Urgulania war eine einflussreiche Römerin während der Regierungszeit der Kaiser Augustus und Tiberius. Sie war Mutter von Marcus Plautius Silvanus, dem Konsul des Jahres 2 v. Chr., und Großmutter von Marcus Plautius Silvanus (Prätor 24 n. Chr.), Publius Plautius Pulcher (Konsul 31 n. Chr.) sowie von Plautia Urgulanilla, der ersten Gattin des späteren Kaisers Claudius.
Durch ihre enge Freundschaft mit Livia, der Ehefrau des Augustus und Mutter des Tiberius, genoss sie hohes Ansehen und besaß vermutlich großen politischen Einfluss. Der Nachwelt ist sie besonders durch zwei vom Historiker Tacitus berichtete, bemerkenswerte Handlungen bekannt, nämlich ihrer Weigerung, einer Vorladung vor ein Senatsgericht Folge zu leisten (16 n. Chr.), sowie durch die Aufforderung an ihren Enkel Plautius Silvanus, sich nach dem Mord an seiner Ehefrau umzubringen (24 n. Chr.).
Im Jahre 16 n. Chr. wurde Urgulania von Lucius Calpurnius Piso aufgrund eines in den Quellen nicht näher genannten Vergehens angeklagt (Tacitus, Annalen 2.34.2-2). Sie weigerte sich jedoch, vor Gericht zum Verhör zu erscheinen, und begab sich stattdessen in den Kaiserpalast, wo sie sich unter den Schutz Livias stellte, die sich von der Anklage gegen ihre Freundin persönlich beleidigt fühlte und darin einen politisch motivierten Angriff auf ihre eigene Person sah. Der Ankläger Piso drohte darauf hin, Urgulania gewaltsam aus dem Palast holen zu lassen (Tacitus, Annalen 4.21.1), was den Kaiser Tiberius in schwere Bedrängnis brachte, da er weder offen den Rechtsbruch seiner Mutter unterstützen noch zulassen konnte, dass sie durch die zweifellos legale Verhaftung ihrer Freundin gedemütigt wurde.
Man einigte sich schließlich auf den Kompromiss, dass Urgulania vom zuständigen Prätor zu Hause bzw. in Livias Gemächern verhört wurde, und dass Tiberius die von Piso für ihr Vergehen geforderte Geldstrafe bezahlte. Urgulanias Weigerung, vor Gericht zu erscheinen, erregte bei den Zeitgenossen große Empörung, da sie sich damit ein Vorrecht angemaßt hatte, das nicht einmal den in dieser Hinsicht privilegierten Vestalinnen zugestanden worden wäre (Tacitus, Annalen 2.34.4: „Der Prätor wurde zu Urgulania geschickt, um sie zu Hause zu verhören, obwohl doch nach althergebrachtem Brauch selbst die vestalischen Jungfrauen öffentlich vor Gericht auszusagen haben, wenn eine Aussage von ihnen verlangt wird“).
Ein zweites Mal nutzte Urgulania ihren Einfluss, als im Jahre 24 n. Chr. ihr Enkel Plautius Silvanus seine Frau Apronia ermordete (Tacitus, Annalen 4.22). Nachdem in einer von Tiberius persönlich geleiteten Untersuchung die Schuld des Silvanus erwiesen war, sandte Urgulania ihm einen Dolch, den er als Aufforderung zum Selbstmord verstand, da ein solcher Hinweis seiner Großmutter aufgrund ihrer Freundschaft zur Kaiserinmutter „wie ein Befehl des Kaisers“ (Tacitus, Annalen 4.22.2) zu verstehen sei.
Literatur
- R. Hanslik: „Urgulania“. In: RE Suppl. IX, Sp. 1868-1869. Stuttgart 1962.
- F.R.D. Goodyear: The Annals of Tacitus. Books 1-6. Vol. II: Annals 1.55-81 and Annals 2 (Cambridge Classical Texts and Commentaries). Cambridge 1981. S. 293-295.
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