolle des Gelehrten, der den Tatbestand verzeichnet, und höchstens indirekt, nicht durch einen dogmatischen Machtspruch den kirchlichen Gebrauch zu bestimmen sucht. Den Kanon des Alten Testaments gibt E. an verschiedenen Stellen nach Josephus (III 10), Meliton (IV 26, 14) und Origenes (VI 25). Alle diese über den Kanon handelnden Partien seines Werks hat E., wie schon gesagt, nicht als einen Hauptteil abgesondert, sondern sie aus der Darstellung gewissermaßen spontan hervorwachsen lassen (zuerst II 15; dann beim Tode der Apostel II 23, 25. III 3. 4, 6. 24; an die Schriften des zuletzt verstorbenen Apostels schließt sich die Hauptstelle III 25 an) und die Ankündigung, daß er die Zitate der ἀντιλεγόμενα und die Äußerungen der Schriftsteller über kanonische und nichtkanonische Bücher sammeln werde, bei Gelegenheit eingeschaltet (III 3, 3). So rückt der Kanon in die Literaturgeschichte hinein, und das ist das Wichtige; daß er nur durch eine Hintertür hineingekommen ist, muß zwar wohl beachtet, darf aber nicht zur Grundlage des Urteils über E.s wissenschaftliche Kritik gemacht werden.

Neben den orthodoxen Schriftstellern stehen die Häretiker. E. ist gegen sie so wenig tolerant, wie es Origenes war, und mit verwerfenden Urteilen nicht sparsam, aber er will den professionellen Ketzerbestreitern keine Konkurrenz machen, sondern ihn interessieren hier in erster Linie die literarischen und chronologischen Fragen. Am ausführlichsten schildert er die ‚Phryger‘, aber nicht dogmatisch, sondern persönlich, an der Hand der recht giftigen zeitgenössischen Polemik. Die Sekte existierte noch zu E.s Zeit und war ihm wegen ihres enthusiastischen Realismus besonders widerwärtig. Prinzipiell gibt er keine Verzeichnisse von Schriften der berühmten Häretiker; solche Kataloge sind eine Ehre, die den ‚kirchlichen‘ Literaten vorbehalten bleibt und den ‚Hebräern‘ Philon und Josephus, die nach einer schon vor E. verbreiteten Meinung das junge Christentum vorurteilsfrei anerkannt haben und für apologetische Zwecke benützt werden können. Aber die Haeresen haben eine orthodoxe Literatur hervorgerufen, die E. sorgfältig verzeichnet, und die ἀκμαί der Häretiker durften umso weniger in dem System der Gleichzeitigkeiten fehlen, als die Ketzerpolemik von jeher versucht hatte, mit chronologischen Gründen den Zusammenhang der Häretiker mit der apostolischen Überlieferung zu bestreiten (vgl. z. B. Iren. III 4, 3 = K.-G. IV 11, 1. Clem. strom. VII 107). Es ist auch nicht wunderbar, sondern ganz in der Ordnung, wenn Ketzer und Ketzerbestreiter chronologisch aufeinander bezogen werden, wie z. B. IV 7, 6 (τότε). 14 (κατὰ τοὺς δηλουμένους, d. h. die vorher besprochenen [1399] Häretiker). IV 11, 4. III 28, 1 ∼ 29, 4.

E. sagt selbst, daß er einen kurzen Abriß des in der Kirchengeschichte vorgelegten Materials schon in der Chronik zusammengestellt hätte (I 1, 6). Das trifft, wenn auch nicht ausschließlich, so doch wesentlich die bis jetzt charakterisierten drei Materien, die eben aus den Stoffen der antiken Literaturgeschichte und Literaturchronologie von E., wie schon gesagt, übertragen sind; auch Apollodors Chronographie, ja schon das sog. Marmor Parium ist mindestens ebensosehr eine Epitome der literarischen, wie der politischen Ereignisse. In diesem Sinne hatte F. Overbeck nicht ganz Unrecht, wenn er im Gegensatz zu der unwissenden Verkehrtheit der Früheren, die, Papias ‚Erklärung der Herrenworte‘ und Clemens Hypotyposen vergessend, die Kirchengeschichte mit dem dogmatisch, nicht historisch interessierten Traditionalisten Hegesipp zusammenstellten, für E.s Prioritätsrechte eintrat und die Kirchengeschichte eine Erweiterung der Chronik nannte (Über die Anfänge d. Kirchengeschichtsschreibung, Basler Progr. 1892). Er übersah nur, daß weder die Chronik noch die Kirchengeschichte Völkergeschichte sind, weil er nicht daran dachte, daß E. antike, heidnische Wissenschaft auf das christliche Gebiet übertragen hat und insofern echter Hellene ist, als ihm die Literatur ein der Fixierung und Forschung würdiges Geschehen bedeutet.

Von politischen Ereignissen interessieren E. nur zwei Kategorien: die Verfolgungen, welche die Kirche erlitten hat, und die Leiden, welche das jüdische Volk seit dem Frevel gegen Jesus Christus bis zu den Schlußkatastrophen unter Vespasian und Hadrian heimgesucht haben. Diese bilden die vierte, jene die fünfte und sechste Rubrik der in der Einleitung aufgezählten Materien. Die Abschnitte über die Juden dienen apologetischen Zwecken: denn alle ihre Leiden sind göttliche Strafen dafür, daß sie den Messias getötet haben, die erweisen, daß die Juden nicht mehr das auserwählte Volk und die Christen im Recht sind, wenn sie keine Juden sein wollen. Der Gewährsmann ist bis zur Zerstörung Jerusalems fast ausschließlich Josephus, in den durch geschickte Auswahl der Exzerpte E. seinen Gesichtspunkt hineinträgt. Unter Umständen wird dieser Gesichtspunkt aktuell; der nach Josephus erzählte Tod des Herodes (I 8) tritt zu dem qualvollen des Galerius (VIII 16) umso wirksamer in Parallele, als E. es dem aufmerkenden Leser überläßt, diese Parallele selbst zu ziehen. Kleinere apologetische Stücke schließen sich an die Rubrik an; sie verfolgen die Tendenz, die Zuverlässigkeit neutestamentlicher Berichte daraus zu erweisen, daß sie mit Josephus übereinstimmen. Die Übereinstimmung ist durchaus nicht immer wirklich vorhanden (vgl. I 10, 1–5 mit Joseph. ant. Iud. XVIII 34ff.); indes ist in den Fällen, in denen mit geradezu unredlichen Mitteln nachgeholfen ist, wie beim testimonium Flavianum (I 11, 7. 8), der gefälschten Stelle über den Herrenbruder Jacobus (II 23, 20), der Interpolation in dem Bericht über den Tod Agrippas I. (II 10, 6), E. nicht der Betrüger, sondern der Betrogene, vgl. Ztschr. f. neutestamentl. Wiss. IV 48ff. Das hierhergehörige Stück I 9–11 ist durch die unmittelbare [1400] Gegenwart veranlaßt, es soll die auf Veranlassung Maximins gefälschten Pilatusakten (I 9, 3. 11, 9. IX 5, 1. 7, 1) widerlegen.

Die Kirchengeschichte soll letzthin das Christentum ebenso als eine göttliche Institution erweisen wie die Praeparatio und Demonstratio evangelica. Die eben skizzierte Rubrik dient dem unmittelbar, aber auch die ersten drei: in den Bischofsreihen dokumentiert sich die ununterbrochene Tradition von den Aposteln her, und die christliche Literatur ist ein fortgesetzter Triumph des hl. Geistes über den ,Bösen‘, der die Ketzer immer von neuem gegen die Gemeinde Christi mobil macht. Nicht umsonst stellt E. in den einleitenden Abschnitten des ersten Buches einige apologetische κεφάλαια zusammen, die im wesentlichen auf den Beweis hinauslaufen, daß das Christentum die von Gott gestiftete, älteste Religion ist (vgl. die Rekapitulation II pr. 1). Dieser Absicht dienen auch die fünfte und sechste Rubrik über die Verfolgungen; hier tritt ausgesprochenermaßen zu dem apologetischen noch das erbauliche Interesse hinzu (VIII 2, 3, vgl. auch V pr.). E. hatte für die ältere Zeit schon vorgearbeitet durch eine Sammlung von Martyrien (IV 15, 47 τοῖς τῶν ἀρχαίων συναχθεῖσιν ἡμῖν μαρτυρίοις. V pr. 2 τῆι τῶν μαρτύρων συναγωγῆι. V 4, 3. V 21, 5 ἐκ τῆς τῶν ἀρχαίων μαρτύρων συναχθείσης ἡμῖν ἀναγραφῆς): sie enthielt den Brief der smyrnaeischen Gemeinde über das Martyrium Polykarps, mit dem das Martyrium des Pionius und das der Pergamener Karpos, Papylos und Agathonike zu einem Bande vereinigt war (vgl. De Pionio et Polycarpo, Gött. Progr. 1905), den Brief der Gemeinden von Lyon und Vienne über die dortigen Märtyrer mit mehreren Beilagen und das Martyrium des Apollonius. E. hat diese Stücke sämtlich, allerdings gekürzt, in die Kirchengeschichte aufgenommen oder doch wenigstens erwähnt: nichts spricht dafür, daß die Sammlung noch mehr enthalten hat. Im Gegenteil sind dies die einzigen Märtyrerurkunden, die E. in der K.-G. mitteilt; hätte er mehr gehabt, würde er sie schwerlich vorenthalten haben: was aus der Literatur, wie aus Hegesippos oder den Briefen des Dionys, entnommen ist, ist anderer Art, und ebensowenig darf der Katalog der Schüler des Origenes, die das Martyrium erlitten haben (VI 4), oder gar die daran angehängte Legende von Potamiaena und Basileides als eine Urkunde angesehen werden.

Die ersten fünf Rubriken umfassen die Bücher I–VII; für die Disposition im einzelnen verweise ich auf die Oekonomie der K.-G. im dritten Bande meiner Ausgabe. Die Bücher sind allerdings nicht gleichartig, auch abgesehen davon, daß die vierte Rubrik IV 6 aufhört. Während die ersten fünf Bücher den Stoff gleichmäßig verteilen, überragen im sechsten und siebenten zwei einzelne Persönlichkeiten alles übrige, Origenes und Dionys von Alexandrien. Was E. von jenem mitteilt, ist mit unverkennbarer Kunst darauf angelegt, die Wirksamkeit des großen Lehrers und Exegeten für die Kirche darzustellen; über die dunklen Punkte, den Streit des Origenes mit dem alexandrinischen Bischof und die sonstigen Angriffe, geht er rasch hinweg und verweist dafür auf die gemeinschaftlich mit Pamphilus verfaßte [1401] Apologie. Im letzten Drittel des sechsten und in dem größten Teil des siebten Buches tritt Dionys an Stelle des Origenes: hier giebt E. aus den Briefen des eleganten Stilisten ein reiches Material, das die kirchlichen Dinge in scharfer individueller Beleuchtung zeigt. Merkwürdigerweise berührt er Dionys Streit mit Sabellius nur ganz kurz, sehr breit aber die Stellung, die er zu den Novatianern einnahm, die Briefe des Dionys durch die berüchtigte Schilderung, die der römische Bischof Cornelius in einem Brief von Novatian gab, ergänzend. Er hatte guten Grund, den novatianischen Rigorismus gegen die lapsi möglichst zu diskreditieren (vgl. die Bemerkung V 2, 8; nicht ohne Absicht ist ferner die Legende vom Apostel Johannes und dem ephesischen Jüngling III 23 in extenso mitgeteilt); man denke an die kirchlichen Stürme, die die Melitianer zur Zeit der Diocletianischen Verfolgung in Ägypten und Palästina heraufbeschworen hatten, vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 172ff. Ausführlich wird endlich Paul von Samosata behandelt, aber nur das Persönliche; das Dogmatische wird absichtlich ausgeschlossen. Er gehört schon zu der Generation, die E. als seine eigene ansieht und deren Darstellung er VII 26, 3 beginnt, nachdem er mit Dionys von Alexandrien fertig geworden ist. Es ist ein Nachtrag zu den ersten sieben Büchern, von dem mit dem achten Buch einsetzenden Schlußteil deutlich gesondert. Außer dem Stück über Paul von Samosata und dem Abschluß der vier durchlaufenden Bischofslisten enthält dieser Nachtrag eine Reihe von Notizen über syrische und palästinische Kleriker, die aus E.s persönlicher Kenntnis stammen. Das ausführliche Exzerpt aus Anatolius Κανόνες περὶ τοῦ πάσχα (VII 32, 14ff.) führt die breite Darstellung des quartodezimanischen Streits im fünften Buch (23–25) zu Ende und soll für die alexandrinische Osterberechnung Propaganda machen, gegen die antiochenische Praxis, das Pascha ,mit den Juden‘ zu feiern, vgl. Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. N. F. VIII 6, 104ff.

Am Schluß des siebten Buches macht E. einen Strich unter alle vorhergehenden Bücher: wie er im Anfang τὰς τῶν ἀποστόλων διαδοχάς als Thema angegeben hatte (s. o.), so erklärt er jetzt (VII 32, 32): ἐν τούτοις τὴν τῶν διαδοχῶν περιγράψαντες ὑπόθεσιν. Damit ist die sechste Rubrik deutlich abgesondert, welche von ‚den Martyrien der Gegenwart und der schließlichen gnädigen Hilfe des Herrn‘ (I 1, 2) handeln will, d. h. von der Diocletianischen Verfolgung, die er selbst erlebt hatte. Das ist allerdings Zeitgeschichte; aber wie das ganze Werk keine Geschichtserzählung im eigentlichen Sinne ist, so ist auch dieser Schlußteil keine Geschichte der Gegenwart. Dann müßte man nach dem festen Stilgesetz der antiken Historiographie erwarten, daß die Darstellung gegen die eigene Zeit hin immer breiter würde und diese selbst den größten Raum einnähme. Davon ist nicht die Rede; im ursprünglichen Entwurf umfaßte der Schlußteil sogar nur ein Buch und ist erst allmählich unter dem Zwang der Verhältnisse zu drei angeschwollen. Besonders hervorzuheben ist, daß E. auf eine ausführliche Darstellung sowohl der Vorgänge [1402] verzichtet, die sich vor der Verfolgung am Kaiserhofe abspielten, als auch der Desorganisation der christlichen Gemeinden selbst, die zu tief gehenden Spaltungen führte: er will eben nicht Geschichte schreiben, sondern in kurzer und gedrängter Fassung die Martyrien vorführen. Nur ein urkundliches oder wenigstens in gewissem Sinne urkundliches Zeugnis nimmt er auf, den Brief des Bischofs Phileas von Thmuis an seine Gemeinde (VIII 10). Die Erörterung der drei letzten Bücher läßt sich von der Frage der verschiedenen Ausgaben des Werks nicht trennen: ich kann hier nur kurz die Resultate meiner Untersuchungen vorführen und muß für die Begründung auf die Prolegomena zu meiner Ausgabe verweisen.

Die Einleitung des VIII. Buches gehört zum ursprünglichen Bestand und entwickelt den apologetischen Gedanken, daß die Verfolgung eine Strafe gewesen sei, die Gott über die christliche Gemeinde verhängt habe, namentlich für den Ehrgeiz und die Streitsucht der Bischöfe. Natürlich denkt E. an bestimmte Vorfälle und Verhältnisse, von denen keine Kunde sich erhalten hat; jedenfalls hatte der Gelehrte in Caesarea sich ein klareres Urteil durch die Schrecken der Verfolgung hindurch gerettet, als der Rhetor Lactanz in Nikomedien, den persönliches Elend noch fanatischer gestimmt haben mag, als es Rhetoren ohnehin zu sein pflegen. Die Darstellung der Verfolgung selbst beschränkt sich auf die ersten Edikte, den Ausbruch in Nikomedien, die Martyrien in Tyrus, die E. selbst erlebt hat: dann folgt eine allgemeine Schilderung der Martyrien, nach Provinzen geordnet. Sie geht durchweg auf die ersten Jahre; am Schluß (VIII 12, 8ff.) steht der Hinweis auf die Verstümmelungen und Deportationen, die 306/7 an die Stelle der Todesurteile traten (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 179). Damit ist die Darstellung selbst zu Ende; wie sie kurz gehalten ist, so verzichtet sie auch in auffallender Weise auf Namen. Diocletian wird nur in der Datierung genannt (VIII 2, 4), Galerius nie; den Namen des magister militiae Veturius, der die Christen aus dem Heer entfernte (VIII 4, 3), hat nur die Chronik erhalten (Hieron. Ol. 270 Diocletian XVI nach dem Oxoniensis). Nur eine verschwindend geringe Anzahl von Märtyrern wird mit Namen erwähnt, die kaiserlichen Sklaven Dorotheos, Gorgonius, Petrus (VIII 1, 4. 6, 5), der Bischof Anthimus von Nikomedien (VIII 6, 6), die Ägypter Philoromus und Phileas, aus dessen Brief an seine Gemeinde ein Exzerpt eingerückt ist (VIII 9, 7ff.), der vornehme Militär Adauctus (VIII 11, 2). Nicht einmal der Name der Antiochenerin Domnina mit ihren Töchtern Berenike und Prosdoke (Joh. Chrys. t. II 634 a. Syr. Martyrolog. 20. April) sind verewigt, obgleich E. ihre Geschichte erzählt (VIII 12, 3ff.) und sie in Antiochien als Heilige verehrt wurden; und daß der Verwegene, der das erste Edikt in Nikomedien abriß, Euethius hieß, muß man aus dem syrischen Martyrologium (24. Februar) zusammen mit der Datierung bei Lactant. de mort. pers. 12, 1. 13, 1 erschließen. Dagegen hängt E. am Schluß ein Verzeichnis von Bischöfen und Presbytern an, die den Märtyrertod gestorben sind. Auffallen muß, daß darunter zwei genannt werden, die erst nach dem Toleranzedikt des Galerius [1403] (30. April 311) hingerichtet worden sind, der Bischof Petrus von Alexandrien (24. Nov. 311, vgl. Nachr. d. Gött. Ges. 1904, 529) und der antiochenische Presbyter Lucian (7. Januar 312, vgl. ebd.); beide Martyrien kommen IX 6, 2. 3 inmitten der Erzählung noch einmal vor. Diese Inkoncinnität läßt sich nur so erklären, daß E. seine Darstellung ursprünglich mit dem Toleranzedikt des Galerius schließen wollte, der παλινωιδία, wie er zu sagen pflegt. Der Bericht darüber beginnt jetzt VIII 16, 1 mit den Worten ὡς γὰρ τὴν εἰς ἡμᾶς ἐπισκοπὴν εὐμενῆ καὶ ἵλεω ἡ θεία καὶ οὐράνιος χάρις ἐνεδείκνυτο, die genau der Ankündigung der sechsten Rubrik (I 1, 2) entsprechen τὴν ἐπὶ πᾶσιν ἵλεω καὶ εὐμενῆ τοῦ σωτῆρος ἡμῶν ἀντίληψιν: die ‚schließliche‘ Hilfe des Herren ist eben das Toleranzedikt. E. fordert am Ende jenes Märtyrerkatalogs dazu auf, daß die Martyrien der einzelnen Provinzen beschrieben werden möchten; er selbst stellt das für sich zweimal in Aussicht (VIII 13, 7. 6, wo die beste Überlieferung das Futurum bietet); unmittelbar daran schließt sich die Ankündigung der ,Palinodie‘. Jenes Versprechen hat er eingelöst mit der Schrift über die palästinischen Märtyrer, deren erste Ausgabe griechisch erhalten ist als Beilage zum achten Buch der Kirchengeschichte (s. u.): sie umfaßt die acht Jahre der Verfolgung vom Frühjahr 303 bis Frühjahr 311 (13, 11) und schloß, ebenso wie die erste Ausgabe der Kirchengeschichte, mit der Palinodie (13, 14 ἀναγραπτέα δὴ καὶ ἡ παλινωιδία. An einer Stelle des ersten Buches (2, 27) zitiert E. die Προφητικαὶ ἐκλογαί mit ausdrücklicher Angabe des Titels; hätte die Demonstratio evangelica schon vorgelegen, so würde er auf dies Werk verwiesen haben, das denselben Stoff viel ausführlicher und nach E.s Absicht und Meinung wissenschaftlicher behandelte. Unter solchen Umständen wird auch das zweite Zitat (I 6, 11) auf Ecl. proph. III 26, nicht auf die parallele Erörterung Dem. ev. VIII 2 bezogen werden müssen. Die Quaestiones ad Steph., die mit der Demonstratio evangelica zusammen verfaßt zu sein scheinen, werden K.-G. I 7 noch nicht vorausgesetzt. Darnach bleibt nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß die erste Ausgabe der Kirchengeschichte zwischen der Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή und dem aus Praeparatio und Demonstratio evangelica zusammengesetzten Doppelwerk verfaßt ist, d. h. zwischen 310 und 315 (s. o.). Die Grenzen lassen sich aber noch enger stecken. Das Toleranzedikt von 311 wird schon in der Disposition am Anfang des Werks erwähnt, es ist von vornherein als Schlußpunkt gedacht und wird VII 30, 21 vorausgesetzt: Die Verfolgung konnte als eine vorübergehende Strafe der göttlichen Vorsehung erst aufgefaßt werden, als sie im wesentlichen beendet war. Die Martyrien des Petrus von Alexandrien und Lucians sind gegen die chronologische Ordnung in den Märtyererkatalog VIII 13 eingestellt, weil sie unmittelbar vorher sich ereignet hatten; die Polemik gegen die 312 entstandenen Pilatusakten (s. o.) dient dem Tagesinteresse, sitzt aber in der Komposition des ersten Buches so fest, daß sie nicht entfernt werden kann. Umgekehrt ist die Inkoncinnität, daß E. mit dem Toleranzedikt von 311 schloß und doch auf einzelne Ereignisse des folgenden [1404] Jahres beiläufig Rücksicht nahm, nur dann verständlich, wenn er das Werk vor der Katastrophe Maximins im Herbst 313 zu Ende führte; er konnte es rasch niederschreiben, weil er den größten Teil des Materials für die längst beendete Chronik und für die Apologie des Origenes gesammelt hatte. Das Toleranzedikt von 311, das Maximin im einzelnen durch Chikanen umgehen, aber nicht aufheben konnte, ist offenbar für E. der Anstoß gewesen, seine gelehrten Schatzkammern zu öffnen und eine historische Apologie des Christentums zusammenzustellen, die in dem sichtbaren Erfolg gipfelte, den die christliche Kirche über die Staatsgewalt davongetragen hatte. Es ist ein Werk nicht des Kampfes gegen Unterdrückung, sondern einer triumphierenden Siegeszuversicht, die sich durch die Nachwehen der Verfolgung nicht beirren läßt. Die Aussicht auf die Allianz der Kirche mit dem Kaisertum ist noch nicht da; hingegen läßt sich für den, der lesen kann, die Sorge deutlich vernehmen, welche der in der Verfolgung herangezüchtete fanatische Rigorismus und das Sinken des wissenschaftlichen Interesses, die unausbleibliche Folge des die Gemeinden dezimierenden Kampfes, in dem arbeitsfrohen, friedlich gesinnten Gelehrten hervorriefen. Er wußte, warum er die große Gestalt des Origenes als Kirchenlehrer zeichnete und den alexandrinischen Bischof Dionys seinen Zeitgenossen vorführte, der inmitten der Decianischen Verfolgung seine Briefe kunstvoll stilisierte und den Angriffen der Rigoristen standhielt; er wußte auch und verschwieg es nicht, daß in dem strahlenden Bild der Märtyrerkirche die dunklen Flecken nicht fehlten.

Die Weltgeschichte schritt in jenen Jahren so rasch voran, wie sie es seit der Gründung des Weltreichs durch Augustus nicht getan hatte, und der Druck einer neuen Gegenwart hat den einheitlichen Bau des Eusebianischen Werks gesprengt. Am 28. Oktober 312 gewann Constantin durch die Schlacht am Ponte Molle die unumschränkte Herrschaft über den Westen; dem Osten wurde die volle Bedeutung dieses Sieges erst klar, als ein Jahr darauf Licinius den erbitterten Christenfeind Maximin niederwarf. 314 schien es so, als sollte zwischen beiden Siegern der Kampf um die Universalmonarchie ausgefochten werden; aber der cibalische Krieg, den E. charakteristischerweise völlig übergeht, verlief im Sande, und 315 stand die Zweiherrschaft von Constantin und Licinius gefestigt da. Das Toleranzedikt von 311 war schon 313 erheblich erweitert; im Westen trat die Politik Constantins, durch die die Organisation der Kirche zur Mitarbeit am Reichsregiment berufen wurde, deutlich hervor. So entschloß sich E., den Sieg der beiden ,gottliebenden‘ Kaiser in sein Werk aufzunehmen; in der ersten Ausgabe der Schrift über die palaestinischen Märtyrer kündigt er die Absicht schon an (7, 8). Die Differenz von der ersten Ausgabe ist schon daran zu erkennen, daß das Stilgesetz, die Namen der gegenwärtigen Kaiser nicht zu nennen, jetzt in weitem Umfang fallen gelassen wird. An Stelle einer wahrscheinlich nur kurzen historischen Einleitung der ,Palinodie‘, von der man sich nach de mart. Pal. 13, 11ff. ein Bild machen kann, trat eine Übersicht über die mannigfaltigen [1405] Thronwechsel und Usurpationen der J. 305–311 und eine breite Schilderung der ,Tyrannei‘ des Maxentius und Maximin; beide Stücke sind jetzt in das achte Buch zwischen die Ankündigung der Palinodie (13, 8) und diese selbst (16, 1) eingelegt. Das neunte Buch, das die Erzählung bis zum Tod Maximins im Herbst 313 hinabführte, wurde neu hinzugefügt. Im einzelnen wird das Urteil über diese Partie dadurch erschwert, daß E. gerade hier in den beiden noch folgenden Ausgaben, namentlich der letzten (s. u.), stark geändert hat. Doch läßt sich so viel mit Sicherheit erkennen, daß die orientalischen Dinge, Maximins Gewaltherrschaft und Katastrophe, noch mehr in den Vordergrund traten als jetzt, wo die letzte Ausgabe, so viel es irgend anging, Constantin in den Mittelpunkt geschoben hat. Den Schluß bildeten die Aktenstücke, die in den Texten jetzt X 5–7 stehen: an der Spitze das Edikt des Licinius an die Provinzialstatthalter, dessen lateinisches Exemplar Lactanz (de mort. pers. 40, vgl. Seeck Ztschr. f. Kircheng. XII 381. Schwartz Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 534) erhalten hat, dann eine Reihe von Reskripten Constantins, in denen das letzte Datum die Ansage der Synode von Arles auf den 1. August 314 ist (X 5, 23). Die Ankündigung dieser Aktenstücke stand noch in der vorletzten Ausgabe am Schluß des neunten Buches, vgl. die Note zu meiner Ausgabe p. 852, 2–6.

Während die beiden ersten Ausgaben der Kirchengeschichte sich nur durch Kombination rekonstruieren lassen, ragen die Differenzen der beiden letzten in die hsl. Überlieferung hinein. Die besten griechischen Hss. (BDM nach meinen Siglen), die Übersetzung Rufins und die syrische enthalten den Text der Ausgabe letzter Hand rein. In ihr war die damnatio memoriae des Licinius durchgeführt, von einigen Stellen, die bei der Revision vergessen wurden, abgesehen; auch die Aktenstücke X 5–7 waren weggelassen. Ferner strich E. einen Abschnitt über den Tod Diocletians und seiner Mitherrscher (die sog. appendix zum achten Buch; die Tendenz der Streichung wird durch Vit. Const. I 23 illustriert); das Stück über Constantius nahm er in der letzten Ausgabe fast unverändert, das über Maximian in verschiedener Fassung in die Einleitung zur Palinodie auf (vgl. VIII 13, 13f. 15); doch sind diese Korrekturen so schlecht ausgeführt, daß der Text inkoncinn, ja an einer Stelle (VIII 13, 15) geradezu unverständlich geworden ist. Von größeren Streichungen der letzten Ausgabe ist endlich noch zu erwähnen die Eliminierung des Briefes, den Maximins Gardepraefect Sabinus 311 an die Provinzialstatthalter schrieb (IX 1, 3–6); über die Verstümmelung der Erzählung am Anfang des neunten Buches vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 528. Dagegen fügte E. am Schluß einen kurzen Bericht über die Tyrannei und Illoyalität des Licinius, sowie über seine Katastrophe an; das Werk klingt in der letzten Ausgabe aus in einen tönenden Panegyricus auf die Universalmonarchie Constantins und seiner Söhne. Auch jetzt ist die Umarbeitung noch nicht ganz zum Abschluß gekommen. Der Sohn Constantins, Crispus, wird als Sieger und Mitregent von E. gefeiert (X 9, 4. 6); 326 ereilte ihn und seine [1406] Mutter Fausta das Verderben; über seinem Untergang liegt der gleiche Schleier des Geheimnisses wie über allen Bluturteilen, die Constantin über seine Familie verhängte. E. konnte den Namen des Verdammten nicht mehr in allen Exemplaren tilgen, so daß er im griechischen Text erhalten ist, aber er muß es versucht haben, die damnatio memoriae in allen Hss., deren er noch habhaft werden konnte, zu vollziehen. Ein solches Exemplar lag dem syrischen Übersetzer vor; bei ihm ist Crispus Name nicht mehr vorhanden.

Die vorletzte Ausgabe hatte das zehnte Buch hinzugefügt, lediglich zu dem Zweck, die Festpredigt, die E. bei den Enkaenien der tyrischen Basilika hielt, zu verewigen und dem Bischof von Tyrus, Paulinus, zu huldigen. Das sagt E. selbst in der Widmung an diesen, mit der das zehnte Buch beginnt. Die Aktenstücke wurden infolgedessen vom Schluß des neunten an den des neuen Buches geschoben (X 5–7). Direkt erhalten ist diese Ausgabe in den Hss. nicht, sondern es sind aus einem Exemplar davon in den Archetypus der schlechteren Gruppe (ATER) die Stücke eingetragen, die in der letzten Ausgabe fehlten. Dabei ist Vollständigkeit schwerlich angestrebt; und wenn man auch annehmen wollte, daß das Plus der vorletzten Ausgabe vollständig nachgetragen ist, so wäre damit noch lange nicht gesagt, daß jene Hss. ein Exemplar der vorletzten Ausgabe repräsentieren. Denn von dem, was erst in der letzten Ausgabe hinzugekommen sein kann, fehlt nichts. So ist eine absolut sichere Scheidung auch zwischen diesen beiden Ausgaben nicht möglich, das Wichtigste freilich steht fest und würde längst bekannt sein, wenn die sog. kritischen Ausgaben die Überlieferung klar vorgelegt hätten.

Der Erfolg des Werkes ist ungeheuer gewesen. Die sechs oder sieben alten Hss. (saec. IX–XI) weisen ein Durchkreuzen von Varianten auf, wie es nur bei einer früh verzweigten und reichen Überlieferung entsteht; das Werk ist also gleich in den ersten Jahrhunderten oft abgeschrieben worden. Der Florentinus T ist ein instruktives Beispiel gelehrter Textkritik, die an ihm getrieben worden ist; mehr als eine alte Hand hat Varianten aus anderen Hss. hineinkollationiert und korrigiert, ja die Josephusexzerpte sind sogar mit Hss. des Originals verglichen worden, nicht zum Vorteil des Eusebianischen Textes. 402 wurde das Buch von Rufin ins Lateinische übersetzt und mit einer Fortsetzung versehen, die bis Theodosius Tod (395) reicht. Die Leistung ist nicht hervorragend und wimmelt von groben Mißverständnissen, hat aber den Inhalt des Werkes dem occidentalischen Mittelalter vermittelt und dadurch eine Bedeutung erlangt, die in umgekehrtem Verhältnis zu ihrem Wert steht. Die älteren Ausgaben sind unbenutzbar, da in ihnen der Text Rufins nach dem Original umgemodelt ist; lange Zeit hat die von Cacciari (Rom 1740) ausreichen müssen, in der nur schlechtes hsl. Material herangezogen ist; eine Revision des Textes nach einigen aus einer unendlichen Masse ausgewählten alten Hss. hat Th. Mommsen für meine Ausgabe besorgt. Unvergleichlich besser ist die syrische Übersetzung (herausgegeben von Wright und M’Lean The ecclesiastical history of Eusebius in Syriac, Cambridge 1898), deren älteste Hs. im J. 462 [1407] geschrieben ist; der syrische, nicht der griechische Text ist mit sklavischer Treue ins Armenische übertragen, und diese armenische Übersetzung muß in Buch VI und VII die verlorene syrische ersetzen, leider ist sie sehr nachlässig herausgegeben (Venedig 1877). Der Syrer übersetzt frei und elegant, aber, von einzelnen Stellen abgesehen, korrekt, oft sogar recht glücklich. Es ist wohl möglich, daß die Übersetzung noch im 4. Jhdt. angefertigt ist, aber die öfters aufgestellte Behauptung, daß sie von E. selbst veranlaßt sei, ist nicht nur grundlos, sondern geradezu falsch. E. würde nie geduldet haben, daß die Stelle Prov. 8, 12ff. in dem christologischen Kapitel des ersten Buches (I 2, 14) ausgelassen wurde; diese Auslassung sowohl wie manche Änderungen im einzelnen verraten, daß dem Syrer die Lehre E.s vom Logos anstößig war.

Durch die sich kontrollierenden alten Hss. und die Übersetzungen ist der Text der Kirchengeschichte mit nahezu diplomatischer Treue überliefert. Die Übersetzungen machen es auch möglich, die echten Kapitelüberschriften, die E. selbst den einzelnen Büchern vorausgeschickt hatte, aus den Hss. herauszufinden; denn die Abschreiber haben allerdings mehrfach versucht, diese Überschriften umzuarbeiten. Dagegen ist der Text der von E. in die Kirchengeschichte eingeschalteten Exzerpte oft arg zerrüttet, weil die von E. benützten Exemplare häufig schlecht waren. Das gilt keineswegs bloß von Büchern, die schon zu E.s Zeit eine längere Überlieferung hinter sich hatten oder haben konnten; der Brief des Phileas z. B. (VIII 10) ist mehrfach bös entstellt. Am schlimmsten sind die Urkunden mitgenommen; das Reskript Maximins an die Tyrier (IX 6) ist offenbar schlecht vom Stein oder der Bronzetafel abgeschrieben; im Toleranzedikt des Galerius (VIII 17) ist die Titulatur des Galerius durch Korrekturen und Fälschungen entstellt (Seeck Rh. Mus. XLVIII 196ff.), die nicht durch Konjekturen beseitigt werden dürfen, und das Edikt des Licinius (X 5) hat, wie der Vergleich mit dem lateinischen Original bei Lactant. de mort. pers. 48 lehrt, auf dem Wege von dem öffentlich ausgestellten Dokument in die Schreibstube E.s mehrfache Interpolationen erlitten (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 534).

Die erste Ausgabe des Büchleins über die palästinischen Märtyrer war in dem Exemplar der vorletzten Ausgabe der Kirchengeschichte, aus dem die letzte in mehreren Hss. korrigiert ist, dem achten Buch angehängt; dabei ist der Text von Galerius Toleranzedikt, der schon im achten Buch stand, entfernt und vermutlich auch das Prooemium weggeschnitten worden. Auch diese Schrift hat E. neu herausgegeben. Vollständig ist die zweite Ausgabe nur in der syrischen Übersetzung erhalten (herausgegeben von Cureton, London 1861 und teilweise schon früher von Assemani Acta Martyrum II 166ff., übersetzt von Violet Texte u. Unters. XIV [1896]); einzelne Martyrien haben sich griechisch erhalten und sind von den Bollandisten, nachdem Violet die Übersetzung des syrischen Textes veröffentlicht hatte, ediert (Anal. Boll. XVI); in meiner Ausgabe sind diese griechischen Stücke der zweiten Ausgabe dem Text der ersten beigegeben. Daß die [1408] in den Hss. der Kirchengeschichte erhaltene Ausgabe die ältere, die ins Syrische übersetzte die spätere ist, zeigt am deutlichsten die Stelle 11, 28, wo zu den Worten τῆι συνήθει παρεδόθη ταφῆι in dem syrischen, auch griechisch erhaltenen Text hinzugefügt wird ναῶν οἴκοις περικαλλέσιν ἀποτεθέντα ἐν ἱεροῖς τε προσευκτηρίοις εἰς ἄληστον μνήμην τῶι τοῦ θεοῦ λαῶι τιμᾶσθαι παραδεδομένα. Die erste Ausgabe war noch vor Maximins Sturz 313 geschrieben, als an Kirchenbau nicht zu denken war. In der zweiten ist eine Vorrede hinzugefügt, deren Schluß der Ankündigung in K.-G. VIII 13, 7 entspricht. Die Darstellung selbst enthält wenig sachliche Zusätze, wie z. B. zu 1, 1 eine Schilderung der Askese des Procopius, die mit der Schilderung der Therapeuten, welche E. K.-G. II 17, 17 aus Philon exzerpiert, zu vergleichen ist, zu 2, 2 den Namen Diocletians, zu 3 eine Bemerkung über das Heidentum der Gazaeer (vgl. Sozom. V 9). Hingegen ist der Stil von einer viel breiteren Rhetorik; sonderlich das Martyrium des Pamphilus und seiner Genossen hat eine mit dem Pomp, den der alternde E. liebt, überladene Einleitung erhalten. Dagegen sind das offenherzige zwölfte Kapitel und der Schluß von 13, 11 gestrichen; die Ankündigung des neunten Buches der Kirchengeschichte (7, 8), die in der ersten Ausgabe motiviert war, ist, wohl infolge eines Versehens, stehen geblieben.

In der 411 n. Chr. geschriebenen syrischen Hs. (Brit. Mus. Add. 12150), welche die Übersetzung der zweiten Ausgabe von E.s Buch über die palästinischen Märtyrer erhalten hat, folgt darauf eine Rede, deren Überschrift griechisch etwa lauten würde: Ἐγκώμιον τῆς ἀρετῆς αὐτῶν. Ebenso steht im Katalog der ins Syrische übersetzten Schriften E.s bei Ebed Jesu (Assemani Bibl. or. III 1, 18 = Harnack Altchristl. Lit.-Gesch. I 552) unmittelbar hinter den palästinischen Märtyrern der gleiche Titel, nur etwas kürzer = Ἐγκώμιον αὐτῶν. Das Stück ist von Wright Journ. of sacred litterat. V 403ff. veröffentlicht worden. Es liegt kein Grund vor zu bezweifeln, daß E. der Verfasser ist, obgleich die Hs. ihn nicht ausdrücklich nennt: die manierierte Schilderung des Feuers, das die drei Männer im Ofen verschont und eben dadurch die zuschauenden ‚Verleumder‘ peinigt, kann mit de mart. Palaest. 4, 13 (in der zweiten Ausgabe) zusammengestellt werden. Im Katalog der Märtyrer am Schluß wird ein Paulus ὁ ὁμόφυλος – doch wohl des Verfassers – erwähnt, gleich darauf Marinus, durch δέ vom Vorhergehenden getrennt. Wenn es erlaubt ist, hier eine Verwirrung des Textes oder des Übersetzers, der mit der Rhetorik des Originals schwer ringt, anzunehmen, so läßt sich an Marinus von Caesarea, den Landsmann des E., denken (K.-G. VII 15). Wie dem aber auch sein möge, sicher ist, daß die Rede mit der Schrift über die palästinischen Märtyrer nichts zu tun hat und die Überschrift der syrischen Übersetzung diese Beziehung fälschlich hineingebracht hat. Sie ist vielmehr eine Predigt, die am antiochenischen Märtyrerfest gehalten sein muß. Darauf weist die breite Ausführung über die Mutter mit den sieben Söhnen, die von Antiochos Epiphanes gemartert wurden: sie sollten in Antiochien beigesetzt sein und [1409] wurden dort am 1. August gefeiert (syr. Martyrol.). An der Spitze des Märtyrerkatologs am Schluß stehen Ἀσκληπιάδης, Σεραπίων, Φιλητός, Ζέβεννος, Δημητρι‹αν›ός, Φλαβιανός (lies Φάβιος), Κύριλλος: das ist nichts als ein Auszug aus der antiochenischen Bischofsliste. Auch im römischen Festkalender stehen neben den Depositionen der Märtyrer die der Bischöfe, und ins syrische Martyrologium (d. h. in den ältesten Festkalender von Konstantinopel) sind ebenfalls eine Reihe von antiochenischen Bischöfen aufgenommen (außer den Märtyrerbischöfen Ignatius und Babylas, Eros 5. Mai, Maximinus 4. Febr., Asklepiades [so wohl zu verbessern] 4. März, Philetos 27. März, Zebennos 13. Januar). Auf die Bischöfe folgen Σωσίστρατος (so ist sosiptros zu emendieren nach dem syr. Martyrol., das Σωσίστρατος als ,alten‘ d. h. vordiocletianischen Märtyrer in Antiochien zum 8. Juni verzeichnet), Ἀνδρέας (unbekannt), Βαβυλᾶς (der Märtyrerbischof von Antiochien), Κύριλλος (nicht zu identifizieren), izbnos (korrupt, es stecken vielleicht zwei Namen darin), Ζηνόβιος (sidonischer Märtyrer, K.-G. VIII 13, 3), Παῦλος, Μαρῖνος (von Caesarea, s. o.), Φρόντων (als Märtyrer in Thessalonich vom syr. Martyrol. zum 14. März verzeichnet), ὁ ἅγιος γέρων Ἱππόλυτος (als antiochenischer Märtyrer vom syr. Martyrol, zum 30. Januar verzeichnet). Auch hier also ist Antiochien mit mindestens drei Märtyrern am stärksten vertreten.

E. hat stets im Christentum und in der christlichen Kirche die letzte und vollkommenste Manifestation des göttlichen Logos gesehen (vgl. z. B. Dem. ev. IV 16, 46), der von jeher in der Welt gewaltet hatte. Der christliche Monotheismus ist für ihn identisch mit der universalen Kultur, welche die Oekumene von der Roheit und Verwilderung der polytheistischen Kulte befreit (vgl. z. B. Dem. ev. II 3, 111. III 2, 40. VIII pr. 6ff.; Praep. I 4, 6ff. II 5; schon Ecl. proph. IV 8 wird dieser Gedanke ausgeführt); er kennt keinen Unterschied zwischen ethischer Predigt und aufklärender Zivilisation. In dem universalen Erfolg der christlichen Mission erblickt er einen, wenn nicht den stärksten (vgl. Dem. ev. III 7, 22) Beweis für den göttlichen Ursprung der christlichen Religion; sein naiv optimistisches Credo postuliert den Satz, daß der liebe Gott stets mit den stärksten Bataillonen geht, und daß diese Bataillone die eigenen sind (vgl. z. B. Vit. Const. I 6). Die Verfolgungen schienen ihm, einerlei ob er sie als Rebellion des Teufels oder als strafende Prüfung der Vorsehung nimmt, den vernünftigen, in den Weissagungen des Alten Testaments festgelegten Zusammenhang der Geschichte zu unterbrechen. Ihm kommt der Gedanke gar nicht, daß die christliche Kirche und der Kaiserfriede des römischen Reiches innere Gegensätze sein könnten; die Apokalyptik und der Chiliasmus, in denen der Kampf zwischen Welt- und Gottesreich sein Wesen offen oder versteckt treibt, sind ihm unverständlich und verhaßt. Im Gegenteil, er parallelisiert, wie schon gesagt wurde, den Polytheismus mit den verschiedenen, sich beständig befehdenden Staaten der Vergangenheit und den Universalismus der christlichen Kirche mit dem des Caesarenreichs; die Einheit der christlichen Gemeinden und der [1410] Kaiserfriede der Oikumene sind beide von der Vorsehung gewirkt und greifen mit ihren Wirkungen ineinander. Das predigte E. schon lange, ehe er unmittelbarer Untertan Constantins wurde (vgl. Praep. ev. I 4; Dem. VII 2, 22. VIII 4, 13. IX 17, 4). Den Gedanken, den Meliton (K.-G. IV 26, 7ff.) und später der ,große‘ Dionys von Alexandrien (vgl. besonders das scharfe Urteil über Valerian und die hochtönenden Huldigungen für Gallienus K.-G. VII 10. 23) aussprechen, daß die Christenverfolgungen dem Reiche Unheil brächten und der Frieden des Staats mit dem ,Volke Gottes‘ eine Bürgschaft des allgemeinen Wohles sei, diesen Gedanken glaubte E. in seiner eigenen Zeit in vollem Maße zu erleben (vgl. K.-G. VIII 13, 9. IX 8, 13). Lange Jahre vor Licinius Sturz nahm er schon in seine Kirchengeschichte die Reskripte Constantins auf (vgl. Vit. Const. II 22), die beweisen, daß dieser Kaiser die Kirche nicht nur ungeschoren ließ, sondern sie zur Mitregierung berief, und als mit dem Siege Constantins über den allein noch übrigen Rivalen die Gefahr einer heidnischen Reaktion für absehbare Zeit beseitigt (vgl. Vit. Const. II 5), der Bund zwischen Kaisertum und Kirche auch im Orient aufgerichtet war, da wäre er schon bereit gewesen, sich seines Optimismus von ganzem Herzen zu freuen, wenn nicht aus der Christenheit selbst sofort dunkle Wolken aufgestiegen wären und auf sein Leben einen tiefen Schatten geworfen hätten. Das Melitianische Schisma, das seit der Verfolgung im benachbarten Ägypten weiter schwelte, brauchte ihm nicht gerade schwere Sorgen zu machen; anders wurde die Situation, als unmittelbar nach dem Siege Constantins der Arianische Streit in hellen Flammen aufloderte. Die ursprünglich lokal alexandrinische Affäre, daß der Presbyter Arius mit einigen Anhängern von einer ägyptischen Synode unter dem Vorsitz des alexandrinischen Bischofs Alexander exkommuniziert wurde, wurde zu einer Streitfrage, die die gesamte Kirche der östlichen Reichshälfte aufwühlte, als Eusebius von Nikomedien sich des Arius annahm und ihm befreundete Bischöfe veranlaßte, Protestschreiben an Alexander zu schicken; dieser antwortete mit einer Enzyklika, in der er die Exkommunikation des Arius anzeigte. Der publizistische Streit entwickelte sich weiter; in Nikomedien und Caesarea wurden Synoden abgehalten, die Arius’ Glaubensformel für orthodox erklärten und für ihn wie für die mit ihm exkommunizierten Presbyter die Bestätigung des uralten Rechts der alexandrinischen Presbyter verlangten, in ihren Presbyterialkirchen selbständige Gemeindegottesdienste abzuhalten (im einzelnen vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 200ff.). E. war längst seinem stillen Gelehrtenleben entrissen und auf den Bischofsstuhl der Hauptstadt von Palästina gesetzt; er konnte nicht neutral bleiben. Er ist niemals Arianer gewesen und gehörte nicht wie Arius und Eusebius von Nikomedien zu dem Kreis des Lucian von Antiochien; aber er war der Meinung, daß Arius Unrecht geschehen sei, und wußte aus der Geschichte des Origenes, wie gewalttätig die Nachfolger des hl. Marcus die Selbständigkeit ihres Klerus zu brechen gewohnt waren. So beteiligte er sich lebhaft an dem publizistischen Streit (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 262f. nr. 5–7) und [1411] brachte mit Paulinus von Tyrus und Patrophilos von Skythopolis die schon erwähnte Synode von Caesarea zusammen; man darf es wohl seinem vermittelnden Einfluß zuschreiben, wenn das offizielle Schreiben der Synode Arius ausdrücklich aufforderte, seine Kompetenzen als Presbyter nicht zu überschreiten und sich dem Bischof unterzuordnen. Als Arius und seine Anhänger nach dieser Synode versuchten, sich in Alexandrien persönlich durchzusetzen, und der Streit in der Weltstadt, deren Pöbelaufstände von jeher verrufen waren, anfing, bedenkliche Formen anzunehmen, griff Constantin selbst ein. Er konnte eine gespaltene Kirche für seine Zwecke nicht gebrauchen und wollte zugleich, wie er es auch im Westen beim Donatistenstreit gemacht hatte, jede Entscheidung in der Hand behalten. Durch den Diplomaten seines Vertrauens, den Bischof Hosius von Corduba, versuchte er zunächst den Streit als unerheblich aus der Welt zu schaffen, ohne daß eine von beiden Parteien Recht behielt. Als das mißlang, lud er — gegen Ende des J. 324 — die Bischöfe der östlichen Reichshälfte zu einer Synode nach Ankyra ein, gemäß der Praxis, die er im Occident schon eingeführt hatte. Ehe diese Synode zusammentrat, gelang es der Partei Alexanders, einen großen Schlag auszuführen. Auf einer Synode in Antiochien, die wahrscheinlich zusammentrat, um den durch Philogonios’ Tod erledigten Stuhl wieder zu besetzen, und deren offizielles Schreiben in syrischer Übersetzung erhalten ist (zuerst gedruckt Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 271ff.), wurde eine Glaubensformel, die sich genau an die Alexanders anschloß, angenommen und drei Bischöfe, welche sich weigerten, ihr zuzustimmen, vorläufig exkommuniziert; bis zur Synode, die in Ankyra tagen sollte, wurde ihnen Frist ,zur Buße und Anerkennung der Wahrheit‘ gegeben. Die drei Bischöfe waren Theodotos von Laodikeia (s. o.), Narkissos von Neronias (in Kilikien, später als Antinicaener bekannt), und E. von Caesarea. Bald darauf verlegte Constantin durch ein ebenfalls durch die syrische Übersetzung erhaltenes Schreiben (Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 289 nr. 19) die Synode von Ankyra nach Nikaia in Bithynien; damals werden E. und Paulinus von Tyrus durch Ankyra gereist sein (vgl. Marc. bei Euseb. c. Marcell. I 4, 45. 49). Sie war streng genommen nicht oekumenisch, denn die Bischöfe des Occidents waren nicht aufgefordert. Doch wurden sie durch Hosius von Corduba und die Abgesandten des römischen Bischofs vertreten, und die Rechtskraft ihrer Beschlüsse ist im Westen ohne weiteres anerkannt worden. Ihr offizielles Datum ist der 19. Juni 325 (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 395ff.).

Die Entscheidung des Streits lag beim Kaiser. So devot er den Bischöfen entgegenkam und mit so demütigen Worten er seine Anwesenheit auf der Synode entschuldigte, er hat nicht nur faktisch seinen Willen auf ihr durchgesetzt (vgl. die anschauliche Darstellung E.s Vit. Const. III 13), sondern er hat auch rechtlich die Synode als sein consilium, ihre Beschlüsse als kaiserliches Gesetz aufgefaßt (Mommsen Röm. Strafrecht 597). Das ist, staatsrechtlich betrachtet, der Sinn der Berufung des Konzils durch ihn, [1412] seiner persönlichen Anwesenheit bei den Verhandlungen, der Schreiben und der Verurteilungen, die er auf Grund der nicaenischen Beschlüsse erließ. Den Versuch, die Parteien dadurch zu versöhnen, daß der dogmatische Streit zwischen Alexander und Arius für irrelevant erklärt wurde, hatte er aufgeben müssen und die Synode berufen, um eine Entscheidung zu erzwingen; aber von der Politik, keiner Partei Recht zu gehen, ließ er darum nicht ab. Die Partei des Eusebius von Nikomedien war in der Minorität, sie hatte eben auf der antiochenischen Synode eine empfindliche Niederlage erlitten: ihr den Sieg zu verschaffen war ausgeschlossen. Darum sind jedoch die Formeln Alexanders in Nicaea mitnichten angenommen; vielmehr führte der Kaiser persönlich, wie E. in dem Brief an seine Gemeinde bezeugt (s. u.), man darf mit Sicherheit vermuten, auf den Rat des Hosius, das occidentalische Schlagwort consubstantialis = ὁμοούσιος in das Credo ein und verschob damit den Streit, so daß, als dies Schlagwort angenommen wurde, es im strengen Wortsinn weder Sieger noch Besiegte gab. Und wenn das alexandrinische Patriarchat auch Lust hatte, sich als Sieger zu fühlen, Constantin hat, so lange er lebte, es dieses Sieges nicht froh werden lassen.

E. erschien auf der Synode als Angeklagter; er wurde ebenso rehabilitiert wie seine beiden Genossen. Es war unter diesen Umständen begreiflich, daß er nach dem Abschluß der Synode einen persönlichen Brief an seine Gemeinde richtete. Übrigens haben auch Eusebius von Nikomedien und Theognis von Nikaia sich durch Schreiben vor ihren Gemeinden deswegen gerechtfertigt, daß sie die nicaenische Glaubensformel unterzeichnet hatten (Brief des Eusebius und Theognis Gelas. III 11 = Mon. sacra et prof. bibl. Ambros. I 143. Socr. I 16, 4. Soz. II 16, 3).

Athanasius hat dieses Schriftstück im Anhang zu der sehr viel später verfaßten Schrift de decretis Nicaenae Synodi veröffentlicht; aus ihm ist das Dokument von Sokrates (I 8, 35ff.), Theodoret (I 12) und, wohl durch Vermittlung Theodorets, von Gelasius (conc. Nic. II 35 p. 179ff. Balf.) übernommen. Der Brief ist nächst der Darstellung E.s in Vit. Const. III 6ff. der einzige zuverlässige Bericht über die Vorgänge, die sich auf der Synode abgespielt haben, wenn man von den Urkunden absieht, d. h. dem Symbol, den echten Kanones und den sehr mit Unrecht angezweifelten Unterschriften. Von den allein durch Gelasius erhaltenen Stücken, in denen G. Loeschcke (Rh. Mus. LXI 52ff.) echte Protokolle der Synode erblicken möchte, ist die Rede Constantins (II 7 p. 70ff. Balf.) allerdings echt, aber nicht diejenige, mit der er die Synode begrüßte, denn sie stimmt nicht zu dem Referat bei E. Vit. Const. III 12, vielleicht echt auch das Bekenntnis des Hosius (II 12), aber nicht dasjenige, das er in Nicaea vorlegte, vgl. Sokrates ausdrückliches Zeugnis III 7. 12f., ferner Marcellus bei Euseb. c. Marc. I 4, 39; zweifellos eine Fiktion ist die lang ausgesponnene Disputation der Bischöfe mit dem ,von Arius gedungenen Philosophen‘ Phaedon (Gelas. de Nicaen. synod. II 14—24). Falsch ist zunächst die ganze Situation. Denn die Bischöfe [1413] sollten in Gegenwart des Kaisers eine die Kirche einigende Glaubensformel festsetzen und nicht mit einem obskuren Philosophen disputieren, der in den offiziellen Sitzungen gar nicht das Rederecht hatte. Eine solche Disputation hätte höchstens außerhalb der Synode stattfinden können; dann wäre über sie als über eine private Veranstaltung kein Protokoll geführt. Der ‚Philosoph‘ erscheint lediglich als Typus, wird nur in der Überschrift (p. 93 b) mit Namen genannt, sonst heißt er stets einfach ὁ φιλόσοφος, jedem Aktenstil zuwider. Der Verdacht ist nicht abzuweisen, daß diese Disputation, die sehr rührend mit der zerknirschten Bekehrung des ‚Philosophen‘ endet, das fingierte Gegenstück zu der ebenfalls sehr frommen und ebenfalls fingierten Geschichte ist, die Rufin X 3 von dem ‚Philosophen‘ erzählt, der in Nicaea die Bischöfe niederdisputiert und von einem einfachen confessor geschlagen wird. Um diese Blamage auf den Bischöfen nicht sitzen zu lassen, ist jene Disputation erfunden; sie folgt bei Gelasius sehr passend auf die aus Rufin übersetzte Geschichte. E. spielt in der Disputation eine große Rolle: gerade in diesen Partien ist die Fälschung mit Händen zu greifen. Um von dem Griechisch, das νυγματίζειν, διαδοχεύειν u. ä. aufweist, zu schweigen. E. hat sicher nicht das ὁμοούσιον gegen einen Arianer verteidigt — das lehrt sein Brief; und es ist undenkbar, daß er jemals geleugnet, mit Schriftstellen dagegen gestritten hat, daß die Σοφία, die Prov. 8 in erster Person redet, der präexistente göttliche Logos = Christus ist: das beweist schon die scharfe Polemik gegen Marcellus (de eccles. theol. III 2, 27ff.), in der er dies Stück seiner vornicaenischen Interpretation (Dem. ev. V 1) unbedingt aufrecht erhält. Vor jedem Versuch, aus diesem recht minderwertigen Gerede sich ein Bild der nicaenischen Verhandlungen zu konstruieren, muß auf das nachdrücklichste gewarnt werden.

Richtig und sachgemäß stellt der echte E. die Sache so dar, daß die Synode in zwei Parteien (τάγματα, Vit. Const. III 11. 13) sich gliederte, die jede ihren Führer hatte (III 10 p. 81, 13 ist zu lesen ἑκάτερος τὸ τάγμ’ [ταύτην Hss.] ἄγων), nämlich Eusebius von Nikomedien und Alexander von Alexandrien. An einer Stelle der 337 geschriebenen und veröffentlichten sog. Vit. Const. läßt E. durchblicken, auf welcher Seite er stand: er sagt, der Führer der ,rechten Partei‘ (ὁ τοῦ δεξιοῦ τάγματος πρωτεύων Vit. Const. III 11 p. 82, 9) hielt die Begrüßungsrede an den Kaiser. Den Namen, den er hier nicht nennt, verrät er in den Kephalaia, deren Echtheit gerade hierdurch bewiesen wird (vgl. auch p. 39, 3, wo der im Text fehlende Name der Melitianer nachgetragen wird): es war Eusebius ,der Bischof‘ (p. 72, 18), natürlich von Nikomedien. Der Metropolit der Provinz, in der die Synode gehalten wurde, war zunächst dazu berufen, diese Ehrenpflicht zu erfüllen; E. von Caesarea konnte es gar nicht, da er provisorisch exkommuniziert war, und wenn Theodoret die Rede von Eustathius von Antiochien gehalten sein läßt (I 7. 10), so ist das eine der Schwindeleien, mit denen die antiochenische Orthodoxie Eustathius lange nach seinem Tode zu einer Säule der Kirche aufzuputzen versucht hat, mit nur zu großem Erfolg.

[1414] Als Exkommunizierter legte E. der Synode sein Credo vor; darauf bezieht sich das tendenziöse Gepolter des Eustathius von Antiochien Theodoret I 8, 1. Es war das Taufsymbol von Caesarea. Der Kaiser erkannte es als rechtgläubig an; damit war E.s Exkommunikation erledigt. Da E. das nicaenische Symbol unterschrieben hatte und das Taufsymbol seiner Gemeinde unmöglich über Bord werfen konnte, mußte er in dem Schreiben auseinandersetzen, daß sich beide nicht widersprächen. Wie er das im einzelnen gemacht hat, gehört nicht hierher: historisch wichtig und für E.s Stellung bezeichnend ist, daß er ausdrücklich hervorhebt, daß der Kaiser die Aufnahme des ὁμοούσιος in die Formel verlangte, und die sehr wenig orthodoxe Argumentation anführt, mit welcher Constantin auf der Synode die Verfluchung des Satzes πρὸ τοῦ γεννηθῆναι οὐκ ἦν plausibel zu machen suchte: denn dies Anathema widersprach allerdings der Theologie, die E. bis dahin gelehrt und auch gegen Alexander verteidigt hatte.

Athanasius war ein Journalist, der sein Metier verstand; er wollte mit der Publikation des Briefes das Andenken seines Gegners schädigen und hat seinen Zweck erreicht, weil dieser offener gewesen war als viele andere, die es gerade so gemacht hatten. E. ist von dem Vorwurf, dem gottgeliebten und gottliebenden Kaiser ein schweres Sacrificium intellectus gebracht zu haben, nicht freizusprechen, aber gemeine Motive haben den Gelehrten, dem die Herrschsucht seines Namensvetters und des Athanasius fremd war, nicht geleitet. Ihn hat der optimistische Glaube an die Mission Constantins verführt; er träumte wirklich von einem neuen Weltreich, in dem die christliche Kirche zum Segen der Völker mit dem Kaiser zusammenwirkte, und wollte um keinen Preis aus diesem Reich hinausgedrängt werden; predigt doch Constantin in seinen Erlassen die längst von E. verfochtene Lehre von dem Christentum, das von Anfang der Welt an existierte (Vit. Const. II 57). Wenn er auch nicht der Mann dazu war, eine führende Rolle zu spielen, so hielt er es doch für nötig, auf dem Platze zu bleiben und das, was er für die christliche und wahre Wissenschaft hielt, vor den Gefahren, die er ahnte, zu schützen. Wohl ist ihm bei dem Opfer nicht gewesen; er hat der Kirchen-Geschichte kein Kapitel über die erste oekumenische Synode angehängt, so nahe es gelegen hätte, sie in dieser Manifestation der vom Kaiser zum Regiment berufenen Kirche gipfeln zu lassen, und die rauschende Rhetorik, die mehr als eine Schrift seiner letzten Periode entstellt, soll vielleicht die Disharmonie übertönen, die sein Nachgeben auf der Synode in sein Sammler- und Forscherleben gebracht hatte. Wie immer in solchen Fällen, war das Opfer, das er und seine Freunde brachten, vergeblich: von dem ὁμοούσιος, gegen das sie nicht protestiert hatten, hat sich die orientalische Kirche nie erholt, und der Zersetzungsprozeß, den die kaiserliche Synode von Chalkedon vollendete, begann mit der kaiserlichen Synode von Nicaea.

Die Verfluchung der Arianischen Formeln war in das nicaenische Symbol aufgenommen und mit diesem auch von den Bischöfen, die Arius gegen [1415] Alexander in Schutz genommen hatten, unterzeichnet, sonderlich von Eusebius von Nikomedien. Von dieser Verfluchung der Formeln ist streng zu trennen (vgl. Lichtenstein E. von Nikomedien 36ff.) das Anathema, das die Synode persönlich über Arius und einige seiner Anhänger aussprach (vgl. das Schreiben der Synode Sokr. I 9, 4. Theodoret. I 9, 5. Gelas. II 34 p. 175 Balf.); das weigerten sich Eusebius von Nikomedien und Theognis von Nikaia zu unterschreiben (Brief des Eusebius und Theognis Sokr. I 14, 3. Soz. II 16, 4. Gelas. III 13 = Mon. sacra et prof. bibl. Ambros. I 143), ließen die Frist die ihnen von der Synode gesetzt war, verstreichen und setzten den kirchlichen Verkehr mit Arius fort, den Constantin aus Alexandrien ausgewiesen und nach der Provinz Bithynien verbannt hatte (Schreiben Constantins an die Gemeinde von Nikomedien, Gelas. III p. 223f. Balf. Theodoret. I 20, 9). Darauf wurden auch sie vom Kaiser verbannt und ihre Gemeinden aufgefordert, zur Wahl neuer Bischöfe zu schreiten (vgl. das schon erwähnte Schreiben Constantins; über die Überlieferung G. Loeschcke Rh. Mus. LIX 465ff. E. Schwartz Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 394). Constantin teilte ferner dies Urteil Theodot von Laodikeia, dem Freund des E. von Caesarea, in einem drohenden Briefe mit (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. a. a. O.), wahrscheinlich um ihn zur Unterschrift der persönlichen Verfluchung des Arius zu zwingen. Philostorgius I 10 setzt die Verbannung des Eusebius und Theognis drei Monate nach dem nicaenischen Konzil, also Herbst 325.

Die kaiserliche Politik ging keineswegs darauf aus, Eusebius von Nikomedien und Arius zu vernichten; sie sollten nur zur Unterwerfung unter den kaiserlichen Willen gezwungen werden, um dann als nützliche Werkzeuge gegen eine zu zuversichtliche Siegesfreude des alexandrinischen Patriarchats zu dienen. Den Anlaß zu einem Systemwechsel boten wahrscheinlich die Klagen der Melitianischen Schismatiker in Ägypten, die von der nicaenischen Synode sehr milde behandelt waren und sich dem Regiment Alexanders nicht fügen wollten (Schreiben der ägypt. Synode bei Athan. apol. c. Arian. 11). Die ägyptischen Bischöfe wurden vom Kaiser zu einer neuen Synode berufen, deren Andenken freilich in der kirchlichen Überlieferung fast ausgetilgt ist, nicht ohne Grund. Sie ist mit Sicherheit allein durch Euseb. Vit. Const. III 23 bezeugt; möglicherweise spielt Iulius von Rom in einem Schreiben an die alexandrinische Gemeinde (Athan. apol. c. Ar. 22) darauf an. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist diese Synode identisch mit derjenigen, an welche E. von Nikomedien und Theognis den schon mehrfach zitierten Brief richteten, aus dem hervorgeht, daß eine Synode die Ausschließung der beiden Bischöfe zunächst aufrecht erhalten, dagegen Arius wieder aufgenommen und den Kaiser ersucht hat, ihm die Rückkehr nach Alexandrien zu gestatten. Es ist klar, daß es zu einer derartigen Kassierung des persönlichen Anathems, das die nicaenische Synode über Arius verhängt hatte, nie gekommen wäre, wenn der Kaiser es nicht verlangt hätte; umgekehrt würde Constantin den ehemaligen Ketzer nicht mit einem sehr gnädigen Schreiben (Sokr. I 25, 7f.) an den Hof geladen und ein [1416] Glaubensbekenntnis (Sokr. I 26. Sozom. II 27, 6ff.) von ihm und seinem Genossen Euzoios entgegengenommen haben, wenn er nicht vorher die durch eine Synode, die von Nicaea, verhängte Exkommunikation von einer anderen Synode wieder hätte aufheben lassen. Auf das vor ihm von Arius abgelegte Glaubensbekenntnis sich stützend, verlangte er in einem Schreiben (Gelas. III 15 = Mon. sacra et prof. bibl. Ambros. I 145) an den alexandrinischen Bischof Alexander, daß Arius und Euzoios in ihre alte Gemeinde wieder aufgenommen werden sollten, hielt aber auch jetzt die Entscheidung wieder dadurch hin, daß er Alexander freistellte, die beiden auf ihre nicaenische Rechtgläubigkeit zu prüfen. Alexander starb am 17. April 328 (Kephalaia der Festbriefe des Athanasius); die eben berichteten Ereignisse müssen also vor diesen Termin fallen; Bestimmteres läßt sich einstweilen nicht sagen, auch nicht, was Alexander auf die Aufforderung des Kaisers hin getan hat. Dagegen steht fest, daß E. von Nikomedien und Theognis von Nikaia um diese Zeit vom Kaiser zurückberufen und in ihre Bistümer wieder eingesetzt worden sind. Nach Philostorg. II 7 sind sie ,drei volle Jahre‘ verbannt gewesen und berief E. nach der Rückkehr eine Synode von 250 Bischöfen — ,mehr als 250‘ waren nach Euseb. Vit. Const. III 9 in Nikaia — nach Nikomedien, die eine Glaubensformel aufstellte (vgl. Sozom. II 32, 7. 8?) und die beiden Metropoliten in Alexandrien und Antiochien, Alexander und Eustathius, absetzte. Das ist in dieser Form sicher falsch, denn Alexander hat nicht drei volle Jahre nach der nicaenischen Synode mehr gelebt; vielleicht ist die ganze Nachricht eine arianische Entstellung jener Wiederholung des nicaenischen Konzils, von der Euseb. Vit. Const. III 23 berichtet.

Mittlerweile war E. von Caesarea mit seinen Gegnern in Palästina und Syrien scharf aneinander geraten und Sieger geblieben, weil der Kaiser ihm wohl wollte. Asklepas von Gaza, der zu denen gehört hatte, die ihn vor Nikaia auf der antiochenischen Synode exkommuniziert hatten (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 286), wurde auf einer antiochenischen Synode abgesetzt, nicht ohne Zutun des E. von Caesarea (Schreiben der Synode von Sardica Athan. apol. c. Ar. 47 = Theodoret. II 8, 26 = [Hilar.] frg. histor. II 6, danach ungenau Sokr. II 23, 40): nach dem Schreiben der orientalischen Synode von Sardica (Hilar. frg. hist. III 11), die in den Herbst 342 fällt, war das vor siebzehn Jahren, also sehr bald nach der nicaenischen Synode geschehen. Der Grund der Verurteilung ist unbekannt. Zwischen E. von Caesarea und dem Metropoliten Eustathius von Antiochien setzte sich die alte Feindschaft nach der Synode von Nicaea in einer dogmatischen Polemik fort, von der noch ein kurzes Referat bei Sokrates (I 23, 8; vgl. auch Sozom. II 19, 1) und eine Spur bei Theodoret (I 7, 18ff.) erhalten sind. Auch dieser Gegner mußte das Feld räumen; er wurde abgesetzt. Die Einzelheiten sind ganz unsicher; nach Philostorgius II 7 geschah es auf einer Synode in Nikomedien, nach der vulgären Tradition (Sokr. I 24, 1. Sozom. II 19, 1; romanhaft aufgeputzt bei Theodoret. I 21) in Antiochien; jedenfalls ist die [1417] Absetzung des Eustathius nicht auf der antiochenischen Synode erfolgt, die Euseb. Vit. Const. III 62 erwähnt wird, vgl. Cavallera Le schisme d’Antiochie 57ff. Nach gut kirchlicher Gewohnheit wurde nicht nur seine Rechtgläubigkeit (vgl. Georg von Laodikeia bei Sokr. I 19, 2), sondern auch sein Privatleben angegriffen (vgl. namentlich das Schreiben der orientalischen Synode von Sardica, Hilar. frg. hist. III 27; die Orthodoxen haben daraus das Histörchen entwickelt, das schon Hieron. adv. Rufin. III 42 kennt und auf das auch Philostorg. II 7, in umgedrehter Tendenz, anspielt). Fest steht, daß Constantin ihn persönlich verhörte (Euseb. Vit. Const. III 59 p. 106, 9) und in die Verbannung schickte (Hieron. vir. ill. 85. Theodoret. I 22, 1. Philostorg. II 7. Chrysost. t. II p. 605 a); Athanasius Angabe (hist. Arian. 4), daß ihm Beleidigung der Kaiserinmutter Helena vorgeworfen worden sei, mag damit zusammenhängen, daß Constantin die Stadt Drepane in Bithynien, in der der Märtyrer Lucian aus Antiochien begraben lag, zu Ehren seiner Mutter Helenopolis nannte (Sokr. I 17, 1. Hieron. chron. Ol. 276, 2 Constantin. XXI); Lucian, nach dem sich Eusebius von Nikomedien und Arius συλλουκιανισταί anredeten und den die Kaiserinmutter hoch verehrt hatte (Philostorg. II 12), war den Gegnern des Arius verdächtig und verhaßt (Alexander von Alexandrien bei Theodoret. I 4, 36). An Stelle des Eustathius bestieg der Freund des E. von Caesarea, der einst mit ihm für Arius eingetreten war, Paulinus von Tyrus den antiochenischen Stuhl (Philostorg. III 15. Euseb. c. Marc. I 4, 2). Er starb nach sechs Monaten, auch sein Nachfolger Eulalius ging bald mit Tod ab (Theodoret. I 22, 1, der Paulinus ausläßt; Hieron. chron. Ol. 277, 1 stellt ihn verkehrt vor Eustathius). Als eine Neuwahl nötig wurde, brachen in Antiochien Unruhen aus (Euseb. Vit. Const. III 59ff.); die gesamte Bevölkerung mit den Beamten und der Garnison spaltete sich in zwei Parteien; wahrscheinlich verlangte die eine die Wiedereinsetzung des Eustathius (vgl. das Kephalaion p. 75, 8 περὶ τῆς ἐν Ἀντιοχείαι δι’ Εὐστάθιον ταραχῆς). Der Kaiser entsandte einen Comes und erließ ein drohendes Schreiben an die antiochenische Gemeinde, das scharfe Angriffe gegen Eustathius enthielt. Die streitenden Parteien schlossen daraufhin Frieden unter der Bedingung, daß E. von Caesarea Metropolit von Antiochien würde (Vit. Const. III 59, 5); er ist offenbar ursprünglich nicht der Kandidat der Gegner des Eustathius gewesen. Eine Synode der Bischöfe aus der Diöcese Oriens, die gleichzeitig tagte, wählte ebenfalls E.; es war der größte Triumph, den er in seiner kirchlichen Laufbahn erlebt hat. Er war klug genug, sich mit ihm zu begnügen; mit Berufung auf den 15. nicaenischen Kanon lehnte er ab. Der Kaiser gab ihm Recht und schlug der Synode Euphronios und Georgios vor; jener wurde gewählt. Die Kanones, welche diese Synode, wahrscheinlich unter dem Vorsitz des E., erließ (vgl. den Schluß von Constantins Brief an E., Vit. Const. III 61), sind in die offizielle Kanonessammlung übergegangen (vgl. über die alte Verwechslung dieser Synode mit der sog. Enkaeniensynode von 341 Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 281, wo ich nur die Absetzung des Eustathius [1418] hätte fernhalten müssen). Leider ist es bislang nicht möglich, die Synode genau zu datieren; die allgemeine Angabe Theodorets II 31, 11 lehrt nicht viel; fest steht nur, daß Flaccillus, der nach einem Jahr und wenigen Monaten auf Euphronios folgte (Hieron. Ol. 277, 1. Theodoret. I 22, 1), vor 335 den antiochenischen Stuhl bestieg (Athan. apol. c. Ar. 87).

In Antiochien hatte der Kaiser die Gegner der Alexandriner zur Herrschaft gebracht; von nun an ist Antiochien das Zentrum der antialexandrinischen und später auch antinicaenischen Agitation. In Alexandrien selbst wurde Athanasius am 8. Juni 328 zum Nachfolger Alexanders gewählt. Er wurde vom Kaiser, ebenso wie sein Vorgänger, nur in noch schärferem Ton aufgefordert, Arius und Genossen wieder in die Gemeinde aufzunehmen; wider Erwarten glückte es ihm zunächst, Constantin davon zu überzeugen, daß Arius nicht nicaenisch denke (Athan. apol. c. Arian. 59f.), also die Bedingung nicht erfülle, von der der Kaiser selbst in dem Brief an Alexander die Aufnahme des Arius abhängig gemacht hatte. Auch die Anklagen der alexandrinischen Schismatiker schlug Athanasius zunächst ab. Nach dem dritten Festbrief (für Ostern 331) erfolgte eine solche zuerst im J. 330; Ende 331 oder Anfang 332 (vgl. den Schluß des vierten Festbriefes) wurde er an den Hof zitiert und fand in den Augen des Kaisers Gnade. Er kehrte Mittfasten 332 (vgl. das Kephalaion zum vierten Festbrief) nach Alexandrien mit einem kaiserlichen Schreiben zurück, in dem die Schismatiker hart angelassen wurden. Etwas später, wohl Ende 332, trafen das Edikt Constantins gegen Arius und sein Schreiben an ihn (über die Überlieferung vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 388 nr. 25 u. 393 nr. 5 u. 6) in Alexandrien ein. Sie setzen voraus, daß Arius, der seine Rehabilitierung immer noch nicht durchgesetzt hatte, wieder in die Opposition gegangen war und Sondergemeinden zu bilden versuchte; aber der Kaiser erreichte, vornehmlich wohl mit der Drohung, den Klerikern, die Arius treu bleiben würden, eine Strafsteuer aufzulegen und ihnen das Privileg der Befreiung von den munera zu entziehen, daß Arius seiner am Schluß jener Drohungen ausgesprochenen Aufforderung (Gelas. III 1 p. 217) Folge leistete, an den Hof kam und das nicaenische Symbol annahm (vgl. das Schreiben der Synode von Jerusalem Athan. de syn. 21; apol. c. Arian. 84). Damit trat ein radikaler Umschwung in der kaiserlichen Politik gegenüber dem alexandrinischen Patriarchat ein; sie will von nun an dessen Machtstellung definitiv brechen. Im J. 333 oder 334 (über die Zeit vgl. das Kephalaion zu Athanas. 6. Festbrief auf Ostern 334, das Schreiben der ägyptischen Bischöfe an die tyrische Synode Athan. apol. c. Arian. 77 und das Schreiben der orientalischen Synode von Sardica, Hilar. frg. hist. III 7, endlich Sozom. II 25, 1. 17 aus der Aktensammlung des Sabinus) wurde eine Synode nach Caesarea berufen, auf der, wie selbstverständlich, E. von Caesarea den Vorsitz führte, und Athanasius vorgeladen, um sich gegen die immer lauter werdenden Klagen seiner Gegner zu rechtfertigen. Er wußte, was ihm bevorstand, und erschien nicht. Nun berief der Kaiser eine zweite Synode nach Tyrus; E. (Vit. Const. IV 43) zählt [1419] die Provinzen auf, an deren Bischöfe Einladungen ergingen; es war die größte und glänzendste Versammlung von Bischöfen, die nach der nicaenischen Synode unter Constantin zusammentrat, und stand dieser nur dadurch nach, daß der Kaiser nicht persönlich anwesend war. In einem Schreiben, durch das die ursprünglich in kleinerem Umfange geplante Synode zu einer Vertretung der gesamten östlichen Reichshälfte erweitert wurde (Euseb. Vit. Const. IV 42. Theodoret. I 29. Gelas. III 17 = Mon. sacr. et prof. bibl. Ambros. I 150), drohte Constantin Athanasius für den Fall, daß er wiederum nicht erschiene, mit der Strafe der Verbannung. Am 11. Juli 335 reiste Athanasius nach Tyrus ab. Auf dieser Synode fand der schon erwähnte Zusammenstoß des E. von Caesarea mit dem Bischof Potamon statt. Als Athanasius merkte, daß die Partie für ihn verloren war, fuhr er mit einigen ägyptischen Bischöfen (Schreiben der ägyptischen Synode Athanas. apol. c. Arian. 9) zu Schiff nach Konstantinopel; er sorgte zugleich dafür, daß seine Anhänger in der Mareotis und auf der Synode durch die weltlichen Behörden sich an den Kaiser wandten (Athan. apol. c. Arian. 76. 79). Nach der Abreise wurde er von der Synode exkommuniziert (ein Regest des Synodalbriefes bei Sozom. II 25, 16ff. aus der Aktensammlung des Sabinus). Daß E. von Caesarea mit diesem Urteil völlig einverstanden war, zeigt sein Bericht in der Vit. Const. IV 41ff. Es war von vornherein der Wille des Kaisers gewesen, daß zuerst der Streit des Athanasius mit seinen Gegnern in Tyrus entschieden, dann von den geeinigten Bischöfen die von ihm in Jerusalem erbaute Prachtkirche mit vollem Pomp eingeweiht werden sollte. So ging, von dem kaiserlichen notarius Marianus (Euseb. Vit. Const. IV Keph. μδ’ = Sozom. II 26, 1) noch besonders aufgefordert, die tyrische Bischofsversammlung nach Jerusalem und feierte dort die Enkaenien, nach Chron. Pasch. 531, 7 (wo falsch die Notiz zu 334 gestellt ist) am 17. September. Doch dauerte die mit den Tricennalien des Kaisers verbundene Feier mehrere Tage; zu den Festpredigern gehörte auch E. von Caesarea (s. u.). Zugleich wurde, auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers, Arius wieder in die Kirche aufgenommen (vgl. das Synodalschreiben Athan. de synod. 21; apol. c. Arian. 84).

Nach dem Kephalaion des siebenten Athanasianischen Osterbriefs traf Athanasius am 30. Oktober, also nach einer sehr langen Reise, in Konstantinopel ein. Er war als Exkommunizierter nicht im stande, eine Audienz nachzusuchen, stellte den Kaiser auf der Straße, der ihm als einem Gebannten erst das Gehör verweigerte, dann aber seiner Bitte, daß die Sache von einer Synode in Gegenwart des Kaisers noch einmal verhandelt werden möchte, statt gab und die Bischöfe, die in Tyrus versammelt gewesen waren, zu einer neuen Synode nach Konstantinopel lud. Diese Synode ist nie zusammengetreten; bei einer Unterredung zwischen Athanasius und dem Kaiser kam es zu einem heftigen Zusammenstoß, und der Bischof wurde nach Trier relegiert, am 7. November reiste er ab. So lautet die kurze, unbedingt zuverlässige Erzählung des Kephalaion zu Ostern 336. Sie wird ergänzt durch das, was das Schreiben [1420] der ägyptischen Synode bei Athanas. apol. c. Arian. 9 berichtet; Athanasius eigene Darstellung (apol. c. Arian. 87) ist mit Vorsicht zu benutzen. Fest steht, daß die Führer der Gegenpartei ebenfalls in Konstantinopel waren, darunter Eusebius von Nikomedien und E. von Caesarea (Vit. Const. IV 46. I 1), der bei der Gelegenheit eine Rede zur Feier der Tricennalien hielt (s. u.); man darf wohl annehmen, daß sie schon früher vom Kaiser eingeladen waren und von Jerusalem direkt nach der Residenz reisten. Dort trafen sie mit Athanasius zusammen und vereitelten die von Constantin geplante Wiederholung der tyrischen Synode; daß sie, wie Athanasius behauptet, erst nach Empfang der Einladung zu dieser Synode abgereist seien, ist unmöglich. Somit behielten die tyrischen Beschlüsse ihre Rechtskraft, was für die Beurteilung der späteren kirchlichen Wirren unter Constantius von großer Bedeutung ist; charakteristisch für die Art Constantins, eine Sache nie bis zum letzten Rest zu erledigen, ist, daß er dem exkommunizierten Athanasius keinen Nachfolger gesetzt hat.

Eine Episode des Streites, den die Bischöfe nach dem nicaenischen Konzil um die Macht oder, was dasselbe sagt, um den Einfluß beim Kaiser führten, ist die Affäre des Marcell von Ankyra. Dieser hatte schon vor Nicaea lange Jahre auf dem bischöflichen Stuhl gesessen (Euseb. c. Marc. II 1, 9); er war auf dem Konzil von Ankyra, das bald nach Maximins Sturz gehalten sein muß. Auf der nicaenischen Synode gehörte er zu den eifrigen Gegnern der Eusebianischen Partei (Marcell. Brief an Papst Iulius Epiphan. 72, 2). Bald nach der Synode, als Paulinus von Tyrus schon gestorben war (Euseb. c. Marc. I 4, 17), veröffentlichte der ,Lukianist‘ Asterius (Philostorg. II 15) ein Schriftchen (συνταγμάτιον Athan. de syn. 18, ἐπιστολή Marc. bei Euseb. c. Marc. I 4, 4), in dem er energisch für Eusebius von Nikomedien eintrat (Marcell. bei Euseb. c. Marc. I 4, 9) und Briefe verteidigte, die dieser vor der nicaenischen Synode für die Sache des Arius geschrieben hatte (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1905, 261). Nach Athan. a. a. O. zog er in den syrischen Gemeinden umher und verlas das Pamphlet (danach Socr. I 36, 3, wo σύνοδοι ,Gottesdienst‘ bedeutet). Man darf annehmen, daß er für den Verbannten Propaganda machen wollte, in einer Zeit, als man seine Rückberufung erwartete; das Buch war, wie die Bezeichnung ἐπιστολή zeigt, einer bestimmten Person dediziert, vielleicht dem Kaiser selbst. Gegen dies Buch verfaßte Marcell eine Schrift, die er direkt an den Kaiser richtete; der von Hilarius (frg. hist. II 22) angegebene Titel de subiectione domini Christi, der einen besonders umstrittenen Punkt der Lehre Marcells herausgreift (vgl. Euseb. c. Marc. II 2, 39. 4, 1. 18; de eccles. theol. II 8, 3. III 15), ist nicht authentisch. Außer der fortlaufenden Polemik gegen Asterius, die auch persönlich wurde (vgl. I 4, 48 mit Athan. de synod. 18), griff Marcell die Notabilitäten der ‚Eusebianer‘ an, den ,großen‘ Eusebius, nämlich den von Nikomedien, den verstorbenen Paulinus, Narcissus von Neronias und den ,anderen‘ E., d. h. den von Caesarea (Euseb. c. Marc. I 4, 1ff. 4, 39ff. sind speziell gegen E. von Caesarea gerichtet, vgl. Klostermann in der Ausgabe p. XIV). Soweit [1421] sich urteilen läßt, nützte Marcell die schriftlichen und mündlichen Äußerungen aus, die in dem vornicaenischen Stadium des Arianischen Streits gefallen waren (vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. a. a. O. und I 4, 45; diese Stelle ist wohl auf die Reise E.s nach Nicaea im J. 325 zu beziehen); die Absicht war jedenfalls, die Gegenpartei bei Hofe zu diskreditieren. Im ganzen genommen ist diese publizistische Fehde mit der schon erwähnten zusammenzustellen, die E. von Caesarea und Eustathius von Antiochien miteinander führten, und wie in jenem, so erklärte auch in diesem Fall Constantin sich für die ,Eusebianer‘. Er berief eine Synode nach Konstantinopel (Schreiben der orient. Synode von Sardica Hil. frg. hist. III 3), auf der die der Hauptstadt nächsten Provinzen Pontus, Kappadokien, Asien, Phrygien, Bithynien, Thrakien und die ferneren (Makedonien und Moesien) vertreten waren (Euseb. c. Marc. II 4, 29); als Unterzeichner werden in dem Schreiben der orientalischen Synode von Sardica (Hil. frg. hist. III 3. 14. 20. 27) Protogenes von Sardica und Kyriakos von Naissus (III 3 ist siriacus anais in Cyriacus Naissi zu emendieren, vgl. III 27 und die Subskriptionen von Athanasius’ Schreiben an den Klerus der Mareotis, Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 381 nr. 20) genannt. Die Synode stellte aus dem Buch des Marcellus eine Reihe von verdammenswerten Sätzen zusammen und daneben die Urteile der Bischöfe (frg. hist. III 3; nach III 14 unterschrieb Protogenes vier Aktenstücke); er selbst wurde exkommuniziert und abgesetzt, an seine Stelle trat Basilius (nicht mit dem großen Kappadokier zu verwechseln). Die Dioecesis Oriens war auf dem Konstantinopler Konzil nicht vertreten, also auch E. von Caesarea nicht anwesend. Damit wird der Irrtum des Sokrates (I 36), von dem Sozomenes (II 33) abhängig ist, widerlegt, als sei dies Konzil die von Constantin befohlene Fortsetzung des tyrischen gewesen, die nie stattgefunden hat (vgl. besonders Vit. Const. I 1, 1 den Gegensatz der Tricennalien zu den mit der nicaenischen Synode kombinierten Vicennalien); auch die Behauptung, Marcellus Sache sei zunächst in Jerusalem verhandelt worden, wird durch E.s Zeugnis als Erfindung erwiesen. Freilich entschwindet damit auch die Möglichkeit, die Synode aufs Jahr zu datieren; der gewöhnliche Ansatz auf 336 fällt mit der verkehrten Kombination des Sokrates. Da Marcellus wesentlich den vornicaenischen Streit berücksichtigt, wird es geraten sein, nicht zu weit hinunterzugehen und die Synode in die Zeit der Restitution des Eusebius von Nikomedien zu setzen, etwa 328, jedenfalls vor das Konzil von Tyrus.

Wenn E. auch persönlich an der Synode, die Marcellus verdammte, nicht teilgenommen hat, so hat er doch seine Feder in ihren Dienst gestellt. Er verfaßte zunächst zwei Bücher Κατὰ Μαρκέλλου, die als eine Erweiterung des offiziellen Synodalschreibens angesehen werden können; sie reihen Stellen aus dem Buche Marcells aneinander (Brief an Flaccillus μόνηι τῆι παραθέσει τῶν τοῦ ἀνδρὸς ῥημάτων χρησάμενος δίχα πάσης ἀντιρρήσεως). Dann ließ er noch drei Bücher Τῆς ἐκκλησιαστικῆς θεολογίας — d. h. der orthodoxen Lehre über die Gottheit [1422] Christi folgen, die er dem Bischof von Antiochien, Flaccillus, dedizierte, in denen er theoretisch und mit positiven Sätzen Marcellus widerlegte. Zu beachten sind die ausdrücklichen Verwahrungen gegen die Arianische Lehre (I 9, 1. 12. III 2, 8); daß er das nicaenische Konzil nicht erwähnt, ist E. nicht zu verdenken.

Beide Werke sind nur in einer Hs. erhalten, derselben, die Theophilus Πρὸς Αὐτόλυκον und den sog. Adamantius erhalten hat. Gedanken und vor allem die Sprache, die namentlich an Praeparatio und Demonstratio evangelica gemessen werden muß und sich der panegyrischen Rhetorik enthält, weil diese für die Ketzerpolemik nicht paßt, sind durch und durch die des echten, unverfälschten E.; es ist schwer zu begreifen, wie ein Forscher von dem Range Conybeares die Bücher hat für unecht erklären können (Ztschr. f. neutestamentl. Wissensch. IV 330ff.). Dagegen Klostermann in der Einleitung der Berliner Ausgabe (Euseb. Werke IV) und G. Loeschcke Ztschr. f. neutestamentl. Wiss. VIII 69ff.

Am Pfingstsonntag (22. Mai) des J. 337 starb Constantin, nachdem er unmittelbar vorher die Taufe empfangen hatte und somit in der christlichen Gemeinde aus der Klasse der ἀκροώμενοι (vgl. Vit. Const. I 32; es gehören freilich kirchenrechtliche Kenntnisse dazu, um das Kapitel zu verstehen) in die der πιστοί aufgerückt war. E. hatte persönliche Gründe, das Andenken des Kaisers hochzuhalten; die kaiserliche Huld hatte ihn 325 in Nicaea vor der Gefahr, abgesetzt zu werden, bewahrt; als er zehn Jahre später, bei der Feier der Tricennalien, an den Hof nach Konstantinopel (außer Vit. Const. IV 46 vgl. IV 7. 33) beschieden war, hielt er die Festrede (s. u.). Constantin scheint den richtigen Fürstenblick für das individuelle Können der Menschen in seiner näheren und ferneren Umgebung gehabt zu haben; er wars zufrieden, daß der sehr loyale, aber für die große Politik nicht genügend robuste Bischof den wichtigen Posten in Antiochien ausschlug, übertrug der schon von Pamphilus eingerichteten und von E. fortgeführten Schreibfabrik in Caesarea die Aufgabe, für die Kirchen der neuen Residenz Evangelienhandschriften herzustellen (Vit. Const. IV 36), und geruhte, dem berühmten Kirchenhistoriker die persönliche Offenbarung mitzuteilen, mit der er den von ihm eingeführten Kult der christlichen Kaiserstandarte legitimierte (Vit. Const. I 28. 30. II 8; Laus Const. 6, 21; vgl. auch II 5, 5). So haben persönliche Loyalität und persönlicher Stolz auf die kaiserliche Gnade zu dem Entschluß E.s das Ihrige beigetragen, seinen schriftstellerischen Ruhm durch ein literarisches Denkmal, das er dem toten Wohltäter setzte, zu vermehren (Vit. Const. I 10, 1). Der greise Bischof von Caesarea war im J. 337 zweifellos der angesehenste und bedeutendste Schriftsteller, über den die Kirche verfügte; er mußte sich in erster Linie für berufen halten, dem Kaiser den Epitaphios zu schreiben, der die Kirche nicht nur vom Druck der Verfolgung erlöst, sondern sie sogar zu einer führenden Institution des neu organisierten Weltreichs gemacht hatte. Der Titel des Buchs lautet nach der besten hsl. Überlieferung (p. XLV der Heikelschen Ausgabe) Εἰς τὸν βίον τοῦ μακαρίου Κωνσταντίνου βασιλέως, [1423] was Sokrates I 1, 2 bestätigt; Photios (cod. 127) kürzt ihn ab und setzt ein beschreibendes Epitheton hinzu: ἡ εἰς Κωνσταντῖνον τὸν μέγαν βασιλέα ἐγκωμιαστικὴ τετράβιβλος. Die Übersetzung Vita Constantini führt irre, weil sie die Vorstellung hervorruft, als habe E. eine Biographie des Kaisers schreiben wollen: den Gedanken weist er selbst in der Vorrede ab. Er verzichtet ausdrücklich darauf, den Feldherrn und Staatsmann darzustellen: das einzige Thema sind τὰ πρὸς τὸν θεοφιλῆ συντείνοντα βίον (Vit. Const. I 11), und auch davon nur die Hauptsachen. Denn ‚Constantin ist allein unter allen römischen Kaisern ein Freund des allmächtigen Gottes gewesen und allen Menschen ein sichtbares Vorbild christlichen Lebens geworden‘ (Vit. Const. I 3, 4). Hier spielt der Gedanke Philons hinein, der in den βίοι der Erzväter Typen bestimmter Tugenden oder tugendhafter Bestrebungen sieht (vgl. de Abrah. 4ff. 48ff.); E. hat diesen Gedanken in die Praeparatio evangelica (VII 7. 8) hineingearbeitet und parallelisiert andererseits in der Vita Constantini seinen Helden mit Moses (I 12. 19. 20. II 12). Wichtiger freilich ist ihm der panegyrische Zweck, wie schon die hochgeschraubte Rhetorik der Sprache zeigt; diese Seite des Buches fällt am stärksten in die Augen und ist gleichzeitig von Heikel (in der Ausgabe p. XLVff.) und Leo (Griechisch-römische Biographie 311ff.) mit Recht kräftig hervorgehoben worden. Doch ist damit, daß man das Werk einen Panegyricus nennt, sein eigentümliches und kompliziertes Wesen noch keineswegs ausreichend charakterisiert. Zu einem echten, regelrechten Panegyricus passen schon die in stattlicher Anzahl eingelegten Urkunden von zum Teil sehr bedeutendem Umfang nicht (vgl. das Verzeichnis bei Heikel p. LXXI). Es sind ausschließlich Erlasse und Briefe Constantins; an ihrer Echtheit wird jetzt, nachdem die unbedachten Angriffe Crivelluccis (Della fede storica di Eusebio, 1888) widerlegt sind (am besten von Heikel p. LXVIff., außerdem vgl. Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. XVIII 321ff.), nicht mehr gezweifelt.

Am Schluß der ersten Ausgabe der Kirchengeschichte stand das Toleranzedikt von 311 als urkundlicher Beweis für den Sieg der Kirche; später bildete die ‚Gesetzgebung der gottgeliebten Kaiser‘ Constantin und Licinius den Abschluß. Die letzten Bücher der Kirchengeschichte sind eben nicht Zeitgeschichte im strengen Sinn, sondern ein kirchliches und politisches Pamphlet; in dieser literarischen Gattung hat das wörtlich mitgeteilte Aktenstück von jeher seine feste Stelle. Es lag in dem Gang der Ereignisse, daß die Darstellung der Kirchengeschichte mehr und mehr zum Enkomion Constantins wurde, und es ist nur naturgemäß, daß E. in der Vita Constantini die Gelegenheit benützt, seine ältere Erzählung von der Siegeslaufbahn Constantins, die mit den Ereignissen gewachsen war und ihre Entstehungsringe nur zu deutlich zeigte, umzuschmelzen zu einem ungehemmt dahinrauschenden Lobeshymnus. Jetzt konnte er die Katastrophe Maximins, die ihm einst, in den Jahren unmittelbar nach 313, das wichtigste gewesen war und deren ausführliche Behandlung es ihm unmöglich gemacht hatte, die Kirchengeschichte auf Constantin zu konzentrieren, [1424] bei seite drängen; sie ist in der Vita Constantini durch einen geschickten Kunstgriff zu einer Episode von Licinius Sturz degradiert: jetzt sind die Siege Constantins über Maxentius und Licinius ausschließlich die großen Wendepunkte der Geschichte geworden, und mit ersichtlicher Kunst und wirksamer Steigerung drängt diese neue Bearbeitung des alten Stoffs auf den großen Triumph hin, den der ,neue Moses‘ im J. 323 der Kirche bereitet hatte. An die Stelle des Erlasses von 313 und der nur für den Occident bestimmten Reskripte Constantins treten jetzt das große Schreiben, das der Kaiser unmittelbar nach dem Sieg über ,die Tyrannen‘ (Licinius wird als der letzte der ganzen Reihe gefaßt) in die Provinzen der östlichen Reichshälfte schickte (Vit. Const. II 24ff.), ferner, als Beispiel für viele ähnliche, der Brief an E. selbst über die Kirchenbauten (II 46) und der Brief an alle Provinzen, in dem zugleich der Vorzug der wahren Gottesverehrung und die Notwendigkeit, das Heidentum einstweilen zu tolerieren, auseinandergesetzt wird (II 48ff.).

Wie oben gezeigt wurde, hatte E. gute Gründe die nicaenische Synode nicht in die Kirchen-Geschichte aufzunehmen. In der Vit. Const. folgt unmittelbar auf das glänzende Gemälde der durch Constantin siegreichen Kirche der dunkle Schatten der ‚ägyptischen‘, d. h. Arianischen und Melitianischen Wirren: der Neid des Teufels stiftet inneren Unfrieden, nachdem der Kaiser den Christen den äußeren Frieden und mehr als das verschafft hat. Der Gegensatz wirkt schneidend und soll es; die Wirkung wird noch verstärkt durch das Aktenstück, das E. an dieser Stelle einlegt, den Brief, den der Kaiser Hosius von Corduba an Alexander und Arius mitgab (II 64ff.). E. wußte was er tat, wenn er gerade diesen Brief publizierte, obgleich er vergebens geschrieben war: er soll illustrieren, wie hochherzig und unparteiisch die kaiserliche Politik für die Einheit der Kirche sorgte und wie diese Einheit durch das Gezänk der ‚Ägypter‘ gestört wurde, das am besten ganz unterblieben wäre. Der Leser soll hoffen, daß dieser Brief seine Wirkung tun wird, und enttäuscht und erbittert sein, als sie ausbleibt. Derselbe Geist weht in der Darstellung des nicaenischen Konzils: der Kaiser tut alles, um die Kirche zu ehren und zu einigen; die imposanteste christliche Versammlung, die die Welt bis dahin gesehen hatte, ist das Werk des Kaisers. Nur seine Eröffnungsrede wird mitgeteilt; ausführlich wird seine schiedsrichterliche Tätigkeit geschildert, mit nicht mißzuverstehender Deutlichkeit hervorgehoben, wie er die ‚Intelligenz‘ vor dem Neid der ‚Einfältigen‘ — auf die sich Alexander und später Athanasius zu stützen pflegten — zu schützen sucht (III 21): von Aktenstücken wird nur der Erlaß Constantins mitgeteilt, in dem er den Gemeinden eine einheitliche Feier des Osterfestes ans Herz legt. Mit keinem Wort wird der Verdammung der Arianischen Sätze im Nicaenischen Symbol, der Verurteilung des Arius, des Eusebius von Nikomedien und Theognis von Nicaea gedacht. Vielmehr erwähnt E. die zweite Synode (III 23), die von den strengen Nicaenern mit Absicht totgeschwiegen worden ist: auch ohne daß er es sagte, wußten die Zeitgenossen, daß auf dieser Synode die Melitianer aufgenommen [1425] und die Restitution des Arius und der ,Eusebianer‘ begonnen worden war.

Es folgt eine Darstellung der Verdienste Constantins um den äußeren Glanz des christlichen Kultus; an der Spitze stehen aus lokalem Interesse die Kirchenbauten in Palästina, sonderlich in Jerusalem: die Enkaenien der dortigen Prachtkirchen sollten in dem Streit mit Athanasius und dem persönlichen Leben E.s eine bedeutende Rolle spielen. Wiederum kontrastiert mit dem Licht, das von dem Kaiser ausgeht, der Schatten, den die zankenden Bischöfe darauf werfen (III 59). Diesmal ist E.s persönlicher Gegner Eustathius von Antiochien der Ruhestörer; es ist begreiflich, daß E. den größten Triumph seines Lebens und seine kluge Bescheidenheit mit einem besonders reichlichen Aktenmaterial (III 60ff.) illustriert; daß er den gefallenen Gegner schwer hätte kompromittieren können, aber freiwillig darauf verzichtet, hebt er ausdrücklich hervor (III 59, 4). Unmittelbar daran schließt sich das Edikt gegen die Ketzer (III 64), wiederum eine Maßregel Constantins für die Einheit der Kirche. In der Aufzählung der Häresien fehlen die Arianer, mit Recht: eine Arianische Häresie gab es für Constantin damals nicht mehr; er hatte höchstens noch die persönliche Renitenz des nicht mehr exkommunizierten Presbyters zu überwinden.

Die erste Hälfte des vierten Buches enthält in etwas buntem Durcheinander christenfreundliche Maßregeln des Kaisers; was über persönliche Beziehungen E.s zu ihm vorgebracht wird, ist wirksam an einer Stelle zusammen gruppiert (IV 33ff.). Zum drittenmal aber unterbricht der Neid des Teufels die Monotonie, mit der die Schilderung von dem kaiserlichen Kirchenregiment den Leser blendet und ermüdet: wieder sind die ‚Ägypter‘ die Bösewichter, d. h. diesmal Athanasius, der junge Nachfolger Alexanders; sie stören die Festesfreude der Tricennalien (IV 41). Von der tyrischen Synode wird nichts mitgeteilt als das kaiserliche Schreiben, das Athanasius im Fall des Ungehorsams mit Absetzung droht; aller Pomp der Darstellung ist auf die Enkaenien in Jerusalem und die Feier der Tricennalien in Konstantinopel gehäuft, bei der E. selbst mitwirken durfte. Am Schluß steht die nachdrückliche Versicherung, daß die Synode von Jerusalem nach der von Nicaea die ‚größte‘ gewesen sei: die Zeitgenossen wußten, daß diese Synode in Tyrus Athanasius ausgeschlossen und in Jerusalem auf kaiserlichen Befehl Arius restituiert hatte, daß Athanasius in Konstantinopel vom Kaiser relegiert worden war, und zogen aus dieser Gegenüberstellung der Synoden von Nicaea und Tyrus-Jerusalem ihre Schlüsse.

Mit der Hochzeit des Constantius Caesar — in der Zeit, als E. schrieb, war er der Augustus der östlichen Reichshälfte — und der indischen Gesandtschaft an Constantin schließt der βίος. Der Bericht über die drei Caesaren — von Delmatius und Hannibalianus ist aus guten Gründen nicht die Rede — und ihre christliche Erziehung leitet schon über zu der Darstellung des christlichen Todes und der glänzenden Bestattung, in die das panegyrische Pamphlet großen Stils pompös ausklingt. Vorsichtig, aber deutlich wird [1426] die legitimistische Militärrevolte gestreift, die nur die drei Söhne Constantins als Thronerben bestehen ließ (IV 68): das war die von Constantius ausgegebene offizielle Version; daß dieser die Überführung der Leiche in die Apostelkirche in Konstantinopel leitete, wird besonders hervorgehoben. Die drei Caesaren waren schon zu Augusti ausgerufen, als das Buch herausgegeben wurde: dies muß also nach dem 9. September 337 (Chron. min. I 235) geschehen sein, schwerlich viel später. Der Kirche standen schwere Stürme bevor; der Sieg, den die Partei des Eusebius von Nikomedien 335 erfochten hatte und der schon unter Constantin nicht vollständig war, weil der alexandrinische Stuhl vakant blieb, drohte sich in eine Niederlage zu verwandeln. Sobald die Nachricht vom Tode Constantins nach Trier kam, schickte der Caesar Constantin Athanasius nach Alexandrien zurück (vgl. den Brief bei Athan. apol. c. Arian. 87 vom 17. Juni 337, nicht 338; das Jahr steht durch Athanasius zehnten Osterbrief fest, vgl. besonders den Anfang und p. 51 der syrischen Originalausgabe). Damit waren die Beschlüsse der tyrischen Synode auf das brutalste umgestoßen, und Athanasius war nicht der einzige Bischof, der zurückkehrte; nach dem Schreiben der orientalischen Synode von Sardica (Hilar. frg. hist. III 9) wurden auch Paulus von Konstantinopel, Marcellus von Ankyra, Asklepas von Gaza, Lucius von Hadrianopel restituiert. Wahrscheinlich hatte der Bischof Maximin von Trier (vgl. frg. hist. III 27), den die Lorbeeren des Eusebius von Nikomedien nicht schlafen ließen, den jugendlichen Caesar, der den Alleinherrscher spielen wollte, zu diesen Maßnahmen angestiftet. Es war weder den orientalischen Bischöfen zu verdenken, daß sie gegen die Ignorierung ihrer von dem verstorbenen Kaiser sanktionierten Synodalbeschlüsse sich zur Wehre setzten, noch Constantius, daß er den Einbruch in seine Machtsphäre als eine schwere Beleidigung empfand: schon 338 loderte die Flamme des kirchenpolitischen Kampfes empor. Dies ist der historische Hintergrund für das Werk, in dem E. die Einheitspolitik des verstorbenen Kaisers pries im Gegensatz zu den ‚ägyptischen‘ Zankhähnen und die Synode von Jerusalem neben die nicaenische setzte; es ist ein sehr aktueller Wunsch, wenn er von dem Fortleben des großen Herrschers in der Trias seiner Nachfolger redet.

Der Rhetorik des greisen E. fehlt die lebendige Kraft, und von allen Pamphleten haben die loyalen und offiziösen am schnellsten ihren Lohn dahin. So haben diese vier Bücher dem Ruf des Schriftstellers und des Menschen bei der Nachwelt geschadet; Jakob Burckhardt, der die Sprache nicht verstand und keine Einsicht in die literarische Form der Vita Constantini hatte, hat das härteste Urteil über sie gefällt. Wer aber nicht urteilen, sondern verstehen will, muß den historischen Wert dieses aus der lebendigen Geschichte hervorgegangenen Zeitdokuments sehr hoch einschätzen. Von dem Recht des Panegyrikers und Pamphletisten, zu schweigen und das Licht auf eine Seite fallen zu lassen, macht E. ausgiebig Gebrauch: aber er täuscht seine Leser darüber nicht, daß er nicht Geschichte schreibt, und, worauf am meisten ankommt, die Tendenz [1427] des Panegyricus und des Pamphlets ist nicht durch persönliche Strebereien des Verfassers, sondern durch wirkliche historische Faktoren bestimmt. Die kaiserliche Politik ist nun einmal unter Constantin, wie auch unter seinen Söhnen, das entscheidende Moment in der Kirchengeschichte gewesen; und gegenüber der stets persönlichen und nie ehrlichen Athanasianischen Publizistik, die Constantin so viel wie möglich bei seite schiebt, ist E.s Parteischrift ein sehr belehrendes Korrektiv. Ganz davon zu schweigen, daß er mit bewußter Absicht eine Fülle von Dokumenten erhalten hat, die mit urkundlicher Treue die Stellung Constantins zum Christentum zeichnen: sie zu deuten ist schwerer, aber nützlicher, als über den ,Hofbischof‘ zu moralisieren. E. hat an den Segen der Allianz von Kaisertum und Kirche geglaubt; und wenn der Glaube ein böser Irrtum war, so kann man doch den Bischof von Caesarea nicht dafür schelten, daß er das aussprach, was die geistlichen Kollegen insgesamt dachten und wonach sie alle handelten, Athanasius nicht ausgenommen, der Constantin gegen das tyrische Konzil auszuspielen versuchte und Constans gegen Constantius wirklich ausspielte.

Mit den vier Büchern seiner Rede ,auf das Leben Constantins‘ verband E., gewissermaßen als Aktenbeilage, drei Stücke, die er selbst namhaft macht. Das erste ist eine Charfreitagspredigt Constantins, die E. als Probe der kirchlichen Beredsamkeit des Kaisers mitteilt (vgl. Vit. Const. IV 32). Schon dadurch ist ihre Echtheit sichergestellt, Heikels Zweifel (p. XCIff.) sind von Wendland (Berl. philol. Wochenschr. 1902, 230) widerlegt; er hätte nur, wie Harnack (Altchristl. Lit.-Gesch. II 2, 117) mit Recht bemerkt, noch entschiedener für die persönliche Autorschaft Constantins eintreten sollen. Mit Sibyllenversen operiert der Kaiser auch in dem Edikt gegen die Arianer (Gelas. III 1, über die sonstige Überlieferung vgl. Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1904, 393 nr. 6). E. gibt an, daß diese Predigten lateinisch geschrieben und von angestellten Übersetzern ins Griechische übertragen wurden. Das wird durch die Sprache der Predigt bestätigt; sie ist im großen und ganzen korrekt und flüssig, doch sind einige Latinismen (δῆμοι populi oder gentes, ἄντικρυς mit dem Genetiv = contra [p. 185, 21], πῶς = quam [p. 177, 25]) stehen geblieben. Die Verse aus Vergils vierter Ekloge, die nur ein Lateiner in einer Predigt anführen konnte, sind, allerdings schlecht, in griechische Hexameter umgesetzt; aber die Paraphrase p. 186, 26 τὸ εὔχεσθαι ... τοῦ βίου τέλος αὐτῶι μηκύνεσθαι steht dem Original o mihi tam longae maneat pars ultima vitae viel näher als der griechischen Übertragung εἴθεμε γηραλέον δώιη ποτὲ νήδυμος ἰσχὺς σὴν ἀρετὴν κελαδεῖν; also ist der erklärende Text ursprünglich lateinisch für die lateinischen Verse geschrieben.

Dieses erste Stück ist in der Überlieferung noch mit der Vita Constantini zusammengeblieben; sekundär ist allerdings, daß es als fünftes Buch gezählt wird, dagegen ist die Capitulatio der kaiserlichen Predigt ein Werk E.s. Über die einzelnen Tatsachen dieser Überlieferung verweise ich auf die Vorrede Heikels, der die beste Hs. [1428] zuerst entdeckt hat, im I. Bande der Berliner E.-Ausgabe. Nicht unpassend ist in einigen Hss. der Kirchengeschichte der Brief Constantins an die orientalischen Provinzen angehängt; durch die gleiche Überlieferung sind auch, wie namentlich Cod. Parisin. 1431 (B in der Kirchengeschichte) beweist, die beiden anderen Stücke erhalten, die E. der Vita Constantini angehängt hatte und die in den Hss. dieser weggelassen sind. Es muß also diese Nebenüberlieferung die von ihr gegen E.s Absicht hergestellten Anhängsel der Kirchengeschichte aus einem alten und vollständigen Exemplar der Vita Constantini genommen haben; das wird dadurch bestätigt, daß sie in dem Brief Constantins an die orientalischen Provinzen die beste, auch der besten Hs. der Vita Constantini überlegene Tradition vertritt.

Das zweite und dritte Stück wird gewöhnlich mit dem Namen Laus Constantini zusammengefaßt und sind in der Heikelschen Ausgabe noch in eins gedruckt. Wendland (Berl. philol. Wochenschr. 1902, 232f.) und Harnack (Gesch. d. altchristl. Lit. II 2, 117) haben erkannt, daß die Laus aus zwei Stücken, 1–10 und 11–18, besteht; die beste Hs. nennt das erste Τριετηρικός, das zweite Βασιλικός (vgl. 11, 1 ἐν τῶι βασιλκῶι τῶιδε συγγράμματι); eine andere läßt das zweite fort. Diese Trennung entspricht den eigenen Angaben, die E. in der Vita Constantini IV 46 nach der Schilderung der Enkaenienfeier des J. 335 in Jerusalem über die Anhänge des größeren Werkes macht. Er sagt dort, daß er in einer speziellen, dem Kaiser dedizierten Schrift (σύγγραμμα, also keine Rede) auseinander gesetzt habe, οἷος ὁ τοῦ σωτῆρος νεώς, οἷον τὸ σωτήριον ἄντρον κτλ. Diese Schrift wolle er hinter der Vita Constantini publizieren, zusammen mit dem Τριετηρικός, einer Rede, die er nach der Enkaenienfeier in Konstantinopel vor dem Kaiser gehalten habe. Dieser Τριετηρικός ist ohne Frage identisch mit Laus 1—10, einer Rede zur Feier der Tricennalien (1, 1. 2, 5. 6, 1); die Caesaren werden erwähnt 1, 3. 3, 1—4; 3, 4 ist sogar eine Anspielung auf den vierten Caesar, Delmatius, stehen geblieben. Der Kaiser selbst ist anwesend (1, 1); auch der Bischöfe, die in den kaiserlichen Palast geladen sind, wird gedacht (2, 5). Das Prooemion gehört, wie schon der hochgeschraubte Stil zeigt, zu dieser Rede, nicht etwa zur gesamten Laus, die von E. selbst gar nicht als Einheit gedacht ist.

Das zweite Stück, Laus 11—18, gibt sich selbst nicht als Rede, sondern als βασιλικὸν σύγγραμμα, das, wie die Anrede am Anfang zeigt, an Constantin adressiert ist. Da Laus 1—10 sicher der Τριετηρικός ist, von dem E. Vit. Const. IV 46 redet, da er ebendort sagt, daß er mit dem Trieterikos zusammen eine spezielle, an den Kaiser gerichtete Schrift (σύγγραμμα) der Vita Constantini anfügen werde, so ist nicht daran zu zweifeln, daß eben das zweite Stück der Laus 11—18, diese Schrift ist. Sie ist in Jerusalem verfaßt (11, 2), augenscheinlich während der Enkaenienfeier von 335, und hat zum eingestandenen Zweck (11, 3ff.), heidnischen Zweifeln gegenüber den Bau der prunkvollen Grabeskirche zu rechtfertigen durch eine θεολογία τοῦ Χριστοῦ; sie ist ja erbaut auf Grund einer göttlichen Offenbarung, die an den ,Diener Gottes‘, nämlich den [1429] Kaiser ergangen ist. Dieser Inhalt ist allerdings Vit. Const. IV 46 mit οἷος δ’ ὁ τοῦ σωτῆρος νεώς, οἷον τὸ σωτήριον ἄντρον, οἷαί τε αἱ βασιλέως φιλοκαλίαι ἀναθημάτων τε πλήθη insofern etwas undeutlich charakterisiert, als man danach eine Beschreibung der Bauten erwartet; aber die Worte schließen die Beziehung der Stelle auf die zweite Hälfte der Laus umso weniger aus, als diese eine christliche ,Theologie‘ in sehr merkwürdiger Weise mit einer Verteidigung der kaiserlichen Bauten in Jerusalem verbindet; vgl. Laus 11, 7 ταῦτά σοι, βασιλεῦ μέγιστε, φίλτατα καὶ προσήγορα εἶναι ἀληθῶς πεπεισμένος, τῶν σῶν φιλοθέων ἔργων τοὺς λόγους καὶ τὰς αἰτίας ὁ παρών μοι λόγος εἰς τοὺς πάντας ἐκφῆναι βούλεται, ὑφερμηνευτής τις εἶναι τῆς σῆς διανοίας καὶ τῆς φιλοθέου ψυχῆς ἄγγελος ὑπάρχειν εὐχόμενος, διδάσκων πάντα ἃ δεῖ καὶ προσήκει παιδεύεσθαι πάντα ὧι πόθος ἐστὶ μανθάνειν τῆς τοῦ σωτῆρος ἡμῶν θεοῦ δυνάμεως τοὺς λόγους.

Die Schrift ist also eine für heidnische Leser bestimmte Einführung in das Christentum, weshalb E. es auch für nötig hält, dem Kaiser, der ja 335 noch nicht getauft war, zu versichern, daß er als Träger einer persönlichen Offenbarung einer solchen Einführung nicht bedürfe (11, 1). E. hat sie nicht neu verfaßt, sondern die drei ersten Bücher eines älteren Werkes, der Theophanie, gekürzt und dem speziellen Zwecke adaptiert; eine Liste der Koinzidenzen bei Greßmann Studien zu E.s Theophanie (Texte und Unters. N. F. VIII) 144. Vereinzelt ist dasselbe Buch auch im Trieterikos benützt; aber gerade die starke Verschiedenheit, die in den Selbstwiederholungen zwischen den beiden Hälften der Laus obwaltet, ist ein neuer Beweis gegen deren Einheit. Daß aber das βασιλικὸν σύγγραμμα — und demgemäß auch der gleichzeitige Trieterikos — nach der Theophanie verfaßt ist, folgt, von einer ganzen Reihe mehr allgemeiner Erwägungen abgesehen, aus der Vergleichung von Theoph. II 54. 59 mit Laus 13 p. 238, 16. 28. Dort sind die Menschenopfer der Phoiniker zweimal aufgeführt, hier ist die Inkonzinnität dadurch beseitigt, daß die zweite ausführlichere Erwähnung gestrichen ist.

Das griechische Original der Theophanie ist verloren gegangen, bis auf einige Exzerpte, die Mai zuerst in der Lukaskatene des Niketas (vgl. Sickenberger Die Lukaskatene des Niketas von Herakleia, Texte und Unters. N. F. VII) entdeckt hat; sie sind jetzt von Greßmann in Euseb. Bd. III 2 der Berliner Kirchenväter-Ausgabe neu ediert. Dagegen ist eine syrische Übersetzung erhalten; sie ist von Lee London 1842 veröffentlicht und ins Englische, jetzt a. a. O. von Greßmann ins Deutsche übersetzt. Die syrische Übersetzung folgt mit starker Vergewaltigung des semitischen Idioms dem griechischen Original Wort für Wort und ist daher nur durch die freilich oft sehr schwere und unsichere Rückübersetzung ins Griechische voll verständlich; die modernen Übersetzungen geben nur ein unvollkommenes Bild. Einen gewissen Ersatz gewährt die ,Textvergleichung‘ Greßmanns Studien 56ff.; doch muß für wissenschaftliche Zwecke stets auf den syrischen Text zurückgegangen werden, falls kein griechischer Paralleltest aus E.s sonstigen Werken vorliegt.

[1430] Die ersten drei Bücher der Theophanie, d. h. der Erscheinung des göttlichen Logos in Christo, enthalten die θεολογία, d. h., wie E. das Wort versteht, die Lehre von der Göttlichkeit Christi. Die Form ist viel rhetorischer als in der Praeparatio und Demonstratio evangelica, wie die Vergleichung der zahlreichen Parallelstellen lehrt. Alles speziell Dogmatische ist weggelassen; biblische Zitate sind selten; Exegese wie in den Eclogae propheticae oder der Demonstratio evangelica wird nicht getrieben. Denn die Beweise sind nicht aus der Interpretation der Schrift genommen, sondern entstammen der Spekulation oder der Ausdeutung historischer Tatsachen; sie sind nicht auf ein christliches, sondern auf ein heidnisches Publikum oder besser noch auf die Stufe der ἀκροώμενοι berechnet, wie auch die Art zeigt, in der die Überarbeitung im βασιλικὸν σύγγραμμα eingeführt wird. Das erste Buch enthält die Darstellung des weltschöpferischen Logos (I 1—34 = Laus 11. 12); der Logos ist zugleich der natürliche Gesetzgeber des Menschengeschlechts, von ihm stammt alle Vernunft und vernünftige Tätigkeit der Menschen, und weil sie vernünftig ist, ist die Seele unsterblich. Diese letzteren Ausführungen sind in der Überarbeitung der Laus gestrichen; der Verlust ihres griechischen Wortlauts ist umsomehr zu bedauern, als sie sehr viel von der Seelenlehre des Poseidonios reproduzieren. Im zweiten Buch soll die Notwendigkeit der Offenbarung des Logos in Jesus Christus bewiesen werden: die Menschen sind von der ursprünglichen Verehrung Gottes zum Polytheismus abgefallen; die Philosophen lehren entweder Gottloses oder wagen es nicht, offen die Nichtigkeit der vielen Götter zu bekennen; aus der Vielgötterei sind Menschenopfer und Kriege hervorgegangen. Umgekehrt wirkte die göttliche Vorsehung durch strafende Katastrophen, die auch die Götzentempel nicht verschonten, dem Wahn entgegen. In der Laus entspricht Kap. 13 diesem Buch; außer allerlei Umstellungen ist es stark verkürzt, namentlich fehlt die aus der Praeparatio evangelica wieder aufgenommene Polemik gegen die Philosophen und der Abschnitt über die Kriege, welche die Welt vor der Geburt Christi verheerten. Das dritte Buch behandelt die Offenbarung des Logos in Christo selbst. Sie ist zu gleicher Zeit in der Welt erschienen mit der allgemeinen Befriedung der Welt durch das römische Reich; daß es eine göttliche Offenbarung ist, wird in langen, rhetorisch ausgeführten Schlußketten aus den Erfolgen der christlichen Lehre bewiesen. Es folgen — um heidnischen Einwänden zu begegnen — die Gründe, um derentwillen der Logos sich des ‚Werkzeugs‘ eines sterblichen Leibes bedient hat; auf eine kurze, ganz populäre Darstellung der Wunder Jesu folgt der Nachweis, weshalb sein Tod notwendig gewesen sei; den Schluß bildet ein Hymnus auf den Sieg des die Welt einigenden Christentums. Dies Buch ist in dem βασιλικὸν σύγγραμμα am ausführlichsten reproduziert (Laus 14—17); nur sind die Ausführungen über das ‚sterbliche Werkzeug‘ und den Tod Christi vorangestellt; der Beweis dafür, daß die christliche Offenbarung eine göttliche ist, folgt nach (vgl. 16,1 ὥρα καὶ ἐπὶ τὰς ἀποδείξεις ἐλθεῖν, εἰ δὴ ἀποδείξεως δεῖ τῆς τούτων ἀληθείας καὶ εἰ δὴ ἐναργῶν πραγμάτων [1431] ἀναγκαῖον πιστώσασθαι τὰς μαρτυρίας, die richtige Überschrift für die darauffolgende Wiederholung von Theoph. III 1ff.).

Die drei ersten Bücher der Theophanie setzen überall Praeparatio und Demonstratio evangelica voraus; an einigen Stellen ist die tyrische Enkaenienpredigt aus dem X. Buch der Kirchengeschichte benützt (vgl. Greßmann Studien 145ff.). Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Alleinherrschaft Constantins fehlt; er wird nirgendwo genannt, und III 20 (= Laus 17) kann ebensogut auf den Sturz des Maxentius und Maximin, wie auf den des Licinius gehen. Trotzdem leidet es keinen Zweifel, daß die Bücher nach 323 geschrieben sind. II 80 (im Trieterikos 9 benutzt) kann nur auf die Zerstörung von Götterbildern bezogen werden, die Constantin nach der Eroberung des Ostens im fiskalischen Interesse vornahm, vgl. Vit. Const. III 54. Die ganze Haltung des Werks, die jede dogmatische Exklusivität vermeidet und in Christus den göttlichen Lehrer eines rationalen und natürlichen Monotheismus sieht, ist der Religionspolitik des Kaisers angepaßt und auf die vornehmen und gebildeten Kreise berechnet, die nach dem Sturz des Licinius es für geraten hielten, sich mit der siegenden Religion zu befreunden und in ihr das Kulturelement zu sehen, welches die neu erstandene Universalmonarchie stützen und beleben konnte. Der Glaube E.s, daß in dem Reich Constantins die christliche Kirche den Boden gefunden habe, auf dem sie ihre Kraft als Kulturmacht voll entfalten könne, tritt in der Theophanie am reinsten in die Erscheinung, weil er hier nicht mit persönlichen Panegyriken auf den Kaiser verquickt ist; so ist das Buch ein wichtiges Dokument, zwar nicht für die Entwicklung des christlichen Dogmas, wohl aber für die geistige Atmosphäre, die der von Constantin zwischen Thron und Altar geschlossene Bund erzeugt hat.

An die drei Bücher der Theophanie hat E. zwei Anhänge gefügt, die im wesentlichen Wiederholungen früherer Arbeiten sind. Das vierte Buch ist eine neue Auflage der Monographie über die in Erfüllung gegangenen Weissagungen des Herrn (Praep. ev. I 13, 12; vgl. o. S. 1387), das fünfte reproduziert, wie E. selbst sagt (Theoph. IV 37), den im dritten Buch der Demonstratio evangelica enthaltenen Abschnitt, daß Christus kein Zauberer gewesen sei. Der apologetisch-propagandistische Zweck dieser Anhänge liegt klar zu Tage; E. hat sie mit der Theophanie vereinigt, um sie dem Publikum, für das die Theophanie bestimmt war, bequemer zugänglich zu machen.

Die Exzerpte aus der Theophanie sind in der Katene des Niketas, falls nicht bloß Εὐσεβίου als Lemma dasteht, bezeichnet als aus der Εὐαγγελικὴ θεοφάνεια entnommen; vgl. die Liste in der Berliner Ausgabe p. VIII. Daneben findet sich aber oft das Lemma Δευτέρας θεοφανείας (über die richtige Lesung der von Mai nicht verstandenen Ziffer vgl. Sickenberger Texte u. Unters. N. F. VII 87); die Stellen a. a. O. p. IXf. Die Titel erklären sich gegenseitig. Die ,evangelische Theophanie‘ ist die Erscheinung des göttlichen Logos in Jesu Christo, die in den Evangelien erzählt wird, die ,zweite Theophanie‘ die Wiederkehr des Herrn am Ende der Zeiten, die Parusie [1432] (vgl. Euseb. bei Mai Nov. bibl. patr. IV 197 διὰ τὸ μηδέπω τῆι βασιλικῆι ἀξίαι κατὰ τὴν πρώτην θεοφάνειαν κεχρῆσθαι). Es duldet nach diesen Zitaten keinen Zweifel, daß E. zwei ,Theophanien‘ geschrieben hat, von denen nur die erste ins Syrische übersetzt und dadurch erhalten ist. Die ausdrücklich der zweiten zugewiesenen Bruchstücke sind eine erklärende Paraphrase von Stellen der Evangelien, kein Kommentar; die Parallelstellen der Evangelien werden oft kontaminiert (vgl. XVI p. 142 Mai Lc. 12, 49—53 + Mt. 10, 34; p. 143 Lc. 14, 26 + Mt. 10, 34. 37; XIV p. 140 Lc. 14, 34 + Mt. 5, 13; X p. 134 Lc. 17, 23. 24 + Mt. 24, 26. 27; XXI p. 153 Lc. 18, 17 + Mt. 18, 3; X p. 133 Lc. 21, 25 + Mt. 24, 21; XXII p. 154ff. wird Lc. 19, 12ff. mit Mt. 25, 14ff. verglichen). Die Sprache ist einfach, wie in der Demonstratio evangelica oder dem vierten und fünften Buch der evangelischen Theophanie; sie steht von der Rhetorik weit ab, die die ersten drei Bücher jener so schwer lesbar macht.

Wahrscheinlich lassen sich die Bruchstücke der zweiten Theophanie noch sehr erheblich vermehren. Zunächst sind ihr zuzuweisen die bei Mai Nov. bibl. patr. IV 109—156 abgedruckten Stücke, die das Lemma Εὐσεβίου tragen und sich in der syrischen Theophanie nicht finden (man hüte sich vor Mais irreführenden Verweisungen); sodann aber auch eine Reihe von Zusätzen, die in dem Text der Exzerpte aus der evangelischen Theophanie sich finden und dadurch, daß ihnen in der syrischen Theophanie nichts entspricht, als Einlagen und Anhänge erwiesen werden, obgleich sie nicht durch ein besonderes Lemma abgetrennt sind: übrigens konnte es zu einer solchen Verwirrung nur kommen, wenn Niketas die Exzerpte nicht selbst anfertigte — was ohnehin unwahrscheinlich ist —, sondern sie schon fertig übernahm. Diese Stücke sind: IV p. 116. 117 Mai καὶ οἱ μὲν πρεσβύτεροι — τὸν θάνατον ἀποστῆσαι; p. 117 οὐ πάρεστι — ὁ παῖς αὐτίκα; VI p. 123—125 ὁ καὶ ἐπὶ τοῦ Δαυὶδ γένονε — τοὺς καρποὺς αὐτῆς (die Verweisung ὡς εἴρηται p. 125 ist Zusatz des Redaktors); IX p. 132. 133 μηδὲ σπουδαίαν ἡγεῖσθαι — τῶι ἱερῶι ἱδρυμένον; XIX p. 150 ταῦτα μὲν οὖν κατὰ πρόγνωσιν — τὸν καρπὸν ἀπεδίδοσαν (hier verrät der gestörte Zusammenhang besonders deutlich den Einschub, der die Fortsetzung von XVIII p. 148. 149 bildet). Alle diese Exzerpte und Zusätze stimmen in Ton und Haltung völlig überein und lassen sich ohne jede Schwierigkeit zu den Bruchstücken der ‚zweiten Theophanie‘ stellen.

Die Sache geht aber weiter. Hinter den Stücken aus der Theophanie, die Mai nicht hatte sondern können, weil er die Abkürzung für δευτέρας falsch deutete und gewaltsame Hypothesen ausklügelte, um die Diskrepanzen der griechischen Texte von der syrischen Theophanie zu erklären, hat er aus derselben Lucaskatene p. 160—207 eine Reihe von Exzerpten, die mit dem Lemma Εὐσεβίου gezeichnet sind, veröffentlicht und einem Kommentar des E. zum Lucasevangelium zugewiesen. Dieser Kommentar wird nirgends zitiert und nirgends unter den Werken E.s aufgezählt; ferner widerlegen die Stücke selbst Mais Konjektur. Ihm selbst fiel schon auf, daß Matthaeus und Lucas oft miteinander verglichen werden, ohne [1433] daß dabei die Absicht, Lucas zu kommentieren, irgendwie hervortritt oder auch nur angedeutet wird, vgl. p. 163 κατὰ θάτερον τῶν εὐαγγελιστῶν (Lc. 6, 20), dann wird zu Mt. 5, 4ff. übergegangen; p. 185 steht eine Erklärung von Mt. 20, 1—16; p. 183f. eine Paraphrase von Mt. 13, 44ff., die in eine Zusammenfassung des ganzen Matthaeuskapitels ausläuft; p. 166 wird die Erklärung von Mt. 21, 28ff. mit ὅταν ἐν παραβολῆι λέγηι (ὁ κύριος) eingeleitet; p. 197 das Zitat von Mt. 1, 1 mit ὧν ὁ μέν τις τὴν κατὰ ἀνθρώπους εὐγένειαν αὐτοῦ παριστὰς ἐνθένδε ποθὲν εὐηγγελίζετο λέγων; p. 169 κατὰ μὲν οὖν τὸν Ματθαῖον (10, 9) ... κατὰ δὲ τοὺς λοιποὺς (Lc. 9, 3) καὶ αὐτὸν τὸν Ματθαῖον; p. 177 wird Lc. 12, 24 als Variante angefügt; vgl. ferner p. 186. 193. 195. 203. Das findet sich in identischer Weise in den Exzerpten, die oben der ,zweiten Theophanie‘ zugewiesen sind; vgl. p. 134. 144. 145. 155. Auch die Manier, beide Evangelien in der Paraphrase zu kontaminieren, kehrt wieder; vgl. p. 173 Mt. 10, 11—13 + Lc. 10, 7; p. 175 Lc. 11, 21. 22 + Mt. 12, 9; p. 177 Mt. 6, 28 + Lc. 12, 27; p. 182 Mt. 24, 51 + Lc. 12, 46. Endlich liegt es zum mindesten sehr nahe, das Zitat p. 197 διὰ τῶν ἐκτεθεισῶν φωνῶν (Lc. 19, 12ff.) auf das Stück zurückgreifen zu lassen, das p. 155f. exzerpiert ist. Als Thema wird p. 189 angegeben ἐπεὶ δὲ οὐκ ἀλλοτρία τυγχάνει οὐδ’ αὕτη) (die Parabel Lc. 14, 16ff., die mit Mt. 22, 2ff. verglichen ist) τῆς βασιλείας τῶν οὐρανῶν, περὶ ἧς ἡμῖν ὁ πᾶς ἐνέστηκε λόγος; das paßt zur ,zweiten Theophanie‘ vortrefflich. Man könnte einwenden, daß die Paraphrasen der Reden Christi, welche die größte Masse der Exzerpte ausmachen, mit dem Thema der Parusie sich nicht genügend berühren. Indes hat E. die Wiederkehr Christi nicht chiliastisch oder auch nur mit religiösem Enthusiasmus aufgefaßt; derartige Tendenzen schneidet er z. B. in der Erklärung der gefährlichen Stelle Lc. 21, 32 (p. 205) kurz und bestimmt ab. Er nimmt die Lehre rationalistisch-moralisch, und wie jene Paraphrasen mit dem Titel zu verknüpfen sind, lehrt die Stelle, mit der die Makarismen der Bergpredigt eingeleitet werden (p. 162): ὥρα (ὅρα Hs.) γοῦν ἐπὶ τοῦ παρόντος ἄνωθεν ἀρξαμένους τὰς τοῦ σωτῆρος διελθεῖν φωνὰς καὶ παρ’ αὐτοῦ τὰς διδασκαλίας ὥσπερ τινὰς νόμους, δι’ ὧν ἄν τις τύχοι τῆς οὐρανίου βασιλείας, παραδέξασθαι. Alles in allem spricht die größte Wahrscheinlichkeit dafür, daß die gesamte Masse von Eusebiusstücken in der Lucaskatene des Niketas der zweiten Theophanie zuzuweisen sind; vermutlich steckt außerdem noch manches in Matthaeuskatenen. Wann das Buch abgefaßt ist, läßt sich, bis jetzt wenigstens, nicht bestimmen; denn aus p. 168 darf nichts geschlossen werden, s. o. S. 1373.

Zu den Schriften, die durch das gute Verhältnis E.s zum Hofe veranlaßt sind, gehört auch Περὶ τῆς τοῦ πάσχα ἑορτῆς. Es war nach seinem eigenen Zeugnis (Vit. Const. IV 34) ein allegorischer Traktat über den ‚Typus‘ des alttestamentlichen Pascha und seine Erfüllung im christlichen Osterfest (μυστικὴν ἀποκάλυψιν τοῦ τῆς ἑορτῆς λόγου); der Kaiser nahm die Widmung gnädig an und dankte in einem Handschreiben, das E. mitteilt. Ein Bruchstück ist durch die Lukaskatene des Niketas erhalten (Mai Nova bibl patr. [1434] IV 209ff.); in ihm findet sich auch eine Polemik gegen die antiochenische (ἀνατολή p. 214 = Antiochien) Praxis, Ostern am Sonntag nach dem Pascha der Juden zu feiern. Dagegen hatte sich schon Constantin auf dem nicaenischen Konzil erklärt (vgl. den Brief Vit. Const. III 18), und das Verbot war im ersten Kanon der antiochenischen Synode von neuem eingeschärft. Daß E. eine Ostertabelle aufgestellt hatte, ist eine falsche Behauptung, die dadurch nicht richtiger wird, daß man sie immer wieder vorbringt.

Als Constantin starb, war E. etwa 75 Jahre alt; in den kirchlichen Wirren der folgenden Jahre, die bis zu dem Schisma der beiden Konzile von Sardica 342 führten, wird sein Name nicht mehr genannt. Sokrates (II 4) setzt seinen Tod zwischen die Rückkehr des Athanasius 337 und den Tod Constantins II. 340. Sein Nachfolger, Akakios, schrieb einen Panegyricus auf ihn (εἰς τὸν βίον τοῦ διδασκάλου αὐτοῦ Sokr. a. a. O.), der spurlos verloren ist; wichtiger war, daß er die Pflege der Bibliothek von Caesarea im Sinne des Vorgängers fortsetzte (vgl. Hieron. epist. 34, 1. Philo ed. Cohn et Wendland I p. III). Der dies depositionis E.s, 30. Mai, ist in den Festkalender aufgenommen, den das sog. syrische Martyrologium (Journ. of sacred litter. VIII) aufbewahrt hat. Allein diese Tatsache genügt zum Beweis, daß jener Festkalender älter ist als der Sieg, den Theodosius I. bei seinem Regierungsantritt der römisch-alexandrinischen Orthodoxie verschaffte; wahrscheinlich ist es der Kalender, der unter Constantius für Konstantinopel festgesetzt wurde.

Zum Schluß sind noch diejenigen Schriften zu besprechen, deren Zeit sich nicht genauer bestimmen läßt.

Ein geographisch-exegetisches Werk ist von E. im Auftrag des Bischofs Paulinus, also unter Licinius oder in den ersten Jahren Constantins, unternommen worden. Es zerfiel in vier Teile, von der letzte, das sog. Onomastikon, erhalten ist. Die ersten drei sind nur aus dessen Vorrede bekannt: 1) die Übertragung der im Alten Testament vorkommenden hebräischen Völkernamen ins Griechische, im wesentlichen also ein Kommentar zur Völkertafel der Genesis; 2) eine Beschreibung des alten Judaea mit den Grenzen der zwölf Stämme (nach dem Buch Josua); 3) eine Beschreibung Jerusalems und des Tempels. Das erhaltene Werk, das in der allein maßgebenden Hs. den Titel trägt Περὶ τῶν τοπικῶν ὀνομάτων τῶν ἐν τῆι θείαι γραφῆι ist ein geographisches Bibellexikon. Die Ortsnamen Palästinas und seiner nächsten Umgebung — andere sind nicht aufgenommen — sind alphabetisch (nach antiker Art, die sich nur um den ersten Buchstaben kümmert) und innerhalb des Alphabets nach den biblischen Büchern, in denen sie vorkommen, geordnet; das Buch sollte ein Hilfsmittel für den gebildeten Bibelleser sein. Hieronymus hat es übersetzt oder richtiger bearbeitet; er muß, da der griechische Text stark verdorben und verstümmelt ist, stets herangezogen werden. Beide Texte sind, nach der bahnbrechenden Arbeit Lagardes (Onomastica sacra, 2. Aufl., Gött. 1887), von E. Klostermann als Eusebius III 1 der Berliner Kirchenväter-Ausgabe ediert. Eine sachliche Würdigung des für die palästinische Geographie wichtigen [1435] Buches kann hier nicht gegeben, auch auf die Frage nicht eingegangen werden, wie es mit der Mosaikkarte von Medaba zusammenhängt: nützliche Winke enthält der Aufsatz von P. Thomsen in der Ztschr. d. deutschen Palästinavereins XXVI, sowie das Buch Loca sancta (Halle 1907) von demselben.

E. erwähnt c. Marc. I 4, 65 die Bücher, die er zur Erklärung der hl. Schrift verfaßt hätte (τοῖς συγγράμμασιν τοῖς εἰς τὰς θείας γραφὰς πεπονημένοις). Darunter können, teilweise wenigstens, die Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή, die Demonstratio evangelica und die zweite Theophanie verstanden sein, doch hat er auch, nach Origenes’ Vorbild, Kommentare zu einzelnen biblischen Büchern geschrieben, von denen freilich keiner vollständig erhalten ist.

Einen Kommentar zu den Psalmen erwähnt Hieronymus (de vir. ill. 81; ep. 112 p. 753 a Vall.); Eusebius von Vercellae übersetzte ihn, mit orthodoxen Korrekturen, ins Lateinische (Hieron. ep. 112 a. a. O. 61 p. 348 d). In einer Pariser Hs. (Coislin. 44 saec. X) ist ein Kommentar zu Psalm 51–95 erhalten, der von einer jüngeren Hand, nach Montfaucon (Coll. nova patr. I p. III) des 13. Jhdts., überschrieben ist Εὐσεβίου τοῦ Παμφίλου Ἀρειανοῦ ἐξήγησις εἰς τοὺς ν’ ψαλμοὺς τοῦ Δαυίδ, τοὺς ἀπὸ να’ ἕως ρ’. Er ist von Montfaucon a. a. O. abgedruckt. Mercati (Rendiconti del R. Istituto Lombardo ser. II vol. XXXI 1036) hält ihn für echt und direkt überliefert. Zweifellos ist das meiste Eusebianisches Gut. Der Kommentar ist jedenfalls nach der Verfolgung verfaßt, vgl. p. 595 d; die Eclogae propheticae verweisen ja auch noch auf Origenes. Wo eine Vergleichung mit den Eclogae propheticae oder der Demonstratio evangelica möglich ist, stimmt die Exegese meist überein: vgl. z. B. p. 352 a. d (ps. 67, 13) mit Ecl. proph. IV 12; Dem. ev. III 2, 67, p. 354 a (ps. 67, 16, die Stelle ist lückenhaft) mit Ecl. proph. p. 172, 14; p. 355 a (ps. 67, 19) mit Ecl. proph. III 19; p. 358 bff. 359 c. 360 a (ps. 67, 25ff.) mit Dem. ev. IX 9; p. 367 eff. (ps. 68, 3) mit Dem. ev. IX 12, 4. 5; p. 370 eff. (ps. 68, 6) mit Ecl. proph. III 3; p. 403 (ps. 71, 1) mit Ecl. proph. III 31; p. 402. 409. 415 (ps. 71, 1. 8. 16) mit Dem. ev. VII 3, 19ff.; p. 408. 411 e (ps. 71, 7) mit Dem. ev. VII 2, 22. IX 17, 16ff.; p. 522ff. (ps. 83, 8. 9) mit Dem. ev. IV 16, 8ff. VI 4; p. 572 e (ps. 88, 31ff.) mit Ecl. proph. p. 59. 15ff.; p. 574 cff. 575 d. 577 dff. (ps. 88, 39ff.) mit Dem. ev. VII 1, 144. 149. 3, 6ff.; p. 581 c (ps. 88, 48ff.) mit Dem. ev. IV 16, 22f.; p. 598ff. 601 b (ps. 90; besonders 90, 10) mit Dem. ev. IX 7, besonders IX 7, 17; p. 634 b. 635 d (ps. 95, 1) mit Dem. ev. VI 5. I 4, 2. Doch finden sich auch Widersprüche, vgl. p. 216ff. (ps. 51, 10) mit Dem. ev. VI 18, 19; p. 228ff. (ps. 54) mit Dem. ev. X 2; p. 404 a (ps. 71, 1) mit Dem. ev. IX 13, 10; p. 419. 435ff. (ps. 73) mit Dem. ev. X 1. 5. 8. 9. Das mag darauf sich zurückführen lassen, daß E. einzelnes zu verschiedenen Zeiten verschieden interpretierte; er befolgt ja auch oft genug die Manier des Origenes, verschiedene Deutungen für möglich zu halten und nebeneinander zu stellen. Bedenklicher ist die von Montfaucon (p. VIII) angeführte Stelle p. 549 b über die Wunder, die bei der Grabeskirche in Jerusalem geschehen sein [1436] sollen: von denen weiß E. in der Vita Constantini nichts. Vollends p. 348 a τὸ γοῦν πρῶτον τάγμα τῶν ἐν Χριστῶι προκοπτόντων τὸ τῶν μοναχῶν τυγχάνει ist sehr verdächtig: E. kennt wohl eine Askese der Kleriker, wie sie Origenes für die christlichen ‚Philosophen‘ eingeführt hatte, aber weder Mönche noch Klöster, und Leute wie der hl. Antonius sind ihm sicher nicht als der erste christliche Stand erschienen. Retouchen werden also sogar für diesen Rest seines Kommentars zugegeben werden müssen. Nach seinen eigenen Angaben benutzte Montfaucon für die Ausgabe der im Coislinianus nicht vorhandenen Stücke eine Abschrift italienischer Hss., die der Bischof von Evreux, Kardinal du Perron, hatte anfertigen lassen und die nachher in die Bibliothek der Abtei St. Taurin in Evreux kam, jetzt aber dort nicht mehr vorhanden ist (vgl. Mscrits des bibliothèques de France, départ. t. II p. 463ff.), und einen jungen Colbertinus (jetzt Paris. 463); obgleich Montfaucon es leugnet, sind die Abschriften nach Mercati aus Katenen genommen. Von anderen Codices gab Montfaucon selbst zu, daß es Katenen seien; aus solchen hat Mai Stücke E.s zu ps. 119—150 veröffentlicht (Nova bibl. patr. IV 67ff.), zu denen Montfaucon nichts gefunden hatte. So gut wie unbrauchbar ist die Publikation Pitras Anal. sacra III 365ff., die sehr viel Zweifelhaftes enthält; vor dem konfusen Gerede, das er in der Einleitung auftischt, muß besonders gewarnt werden. Aus einer Katene des Ambros. F 126 sup. teilt Mercati a. a. O. einiges mit. Solange nicht einigermaßen Ordnung in die Katenen zu den Psalmen gebracht ist, läßt sich hier nicht vorwärts kommen. Über syrische Fragmente vgl. Wright Catal. 36.

Ein Kommentar E.s zu Jesaias ist durch Hieronymus bezeugt, der ihn in seinem eigenen Jesaiaskommentar benutzt hat; als Buchzahl gibt er in der Einleitung zu diesem 15, de vir. ill. 81 nur 10 an. Der vollständige Kommentar ist verloren; umfangreiche Stücke sind durch eine Katene erhalten, die nach Faulhaber (Bibl. Studien IV 2, 41ff. 80ff.) in zwei, nach Karo und Lietzmann (Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1902, 334ff.) in drei, und wenn man die Niketaskatene hinzurechnet, sogar in vier Redaktionen vorliegt, die aber auf denselben Typus hinauslaufen. Auf diesen Katenen und nur auf ihnen beruht die Ausgabe Montfaucons Coll. nova patr. II 347ff., er benutzte die Pariser Hss. 155. 156. 157. 159 (vgl. Karo und Lietzmann a. a. O.) und eine junge, für Kardinal du Perron angefertigte Abschrift italienischer Katenenhandschriften, deren Verlust verschmerzt werden kann. Die gedruckten Exzerpte stimmen sehr häufig mit dem vierten Buche der Eclogae propheticae und noch mehr mit den Stücken der Demonstratio evangelica überein, welche Jesaiasstellen behandeln; auf die Parallelen bei Hieronymus macht Montfaucon gelegentlich aufmerksam. Von Abweichungen habe ich notiert: p. 381 b (7, 11) ~ Dem. ev. VII 1, 39; p. 383 (7, 18f.) ~ Dem. ev. VII 1, 63ff.; p. 384 e (8, 1) ~ Dem. ev. VII 1, 110; Ecl. proph. p. 179, 15; p. 385 (8, 7) ~ Dem. ev. VII 1, 118ff.; p. 397. 398 (10, 19. 20) ~ Dem. ev. II 3, 97. 101; p. 418 a (16, 5) ~ Ecl. proph. IV 9; p. 450 (24, 4) ~ Dem. ev. II 3, 133. Es darf aber nicht vergessen [1437] werden, daß die Katenenexzerpte nur ein sehr unvollkommenes Bild des jedenfalls sehr breiten Originalkommentars geben; die meisten Inkongruenzen werden auf Doppelinterpretationen E.s beruhen, die beim Exzerpieren zu stark reduziert sind. p. 411 b steht ein Zitat der Chronik (ἐν τοῖς πονηθεῖσιν ἡμῖν χρονικοῖς συγγράμμασιν); die p. 402 a erhaltene und von Hieronymus benutzte Schilderung der vornehmen kaiserlichen Beamten, die am Gottesdienst teilnehmen, weist auf die Zeit nach 323.

In der Katene zu Jeremias (Faulhaber a. a. O. 105) und zu Ezechiel (ebd. 155) kommen E.-Stücke vor, die vielleicht aus Kommentaren stammen; dagegen scheint E. Daniel nicht erklärt zu haben (Faulhaber a. a. O. 175). Aus den Exzerpten, die in Prologen zu den Proverbien (Ἐκ τῶν Εὐσεβίου εἰς τὰς Παροιμίας cod. Mon. 129, ich habe das Stück photographiert und stelle Abzüge gerne zur Verfügung) und zum Canticum (Pitra Anal. sacra III 530ff. Karo und Lietzmann Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1902, 318) umlaufen, folgt nicht, daß E. zu diesen Schriften vollständige Kommentare verfaßt hat.

Über den von Mai erfundenen Kommentar zum Lukasevangelium s. o. S. 1432.

Den erfahrenen Herausgeber von Bibeltexten verraten die sog. Kanones, die E. erfand, um die Paralleltexte der vier Evangelisten schnell zusammenbringen zu können. Ein Alexandriner Ammionos hatte einfach zum Evangelium Matthaei die entsprechenden Perikopen an den Rand gesetzt: damit wurde es unmöglich, die drei anderen Evangelien im ursprünglichen Zusammenhang zu lesen. Um dies zu vermeiden, ersann E. ein sinnreiches System, das er in dem Brief an Carpianus (abgedruckt in den Ausgaben des Neuen Testaments von Westcott-Hort und Tischendorf, syrisch in der Peschitta von Pusey und Gwilliam) auseinandersetzt. In griechischen, lateinischen (vgl. Preuschen bei Harnack Altchristl. Lit.-Gesch, I 573) und syrischen Bibelhandschriften stehen die Tafeln der Kanones mit den zugehörigen Zahlen der Perikopen am Anfang, die Zahlen der Perikopen mit der zugehörigen Zahl der Kanones am Rand des Textes; warum man diese sehr nützliche Einrichtung in den syrischen Bibelausgaben abdruckt und sie in denen des griechischen Textes spurlos unterdrückt, ist nicht abzusehen.

Die Evangelienhandschriften — denn um solche handelt es sich offenbar, vgl. Vit. Const. IV 36 p. 131, 27. 37 p. 132, 9 —, welche E. für die Lektionen in den Kirchen Konstantinopels lieferte, sind keine literarische Leistung, sondern ein Produkt der berühmtesten christlichen Schreibfabrik, die es damals gab, der von Caesarea. Interessant ist, daß die in Caesarea hergestellten Handschriften, wenn man nicht geradezu Lektionare sagen will, nicht allein vier, sondern manche auch nur drei (Evangelien) umfaßten (Vit. Const. IV 37 ἐν πολυτελῶς ἠσκημένοις τεύχεσιν τρισσὰ καὶ τετρασσὰ διαπεμψάντων ἡμῶν): das vierte Evangelium stand damals im Gebrauch der Gemeinde — der nicht mit dem Zitatenapparat der Literatur verwechselt werden darf — nachweislich noch sehr zurück.

Was sonst noch unter E.s Namen umläuft, [1438] ist durchweg unsicher und zweifelhaft; ich verweise dafür, auf Preuschen in Harnacks Altchristl. Lit.-Gesch. I. Dagegen mögen zum Schluß noch die Schriftenverzeichnisse des Photius, des Hieronymus (de vir. ill. 81) und Ebed-Jesu (Assemani Bibl. Orient. III 1, 18) angeführt werden. Photius will folgende Schriften E.s gesehen haben:

Εὐαγγελικῆς προπαρασκευῆς λόγοι ιε’ (cod. 9).
Εὐαγγελικὴ ἀπόδειξις ἐν βιβλίοις κ’ (cod. 10).
Ἐκκλησιαστικὴ προπαρασκευὴ ἐν βιβλίοις (Ziffer fehlt), ἐν οἷς Ἐκλογαί, nämlich Ecl. proph. (cod. 11).
Ἐκκλησιαστικὴ ἀπόδειξις ἐν βιβλίοις (Ziffer fehlt) (cod. 12). Daß in cod. 11 und 12 die Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή steckt, wurde oben vermutet.
Ἐλέγχου καὶ ἀπολογίας λόγοι δύο, in doppelter Rezension (cod. 13). Vgl. o. S. 1394.

Diese systematischen Schriften E.s waren zu einem Corpus vereinigt; denn die kritischen und biographischen Notizen, die Photios an cod. 13 anhängt, beziehen sich nicht auf diesen speziell, sondern auf E. insgemein. In Einzelausgaben lagen ihm noch vor:

Ἐκκλησιαστικὴ ἱστορία ἐν τόμοις δέκα (cod. 27).
Ἀνασκευαστικὸν βιβλιδάριον πρὸς τοὺς ὑπὲρ Ἀπολλωνίου τοῦ Τυανέως Ἱεροκλέους λόγους (cod. 37).
Παμφίλου τοῦ μάρτυρος καὶ Εὐσεβίου ὑπὲρ Ὠριγένους (cod. 118).
Εἰς Κωνσταντῖνον τὸν μέγαν βασιλέα ἐγκωμιαστικὴ τετράβιβλος (cod. 127), mit ausführlicher Kritik, die zeigt, wie anstößig das Werk den Orthodoxen war; eine Spur solcher Kritik ist auch Socrat. I 25, 6, vgl. Vit. Const. III 23 erhalten.

Hieronymus zählt auf:

Εὐαγγελικὴ ἀπόδειξις (20 B.).
Εὐαγγελικὴ προπαρασκευή (15 B.).
Θεοφάνεια (5 B.); steht nur in einigen Hss. von de vir. ill.
Chronik (über die falsche Wiedergabe des Titels s. o. S. 1376).
De evangeliorum διαφωνίαι. Vgl. o. S. 1388.
Kommentar zu Jesaias (10 B.; doch s. o.).
Gegen Porphyrius (25 B.).
Τοπικά. (1 B.).
Apologie des Origenes (6 B.). In dem Artikel Pamphilus (de vir. ill. 75) bemerkt er: scripsit, antequam Eusebius scriberet, Apologeticum pro Origine. Das ist ein hinterlistiger Versuch, zwischen einem Werk des Märtyrers Pamphilus und einem des ‚Arianers‘ E. zu unterscheiden, obgleich er recht wohl wußte, daß es ein und dasselbe war, s. o. S. 1384f.
Leben des Pamphilus (3 B.).
De martyribus (es sind wohl die palästinischen Märtyrer gemeint).
Kommentar zu den 150 Psalmen.

Es fehlen außer den kleinen Monographien über die in Erfüllung gegangenen Weissagungen des Herrn (= Theophanie IV) und über die Vielweiberei der Erzväter die Καθόλου στοιχειώδης εἰσαγωγή, die zweite Theophanie, die Schrift gegen Hierokles, die Sammlung alter Martyrien, die Rede über die Märtyrer, die drei Schriften, welche den Τοπικά, d. h. dem Onomastikon von [1439] Palästina, vorangingen, und die Vita Constantini mit all ihren Anhängen und dem Buch über Ostern; daß die Briefe nicht erwähnt werden, ist korrekt, da von ihnen keine spezielle Sammlung existierte.

Der Katalog Ebed-Jesu’s zählt nur die Schriften auf, die ins Syrische übersetzt waren:

‚Kirchengeschichte in zwei Hälften‘ (so steht da, Preuschen bei Harnack Altchristl. Lit.-Gesch. I 552 hat die Stelle nicht richtig übersetzt). Spuren einer Teilung, die Buch I—V und VI—X zu je einem Band zusammenfaßte, sind in griechischen Hs. erhalten; der älteste syrische Codex umfaßt nur Buch I—V.
,Theophanie‘.
‚Chronik‘.
,Lösung der Widersprüche in den Evangelien‘ (= Quaest. ad Stephanum et ad Marinum) ,mit den Kanones‘. Die Syrer faßten dies als Anhänge zu den Evangelien zusammen.
,Bild der Welt‘. Damit ist wohl die erste der vier geographischen Schriften gemeint, die über die Völkernamen des Alten Testaments handelte.
,Geschichte Constantins und der westlichen‘ (d. h. vom syrischen Standpunkte aus der palästinischen) ,Märtyrer‘. Zusammengefaßt als Anhänge der Kirchengeschichte.
,Lobrede‘ auf sie (d. h. dem Wortlaut nach die palästinischen Märtyrer; über das Mißverständnis s. o. S. 1408f.). ,Rede über Regenmangel‘ (περὶ ἀνομβρίας), völlig verloren.
,Apologie des Origenes‘.

Beachtenswert ist, daß die Syrer die Theophanie für einen Ersatz der großen Werke, der Praeparatio und Demonstratio, angesehen und sich noch für die Apologie des Origenes interessiert haben.
[Schwartz.]
Anmerkungen (Wikisource)

Dieser Artikel wurde wieder abgedruckt in:

Eduard Schwartz, Griechische Geschichtsschreiber, hrsg. von d. Komm. für Spätantike Religionsgeschichte bei d. Dt. Akad. d. Wiss. zu Berlin, Leipzig (Koehler & Amelang), ²1959, S. 495–598.

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