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Lykurgische Reformen beschreiben die angeblich zwischen 650 v. Chr. und 550 v. Chr. von Lykurg (eine historische Persönlichkeit oder sogar eine Fiktion?) erlassenen Gesetze im antiken Sparta.
Sage
Der Sage nach bereiste Lykurg das griechische Umland und lernte zahlreiche andere Gesetze kennen, aus denen er neue Gesetze für seinen Heimatstaat Sparta schuf. Er stellte die Gesetze mit der Bedingung auf, sie nicht zu ändern, bis er von seiner nächsten Reise zurückgekehrt sei, kehrte aber von dieser Reise nie zurück. Deswegen (und wegen der starken Selbsterhaltungskraft der Gesetze) wurden sie im antiken Sparta nicht verändert, sondern (bereits im Niedergang der Stadt) komplett verworfen.
Der Mythos Lykurg wurde vor allem geschaffen, um eine Erklärungsgrundlage für die tatsächlich einmalige Verwandlung des spartanischen Staates zu schaffen.
Historische Hintergründe
Sparta hatte in den zwei messenischen Kriegen 753-715 v. Chr. Lakonien (das Umland) und 650-620 v. Chr. Messenien (den Nachbarstaat im Westen) die Kontrolle über fremde Stämme erlangt und lebte in ständiger Angst vor deren Erhebung. Hinzu kam, dass die soziale Ordnung durch Erbteilung gefährdet war und große Städte (allen voran Athen) einen enormen Einfluß in Griechenland ausübten.
Inhalt der Gesetze
Soziale Ordnung
Die Gesetzessammlung ist freilich so, wie sie bestand, nicht auf einmal angeordnet, sondern allmählich entstanden. Sie stellte den inneren Frieden her und begründete eine neue Staatsordnung auf der Vorherrschaft und strengen Organisation der dorischen Herrenbevölkerung, der Spartiaten. Diese wurden in der Mitte des Landes vereinigt und 4.500 (später 9.000) gleiche Ackerlose unter sie verteilt, über welche sie weder durch Kauf oder Verkauf, noch durch Schenkung oder Testament frei verfügen durften. Sinn dieser Aufteilung war die Verhinderung einer neuen Besitzkonzentration und eine neue Armut.
Sie waren in die drei Phylen der Hylleer, Pamphyler und Dymanen, diese wieder in zehn Oben geteilt und an Rang und Rechten einander gleich. Außer den Spartiaten gab es noch zwei untergeordnete Klassen der Bevölkerung, Periöken und Heloten.
Die Periöken (gr. Umwohner, aus den umliegenden Gebieten) waren persönlich frei, aber ohne Anteil am Stimmrecht in der Volksversammlung und an den Ehrenrechten, leisteten Zins an den Staat und wurden mit den Spartiaten zur Verteidigung des Vaterlandes aufgeboten.
Die Heloten waren Leibeigene des Staats und wurden hauptsächlich dazu verwandt, die Ländereien der Spartiaten zu bebauen und letztere im Krieg als Leichtbewaffnete zu begleiten. Zur Zeit der Blüte Spartas zählte man an Einwohnern ungefähr 40.000 Spartiaten, 120.000 Periöken und 200.000 Heloten.
Rechtsordnung
Die Verfassung war eine aristokratische. An der Spitze des Staats standen die zwei Könige. Ihnen zur Seite stand der Rat der Alten, die Gerusia, mit Einschuss der beiden Könige, die aber nur je eine Stimme hatten, aus 30 Mitgliedern, den Ältesten der Oben, bestehend.
Die Volksversammlung (Apella) hatte nur die Anträge des Rats der Alten (später auch der Ephoren) entweder anzunehmen oder zu verwerfen, nicht aber selbst Anträge zu stellen.
Die Könige gelangten nach Erbrecht und Erstgeburt zur Regierung. Durch Wohnung, Ländereien, ihnen zukommende Lieferungen von Opfervieh und Beute etc. vor allen anderen Bürgern ausgezeichnet, waren sie Oberpriester, Feldherren und Richter. Aber ihre Macht, in älterer Zeit nicht genau begrenzt, war späterhin, namentlich nach dem Aufkommen der Ephoren seit den Messenischen Kriegen, sehr beschränkt.
Isolation
Möglichste Gleichheit der Bürger, kriegerische Tüchtigkeit und ausschließliches Interesse derselben für des Staats Macht und Ruhm hervorzubringen, war der Zweck der Lykurgischen Gesetzgebung. Der Spartiate gehörte nicht sich, sondern dem Staat an; daher war das Leben ein fast durchaus öffentliches: Jagden, Leibesübungen, Teilnahme an den Volksversammlungen, an Opfern und feierlichen Chören, Zuschauen bei den gymnastischen Spielen der Jugend und dergleichen füllten, wenn nicht Krieg war, die Zeit des Tags aus. Gewerbe und Künste, Schifffahrt und Handel zu treiben, galt eines Spartiaten für unwürdig. Bereicherung durch Handel war durch das Gesetz, bloß eiserner Münzen sich zu bedienen, ausgeschlossen. Diese Münzen waren angeblich so schwer und so häßlich, dass kein Kaufmann viele von ihnen zu tragen vermochte oder wollte. Der weitaus wichtigere Effekt des Handelsverbotes war die stärkere Isolation Spartas, die daraus resultierte.
Damit nicht von außen Gefährliches sich einschleiche, durfte kein Spartaner ohne ausdrückliche Erlaubnis ins Ausland reisen. Dies war neben Feigheit im Kampfe als Infragestellen der lebenserhaltenden Ordnung das höchste Verbrechen und wurde mit dem Tode bestraft. Fremde wurden nur eingelassen, wenn sie mit den Behörden zu verhandeln hatten, und durften nicht länger als nötig verweilen.
Kontrolle über den Alltag
Der Staat wachte über Einfachheit in dem Bau und der Einrichtung der Häuser, über die Kleidung, über die Zucht der Frauen, selbst über die Musik. Sinn der Bestimmung war, die Bevölkerung auf das Überleben fokussiert zu halten und eine Verweichlichung zu verhindern. So durfen die Haustüren, die als Statussymbol gerne repräsentativ geschmückt wurden, fortan nur noch mit Äxten hergestellt werden. Im Laufe der Zeit lernten die Spartiaten jedoch, diese Vorschriften auszuhöhlen und sammelten beispielsweise hinter einer primitiven Haustür ihre Schätze an.
Auch die Erziehung war durchaus Sache des Staats, öffentlich und gemeinschaftlich und bildete ein künstlich gegliedertes System; ihr vorherrschender Zweck war körperliche Kräftigung und Abhärtung, selbst bei der weiblichen Jugend, und Gewöhnung an streng militärischen Gehorsam. Durch Übung in der Kürze des Ausdrucks (Lakonismus) gewann der junge Spartiate jene Intensität und Sammlung des Geistes, jene gedrungene und kernige Persönlichkeit, die ihn auszeichnete; durch Erlernung dorischer Nationallieder wurde Begeisterung für das Vaterland geweckt.
Die Männer (immer je 15) mussten sich, um jeden Luxus im Essen zu verhindern, zu gemeinsamen einfachen Mahlzeiten (Pheiditien oder Syssitien) vereinigen. Die Ehe war geboten, und es fand öffentliche Anklage statt gegen die, welche gar nicht, spät oder unpassend sich verehelichten. Eine kinderlose Ehe wurde gar nicht als solche angesehen, sondern ihre Auflösung vom Staat verlangt.
Missgestaltete und schwächliche Kinder wurden, nachdem sie den Ältesten des Geschlechts vorgezeigt worden waren, in den Schluchten des Taygetos ausgesetzt, das heißt als Periökenkinder erzogen, während Kinder von Periöken und Heloten, wenn sie spartiatische Erziehung genossen und von einem Spartiaten adoptiert waren, mit Erlaubnis der Könige in die Doriergemeinde aufgenommen werden konnten; dieselben hießen Mothaken.
Heiratspolitik war ebenfalls geregelt, obwohl die Literatur sich in dieser Frage nicht einig ist. Teilweise scheinen die Eltern die Ehen für die Kinder besiegelt zu haben, teilweise wurden die Bräute in an Kampfspielen anlehnenden Traditionen "geraubt". Andere sprechen sogar von dunklen Zimmern, in denen sich eine große Schar von Heiratswilligen aufhielt und, von Identität und Hintergedanken befreit, rein aufgrund der Physis zueinander fand. Die Heirat von Halbgeschwistern war erlaubt.
Siehe auch
Antikes Griechenland
Biographien, Griechische Mythologie , Kriegführung, Kunst, Architektur, Wissenschaft, Philosophie, Literatur, Sport, Leben, Geschichte, Index, Bilder/Zeichnungen Griechenland im Mittelalter Byzanz, Biographien, Kunst, Literatur, Orthodoxie, Byzantinische Armee, Geschichte, Index Griechenland in der Neuzeit Geographie, Inseln, Städte, Kunst, Musik, Biographien, Film, Sport, Wissenschaft, Literatur, Geschichte, --- Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft Hellenica Bibliothek - Scientific Library Index Griechisch: Αλφαβητικός κατάλογος |
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