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Publius Petronius (* wohl vor 24 v. Chr.; † vermutlich 46 n. Chr.) war ein römischer Senator der frühen Kaiserzeit und Suffektkonsul des Jahres 19 n. Chr

Familie

Publius Petronius war Sohn des Münzmeisters (IIIvir) Publius Petronius Turpilianus[1] und wohl Enkel des Praefectus Aegypti Publius (nicht „Gaius“) Petronius. Die Besitzungen in Ägypten[2]. lassen vermuten, dass C. Petronius, der Suffektkonsul des Jahres 25, sein (jüngerer) Bruder war.

Publius Petronius war verheiratet mit Plautia, Tochter des Aulus Plautius (Konsul des Jahres 1 v. Chr.)[3]. Kinder dieses Paares waren vermutlich:

Titus Petronius, bekannt als „Arbiter“ (* ca. 14, † 66)

Petronia, Gattin des Aulus Vitellius

Aufstieg

In Jahr 7 n. Chr., also im Alter von etwa 33 Jahren, wurde Petronius durch Kooptation zum Augur cooptatus gewählt[4] als Nachfolger des durch Selbstmord dahingeschiedenen Lucius Sempronius Atratinus. Da die Auguren zu allen wichtigen Entscheidungen (Kriege, Priesterweihen, auch Wahlen) zugezogen werden mussten, war das auf Lebenszeit verliehene Amt zugleich mit großem politischen Einfluss verbunden. Das Kollegium der Auguren war nach dem Pontifikalkollegium (mit Oberpriester, Flamines und Vestalinnen) das zweitwichtigste Priesterkollegium Roms und stand in der Rangordnung noch über dem Fünfzehnmännergremium, das mit der Befragung der sibyllinischen Bücher betraut war. Petronius war also in alle wesentlichen Entscheidungen Roms (Nachfolge des Augustus, Ernennung Seians, die Kriege des Germanicus etc.) eingebunden.

Ab 1. Juli 19 war Publius Petronius Suffektkonsul, zusammen mit M. Iunius Silanus.[5] Nach den beiden Konsuln ist ein während ihrer Amtszeit erlassenes Gesetz benannt, die lex Iunia Petronia, die festlegte, dass bei Entscheidungen über die Frage, ob eine Person Sklave sei oder nicht, Stimmengleichheit für die Freiheit genügte. Wichtige Ereignisse in der Amtszeit des Petronius als Konsul waren der Tod des Germanicus in Antiochia und die Ausweisung der Juden und der Isis-Anhänger aus Rom durch Tiberius[6].

Wegen eines im Hause des Petronius von Clutorius Priscus vorgetragenen Gedichts auf den Tod eines noch lebenden Kaisersohnes wurde im Jahr 21 die gesamte Familie des Petronius verhört, die Sklaven unter Folter zur Aussage gebracht. Allein Vitellia, die Schwiegermutter des Publius, bestritt, überhaupt etwas gehört zu haben. Priscus wurde hingerichtet.

Von 29 bis 35 war Publius Petronius Proconsul der Provinz Asia, was diverse Münzen aus Pergamon und Smyrna sowie eine in Ephesos gefundene Inschrift[7] aus dem Jahr 31 belegen. P. Petronius „gehörte also zu den Senatoren, die Tiberius weit über das übliche Maß in einem Amt beließ“.[8]

36 war Petronius Mitglied des hochgestellten Kollegiums zur Schätzung der Brandschäden nach einem Stadtbrand in Rom.[9] Auch das Haus des Claudius war abgebrannt und musste taxiert werden.[10]

Statthalter von Syrien

Von 39 bis 43 war Petronius Nachfolger des Lucius Vitellius als Statthalter der Provinz Syrien. Als Caligula befahl, seine Statue im Tempel von Jerusalem aufzustellen, verzögerte Petronius das Vorhaben. Caligulas Befehl zum Selbstmord erreichte Petronius aber erst nach der Nachricht vom Tode des Kaisers.[11]

Während seiner Tätigkeit in Syrien kam Petronius mit vielen hochgestellten jüdischen Persönlichkeiten in Kontakt. Mit König Agrippa I. (im Neuen Testament lediglich als Mörder des Jakobus und Christenverfolger erwähnt[12]) war er sogar eng befreundet. Gerühmt wurde seine Weisheit und Milde. Philo von Alexandria nennt Petronius „genauso gütig wie kultiviert“[13]. Auch das bei Josephus überlieferte Edikt des Jahres 42 spiegelt die religiöse Toleranz des Statthalters. In der Synagoge von Dora hatten „einige übermütige junge Leute, denen nichts heilig war“, eine Bildsäule des Kaisers aufgestellt, vermutlich um dadurch einen Aufruhr zu erregen. Auf die Intervention des Königs Agrippa hin zog Petronius die Schuldigen zur Verantwortung und schrieb den Doritern: „Für die Zukunft bestimme ich daher ausdrücklich, dass ihr jeden Anlass zu Unruhen und Streitigkeiten zu vermeiden habt und jedem die Freiheit lasst, nach seiner eigenen Überzeugung Gott zu verehren.“[14] Es ist daher vielleicht kein Zufall, dass sich während der religiös toleranten Amtszeit des Petronius im syrischen Antiochia die erste heidenchristliche Gemeinde entwickeln konnte[15].

Tod

Nach seiner Ablösung in Judäa im Mai 43 ist nichts Verbürgtes mehr über Publius Petronius überliefert.

Möglicherweise wollte Claudius seinem Freund Petronius noch einmal die besondere Ehre des Konsulats zuteil werden lassen, als Rom im Jahr 47 seine 800-Jahrfeier vollzog.[16] Aber Publius Petronius war vermutlich schon Ende 46 im Alter von ungefähr 70 Jahren eines natürlichen Todes gestorben.[17]

Dass Publius Petronius zu den engsten Freunden des Claudius gehörte, wird durch Seneca bestätigt, der im Jahre 54 den toten Petronius als alten Zechkumpan des Claudius verspottete.[18] Die Verbindung mit dem Kaiser dürfte tatsächlich eng und herzlich gewesen sein, zumal Claudius nicht nur selbst seit dem Jahre 9 zum Kollegium der Auguren gehörte, sondern auch ein Spielkamerad von Petronius’ Freund Agrippa gewesen war, als dieser in Rom erzogen wurde. Auch gemeinsame literarische Interessen von Petronius und Claudius werden durch Senecas Satire bezeugt.

Literatur

Adolf Lippold: Petronius, Nr. I, 2. In: Der Kleine Pauly 4 (1972), Sp. 672.

RE XIX.1 Sp. 1199–1201.

Anmerkungen

↑ Prosopographia Imperii Romani (PIR) III 26).

↑ Der Papyrus Rylands II 127, 4-5 aus dem Jahr 29 nennt Ποπλίου καί Γαίου Πετρωνίων im arsinoitischen Gau, was zumeist als Beleg für Besitzungen der beiden Brüder genommen wird. Unter Claudius (BGU II 650) und Nero (unveröff. Pap.) war die Πετρωνίανή ούσία offenbar kaiserlicher Besitz: Roger S. Bagnall: Publius Petronius, Augustan Prefect of Egypt. In: Naphtali Lewis (Hrsg.): Papyrology (Yale Classical Studies, 28) (1985) S. 91–92.) .

↑ Bagnall, S. 90–91.

↑ CIL VI 1976, 8.

↑ Fasti Ostienses C 19.

↑ Flavius Josephus, Jüdische Altertümer 18, 3, 4; Tacitus, Annalen 2, 85; Sueton, Tiberius 36; Cassius Dio 57.

↑ Helmut Engelmann u. a. (Hrsg.): Die Inschriften von Ephesos. Teil 3, Habelt, Bonn 1980 (= Inschriften Griechischer Städte aus Kleinasien, Bd. 13), Nr. 705.

↑ Werner Eck, in: Der Neue Pauly, Bd. 9, Sp. 671 mit Verweis auf Thomas Corsten, Die Amtszeit des proconsul Asiae P. Petronius, in: Epigraphica Anatolica 31 (1998) S. 94ff.

↑ Tacitus, Annalen 6, 51.

↑ Sueton, Claudius 6.

↑ Philo Alex. leg. ad Gaium 576 M ff Josephus ant. 18,8, bell. 2,186ff

↑ Apg. 12,2.

↑ legatio ad Gaium 582.

↑ Flavius Josephus, Jüdische Altertümer 19, 6, 3.

↑ Apg. 11, 19ff.

↑ Sueton erwähnt ausdrücklich, dass Claudius im Jahre 47 das Konsulat eines im Jahr zuvor verstorbenen designierten Konsuls übernahm, „was noch bei keinem Kaiser vorgekommen war“ Sueton, Claudius 14.

↑ Die Annalen des Tacitus setzen erst Anfang 47 wieder ein und erwähnen seinen Tod nicht. Cassius Dio berichtet für das Jahr 46, dass die Ehre eines öffentlichen Begräbnisses samt öffentlicher Lobrede damals „vielen“ zuteil wurde. Man darf daher vielleicht annehmen, dass der Kaiser auch dem Publius Petronius in diesem Jahr ein ehrenvolles Begräbnis ausgerichtet haben wird. Dass Petronius eines natürlichen Todes starb, ergibt sich aus Senecas Apokolokynthosis, wo er einer der wenigen Senatoren ist, die nicht von Claudius hingerichtet wurden.

↑ vetus convictor Claudii, Seneca Apocolocynthosis 14, 1f.

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