3) T. I. Arsakes II., König von Parthien: 248/47-211/10: Synkell. p. 539 Bonn. Nach der offiziellen parthischen Tradition war er der Bruder des Reichsgründers Arsakes I.; doch scheint dieser nur eine halb mythische Figur zu sein, wenn er auch auf den Münzen des T. erscheint (Wroth Catal. of Gr. Coins Parthia 1f. v. Gutschmid 30. Tarn Cambr. Anc. Hist. IX 575. Ed. Meyer o. Bd. II S. 1269f.). Iustin. XLI 4, 6ff. nennt nur T. Ebenso mythisch ist die Anknüpfung der Brüder an die Achaimeniden, und zwar an Artaxerxes II.; auch die Verunglimpfung des T. durch den syrischen Satrapen (Eparchen) Pherekles (oder Agathokles) als Ursache der Erhebung der beiden Brüder dürfte kaum den Tatsachen [1438] entspreohen: Arrian. Parth. I 2 (Roos p. 224ff.). Synkell. p. 539 Bonn. Ammian. Marc. XXIII 6, 2f. Zonar. I 18.— Als Zeitpunkt des Abfalls von den Seleukiden wird von Euseb. chron. I 207 (vgl. G. Smith Assyrian Discoveries 389. v. Gutschmid 30) 248/47 angegeben, was mit dem Regierungsantritt des T. zusammenfallen würde; demgegenüber bietet Euseb. chron. II 120: 250/49, und dies würde mit Iustins (XLI 4, 3) Angabe, der Abfall sei unter dem Consulat des L. Manlius Vulso und C. Atilius Regulus (so las Droysen 364 statt M. Afilius), also im J. 250, erfolgt, übereinstimmen. Hier ist offenbar bereits nach der späteren arsakidischen Tradition vor 248 die zweijährige Regierung (Arrian. a. O. Synkell. a. O.) des angeblichen Gründers Arsakes vorgesetzt worden.
Nach Iustin (XLI 4, 7) war T., den er allein als Arsaces anführt, incertae originis und war gewohnt, vom Raube zu leben, nach Strab. XI 515 ἀνὴρ Σκύθης, der τῶν Δaῶν τινaς ἔχων τοὺς Πάρνους καλουμένους νομάδας κτλ. in Parthyaia eintrat. An derselben Stelle erwähnt er aber auch eine zweite Tradition, die in Arsakes einen Βaκτριανόν sah; er sei vor Diodotos geflüchtet. Danach ist klar, daß T. (und sein mythischer Bruder) den arischen Reitervölkern der Wüste angehörte und daß er diese verließ, als Diodotos dort sein Reich aufrichtete, vielleicht, wie Droysen 359 vermutete, weil die baktrischen Grenzen seitdem schärfer bewacht wurden. Die offizielle Tradition wußte allerdings besondere Gründe, worauf schon oben hingewiesen wurde; ganz verkehrt ist die Behauptung des Synkellos a. O., daß die Brüder Satrapen von Baktrien gewesen seien ἐπὶ Ἀγαθοκλέους Μaκεδόνος ἐπάρχου, schon aus dem Grunde, weil der Eparch stets unter dem Satrapen steht. Wenn nun Iustin. XLI 4, 4 (vgl. 5, 1) in übereinstimmung mit Appian. Syr. 65 den Beginn der parthischen Erhebung in die Zeiten des Bruderkrieges zwischen Seleukos Kallinikos und Antiochos Hierax setzt, also um 235, so steht dies zunächst mit dem oben festgestellten Datum (248/47) in Widerspruch. v. Gutschmid 31 hat diesen Widerspruch damit erklärt, daß die Wiege des parthischen Reiches nicht, wie es nach unseren Quellen erscheint, Parthien, sondern nach Isidor v. Charax (GGM I 251) Astauene an der Grenze Parthiens war (vgl. Beloch GG IV 1, 670, 3. Sieglin Atl. ant. X). Von hier ist T. auf die Nachricht von der Niederlage des Seleukos bei Ankyra [c. 234] [1] in die Satrapie Parthien eingefallen und hat den syrischen Satrapen Andragoras (über ihn Droysen 360, 2) besiegt: Iustin. XLI 4, 7 Strab. XI 515. Bald darauf eroberte er Hyrkanien; sein Hauptaugenmerk war auf die Bildung eines starken Heeres gerichtet, da er von Seleukos und Diodotos von Baktrien Angriffe zu fürchten hatte. Als dann Diodotos starb und ihm sein Sohn Diodotos II. folgte, schloß T. mit diesem ein Bündnis und war nun auf dieser Seite gesichert. Über Seleukos, der in die oberen Satrapien kam, um die abgefallenen Gebiete wieder zu unterwerfen, soll T. einen Sieg [1439] davongetragen haben, den die Parther später als Beginn ihrer Freiheit feierten: Iustin. XLI 4, 9f. Ammian. Marc. XXIII 6, 3. Demgegenüber erfahren wir von Strab. XI 513, daß T. vor Kallinikos zu den Apasiaken geflohen sei; vgl. Agatharch. FGrH 86 F 20 (nach Beloch um 230). Als Seleukos durch die von Stratonike, der Gemahlin Demetrios’ II. von Makedonien, erregten Unruhen zurückgerufen wurde, gelang es offenbar T., sein Reich zurückzugewinnen und seine Herrschaft zu festigen. Er gründete in der Landschaft Apavortene die Stadt Dara (bei Plin. n. h. VI 46 Dareium), in einer Gegend, deren Fruchtbarkeit und zugleich natürliche Sicherheit gerühmt werden: Iustin. XLI 5, 1-4. Tomaschek o. Bd. IV S. 2150. Sein Reich umfaßte bei seinem Tode die ganze seleukidische Satrapie Parthien mit Hyrkanien. Gegen Ende seiner Regierung nahm T. nach Ausweis seiner Münzen den Titel Βασιλευς an (βασιλεως Ἀρσακου): Wroth Catal. of Gr. coins Parthia XIX u. S. 1f. Head HN² 818. Da Trogus (Iustin) ihn Arsakes nennt, ohne des angeblichen Gründers zu gedenken und (Iustin. XLI 5, 6) sagt, daß die Parther sein Andenken in hohen Ehren hielten und nach ihm die Könige sich den Namen Arsakes beilegten, unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß er der Begründer des Partherreiches war. Er hatte es verstanden, die Notlage des Seleukos infolge des Bruderkrieges zwischen ihm und Antiochos Hierax auszunutzen, und der Wunsch des baktrischen Fürsten, gegen die Seleukiden einen Rückhalt an dem Parther zu haben, wie die Unruhen in Syrien (Stratonike) haben ihm den Ausbau der neuen Herrschaft gestattet. — Literatur: Rawlinson The Sixth Great Oriental Monarchy, Lond. 1873, 45ff. v. Gutschmid Gesch. Irans, Tüb. 1888, 30ff. Droysen Hellenismus III 1², 357ff. Niese Griech. u. mak. Staaten II 164ff. Beloch GG IV 1, 670. 683ff. Tarn Cambr. Anc. Hist. IX 575ff. Bevan The House of Seleucus I 283ff. Bouché-Leclercq Hist. des Séleucides I 86ff.
[Fritz Geyer.]
Ich schließe mich hier an die Chronologie Belochs an; v. Gutschmid und Niese setzen die Ereignisse etwa 6-8 Jahre früher an.
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