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Reh. Das R. kommt in der antiken, besonders der griechischen Literatur recht stiefmütterlich fort. Für seine Anmut, für den unvergleichlichen Reiz, den es einem Raine zwischen Wald und Feld aufdrückt, scheinen die Dichter des Altertums kein Auge gehabt zu haben. Denn daß es nicht selten war, steht fest, Hist. aug. Aurelian. X 2; doch der Erwähnungen selbst bei den gelehrten Schriftstellern sind so wenige, daß man z. B. bei Aristoteles nicht einmal mit völliger Sicherheit sagen kann, ob er unser Tier mit δορκάς, ἱππέλαφος oder πρόξ bezeichnet hat. Ursprünglich hieß das R. doch wohl sicher πρόξ. Denn daß Hom. Od. XVII 295 die Gazelle meint, ist unmöglich, da des Odysseus Hund auf Ithaka und dem benachbarten Festlande solche Huftiere nicht zu jagen vermochte; auch scheint mir nicht annehmbar, den Damhirsch darunter zu verstehen. Später ist dann allerdings vielleicht δορκάς der Name des R. gewesen; doch gibt es auch hier keine Stelle, die unbedingt auf Cervus capreolus bezogen werden müßte. Völlig verfehlt scheint mir daher die Meinung Sundevalls Die Tierarten des Aristoteles (Stockholm 1863) 67, auch bei diesem sei δορκάς das R. Es ist vielmehr die Gazelle (Antilope dorcas, s. den Art. Bd. VII S. 889) und ἱππέλαφος der Damhirsch (Antilope picta). Hebräisch צְבִי Deuter. XII 15. Jes. XIII 14 ist ebenfalls die Gazelle, עֹפֶּר Cant. cant. II 9. IV 5 dagegen Vielleicht das R. Im Lateinischen kommt dies viel öfter vor und heißt caprea (a similitudine caprae, [513] Varro de l. l. V 101; männlich selten capreus, Prisc. gramm. II 112, 16, häufiger capreolus).
Das R. hat weder Galle noch Fibrin, und daher gerinnt sein Blut nicht, Arist. hist. an. II 2 p. 506 a 22. Plin. n. h. XI 191. 222. Seine Losung hat einen angenehmen Geruch, Alex. Aphr. probl. I 29. Es ist außerordentlich scheu (Aelian. hist. an. VII 19. Agathias Anth. Pal. V 292. Hor. epod. XII 26. Ovid. met. I 442) und schnellfüßig (Opp. cyn. I 165. II 12. 315. III 480. Hieron. in Jer. II 24). Horat c. III 15, 12 nennt es auch lasciva. Es schließt Freundschaft mit Steinhühnern (Opp. cyn. II 318ff. 428) und bedient sich desselben Heilmittels gegen Wunden wie diese, nämlich der Dikamnusblätter, Val. Max. I 8. Seine Feinde sind alle größeren Raubtiere, vor allem der Löwe, Ammian. Marc. XXIX 4, 7. Verg. Aen. X 724. Horat. c. IV 4, 13; auch der Wolf, I 33, 8. Neben dem Hasen wird es am meisten gejagt, Iuven. XIV 81. Sil. Ital. X 19; aber auch zahm gehalten, Varro r. r. III 3, 3. 12, 1; mit Kaninchen zusammen, Colum. IX praef. Die Römer der Kaiserzeit sättigten ihre Gier, Blut fließen zu sehen, auch am Anblicke der in der Arena von wilden Tieren zerfleischten R., Ovid. fast. V 372. Daß R. in Afrika nicht vorkommen, hebt Plin. n. h. VIII 228 ausdrücklich hervor; dagegen sollen sie in der Landschaft Gazelonitis an der Mündung des Halys (sonst nicht in Kleinasien) gelebt haben, Strab. XII 546f. - Ambros. in ps. 118 serm. VI 12 vergleicht Jesum zweimal mit einem R.
Das Fleisch, griechisch συαγρία genannt (Gloss. III 576, 40), galt bei den Römern für sehr wohlschmeckend; es kam sogar bei Hochzeiten auf den Tisch, Auson. 352, 2. Wenn die R. auf Weinbergen geäst hatten, genoß man freilich ihr Wildbret nicht, Horat. sat, II 4, 43. Vgl. noch Iuven. XI 142 und Anthim. 7. Die Ärzte hielten R.-Braten für nahrhaft (Cels. II 18) und stopfend (30). Plac. med. 4 lobt fast alle Eingeweide als Heilmittel. Scribon. Larg. 127 empfiehlt den Kot gegen Gelbsucht, Wildfleisch überhaupt Cael. Aurel. morb. chron. I 1, 23 bei Kopfschmerz, IV 3, 70 bei Milchruhr. Die Haut verwandte man zur Zauberei, um sich Leute geneigt zu machen; Genaueres bei Plin. n. h. XXIX 67. Drei verschieden angerichtete R.-Suppen beschreibt Apic. VIII 343-351.
[Gossen.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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