ART

Rätsel.

A. Das Wesen des Rätsels.

I. Ansichten über das Wesen des Rätsels.
II. Arten des Rätsels.
III. Dem Rätsel Verwandtes.
IV. Stellung des Rätsels zur Rahmenerzählung.
V. Bräuche beim Aufgeben und Lösen von Rätseln.

B. Die Rätselüberlieferung.

I. Das Rätsel bei den arischen Völkern.

1. Die Inder.
2. Die Iranier.
3. Die Hellenen.

a.) Bezeichnung und Einteilung.
b) Überlieferung.

α) Rätsel im engeren Sinne.
1. In der älteren Literatur.
2. Im Drama.
a) Tragödie.
b) Komödie.
3. In der jüngeren Literatur.
β) Rätsel im weiteren Sinne.
1. Bilderrätsel.
2. Kenning und Weisheitsprobe.
3. Zahlen– und Buchstaben-Spiel.
4. Rechenfragen.
4. Die Römer und das lateinische Rätsel.
5. Die übrigen arischen Völker.

II. Das Rätsel bei den nichtarischen Völkern.

1. Die Semiten.
2. Die Kaukasier.
3. Die Altaier.
4. Völker anderer Erdteile.

Literatur: N. Reusner Aenigmatographia, Frankfurt 1599; Aenigmata 1602; Γριφολογία 1602. J. Lauterbach Aenigmata, Frankfurt 1601. M. Sachs Der christliche Zeitvertreiber oder Geistliches R.-Buch, Leipzig 1602/3 (2 Teile, biblische R.). C. F. Menestrier La philosophie des images énigmatiques où il est traité des énigmes, hieroglyphes‚ oracles, Lyon 1694. Bodenehrs Geistliche Herzenseinbildungen in 250 biblischen Figursprüchen ausgedeutet, Augsburg 1685 und 1720. Stellwag Allgemeine Lehre vom R., Jena 1740. J. F. Facius De aenigmate et gripho, 1789. Friedreich Geschichte des R., Dresden 1860. Ochmann Zur Kenntnis des Rebus, Oppeln 1861. F. Morawski De Graecorum poesi aenigmatica, Diss. Münster 1862. H. Ehlers Αἴνιγμα et γρῖφος, Dissert. inaug. Bonn 1867. Hagen Antike und mittelalterliche R.-Poesie (mit Benutzung noch nicht veröffentlichter Quellen aus den Handschriftenbibliotheken zu Bern [63] und Einsiedeln), Kiel 1869, zweite Ausgabe Bern 1877. Hoffmann Grundzüge einer Geschichte des Bilder–R., Berlin 1869. Delepierre Essai historique et bibliographique sur les rebus, London 1874. Haug Vedische R.–Fragen und R.-Sprüche (S.-Ber. Akad. Münch. II 457–517). A. Wünsche Die R.–Weisheit bei den Hebräern, Leipzig 1883. E. Schlieben De antiqua Germanorum poesi aenigmatica, Berlin 1886. K. Ohlert R. und Gesellschaftsspiele der alten Griechen, Berlin 1886. H. Wossidlo Mecklenburgische Volksüberlieferungen, Bd. I: R. (mit reichhaltigen Nachweisen weiterer Literatur und Vergleichsstoff aus anderen Sammlungen; vgl. Hayn Die deutsche R.-Literatur in Centralbl. f. Bibliothekswesen 1890 VII 516–556), Weimar 1897. R. Petsch Neue Beiträge zur Kenntnis des Volksrätsels, Palaestra IV, 1899. A. Bonus Rätsel, herausg. vom Kunstwart, 2 Bde. (I. Sammlung, II. Zur Biologie des Rätsels), München 1906/7. A. Conrady Einleitung zu A. M. Stenz Beiträge zur Volksk. Südschantungs (= Veröffentl. d. städt. Mus. f. Völkerk., Leipzig 1907 Heft 1). H. Lessmann Aufgaben und Ziele der vergl. Mythenforschung 1908 (= Myth. Bibl. I 4). G. Hüsing Die Iranische Überlieferung 1909 (= Myth. Bibl. II 2. S. 49–88 das R. der Sphinx, Märchen zum Sphinx-R., Nachträge dazu von H. Lessmann). F. Tupper The riddles of the Exeterbook, Boston 1910 (p. XI–LIII, CI–CVIII reiche Nachweise zur gesamten R.–Literatur). W. Schultz R. aus dem hellenischen Kulturkreise I: Die R.-Überlieferung, II: Erläuterungen zur R.–Überlieferung (= Myth. Bibl. 1909 III 1 und 1912 V 1). K. Ohlert R. und Gesellschaftsspiele der alten Griechen, zweite, umgearbeitete Auflage 1912. – Die beiden letzten Arbeiten zitiere ich im Folgenden stets mit Sch. und O².
A. Das Wesen des Rätsels.
I. Ansichten über das Wesen des Rätsels.

Die ältere Literatur, von deren Ansichten auch noch die Arbeiten von Bonus und die zweite Ausgabe von Ohlert beherrscht werden, betrachtet das R. als geistreichen Einfall eines witzigen Dichters oder als Erzeugnis der Phantasie des Volkes. Übereinstimmungen in verschiedenen Zeiten und Ländern erklärt sie aus der Gleichförmigkeit der Grundbedingungen, unter denen das Leben sich abspielt (O² VI). Aber in Fällen, wo sich Zusammenhänge ermitteln lassen, ist literargeschichtliche Betrachtung trotzdem bemüht, die Wanderung einzelner R. (vgl. z. B. O² 48 einen wichtigen Nachweis für Vergilius als Quelle der nr. 243 des Straßburger R.-Buches, herausg. von A. Butsch Straßburg 1876) festzustellen und volkstümliche Überlieferungen der neueren Völker auf vereinzelte Spuren in alter Literatur zu beziehen (vgl. z. B. O² 59f. und R. Köhler Kl. Schr. I 373 über das R. von der Tochter, die ihren Vater säugt). Als das Wesentlichste am R. gilt seine L. (Lösung), und Petsch empfiehlt, R. nach ihrem Inhalte, das heiße nach ihren Lösungen, zu ordnen, damit man überblicken könne, ,wie die Gegenstände vom lebendig schaffenden Geiste [64] des Volkes erfaßt und poetisch verarbeitet werden‘ (S. 150). Solcher Ansicht sind die Ergebnisse von K. Müllenhoff klassischem Aufsatze in der Ztschr. f. deutsche Mythologie (1885) III 124ff. 315ff. entgegen zu halten. Dort stellt Müllenhoff u. A. fest, daß das deutsche R. von der Kuh aus dem nordischen mit der L. Odin auf Sleipnir verkümmert ist (vgl. S. 85). Ähnlich zeigte Rochholtz Alemannisches Kinderlied und Kinderspiel aus der Schweiz nr. 279 (und Einleitung dazu), daß das deutsche R. von der Gans und vom Schiffe mit dem nordischen vom Brüten im Ochsenschädel eine Gruppe bilden. Das sind kennzeichnende Beispiele, wie nebensächlich die ü(berlieferte) L. ist und wie das Volks-R. mit dem alten Mythos zusammen hängt. Schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts standen also Ergebnisse bereit, welche das Anknüpfen weiterer Einsichten ermöglicht hätten, wenn nicht die Germanistik nach Grimms Tode andere Wege gegangen wäre. – Der Versuch, R. einer bestimmten Gruppe zusammen zu fassen, wurde von Wünsche (Das R. vom Jahre u. seinen Zeitabschnitten i. d. Weltlit. Ztschr. f. vgl. Lit.-Gesch. 1896 IX 425–456) und Gaidoz (Les divinettes de la météorologie, Melusine III) gemacht. Aber erst die große Sammlung Wossidlos rückte recht deutlich (freilich für Petsch u. a. noch nicht deutlich genug) vor Augen, daß die im Volke überlieferten Lösungen desselben R. oft unglaublich schwanken, daß leichte Änderungen genügen, um das R. neuen Lösungen anzupassen (Anpassung an neue Lösungen), die je geistreicher sie sind, desto mehr ein Vergessen des alten Sinnes bedeuten, daß die R. meist bloß aus ihrem eigentümlichen Inhalte (und nicht aus der häufig völlig fehlenden Frageform) als solche zu erkennen sind, endlich daß R. durchaus nicht immer eine L. im engeren Sinne des Wortes haben müssen, da ihnen vielmehr häufig nicht ein Gegenstand, sondern eine ganze Geschichte, ein Vorgang oder ein anschauliches Bild, zu Grunde liegen. Daher ordnete Wossidlo auch seine R. bereits nach Gruppen des zusammen Gehörenden (Rätsel-Gruppe), ohne jedoch hieraus irgend welche Folgerungen zu ziehen. Es bedeutete also im Wesen ein Anknüpfen an Müllenhoff und die ältere Grimmsche Richtung der Germanistik, als H. Lessmann eben an dem klassischen Beispiele des Kuh-R., des Spruches vom Eber, vom Englein an der Wand und der Mareienverse (S. 25ff.) wieder den Zusammenhang zwischen Volks-R. und Mythos betonte, außerdem auf die Verknüpfung des R. mit Tanz und Gesang in der alten Ballade hinwies und hervor hob, daß die R. stets eine falsche L. nahe legen und die richtige verdecken. Ein 60 anderer Einschlag kam von Seiten der Iranistik. G. Hüsing hat das hellenische Sphinx-R. aus der iranischen Überlieferung erklärt (s. S. 83ff.), zur ü. L. Mensch die richtige L. Mond (= Sphinx) nachgewiesen und durch seine ,Märchen zum Sphinx-R.‘ den Zusammenhang von R. und Mythos an einem Beispiele klar gemacht, das auch für Hellas um so wichtiger ist, als ein neugriechisches Sphinx-R. (s. S. 93) von Kronos [65] handelt. Sichere Stützen für die Verallgemeinerung solcher Einsichten ergaben sich aus dem nun zuströmenden weiteren Stoffe. Schon Lessmann hatte darauf hingewiesen, wie Edda und Awesta in der Katechismusform mancher ihrer Teile überein stimmen (S. 263); ein Vergleich mit den Weden konnte nicht umgangen werden. War hierdurch der Blick auch vor allem auf Indien, Iran, Hellas und die deutsche Überlieferung eingestellt, so war eben hiedurch doch auch zugleich klar, daß erst ein Überblick über die gesamte R.-Überlieferung aller Völker und Zeiten ein richtiges Urteil über Einzelfragen ermöglicht. Vorwiegend Ergebnisse solch vergleichender Betrachtung, mit besonderer Rücksicht auf das Mythische (S. 39–91) und Kultische (S. 92–128) im R., enthalten meine ,Erläuterungen zur R.-Überlieferung‘ (= Sch. II), in denen auch das Verhältnis volkstümlicher zu literarischer R.-Dichtung behandelt ist (S. 1–7) und die Grundsätze und Grundbegriffe vergleichender R.-Forschung (S. 8–11) entwickelt sind.
II. Arten des Rätsels.

Nach ihrer näheren oder entfernteren Beziehung zum Mythos lassen sich folgende Arten R. unterscheiden:

1. R., welche im Wesentlichen bloß der kurze, zusammenfassende Ausdruck einer mythenhaltigen Erzählung (der sog. Rahmenerzählung oder des R.-Märchens) oder eines Teiles derselben sind. Hierher gehören die in die Simson-Sage eingelegten R. (s. S. 124), die von Ungeboren (s. S. 101), oder vom Kochen in der verbotenen Kammer (s. S. 97).

2. R., welche aus einzelnen Strophen festlicher Gesänge entwickelt wurden (zerfielen), die eine deutende, zum Teile sogar dialogische Schilderung ritueller, in Anlehnung an Mythisches gestalteter Vorgänge, insbesondere der Feuer-Erzeugung und Rauschtrank-Gewinnung, bezweckten, und über deren Sinn kein Teilnehmer an diesen Veranstaltungen im Zweifel sein konnte, wenn sie bei der betreffenden Handlung gesungen wurden. Erst später, als mit der rituellen Übung auch dieses Verständnis abhanden kam, wurden sie zu R. und mußten es sich gefallen lassen, auf andere Gegenstände, jedoch meist noch unter Wahrung des ihnen ursprünglich schon eigenen geschlechtlichen Doppelsinnes bezogen, d. h. neuen, uneigentlichen Lösungen angepaßt zu werden. Als Beispiele sind die deutschen R. von Feuerbohren und Hochzeit (Sch. II 96–104) und die hellenischen von Mühle und Schmiede (s. S. 72) anzuführen.

3. R., welche bloß Teile der mythischen Scenerie oder mythische Personen (Götter) einzeln oder in ihrem Verhältnisse zu anderen Bestandteilen des Mythos bildhaft behandeln, z. B. die R. von den Symplegaden als Abschluß der magischen Flucht (nr. 69, vgl. Sch. II 42f.) oder im Allgemeinen als kosmische Einrichtung (vgl. Sch. II 41f.), oder von der Argo (nr. 68), Sch. II 39f.), vom kosmischen Hahne (nr. 80), von der Geburt aus dem Welten-Eie (nr. 67, vgl. Sch. II 56ff.), vom Weltenbaume (in sexueller Umdeutung nr. 75; vgl. über den Jahrbaum Sch. II 28f.), der im germanischen Norden das Reittier [66] des Ygg (Yggdrasil) heißt, von Odins Reittiere (vgl. Sch. II 62, 1), von den Gestalten der Thetis, der Chimaira (s. S. 90), der Sphinx (nr. 17), vom Himmelsvogel (s. S. 74), dem dreibeinigen Esel (s. S. 84), von Rašnus (s. S. 85) usw. In allen diesen Fällen ist Mythisches Gegenstand des R., das R. aber ohne Zusammenhang mit dem zugehörigen Mythos überliefert. Die Symplegaden oder der Weltenbaum können in sehr verschiedenen mythischen Zusammenhängen vorkommen, ebenso das Reittier oder der Reiter. R., welche solchen Gegenständen oder gar der Beschreibung von Mythenwesen (Sphinx, Chimaira, Thetis) oder Gottheiten (Wuotan, Frau Holle) gewidmet sind, betreffen zwar Mythisches, aber nicht mehr den Mythos. Vielmehr setzen sie schon entweder einen gewissen Zerfall des Mythos voraus, der es ermöglichte, daß überhaupt solche Einzelheiten als besondere Gegenstände der R.-Gestaltung hervor traten, oder stammen, wenigstens ihrer Präge nach, aus vormythischer Zeit, in der solch einzelne Anschauungen und Gedanken sich noch nicht zum Ganzen der umfangreicheren Handlung des Mythos zusammen geschlossen hatten.

4. R. vom Gegenstande der mythischen Anschauung, nämlich dem Monde und der von ihm abgelesenen Zeitrechnung. Wie die bisher besprochenen Arten von R. den Mythos und seine Scenerie zur Voraussetzung haben, so gehören zu dieser Art die dem Mythos nahe stehenden Erzählungen vom Monde (vgl. Sch. II 91).
III. Dem Rätsel Verwandtes.

Zahlreiche Überlieferungen, die auf den ersten Blick vom R. deutlich verschieden scheinen, lassen sich bei genauerer Untersuchung davon nicht mehr trennen und müssen mit behandelt werden, wenn es gilt, den R.-Stoff seinem Inhalte nach zu verarbeiten, weil sie bloß andere Darstellungsweisen dieses Inhaltes sind und häufig auch der äußeren Form nach kaum merklich in das R. übergehen. Dafür einige Beispiele:

1. Die Lüge. Bei F. J. Wiedemann Aus dem inneren und äußeren Leben der Ehsten, Petersburg 1876 steht S. 290 das R: Eine feurige Kutsche (var. Mühlstein) kommt am Berge herab, darauf sitxt ein Fußloser, ein Blinder, ein Nackter; ein Hase begegnet ihnen, der Blinde sieht ihn, der Fußlose fängt ihn, und der Nackte steckt ihn in den Busen, ü. L. untergehende Sonne, Nacht, Morgenröte, Mond. Eben dies ist sonst ein Lügenmärchen, das auch länger sein kann; z. B. bei J. Haltrich Deutsche Volksmärchen aus Siebenbürgen⁴, 211–215 (nr. 59). Dort streiten sie auch um den Besitz des Hasen und es obsiegt, wer mehr ,lügen‘ kann. Bei Afanassiew-Meyer Russ. Volksmärchen II 26 entführen der Ritter ohne Beine und der Ritter ohne Augen (zu denen noch I 168 ein Dritter gehört) auf einem Wägelchen statt eines Hasen ein Mädchen, und bei Campbell Gälische Märchen nr. 22 haben wir das R. vom Hasen, dem der Ritter das Fell nahm. Die L. ist das Mädchen, dem er den Mantel nahm. Der Hase, um den der Blinde, der Lahme und der Nackte streiten, ist also ihre Braut; aber die Frage, wer ein größeres Recht auf sie hat, gehört zur Paribanu-Erzählung und zur Begabung der [67] Pandora (s. S. 72). Auch in der Geschichte von Paribanu sitzen die drei Brüder auf einem wunderbaren Fahrzeuge und streiten um die Braut. – Andere Nachweise für den Zusammenhang von R. und Lüge gab schon Wackermann in Haupts Zeitschr. II 562 (vgl. Tupper p. 117 und C. Müller-Fraureuth Die deutschen Lügendichtungen bis auf Münchhausen, Halle 1881).

2. Das Unmögliche. Die Aufgabe, die Tropfen im Meere zu zählen (s. S. 97) klingt im Orakel der Pythia an Kroisos an, ist ein sprichwörtlich Unmögliches und tritt im Aḫiqar-Romane (s. S. 123) als R.-Aufgabe auf (über die ἀδύνατα vgl. Sch. II 87, 1). An die Sprichwörter bei Maximus Planudes (E. Kurtz Leipzig 1886) V 36 μήτε δεῦρο ἀφίκῃ, μήτ’ αὐτοῦ μένε, 37 μήτ’ ἐντὸς εὕρο σε, μήτ’ ἐκτός knüpft O² 56 die Erzählungen mit der R.-Aufgabe ,nicht gegangen, nicht gefahren‘ (s. S. 76 und R. Köhler Kl. Schr. I 446–456) an. Das ἀδύνατα συνάψαι ist für Aristoteles geradezu ein Kennzeichen des R. (s. S. 89). Um die Lösung zu erschweren, wird gerne eine scheinbar unmögliche Bedingung dem Denken zugemutet. Das geeignetste Mittel hierzu ist die im R. so häufig verwendete Gegensatzsymbolik. Auch das Motiv der umständlichen Tötung im Mythos ist eine Häufung solcher ἀδύνατα, wie dies in der Frage 36 bei Heinrici (Gr.-byz. Gesprächsb. 59) hervor tritt: φυτὸν λίμνης, ἄνθος θαλάσσης (vgl. den ,Schaum‘ bei Namuči S. 77), κτηνῶν μέλος καὶ αἵμα ξύλου ἄνδρα δίκαιον ἐλύπησεν (κάλαμος, σπογγος, χολή, ὄξος – Χριστόν). Dem R. und dem Unmöglichen gleich nahe steht die Priamel (C. Wendeler De praeambulis eorumque historia in Germania, Halis Saxon. 1870. F. G. Bergmann La priaméle dans les différentes litteratures anciennes et modernes, Straßburg 1868. K. Euling Das Priamel bis K. Rosenplüt, Jahresber. f. d. neuere deutsche Lit.-Gesch. 1905).

3. Die schwierige Aufgabe. Sie berührt sich oft auf das Nächste mit dem Unmöglichen und tritt häufig in anderen Fassungen als zu lösendes R. auf. So wird die Braut bald durch Verrichten schwieriger Aufgaben, bald durch L. von R. gewonnen. Es gibt auch Erzählungen, in denen Beides in einander übergeht, und meist bedarf der Held hülfreicher Wesen, um der Schwierigkeit Herr zu werden. So stellen sich die mythisch alten und echten Taten des Herakles in den Varianten als Lösungen unlösbarer Aufgaben behufs Erwerbung der Braut dar (vgl. Mitt. d. anthr. Ges. in Wien 1910, 119). Sie bestehen meist aus Reinigen des Stalles, Ausnehmen des Vogelnestes (auf dem Baume, im Pferdeschädel u. dgl.) und Einfangen des Pferdes. Alle drei kommen auch in R.-Form vor. Die Reinigung des Stalles hat AP XIV 4 (diophantische Aufgabe) zum Gegenstande, das Ausnehmen des Vogelnestes liegt der Fortsetzung und den Varianten zum Simson-R. zu Grunde (vgl. OLZ 1910, 525), und eben in ihnen kommt auch der Jäger, der ein Füllen nicht fangen kann oder zu spät hat, im R. vor. Eine Umkehrung der üblichen Brautwerbung ist es, wenn die Braut sich den Mann z. B. durch Lösen der unmöglichen Aufgabe ,nicht gegangen, nicht gefahren‘ [68] (s. o.) erwerben muß. Das führt zu der alten R.-Form der nr. 32 hinüber. Daß die Braut ein Huhn kunstreich in 8 Teile teilt (vgl. R. Köhler Kl. Schr. I 551 ff.), klingt wieder in allerhand späten R. von der Zerteilung verschiedenartiger Gegenstände nach, hat aber auch im alten Mythos sein Gegenstück, da die Tiere, denen der Held ein Stück Wild richtig zuteilt (Tierschwäger), ihm hiefür später schwierige, mit der Erwerbung der Braut verknüpfte Aufgaben lösen helfen. Vgl: Sch. II 86f.
4. Der Zauber trachtet das Unmögliche zu ermöglichen und knüpft daher gerne an Erzählungen an, in denen etwas für späteres Empfinden Wunderbares, weil seinem ursprünglichen Sinne nach nicht mehr Verstandenes und daher gelegentlich auch als Lüge Empfundenes, als wirklich geschildert wurde. Der Spruch des Marcellus (XXVIII 74 ed. Helmreich = Heim Incant. nr. 107; vgl. Ohlert Philol. LIII 749f.) stabat arbor in medio mare et ibi pendebat vitula plena intestinorum humanorum. tres virgines circumibant; duae alligabant, una revolvebat stammt offenbar ab agrestibus et plebeis der Gegend von Bordeaux und enthält das R. vom Monatsbaume (später Jahrbaume) mit den drei Nornen darunter (vgl. O² 101). Noch deutlicher ist die Beziehung des Zaubers zum R. und Unmöglichen bei Marc. XXVIII 16 (Heim nr. 100 u. S. 545)

corce corcede stagne
pastores te invenerunt
sine manibus collegerunt
sine foco coxerunt
sine dentibus comederunt

tres virgines in medio mari mensam marmoream positam habebant; duae torquebant et una retorquebat. quomodo hoc nunquam factum est (Motiv der Lüge!), sie nunquam etc. (vgl. Grimm Kl. Schr. II 148). Dazu ist bei Wossidlo II 292 der Zaubervers der Storch ohne Zunge, der Fisch ohne Lunge, die Taube ohne Galle, vertreibt die Fieber alle zu vergleichen (über die Beziehung des Zauberspruches des Marcellus zum R. von der Jungfer Mundlos s. nr. 74). In der Edda (Gering 314) muß die Fessel für den Fenriswolf aus dem Geräusche der Katze, dem Barte des Weibes, den Wurzeln des Berges, den Sehnen des Bären, dem Hauche des Fisches und dem Speichel des Vogels verfertigt werden. Man muß also Unmögliches leisten, um sie herzustellen, ganz ähnlich wie bloß durch Erfüllung des scheinbar Unmöglichen Namuči getötet werden kann (s. S. 76), was wieder zu nr. 32 hinüber leitet. – Auf dem Grundgedanken des Zauberns beruhn ursprünglich auch Rebus und Kenning. Vgl. S. 106, 108.
IV. Stellung des Rätsels zur Rahmenerzählung.

Obgleich unter Umständen ein und dasselbe R. (z. B. das R. vom Jahre) mit und ohne Rahmenerzählung und auch in sehr verschiedenartigen Rahmenerzählungen vorkommen kann, ist es wichtig, gelegentlich die R. gerade nach der Rahmenerzählung zu bezeichnen. Die Rahmenerzählungen (mitunter auch R.-Märchen genannt) von Brautfreite und Wettkampfe gehören auch als Erzählungen zusammen und führen in alten Formen R. mit sich, die zu ihrem Inhalte [69] in allernächster Beziehung stehen. Man kann nach den Rahmenerzählungen folgende Arten der R. unterscheiden:

1. Wiedererkennungs-R. Das Wiedererkennen wird in Dramen und dramatisch gestalteten Erzählungen mythischen Inhaltes recht selten durch wirkliches R.-Lösen herbeigeführt. Meist stehen an dieser Stelle geheime Abzeichen, Muttermale, Gewohnheiten, wunderbare Gaben, in Verwahrung behaltene Gegenstände und Erinnerungen, durch welche die Beglaubigung erfolgt. In der Erzählung von Glaukos und Polyidos ist der ,Richtige‘, wer das R. löst (s. nr. 37); ein ähnlicher Gedanke liegt dem Orakel an Brutus zu Grunde (s. S. 117). Der R.-Spruch ist hier Probe. Zur Beglaubigung dient er, wenn der Herrscher beim Besteigen des Thrones auf jeder Stufe einen Sinnspruch sagen oder beherzigen muß, ehe ihn der Wächter der Stufe vorbei läßt (B. Jülg Mongolische Märchen 72; vgl. F. Röck in Memnon VI 151, 4). Ähnlich muß Swipdag R. lösen, bevor er zu Menglod eintreten darf (Edda 130ff. Gering). Bei S. Grundtvig Dänische Märchen I 1ff. schildert der Königssohn vor seiner Hinrichtung sein Leben in einem R.-Verse, an dem ihn sein Vater erkennt. An dieselbe Stelle gehört ein ähnliches R. (ebd. II 147ff., vgl. Sch. II 80f.), das auf die R.-Rede des Kroisos auf dem Scheiterhaufen, die zur Begnadigung des Königs führt, Licht wirft. Solch Erkennen ist also zugleich Halslösung (über die Entstehung des Halslöse-R. vgl. A. Bonus in der deutschen Monatsschrift 1905, 210–218). Das tritt auch im Apollonius-Romane zu Tage, wo Tarsia dem Apollonius, der zu verhungern beschlossen hat, ihre Lebensgeschichte in R.-Art vorträgt, so den Vater rettet und als Tochter anerkannt wird (s. S. 120).

2. Botschafts-R. Hieher gehören die Botschaft der Saken an Dareios (nr. 94), des Thrasybulos an Periandres (nr. 91), der in Kromnos Belagerten an die Lakedaimonier (nr. 95) und so ziemlich alle Orakel, an deren Verstehen das Schicksal hängt. Aber der Begriff ist noch weiter zu fassen, da die dunkle Rede in vielen Erzählungen durch eine dritte Gestalt vermittelt wird, von dem, der sie ausspricht, zu dem, für den sie bestimmt ist. In der keltischen Erzählung von Goban, dem Zimmermanne (bei William Larminie Westirish Folktales, London 1893 nr. 1), schickt Goban, der dem Könige Balor einen Palast nicht nach Gefallen gebaut hat, dessen Sohn zur Schmiede zurück, um seine Werkzeuge, deren Name sei Krumm gegen Krumm, Ecke gegen Ecke und List gegen List, von seiner Frau zu holen. Diese versteht den Spruch und behält den Königssohn als Unterpfand für das Leben des Schmiedes in Gewahrsam. Selten ist der R.-Inhalt der Botschaft und das ahnungslose Unverständnis des Boten so deutlich erhalten. Aber der Brief, den Bellerophontes liest und ändert, wird wohl in reineren Fassungen nichts Anderes als eine in seinem Sinne veränderte R.-Botschaft gewesen sein, die er eben verstand (s. S. 107).

3. Brautwerbe-R. Die Brautwerbung erfolgt meist mit Einsatze des Hauptes. Die am [70] weitesten aus einander liegenden Fassungen dieser Erzählung, deren gemeinsame Wurzel S. 80f. nachgewiesen ist, sind die Turandoḥt-Geschichte und das R.-Märchen vom ermordeten Geliebten. In den Erzählungen der ersten Gruppe kehrt das Motiv stets wieder, daß schon 99 Freier (zuletzt die beiden Brüder des richtigen) getötet wurden, ehe der Held, der 3. und jüngste Bruder (vgl. S. 79 β), die R. löst, welche mitunter noch unmittelbare Beziehung zum Inhalte der Erzählung ausweisen. In denen der anderen Gruppe gibt die buhlerische Gattin oder Geliebte ihrem Manne, der ihr den Liebhaber erschlagen hat, auf den Toten bezügliche R. auf, welche nur mit fremder Hülfe gelöst werden können. Diese R. haben fast stets ihre innere Beziehung zum Inhalte der Erzählung. Scheinbar abseits stehende Formen wie Přzemisl und Libussa, Salomo und die Königin von Saba usw., gehören alle unmittelbar herzu; es handelt sich bloß um verschiedenartige Ausprägungen ein und desselben Stoffes, wie durch entsprechende Zwischenglieder immer wieder nachgewiesen werden kann.

4. Wettkampf-R. Der R.-Wettkampf pflegt gegliedert zu sein. In Indien bei dem R.-Kampfe zwischen Aštāwakra (was als ,achtfach krumm‘ im Texte selbst gedeutet wird) und Bandin (Mahābh. III 133f.), in Iran bei dem zwischen Frijāna und Aḥtija (s. S. 79), im germanischen Norden bei Odin und Vafþrudnir (Gestr und Heidrekr) – überall haben wir die Auffassung, daß der Frager erst von außen seine Weisheit bewähren muß, ehe er innen zum ernsten Kampfe zugelassen wird. Er siegt, tötet den Befragten und zerstört seine Burg. Das ist die vollständigste Form, und sie hängt mit der Brautwerbeform sachlich und inhaltlich äußerst nahe zusammen. Ein Seitenzweig ist die Aḥiqar-Überlieferung (s. S. 123) mit ihren Verwandten; der übrige überreiche Stoff schließt sich in verschiedenen Stufen an, und selbst Rahmenerzählungen stark abweichendes Inhaltes lassen sich durch Zwischenglieder mit diesem Stamme verbinden. Die Fragen selbst sind eine Prüfung in der Skaldenweisheit, in der Kenntnis von der Einrichtung der Welt und der Geschichte der Götter. So berührt sich diese Form der R.-Überlieferung mit dem Frag- und Antwortspiele des Katechismus, zu welchem zahlreiche Zwischenstufen hinüber leiten.
V. Bräuche beim Aufgeben und Lösen von Rätseln.

Die mündliche Überlieferung des R., das Aufgeben und Lösen desselben, war in alten Zeiten mit festen Gebräuchen verknüpft. Man empfand das R.-Raten als Wettkampf (ἀγών; vgl. Zielinski Rede- u. Rätselwettkämpfe in Scherz u. Ernst, Philol. XLVII 25ff.), wobei ein Einsatz (Becher, Mädchen) zu gewinnen und noch mehr (Ehre, Haupt) zu verlieren war. In Indien soll der im R.-Wettkampfe besiegte Bandin (s. Z. 27 o.) ins Wasser geworfen werden, wie er seinerseits alle, die ihm vorher unterlegen waren, hatte ersäufen lassen. In Hellas war es üblich, daß, wer beim Gelage ein R. nicht lösen konnte, einen mit Meerwasser angerührten Becher auf einen Zug leeren mußte (Athen X 88 p. 458 E. weitere Einzelheiten über Lohn und Strafe s. bei [71] O² 70). Aus Iran wissen wir (s. S. 80), daß der Befragte, wenn ihm die L. nicht gleich einfiel, unter dem Vorwande: wenn sich der ,Ruf der Natur‘ erhebt, ist es nicht üblich, das Rätsel zu lösen, welches gefragt wird, sich ein kurzes Hinausgehen sichern konnte. Dazu gehört in deutscher R.-Überlieferung, daß der ,Verbrecher‘, der im Zusammenhange einer dramatisch-mimischen Aufführung, weil er ein ihm vorgelegtes R. nicht hatte lösen können, zum Tode verurteilt ist, sich von seinen Richtern erbittet, ,zur Seite gehen‘ zu dürfen. Auf diesem Wege sieht er dann etwas, das ihm seinerseits Gelegenheit gibt, den Richtern ein unlösbares R. vorzulegen, durch das er nun frei kommt.

Solche Bräuche sind Reste älterer Übung. Es war eine allen arischen Völkern gemeinsame Sitte, bei gewissen festlichen Veranstaltungen, vor allem bei Rauschtrankopfer und Feuerkwirnen, mimische Spiele und Tänze aufzuführen, deren Nachhall auch noch weiter klingt im heutigen Kinderspiele, das dem R.-Wettkampfe, und dem Kinderliede, das dem R. meist sehr nahe steht (H. Lessmann Aufgaben und Ziele 26). Diese Spiele, die man vielleicht am besten zusammen fassend Balladen nennt, zeigten häufig den Guten im Kampfe mit dem Bösen. Der Lichte wußte den Schwarzen zu übertrumpfen und dadurch den ausgesetzten Preis zu gewinnen; der Böse aber, durch die Niederlage dem Tode verfallen, konnte frei kommen, wenn er den ,Richtern‘ eine Frage stellte, die sie nicht zu beantworten vermochten. Natürlich war dabei das ganze Spiel schon darauf angelegt, daß Fragen und Antworten, Niederlage und Begnadigung, in alter Zeit an Stelle solches ,Galgenhumors‘ vielleicht auch ein ernsterer Ausgang, wirklich in der erforderlichen Weise auf einander folgten und die Laune des Augenblickes einen engeren Spielraum hatte.

Bei solchem Schlusse auf ,kultische Dramen, die schon in der arischen Urzeit lebendig waren‘ (L. v. Schroeder Mysterium und Mimus im Rgweda X, vgl. OLZ 1911, 355f.), ist auch besonders zu beachten, daß die R. ursprünglich getanzt und gesungen wurden. Im germanischen Norden sind uns noch zugehörige Tänze und Melodien erhalten, Bruchstücke davon finden sich auch auf deutschem Boden, und bei gewissen R. ergibt sich schon aus ihrem Inhalte die Forderung nach mimischer Darstellung. So wird in der Rahmenerzählung zu dem berühmten Ilo-R. (vgl. R. Köhler Kl. Schr. I 350–360 Das R.-Märchen vom ermordeten Geliebten) eine ausführliche scenische Anweisung gegeben. Die Prinzessin läßt einen aus der Haut ihres Geliebten verfertigten Teppich ausbreiten, stellt sich darauf, angetan mit Geschmeide, das aus den Zähnen des Toten hergestellt ist, und hält seinen Schädel als Becher mit Trank gefüllt in Händen. Dann f gibt sie dem verhaßten Gatten, der an dem Tode ihres Geliebten Schuld trägt (oder ihrem Freier) das R. auf, das voll Bewegung ist und in der englischen Fassung z. B. lautet: Love I sit | love I stand | love I hold | fest in hand | I see love | love sees not me | riddle me that | or hanged I’ll bee. Viel uns an solchen Halslöse-R. (s. S. 69) Unverständliches macht diesen [72] Eindruck nur, weil die zugehörige scenische Ausstattung uns nicht bekannt ist; und Anderes, wo bloß diese Ausstattung überliefert ist, ein Hinweis darauf aber, daß sie die ,Lösung‘ eines R. sei, fehlt, vermögen wir nur noch unter günstigen Bedingungen für das R. nutzbar zu machen. So ist in Hellas die Erzeugung der Pandora durch Hephaistos und ihre Begabung durch verschiedene Götter überliefert; es fehlt aber ein Hinweis, daß nun die Frage, welche dieser Gaben die wesentlichste war und wem das Geschöpf daher gehören solle, auftauchte und Anlaß eines Richterspruches wurde. Aber im persischen (142f.) und türkischen (I 151f. II 165ff., vgl. II 280) Tūtīnāmäh findet sich dieser Zug; ein Bildhauer, ein Schneider, ein Goldschmied und ein Frommer streiten um ihr Geschöpf, und die Lösung des R., wem sie gehöre, ist im Siddhi kür (B. Jülg Mongolische Märchen 229ff.) Gegenstand einer Brautwerbung; in der Geschichte von Paribanu tritt dies noch deutlicher hervor. So gestattet der Vergleich dieser vollständigeren iranischen mit der hellenischen Überlieferung noch die Einsicht, daß die Scene der Begabung der Pandora (der Belebung der Statue des Pygmalion) im Grunde als R. aufzufassen ist. Dazu gehört (s. S. 66) das R. vom Blinden, Nackten und Lahmen, das uns als alle 70 Jahre wiederholte scenische Aufführung der Juden in Rom im Talmud, Traktat Aboda zara 11 b begegnet. Ein Gesunder reitet auf einem Lahmen; er hat das ,Kleid des ersten Menschen‘ (d. h. er ist nackt) und trägt den Schädel des R. Ismael (der als Toter blind ist) auf dem Haupte. Man ruft aus: Der Bruder des Herren ist ein Betrüger (κάσις κυρίου πλαστήρ); wer dies sieht, sieht es; wer es nicht sieht, wird es nicht mehr sehen (setzt voraus, daß 70 Jahre die Frist des Lebens sind und klingt an ähnliche R.-Verse an). Am Schlusse der Scene ruft man: Weh diesem, wenn jener sich erhebt! (Die Deutung auf Esau und Jakob bei Wünsche Der bab. Talm. in seinen hagg. Bestandt. II 3 S. 330f. ist zweifelhaft, da die R.-Handlung offenbar 3 ,Brüder‘ voraus setzt.) Das häufige Vorkommen von R. in Tragödie und Komödie in Hellas deutet darauf hin, daß das R. zur scenischen Aufführung in der Tat auch dort in einem innigeren Zusammenhange stand. Daneben ist der bei festlicher Gelegenheit veranstaltete ἀγών der Sängerfürsten zu stellen und endlich zu vergleichen, welch enge Beziehungen zwischen den hellenischen R. von Schmiede, Mühle, Becken und Rauschtrank zu den Überlieferungen von Metrum, Rhythmus, Buchstaben und Drama bestehen (s. Sch. II 119ff.).


B. Die Rätselüberlieferung.

Nirgend findet sich das R. in solcher Fülle, Reinheit und unmittelbarer Beziehung zum Mythos wie gerade bei den wichtigsten Vertretern jener Völkerfamilie, die ihrer Sprache nach als arisch bezeichnet wird, nämlich unter den Satem-Völkern bei Iraniern, Indern und Slawen, unter den Kentom-Völkern bei Hellenen (Römern) und Germanen (Kelten). Die nichtarischen Völker der alten Kulturen haben mit Ausnahme der Hebräer, bei denen in der Bibel hauptsächlich philistäisches, im babylonischen Talmud insbesondere [73] iranisches Lehngut an R. (s. S. 124) vorliegt, und vielleicht der Elamier, deren R.-Gut aber vorläufig noch eine hypothetische Größe ist (s. S. 124), so gut wie nichts an wirklichen R. hinterlassen; bei den späteren Völkern der anderen Sprachstämme, die keine so alte und zum Teile überhaupt keine Geschichte haben, handelt es sich durchwegs ebenfalls um Entlehnungen und meist recht unselbstständige Weiterbildungen, die in dem Maße immer deutlicher hervor treten, in welchem unser Überblick über den Stoff wächst. So zerfällt also die gesamte R.-Überlieferung in das arische Stammgut und seine Ausläufer bei den anderen Völkern.

Die R.-Überlieferung der arischen Völker lehrt auch, daß die Entstehung des R., ganz wie die des Mythos, bei ihnen allen noch vor die Zeit des Auseinanderwanderns der Einzelvölker zurückreicht. Dies ergibt sich aus den schon dargelegten Übereinstimmungen im Wesen des R. und seiner Überlieferung bei den Einzelvölkern, ferner aus den zahlreichen, im Folgenden stets bemerkbar gemachten Fällen, in denen dasselbe R. – meist auch in Beziehung zum selben Mythos – bei verschiedenen arischen Völkern in Formen auftritt, welche auf gemeinsamen Stammbesitz zurückweisen und weder durch zufällige Wanderung der Stoffe erklärt werden können, noch die Annahme von Elementargedanken zulassen. Ein Verständnis des R. nach Wesen und Geschichte ist daher nur möglich, wenn man die Bezeugung des R.-Gutes durch die einzelnen arischen Völker ins Auge faßt. Durch Hugo Wincklers Fund in Boghazköi wissen wir, daß die Inder noch um 1400 v. Chr. in Kleinasien saßen. Die wedischen, und vielleicht selbst auch manche späteren, indischen R. werden wenigstens zum Teile, und wenn nicht der Form so doch dem Inhalte nach, in diese Zeit zurück reichen, da jene Umwälzung, durch welche uns das indische R. fast ausschließlich in philosophischer, kosmologischer und kultischer Umgestaltung und vorwiegend im Dienste des Ritus überliefert ist, wohl erst auf indischem Boden einsetzte. Die den Indern nachgerückten Iranier, welche noch vor der Blüte der hellenischen, von Iran selbst wesentlich mitbestimmten Kultur das persische Weltreich gründeten, bewahrten den Besitz zum Teile treuer. Die reiche, aber allerdings erst jüngst bezeugte und von den Nachbarvölkern stark beeinflußte R.-Überlieferung der Slawen würde nun erst das Bild von dem R. bei den Satem-Völkern vervollständigen. Allein geschichtlich sind an die Iranier die Hellenen als älteste Vertreter der R.-Überlieferung bei den Kentom-Vökern anzuschließen. Auf sie folgen Römer, Kelten und Germanen. Unter all diesen Völkern haben die Germanen den reichsten R.-Schatz; bei ihnen finden sich die besten Formen in klarstem Zusammenhange mit dem zugehörigen Mythengute nicht nur in der älteren schriftlichen Überlieferung, sondern auch in mindestens gleicher Fülle noch im heutigen Volksmunde. Die noch wenig bekannten slawischen R. können sich hiermit an Ursprünglichkeit und Mannigfaltigkeit nicht messen. Es bedeutet also vom Standpunkte der R.-Forschung aus [74] eine nur durch die besonderen Zwecke dieses Werkes und die sonstige geschichtliche Bedeutung der Hellenen und Römer zur Notwendigkeit gemachte Verschiebung der tatsächlichen Verhältnisse, wenn hier die indische und die iranische R.-Überlieferung nur in dem Maße berücksichtigt erscheint, als die R. dieser geschichtlich älteren Völker auf das hellenische und römische Gut unmittelbar Licht werfen, während auf die übrigen arischen Völker, auch die Germanen, nur knapp hingewiesen wird. Dagegen liegt es um so mehr im Wesen des Stoffes, daß die nichtarischen Völker bei ihrem Mangel an Eigentum auf dem Gebiete des R. nur zusammenfassend berücksichtigt sind.
I. Das Rätsel bei den arischen Völkern.

1. Die Inder. a) Quellen. Eine Sammlung der zahlreichen indischen R. fehlt und ist von E. Küttler zu erwarten, dem ich für mehrfache Hinweise Dank schulde. R. im engeren theologischen Sinne und R.-Gespräche, die den Namen brahmodija führen, weil sie Bekanntschaft mit dem Brahman oder heiligen Wissen voraus setzen, hat Haug (Vedische R.-Fragen und R.-Sprüche in den S.-Ber. Akad. Münch. 1875, II 457–517) in dem Einheitsliede des Dîrgatamas R̥gwēda I 164, vgl. P. Deussen Allgem. Gesch. d. Philos. I 1, 108–115) nachgewiesen. Deussen (I 1, 314–324) erkannte, daß Atharwawēda X 7 u. 8 ,viele R.-Spiele‘ enthält, deren Deutung er z. T. mit Glück versuchte. Ferner bestehen aus R. R̥gw X 27 u. 28 (von Ludwich und von Grassmann übersetzt) und Teile der bisher unübersetzten Kuntāpalieder des Athw. XX 127–136. Vereinzelt finden sich R. auch sonst, z. B. R̥gw X 117, 8 = Athw. XIII 3, 25; Athw. X 2, 31–33, Jaǰurwēda (Wāja-sanēji-Samhitā XXIII, Taittirīja-Samhitā VII 4, 18), śwētâśwatara Upanišad IV 5. Von der späteren Literatur enthält R. das Mahābhāratam (s. u. und Winternitz Gesch. d. ind. Lit. 296f., vgl. 361) und der buddhistische Kanon (Franke). Vgl. über keltischen (R. Köhler Ges. Schr. I 218) und deutschen (Simrock Volksbücher X 169 nr. 129) Rätseln ähnliche indische Verwandtschafts-R. Notes and Queries V ser. VI 446 und Sch. II 30.

b) Inhalt. a) Eine große Zahl dieser R., unter ihnen die Hauptmasse der älteren, handelt vom Monde, z. T. unter absonderlichen Bildern. Er ist der Himmelsvogel, der Ursprung der Wasser und der Pflanzen, der Regenbringer, der Flutenreiche (R̥gw I 164, 52; als Sōma geht er in die Kräuter ein Athw. X 8, 40; später fälschlich als Sonne gedeutet Athw. X 8, 3. Vgl. ähnliche iranische Vorstellungen Jašt VII 4, wonach der Mond durch seine Wärme den Pflanzenwuchs hervor ruft); er spannt die Flügel 1000 Tagesweiten und hält an seinem Busen alle Götter (Athw. X 8, 18 = XIII 3, 14; ihn verstieß Aditī, indem sie über ihn bald Geburt bald Tod walten ließ R̥gw X 72, 8f.); aus seinem Haupte melken Milch die Kühe, gewandverhüllt, [75] mit Fuße Wasser trinkend (R̥gw I 164, 7; das Wassertrinken durch den Fuß schrieben in Folge einer Übertragung vom Monde her zahlreiche Völker dem Regenbogen zu: Globus LXIII 258); zöge der Wandervogel seinen Fuß aus der Flut, dann wär nicht heut, nicht morgen mehr (Athw. XI 4, 21; vgl. Hüsing Iran. Überl. S. 148f.). Er ist zugleich der Hüter, der herwärts und wegwärts seine Bahnen wandelt, gehüllt in Strahlen, die zusammenschießen und auseinander (R̥gw I 164, 32; vgl. Sch. II 14 zu nr. 73, 8); er scheidet endlos und endlich, kennt Vergangenheit und Zukunft (Athw. X 8, 12). Er ist ein Wasserträger, der das Wasser wie in einem Kruge aufwärts trägt (Athw. X 8, 14 um es als Regen herabzuschütten). Er ist eine Schale aller Herrlichkeit voll, die Öffnung seitwärts und den Boden oben; 7 R̥ši sitzen ihr verbunden (Athw. X 8, 9; vgl. Jašt VII 4 die 7 Amr̥ta Spənta, welche den Segen des Mondes auf die Erde verteilen); aus Fülle gießt er aus Fülle, Fülle fließt von der Fülle ab (Athw. X 8, 29; vgl. über das Füllhorn Memnon IV 52f., über Pleione-Pleias Mitth. d. Wr. Anthr. Ges. XL 131, über das ,Füllen‘ OLZ 1910, 526ff. u. 1911, 250f.). Als Stier ist er zugleich ein glühender, vierfüßiger Kessel (Athw. IV 11); er glüht dort oben durch Wahrheit. Hierzu ist das Füllen des Kessels durch Lügen oder Wahrheiten im Lügenmärchen, z. B. bei P. Chr. Asbjörnsen Norweg. Volksm. 156, Mitt. d. schles. Ges. f. Volksk. XVI 39 Was ist heißer als der Brand? Die Wahrheit ist heißer als der Brand und Jōšt-i- Frijānō III 12–16 Was ist das Heißeste? Die Hand des Frommen zu stellen. Des Mondes dunkler Teil wird als Hase gedacht, welcher ein Rasiermesser, die leuchtende Sichel, verschluckt (R̥gw X 28, 9). Über diese ,Anschauung vom Monde und seinen Gestalten‘ s. Heft 26 S. 24, 29 Taf. I Abb. 24 der Weltall-Abhandlungen (Treptow-Sternwarte 1912).

β) Bei anderen R. ist es zweifelhaft, ob die Überlieferer die Beziehung auf den Mond noch empfanden, während sie wieder bei anderen mit Absicht durch Umdeuten verwischt wurde. Im R. vom Einfuße, Zweifuße, Dreifuße und Vierfuße (R̥gw X 117, 8 = Athw. XIII 3, 25) ist der Einfuß zwar offenbar bloß der Wandervogel, der mit dem Fuße Wasser zieht (s. o. – also schwerlich schon die Sonne, die erst in späterer Umdeutung für diesen ,Storch‘ gehalten wurde), der Vierfuß aber der Hund, obwohl in Athw. IV 11 die Kenntnis vom Wesen des vierfüßigen Kessels, d. h. Stieres, eine große Rolle spielt, also doch dieser, und nicht der Hund, gemeint war. Darüber, daß es sich hier um eine Form zwischen dem Sphinx-R. und dem R. von der Kuh handelt, denen beiden die Gestalten des Mondes während eines Monates zu Grunde liegen, vgl. Sch. II 65. Aber in den wedischen R. ist dieser Sinn schon verwischt. Athw. X 8, 21 spricht bloß vom Einfuße als Lichtbringer und vom Verschwinden des vierfüßigen Genußspenders (Sōmakessel) samt dem Genusse. Es fehlen also Zweifuß und Dreifuß, während Athw. X 8, 27 (Weib) Mann (Mädchen) Knabe, Greis am Stabe, also fünf Gestalten statt der drei des Sphinx-R., aufzählt. Der Vorgang des Anpassens [76] an jüngere, kultische und kosmische Vorstellungen liegt besonders deutlich bei den vier Fassungen des R. von den drei Starken zu Tage (Athw. X 7, 37: wie kommt es, daß Wind, Geist, Wasser nie ruhen? Athw. X 8, 36: einer kleidet sich in die Erde, der andere kreist im Luftraume, der dritte trägt den Himmel. R̥gw I 164, 1: ein altersgrauer Priester, ein verzehrender Bruder, ein Bruder mit Schmalz auf dem Rücken. R̥gw I 164, 44: von drei schön Behaarten schert sich der erste, der andere schaut auf die Welt mit Macht, der dritte ist unsichtbar aber vernehmbar; vgl. Sch. II 25f.). Daneben kommen zwei zwiegestaltige spinnende Jungfrauen vor (Athw. X 7, 42; vgl. 6: Tag und Nacht), deren eine auflösen sollte, was die andere gesponnen hat, und zwei schön befiederte (vgl. die schön Behaarten), verbundne Freunde, die einen Baum umarmen. Einer von ihnen speist die süße Beere, der andere schaut, nicht essend, nur herab (R̥gw1 164, 20; vgl. Hüsing Iran. Überl. 195). Der Baum, auf dem, an seiner Süße zehrend, die Vögel alle Nester baun und brüten (R̥gw I 164, 22), ist als Jahrbaum bekannt (Sch. II 28f.). Das Jahr wird als Rad mit 12 Speichen, auf dem 720 Söhne paarweise stehen (R̥gw I 164, 11), oder mit 3 Naben, in das 360 Zapfen eingekeilt sind (R̥gw I 164, 48, fast gleich Athw. X 8, 4), gedacht, der Schaltmonat als Einzelner, dessen Freundschaft 6 Zwillingspaare suchen (R̥gw I 164, 15f. Athw. X 8, 5). Der Urzwitter Prajapātiš geht nur zur Hälfte in die Schöpfung ein; seine 8 Glieder gelten als 8 Räder (Athw. X 8, 7; vgl. 13 u. XI 4, 22), der Mensch selbst als Burg mit 8 Rädern und 9 Toren (Körperöffnungen; vgl. Wīdēwdāt III 14, XXII 2), in der das Herz als goldiges Gefäß mit 3 Speichen und 3 Stützen hängt (Athw. X 2, 31–33). Wie Speichen an der Nabe stehen Götter und Menschen auch an der Blume des Wassers (Athw. X 8, 34), der 9torigen Lotosblume mit 3 Schichten, in der Brahman wohnt (Athw. X 8, 33). Gemeint ist der goldene Keim, den Deussen a. a. O. 138 behandelte. Außer von diesem kosmischen haben wir auch noch vom irdischen Feuer ein R. in R̥gw I 164, 30 und ein solches von den Reibhölzern, die als Vater und Mutter gedacht werden, in R̥gw I 164, 8.

γ) Die weit verbreitete, unlösbare Aufgabe (ἀδύνατον), aus Sand Seile zu drehen, will Th. Zachariae Ztschr. d. Ver. f. Volksk. 1907, XVII 172 aus Indien herleiten, was fraglich ist (s. u.). Aber gegensätzlichen und daher scheinbar unvereinbaren Bedingungen mußte öfters im Kulte entsprochen werden. Nach Tāndija-Mahābrāhmaṇam VIII 7, 6 ist ein bestimmtes kultisches Lied beim Manenopfer verhüllt zu singen, damit man nicht von Waišwānara verbrannt werde. Einen Verhüllten erkennen aber die Manen nicht, welche bei dem Opfer die Ihren doch zu sehen wünschen. Man soll sich also bloß bis zu den Ohren verhüllen. Das ist verhüllt und unverhüllt; die Manen erkennen, Waišwānara schädigt nicht (vgl. O² 56 u. S. 67). Klingt dies schon an die R.-Aufgabe nicht nackt und nicht bekleidet (s. u.) an, so muß Indra, um den Namuči töten zu können, [77] die Bedingung nicht bei Tage und nicht bei Nacht (s. u.) erfüllen. Denn er (oder Námī Sāpijá?) hatte diesem seinem Gegner zugesichert, ihn weder mit Nassem noch mit Trockenem, weder bei Tage noch bei Nacht zu verletzen. Also tötete er ihn im Morgengrauen ,mit Wasserschaum‘ (apām phēnēna). A. Hillebrandt Wed. Mythol. III 259 (vgl. 257) deutet apām phēnēna als Blei; ihm gleich zu setzen ist der Bims-Stein des hellenischen R. (Sch. II 47ff.), zu dem in Indien auch der fußlose Bogenschütze gehört, der nach Satapatha-Brāhmaṇam I 7, 1, 1 nach Gâjatrī zielte, als sie den Soma rauben flog. Auch die Erwerbung der Parisrut (ein der Surā verwandtes und zu Sōma gegensätzliches Getränk) war an einander ausschließende Bedingungen geknüpft. Südlich von dort, wo man König Sōma kauft, kauft er (der Priester) in der Nähe von einem langhaarigen Manne die Parisrut. Ein langhaariger Mensch ist weder Frau noch Mann, Blei ist weder Erz noch Gold, Parisrut ist weder Sōma noch Surā. Dahinter steckt offenbar sakraler Mummenschanz, ähnlich wie beim Sōmaopfer der Sōmaverkäufer den Gandharven vorstellte. ,Wir haben hier die ersten nachweisbaren Anfänge der dramatischen Kunst im alten Indien..... Der Somahandel ist nichts Anderes als die Scene eines alten Volksschauspieles, welches die Gewinnung Somas von den Gandharwen behandelt, und der geprellte, mit Schlägen heim geschickte Sudra ist der dumme Teufel unsrer eigenen Literatur‘ (Hillebrandt a. a. O. I 81; vgl. OLZ 1910, 530). Bei solchen Opfern und Aufführungen wurden auch zweideutige Scherzreden geführt (H. Oldenberg Die Lit. d. alten Indien 1903, 24f.), und die R.-Fragen an ein Mädchen in den Kuntāpaliedern, die obscönen Sinn nahelegen und harmlose L. finden, gehören wohl eben dahin. Eines davon, mit der L. Schuh (in die Ausgestreckte, die Liegende, den Stehenden versenkt er, Athw. XX 133/4) stimmt sehr genau mit dem deutschen R. gleicher L. bei Wossidlo I nr. 434t*. Im Jaǰurwēda (Wājasanēji-Samhitā XXIII; daraus Beispiele bei Winternitz a. a. O. S. 160) stehen R., mit denen sich die Priester bei dem altberühmten Pferdeopfer unterhielten. Es sind vorwiegend Katechismusfragen. Diese R.-Spiele bildeten einen ebenso wichtigen Gegenstand der Götterverehrung wie Gebete und Opferformeln. Die Götter heben das Angedeutete und Geheimnisvolle (Šatapatha-Brāhmanam VI 1, 1, 2; 11; 2, 3; 7, 1, 23. VII 4, 1, 10) und hassen das geradeaus Gesagte (Br̥hadāraṇjaka-Upanišad IV 2, 2).

δ) Schon bei den R. vom Jahre, dessen Rad mit seiner Nabe auf dem goldnen Keime, der sich später zum Weltenbaume auswachsen müßte, ruht, und von der Lotosblume mit ihren 3✕9 = 27 Toren (vgl. Mitth. d. Wr. Anthr. Ges. XL 105f.) spielen Zahlen eine Rolle; der Jahresbaum ist zugleich der Zahlenbaum. Von diesem handelt das R.-Spiel zwischen Wahuka (Nala) und Rtuparna (im Nalaliede des Mahābhāratam), dem in Hellas der R.-Kampf zwischen Kalchas und Mopsos entspricht (nr. 107ff., Sch. II 73). Aber Zahlenreihen sind auch als solche Gegenstand von Fragen. Im Šatapatha-Brāhmanam I 6, 1, 7ff. nennen die Dēwas im Streite [78] mit den Asuras die männlichen und diese die weiblichen Zahlworte von 1–4. Da die Zahlworte über 4 das Geschlecht nicht mehr unterscheiden, verlieren die Asuras. Im Mahābhāratam III 133. 134 werden die Zahlenfragen von 1–13 (wie bei Zigeunern und Juden; vgl. Mitt. d. Wr. Anthr. Ges. XL 132f.) fortgesetzt. Vorher stehen noch andere R.

ε) Nach der Kaušītaki-Upanišad I 2 glaubte man, die Seelen der Verstorbenen kämen in den Mond, würden dort im Wissen geprüft und je nach ihrer Kenntnis mit Brāhman vereint oder zur Wiedergeburt bestimmt. Prüfer mußte nach alter, von der Brāhmanlehre wie vom Glauben an Seelenwanderung unabhängiger Auffassung Jama sein, der Herr des Mondes und des Totenreiches. Später Nachklang dieser Vorstellung sind die 7 Geleitsprüche der Sāwitrī an Jama, welche man mit Recht als Katechismus brahmanischen Denkens bezeichnet hat, ein anderer, deutlicherer die R.-Antworten des Načiketas auf die drei Fragen des Todes (Jama) im Taittirîja-Brāhmaṇam III 11, 8, 1–6. Aber auch im Athw. wird Kenntnis kosmischer und anderer R. wiederholt als Gewähr für das Erringen oder Ausfluß des Besitzes der Brāhmankraft bezeichnet, und zwar besonders in Abschnitten, die selbst R. und, wie z. B. Athw. X 7 u. 8, auch katechismusartig aneinander gereihte Fragen nach Wesen und Entstehung des Weltalls und des menschlichen Körpers enthalten, zu denen die Antworten freilich meist fehlen. Aber welcher Art sie sein sollten, ist aus anderen Stellen zu entnehmen, an denen sie bei ähnlichen Fragen überliefert sind (z. B. R̥gw I 164, 34f.), oder wo von dem die Rede ist, wonach hier gefragt wird (z. B. von den Teilen des Puruša R̥gw X 90). Man darf annehmen, daß hier Bruchstücke solcher, der Seele vermeintlich im Jenseits vorgelegter Fragenreihen und R.-Ketten erhalten sind, freilich leider ohne den Rahmen, welchen die Upanišaden und die späteren, zum Teile ältere Vorstellung bewahrenden, soeben angeführten Erzählungen vermuten lassen. Durch alle diese R.-Lösungen wird der böse Widersacher der Seele ,geprellt‘; also müssen die richtigen Antworten rechtzeitig gelernt werden. Der Gläubige bezieht sie aus seinem Katechismus; im Mythos aber steht dem Bösen meist ein gutes Wesen zur Seite, das die Lösungen mit List beschaffen hilft (im deutschen Märchen bei Grimm KHM nr. 125 z. B. des Teufels Großmutter).

2. Die Iranier. a) Die Quellen für iranische R. liegen nur z. T. zu Tage, zum anderen sind sie bloß auf Umwegen freizulegen. Dies beruht auf dem Untergange fast aller älteren iranischen Literatur, den treuer Überlieferung höchst ungünstigen Alphabeten, in den ihre Bruchstücke sich erhielten, und dem traurigen Schicksale des Landes. So kommt es, daß zur Wiedergewinnung des alten Gutes auch späte, ja selbst neupersische und arabische Ausklänge verwertet werden müssen.

a) Im Awesta beantworten Ahura Mazdā, Hōma und andere Gottheiten die rituellen Fragen des (Zaraθuštra in katechetischer Form (z. B. Jasna XXXI 14–17) und belehren ihn über die Ereignisse der Vergangenheit und Zukunft (z. B. [79] Wīdēwdāt I u. II). In Jasna XLIV werden sämtliche Strophen außer der letzten vom Zaraθuštra eingeleitet: Danach frage ich dich; gib mir rechte Kunde, o Ahura! Die Fragen lauten z. B.: Wer bestimmte den Weg der Sonne und der Sterne? Wer ist’s, durch den der Mond wächst und abnimmt (v. 3)? Wer wahrte die Erde unten und den Luftraum, daß sie nicht hinab fielen (vgl. Jast XIII 2ff)? Wer schuf Licht und Finsternis; Schlaf und Wachen; Morgen, Mittag und Nacht, die den Verständigen an seine Pflicht gemahnen (v. 5, vgl. das R. vom Hahne Sch. I 61 nr. 85 a)? Diese Fragen sind, so wenig wie die ganz ähnlichen, aber noch nicht monotheistisch überarbeiteten im Jaǰur-Wēda (s. o.), durchaus nicht bloß ,rhetorisch', sondern verblaßte Nachklänge eines R.-Wettkampfes (vgl. auch ähnliche Fragen in der Edda und im Buche Ijjōb). V. 18 und 19 lauten: Ob ich wohl, o R̥tam, den Lohn erhalten werde, 10 Stuten samt einem Hengste und einem Kamele, der mir, o Mazdāh, zugesagt ward [so gut wie durch dich (hī.tēbjō: war ursprünglich von ,Gespannen‘ die Rede?) die Verleihung der Wohlfahrt und Unsterblichkeit]? Wer den Lohn dem nicht gibt, der ihn verdient, dem Manne, der ihm, sein Wort haltend, es leistet – welche Strafe wird den zunächst dafür treffen? Jene kenn ich, die ihn am Ende treffen wird. Hier ist trotz aller Überarbeitung der ausgesetzte Lohn und der Hinweis auf die Strafe, falls er versagt wird, erhalten.

β) Aus Jašt V 81 f. ist als alter Bestand heraus zu heben, daß Jawišta, d. h. der Jüngste, ,aus der Familie‘ der Frijāna die Ardwī Sūrā Anāhitā bittet: Diesen Erfolg schenke mir, | daß ich Sieger werden möge | über Aḫtija den bösen, finsteren, | daß ich seine Fragen (fraša) beantworten möge. Aus dem Versmaße herausfallende Einschübe geben die Zahl der Fragen infolge einer Verwechslung (s. u.) mit 99 an. Sie sind daher jünger als das Pahlawi-Buch von Jōšt i Frijānō (Hoshang and Haug The book of Ardā-Vīrāf with Gōsht-i Fryānō usw., London u. Bombay 1872), der in der Stadt der R.-Erklärer seit seinem 15. Jahre das Gesetz beobachtet hat, und dem Zauberer Aḫt. Dieser will jene Stadt zu einem gebahnten Pfade für Elefanten machen, lädt aber auf den Rat eines ihrer Bewohner, Mārspand mit Namen, vorher den Jōšt zu sich, der ihm 33 R. lösen oder sterben soll. Zuerst pflegte Aḫt zu fragen, ob das Paradies in der Welt oder im Himmel besser sei. Schon 900 (wohl 90) vom Sōmatrinken gelb gewordene Mager und 9 (zur Ergänzung der 90? Richtig sind nur 3) kronengeschmückte Töchter des Spitāma (Zaraθuštra s. u.) haben sich für das Paradies im Himmel erklärt und waren daher von Aḫt dorthin gesandt worden. Jōšt merkt aber, daß unter dem Teppiche und in den Kissen, auf denen er Platz nehmen soll, toter Stoff von Menschen ist, durch den er verunreinigt und untauglich würde, die R. zu lösen. Er läßt ihn entfernen und entscheidet sich für das Paradies in der Welt, so daß Aḫt ihm nichts anhaben kann. Da Jōšt den Aḫt dabei gleich als Verbrecher und gottlosen Tyrannen anredet, darf man annehmen, daß der tote Stoff von Menschen unter dem Teppiche und im Kissen [80] von einer Gewalttat des Aḫt herrührte. Auf das 24. und 25. R., was das Kälteste und Heißeste sei, antwortet Jōšt nicht der Schnee, der auf dem Berge bleibt (und die Sonne oder das Feuer), sondern wider Aḫts Meinung das Gemüt des Gottlosen und die Hand des Frommen. Den Beweis muß Aḫt an seinem eigenen gottlosen Bruder führen lassen und ihn zu diesem Zwecke töten. Das Gift in seinem Herzen schmilzt nicht in der Sonne oder im Feuer, jedoch in Jōšts Hand. Die 28. Frage nach dem Hauptvergnügen der Frauen (Sch. II 130, 1) löst Jōšt nicht dahin, daß es von Gewandung und Haushalt komme, sondern wider Aḫts Meinung dahin, daß es vom Zusammensein mit ihren Gatten herrühre. Beweis soll die Aussage der nie lügenden Huparš, der Schwester des Jōšt und Gattin des Aḫt, sein. Sie entscheidet zu Gunsten des Jōšt, und Aḫt erschlägt sie. Damit ist ein wirkungsvoller Abschluß erreicht, und es sollte die Gegenfrage des Jōšt folgen. Denn die drei hervor gehobenen R. bilden den alten Bestand, da nur sie unter allen anderen darin überein stimmen, daß die von Aḫt erwartete Antwort ausbleibt und die von Jōšt gegebene mit einem Morde des gottlosen Verbrechers und Tyrannen verknüpft ist. Verwirrt also ist, daß Jōšt 3 Gegenfragen über den Wert des Säens, Pflügens und der Verwandtenehe stellt; es sollte nur eine sein, die vom ,Pflügen‘ handeln müßte. Verwirrt ferner ist auch, daß gerade dieses R. von dem Joche Ochsen mit einem Manne, der Ackerbau treibt (s. u.), von Aḫt, der nicht mehr zu fragen hat, dem Jōšt gestellt wird, statt umgekehrt. Man sieht aber noch, wie der Wirrwarr entstand. Aḫt kann nicht antworten, beruft sich auf die Satzung, ein R. nicht zu lösen, wenn der Ruf der Natur sich erhebt (s. S. 71), und stürzt zur Hölle, um von Aŋrō Manjuš die L. zu erfragen. Dieser kann sie aber nicht geben; denn wenn er sie ausspräche, würden alle seine Geschöpfe entweichen und er selbst vernichtet sein. Der spätere Bearbeiter wollte nun, um die Wirkung zu erhöhen, den Jōšt in ähnliche Schwierigkeit bringen und zeigen, wie ihm Ahura Mazdā die Wahrheit wies und ihn rettete. Der Mißgriff, daß er nun den Jōšt ebenfalls auf den Ruf der Natur hinweisen und dadurch lügen ließ, kennzeichnet diese Mache.

γ) Die Familie der Frijāna, welcher Jawišta (Jōšt) angehört und mit der Aḥtija (Aḫt) durch Huparš verschwägert ist, wird als turisch bezeichnet (Jasna XL VI 12), Huparš selbst ist eine Frijānī und eine ,Tochter Turans‘, wäre also selbst beinahe eine Turan-doḥt. Nachklänge ihrer Geschichte sind auf uns gekommen in Nisʿamīs ,sieben Schönheiten‘ (vgl. Paul Horn Gesch. d. pers. Lit. 1901 185ff.), in der Erzählung von Turan-doḥt und Kalaf in 1001 Tag (1710 von Petis de la Croix ins Französische übersetzt und durch Gozzi Vorbild für Schiller) und in einem ähnlichen, der Simsonsage verwandten Märchen in 1001 Nacht (Henning XXII 76ff.). Heran zu ziehen sind ferner die awarische Erzählung von Balai und Boti (Schiefner Awar. Texte nr. 8; persisch: Benfey Pančatantra I 445ff.; hindostanisch: Orient und Occident II 91ff.; georgisch: M. Wardrop Georgian Folk-Tales, London 1894 nr. 8; vgl. Rh. Köhler [81] Ges. Schr. I 560ff.) und ein russisches Märchen (Afanassiew-Meyer II 5); denn in beiden besteht das R. der Prinzessin darin, daß der Freier zu einem ihrer Schuhe einen zweiten beschaffen soll. Nun heißt Huparš ,die mit der schönen Ferse‘; ihr Fuß bildet den Gegenstand des R.: ,Welcher Fuß ist der schönste?‘ (s. o.) und wird nach Jōšts Entscheidung nur noch vom ,Fuße des Wassers‘ übertroffen, unter dem Pflanzen empor wachsen. Die der Turan-doḥt entsprechende Prinzessin in diesem Märchen hegt aber auch unter ihrem Gemache (oder gar in ihrem Inneren) einen Unhold, der ihr die R.-Fragen eingibt. Das ist also die dem Aḥtija entsprechende Gestalt. Ihr Besieger ist, wie die Märchen stets ausdrücklich hervor heben, der Jüngste (Jawišta) von 3 Brüdern. Aber auch sie selbst ist im Märchen die dritte von 3 Schwestern. Die Geschichte von Jōšt enthielt davon nur mehr die Spur, Aḫt habe 9 Töchter des Spitāma (s. o.) getötet. Dies belegt wenigstens, daß die Töchter des Spitāma in anderen Fassungen wirklich zur Geschichte von Aḫt gehörten. Es sind ihrer jedoch drei: Frijānī, ʿFritī und Poručista (Jašt XIII 139). Doch sind ,Vielgeliebte‘ und ,Dritte‘ nur verschiedene Beinamen derselben Schwester, welche eben auch Frijānī heißt; denn nur so erklärt sich, daß die Dritte in der Aufzählung an zweiter Stelle steht. Neben dieser einen Schwester mit den drei Namen sind auch vier Frauen mit dem einen Namen Frijānī überliefert (Jašt XIII 140). Frijānō ist ihr Bruder; die alte Form, daß der Bruder unerkannt die R. der Schwester löst und deren Aufführung straft, ist auch im Norden erhalten (z. B. W. Dönniges Altschott. u. altengl. Volksballaden, München 1852, 6ff.).

δ) Das Zartušt-Nāmäh berichtet, Wistāspa habe den Zaraθuštra empfangen, von 30 Weisen zur Rechten und 30 zur Linken umgeben. Alle hätten ihm Fragen gestellt, doch Zaraθuštra habe sie besiegt (Spiegel Eran. Altertumsk. I 698f.). Die Weisen versteckten zur Rache Unreines (Stoff von Totem) in seinem Hause und der König, der diese Gegenstände bei ihm findet, ließ ihn ins Gefängnis werfen. Da gehen dem schwarzen Leibrosse des Königs die Beine in den Leib zurück und erscheinen der Reihe nach wieder, sobald 4 von Zaraθuštra gestellte Bedingungen erfüllt sind. Dabei tritt des Wistāspa Gattin Hutōsa (,die mit dem schönen Schenkel‘), deren Name an Huparš (,die mit dem schönen Fuße‘) erinnert und in Jašt XIII 139 unmittelbar hinter den 3 Töchtern des Zaraθuštra genannt wird, als Gönnerin der neuen Religion hervor. Also wird der Stoff von Totem in Zaraθuštras Hause neben den entsprechenden Zug in der Erzählung von Jōšt zu stellen sein. Dieser Erprobung des Zaraθuštra steht nahe die Reifeprüfung, bei welcher in dem aus Pahlawí-Werken schöpfenden Šāhnāmäh Zālzär, der Zögling der Sēnn mr̥gha, vor Manōšiθtra 6 R. zu lösen hat. Daß es sich um die Erwerbung der Braut (Rōdabäh) handle, schimmert kaum mehr durch; aber die R. sind alle gute, alte Stücke.

ε) Eine wertvolle Zusammenstellung aus neu-persischem Schrifttume gibt M. N. Kuka The wit and humor of the Persians, Bombay 1894, [82] 132–142. P. 1 findet sich ein ,Sängerkrieg‘ zwischen drei Dichtern und Firdausi, p. 14ff. das Spiel um eine von 3 (richtiger 4!) R.-Jungfrauen Namens Welt, Dasein – (es fehlt die noch gute Dritte und folgt die schlimme Vierte), Vernichtung, die ihren Wert preisen (vgl. in 1001 Nacht, Henning VII 108ff. die 6 Mädchen: weiß braun, [fett, mager], gelb, schwarz, von denen nur 4 echt sind, und die 3 Mädchen ebd. XXII 25). Volkskundlichen Stoff zu Fragen der R.-Überlieferung enthalten auch O. Manns Persisch-kurdische Forschungen I. II, und R. aus afghanischem Volksmunde teilt S. S. Thornburn Bannú or Our Afghán Frontier, London 1876, 228–230 mit. – Von Arabischem ist die R.-Prüfung der Tawwadud (Henning VIII 136ff.) und der R.-Kampf ums Haupt des jungen Seijid (Henning XXIV 68ff.) zu nennen,

b) Den Inhalt der iranischen R. betrachten wir in der bei den indischen benutzten Reihenfolge, a) Den Mond betrifft die Frage 6 des Aḥt: Was ist ganz voll, halb voll, nie voll? ü. L. Ruhm, dürftiges Elend, erbärmliches Elend (vgl. 1001 Nacht VIII 158 ein Ding, ein halbes Ding und ein Unding? ü. L. Gläubiger, Scheingläubiger, Ungläubiger). Ruhm = ḥwarnah erinnert an Jašt XIX 32ff., wo ḥwarnah (der Herrscherglanz) sich in 3 Teilen von Jama (ein anderes R. von Jama s. u.) entfernt, der hernach im Elend umher irrt. Ein afghanisches R. (Thornburn nr. 2) kennzeichnet den Mond als volles, rotes Auge mit Blut getränkt, von dem man essen muß und doch nicht soll. Beiden R. steht die indische Auffassung vom Monde als Somabehälter oder Honigtropfen, der sich wieder füllt, sobald er ausgetrunken ist, nahe. Vom Monate handelt das dritte R. des Zālzär. Seine Tage gelten als 30 Reiter, deren einer zu fehlen scheint, aber beim Wiederzählen doch da ist (der synodische Monat hat rund 29½ Tage. Das R. setzt das Abwechseln von 30tägigen und 29tägigen Monaten voraus, was arabisch ist; vgl. H. Ginzel Chronologie I 253. Ein ähnliches, aber altertümlicheres keltisches R. s. Sch. II 29). Das Jahr besteht im 1. R. des Zālzär aus 12 Bäumen mit je 30 Zweigen (persische Zählung; Ginzel I 291. Vgl. 1001 Nacht IX 85 die Insel mit den 7 Strömen, vielen Bäumen und 4 Engeln in der Gestalt eines Menschen, wilden Tieres, Vogels, Stieres, also den ,4 Starken‘, denen auch 1001 Nacht XXII 86 die 2 festen, beweglichen, verbundenen, getrennten Dinge zugehören). Besser wird es in 1001 Nacht XXII 85 als Baum mit 12 Zweigen geschildert, deren jeder 30 halb weiße, halb schwarze Blätter hat. In 1001 Nacht IX 84 hält Michael, der den Wechsel von Tag und Nacht besorgt, und dessen Schwingen gen Osten und Westen reichen, eine Tafel mit weißer und schwarzer Schrift. Ihm entspricht ebd. IX 85f. ein anderer, der (statt eine Pforte) die Hände öffnet und schließt (und dadurch Erdbeben erzeugt; also Atlas, der mit seinen Händen den Himmel dort hält, wo Nacht und Tag über die große, eherne Schwelle gehen: Hesiod. Theog. 744ff.). Dafür daß, wie im Norden (R. Warrens IV 197 Wo weißt du die Nachbarn, die wandern? Beide ziehen durch eine Tür und kennt nicht einer den andern, [83] ü. L. Gedanke mein und Gedanke dein; dazu die Nebenform: Wo weißt du die Brüder, die wachsen auf in einem Haus und haben nicht Vater noch Mutter? ü. L. Torferde, Schwefelstein) und in Hellas (Hesiodos a. a. O.), auch in Iran die Vorstellung von zwei gegensätzlichen Wesen, denen eine Türe gemeinsam ist, bestand, sprechen ein afghanisches und ein arabisches R. von dem Dinge, das aus einer Öffnung kommt und in eine solche geht, bald der Rose gleicht, bald dem Donnerkeile (also abwechselnd gut und böse ist, Thornburn nr. 4, ü. L. Wort) und von dem Paare, das nachts vereint und tags getrennt ist (ü. L. Türflügel, 1001 Nacht VIII 188; tags vereint und nachts getrennt sind Knopf und Knopfloch VIII 175). Die Gegensätzlichkeit beider Wesen ist noch deutlicher in dem zweiten R. Zālzärs von dem weißen und dem schwarzen Rosse, die einander nie einholen (ü. L. Tag und Nacht). Das sind dieselben Pferde, welche Hesiodos meinte, als er auf die Frage des Homeros nach dem, was nie vorher geschah, noch nachher geschehen wird, noch jetzt geschieht, antwortete, dies werde eintreten, wenn an dem Grabhügel des Zeus die Rosse mit dröhnendem Hufschlage ihre Wagen zerschellen in der Hast um den Kampfpreis (Sch. I 118, vgl. II 132 und neugriechisch [Sch. II 64]: Welches ist das Ding, das schwarz und weiß aussieht und nimmer altert? ü. L. Das ist die Zeit. Diese sieht weiß und schwarz aus; denn sie ist nichts Anderes als Tag und Nacht. Diese altert auch nie; denn seit die Welt steht, ist sie, und wird sein bis ans Ende der Welt). Vom Kampfe der beiden gegensätzlichen Tiere handelt auch das Turandoḥt-R. 1001 Nacht XXII 83 zwei Kämpfer, die mit einander ohne Hand und Fuß streiten und weder Wort noch Rede mit einander wechseln ü. L. Büffel (vgl. Krebs und Bock, welche die Häupter an einander stoßen in nr. 7, und Sch. II 112).

β) Die Vorstellung von den beiden gegensätzlichen, mit einander kämpfenden (und im R. zum Zwecke des Irreführens gern als ein einziges aufgefaßten) Wesen ist in Iran viel reicher entwickelt als in Indien (vgl. jedoch über den Kampf der weißen Kuh mit der schwarzen Geldner in seinem Kommentare zu R̥gw I 33, 14f.), findet sich in Formen, welche auch Germanischem nahe stehen und wirft Licht auf die im Norden wie in Hellas und Indien (s. o.) nachweisbare und bloß aus iranischer Überlieferung verständliche Gruppe des Sphinx-R. (G. Hüsing Die iran. Uberl. u. d. arische Syst. [MB II 2] 42–55: Das R. der Sphinx, 55–87: Märchen zum Sphinx-R. mit Nachtr. von H. Lessmann: Kr̥saaspa im Schlangenleibe [MB IV 2] 269ff. Sch. II 60ff. Chimaira und Sphinx). Nach Jašt VIII 20ff. kommt Tištrija als weißes Roß mit goldenen Ohren zum See Worukaša 6 herab, wo ihm Apawarta als schwarzes Roß mit kahlen Ohren und schrecklichem Schwanze entgegen tritt. Drei Nächte (Monatsepagomenen) kämpfen sie, bis Apawarta mit lautem Geschreie flieht und Tištrija nun den See aufwallen macht. Schon Fr. Spiegel hat in Tištrija den lichten Mond erkannt, mit dem hier der dunkle kämpft. Als Gegner des Tištrija tritt Bundahišn II 7.

[84] V 1 Tīr (vgl. zum Namen P. Horn Grundr. d. neupers. Etym., Straßb. 1893 nr. 406 und H. Hübschmann Persische Studien, Straßb. 1895 dazu) auf. Ein R. mit Tīr (auch Pfeil) als L. führt P. Horn Gesch. d. pers. Lit., 143 (= Lit. d. Ostens VI) an: 400 Köpfe, 10 Leiber und 200 Füß’; es fliegt durch die Luft: welcher Vogel ist dies? Nach den Grundsätzen der auch im Persischen üblichen Zahlenrechnung I ist 400 der Kopf = t, 10 der Leib = ī, 200 die Füß’ = r, das Ganze also Tir. Die Zahlen sind natürlich erst gewählt, um aus dem R. einen Tārīch (s. u.) zu gestalten; aber früher müssen andere an ihrer Stelle gestanden haben, welche der mythischen Anschauung entsprachen, der wieder gerade die Zahlen sehr wesentlich waren. Aber auch in solch früher Form kann das R. nicht glaubhafter geklungen haben; denn die Schilderung des ebenfalls im See Worukaša stehenden, aber nun (schon Jasna XLII 4) der guten Schöpfung zugezählten und bereits die beiden gegensätzlichen Wesen in sich vereinenden ,weißen‘ Esels im Bundahišn XIX hält sich ebenfalls im Stile des Lügenmärchens (vgl. Sch. II 132). Er ist fast nur ,Chronologie‘ (über die Bedeutung seiner Zahlen s. Hüsing a. a. O. 69); denn er hat 3 Beine, 6 Augen, 9 Mäuler, 2 Ohren, 1 Horn und 1 Höcker. Unter der Fläche eines jeden seiner Füße haben 1000 Schafe Platz, und auf jeder seiner Fesseln können 1000 Reiter rundum reiten. Wenn er den Hals ins Wasser taucht, entsetzt es sich vor den Ohren (vgl. die kahlen Ohren des Apawarta) und braust in Wogen auf (vgl. Tištrija, der den See aufwallen läßt). Stößt er seinen Schrei aus, so werden sämtliche weibliche Wasserwesen der guten Schöpfung schwanger (Tätigkeit des guten Tištrija), während die schwangeren der bösen Schöpfung Fehlgeburten tun (Tätigkeit des bösen Apawarta). Sein Harn reinigt alle Erdteile von dem Schmutze des Aŋrō manjuš. Das Heil der ganzen Welt kommt aber auch von dem zur guten Schöpfung gezählten Wesen mit 10 Füßen, 3 Köpfen, 6 Augen, 6 Ohren, 2 Schwänzen, 3 Paar Hoden, 2 Händen, 3 Nasen, 4 Hörnern, 3 Rücken, nach dem Aḫt den Jōšt fragt (richtiger umgekehrt, s. o.), und das ein Paar Ochsen samt dem Pflüger sein soll. In diesem R. fehlt jeder Hinweis auf den Pflug, der im deutschen, der Chimaira näher stehenden (Sch. II 62) R. vom Pflüger (oder Reiter): vorn (unten) Fleisch und Blut (Stier, Pferd; 4bein), mitten Holz und Eisen (Pflug, Sattel, 3bein), hinten (oben) Fleisch und Blut (Pflüger, Reiter; 2bein) noch gut erhalten ist. Aber dasselbe Ungetüm, jedoch dieses Mal nach der Seite der bösen Schöpfung hin gedeutet, liegt offensichtlich auch dem neupersischen R. (Kuka nr. 8) von dem Tiere zu Grunde, das 100 Finger hat, 10 Beine (deren 8 bloß dem Kriechen dienen), 5 Köpfe und 4 Seelen. Die ü. L. ein mohamedanisches Leichenbegängnis faßt den Toten in der Mitte als etwas Gesondertes auf und nähert sich daher dem die leblose Mitte betonenden deutschen. Den Ausgleich zwischen der dunklen und bösen, der lichten und guten Hälfte dieser ,eigenen Pferdeart‘ verkörpert das R. von der Wage, welches sich neupersisch und hellenisch schier [85] gleichlautend findet. Neupersisch heißt es (Kuka nr. 6): Ich sah eine eigne Pferdeart | mit Beinen 6 und mit Hufen 2. | Am wunderbarsten von allem war: | sie hatte mitten im Rücken den Schwanz. Hellenisch lautet es (nr. 77, Sch. I 59): Gerecht bin ich und der Gerechten Höchstes; | sechs Glieder habe ich, jedoch nur zwei Füße. Wahrscheinlich liegt hier in der AP iranisches Lehngut vor; denn daß sich die mit den verblaßten Farben des dreibeinigen Esels gemalte Wage als gerecht und der Gerechten Höchstes bezeichnet, ist wieder nur aus der iranischen Vorstellung von dem Totenrichter Rašnuš zu verstehen, welcher auf der Wage die Taten der Seele abwägt (vgl. über die Seelenwage Weltall-Abh. XXVI S. 16). Auf ihn bezieht sich die Frage des Aḫt: Was ist gerechter als der Gerechte? (vgl. West zu Jöšt i Frijānō nr. 26, III 34). In der hellenischen Fassung ist die erste Zeile durch ihren Hinweis auf Rašnuš besonders wertvoll, in der neupersischen die letzte dadurch, daß sie den Schwanz dieser ,Pferdeart‘ erwähnt. Denn aus dem Volksmunde der Luren hat O. Mann (a. a. O. nr. 6) das R. verzeichnet: Einer geht, einer bleibt, einer schüttelt hinterdrein den Kopf (ü. L. Wasser des Flusses, Felsblock, Baum, der die Zweige im Winde bewegt). Das germanische R. von der Kuh lautet verkürzt: Vier gehen, vier hängen, einer zottelt hinten nach und handelt in der ältesten erhaltenen Form: Wer sind die zwei, die zum ʿFinge reisen, im Ganzen mit drei Augen: 10 Füße haben sie und einen gemeinsamen Schwanz von Odin auf Sleipnir (die Belege für die Übergangsformen s. z. B. bei P. Feit Das deutsche Volks-R., Mitt. d. schles. Ges. f. Volksk. Heft XIV 1ff.), in dem die beiden gegensätzlichen Roße der iranischen Überlieferung zu einem Wesen verschmelzt sind (Hüsing a. a. O. 23; über andere R. von Wuotan, seinem Reittiere und dessen Beinen vgl. Sch. II 17 u. 62, 1). Das R. von der ,Kuh‘ oder dem Wesen mit der eigentümlichen Beinzahl ist aber nur ein Zweig desselben Stammes, dem auch das von Vierbein, Zweibein und Dreibein (zu dieser Reihe vgl. Hüsing a. a. O., 23ff. über Jašt VIII 10–34 und Proklos zu Hesiodos ἐ. κ. ἡ. 767 über den Mond als einhörniges Rindskalb nach orphischer Lehre), also das eigentliche Sphinx-R., entsproßte. Das deutsche R. von Pflüger (2bein), Pflug (3bein) und Pflugtier (4bein) oder Reiter (2bein), Sattel (3bein) und Roß (4bein) gehören dazu (Sch. II 62), und für das iranische gleiches Inhaltes gilt, wie sich zeigt, dasselbe. Ein anderer Zeuge für das Sphinx-R. auf iranischem Boden ist das afghanische (Thornburn nr. 8): Sein Kopf ist im Manne (der das Korn ißt), seine Mitte im Ochsen (der das Stroh frißt), sein Ende im Grunde mit der ü. L. Weizenstengel, und das arabische: Welcher Baum trug viele Zweige und Blätter, der hernach Fleisch und Blut ward mit der ü. L. Stab Mosis, zu welcher der Stab des Jaghmūs (1001 Nacht IX 147) zu vergleichen ist, dessen erstem Teile Fleisch und Blut (Mensch, 2bein), dessen zweitem Teile Milch (Kuh, 4bein), dessen drittem Teile Weizen und Gerste entströmt, sobald man ihn in die Erde stößt. Diese R. leiten zu denen vom Jahrbaume (Baum, der viele [86] Zweige und Blätter trug; vgl. O. Mann a. a. O. nr. 1, 3) über, wie auch das deutsche R. von Perliker-Perlaker mit den 27 Knieen dem vom Weltenbaume mit den 27 Zweigen aufs Nächste verwandt ist (Sch. II 62, 1).

γ) Das vierte R. Zālxärs schildert eine grüne Wiese, die ein finster blickender Mann mit der Sichel abmäht. Gemeint ist Jama, der Gott des Mondes und Todes. Aber Firdousi gibt die Zeit als L., was dem rechten Sinne nach eben so nahe steht, wie wenn Schwager Chronos die Sichel führt, welche am Monde zu sehen ist. Die R.-Handlung des Periandros, welcher die höchsten Ähren im Saatfelde mit dem Stabe köpft (Sch. I 76 nr. 115 vgl. S. 66), ist zu vergleichen; hinter ihm verbirgt sich also die Gestalt eines alten Totengottes. Eine Sichel ist aber auch das Rasiermesser in alter Zeit (vgl. o. S. 75 über das Rasiermesser, das der Hase verschluckte), und der Bart wird ebenfalls als Wald oder Saatfeld vorgestellt (vgl. R. Warrens IV 198). Ein afghanisches R. vom Rasiermesser lautet: Es reibt sich am Steine, sein Futter ist auf der Stirne, sein Heim im Holze (Thornburn nr. 9). Auch das sechste R. Zālxärs hat in einer von Kyros ausgeführten R.-Handlung sein Gegenstück. Firdausi schildert, daß die Menschen ein auf hohem Felsen gegründetes Haus verlassen und unten ein Dornenfeld bearbeitet und darauf Städte gegründet haben (ü. L. die ewige und die vergängliche Welt; vgl. Kuka nr. 1 vom Schachbrette). Und Kuraš ließ seine Perser den einen Tag ein Dornenfeld urbar machen, den zweiten bewirtete er sie (Herodotos I 126). Das afghanische R.: Vom Lebendigen wurde ein Leichnam; der Lebendige legte den Leichnam ab, und der Leichnam brach entzwei (Thornburn nr. 10) mit der ü. L. Ei ist wichtig; denn die Geburt aus dem Eie kommt auch im hellenischen R. vor (nr. 19, Sch. II 52f. 55ff.; Phanes-Miθra), und wenn Alexandros die indischen Weisen fragt, ob der Lebendigen mehr seien oder der Toten (Plut. v. Alex. 64; vgl. 1001 Nacht IX 11 und zur selben Frage im Mythos E. Stucken MVAG 1902 Heft 4), so ist dies, wie das Afghanische ausweist, nur eine andere Form der Frage, ob die Henne früher war oder das Ei (Plut. qu. conv. II 3, 1 p. 635 E). Die eigenartige Frage des Aḫt: Was ist besser: ein kleines Messer oder ein wenig Essen? (Jōšt i Frijānō nr. 5 II 27–31) leitet von den schildernden R. zu den komparativischen und superlativischen Fragen über, da ihm diese Form ursprünglich nicht zukam. Das turkmenische R.: es ißt und trinkt und geht dann in seine Höhle (ü. L. Taschenmesser, R. Karutz Unter Kirgisen und Turkmenen Lpz. 1911 S. 97) ist wahrscheinlich aus einer entsprechenden iranischen Form geflossen und der Frage des Aḫt offensichtlich verwandt. Solche R. vom Messer in der Scheide pflegen obscönen Doppelsinn zu haben. Echte komparativische Fragen sind in der Geschichte von Jōšt i Frijānō nr. 26 III 22–34: Was ist schwerer als ein Berg? (vgl. Prov. XXVII 3 und Monumenta Talmudica I 189 nr. 675 = Exod. rabba XIII 2; Mitt. d. schles. Ges. f. Volksk., Heft XVI 39: Was ist schwerer als Sand? ü. L. Blei, Mahābhāratam [87] III 313: Was wiegt mehr als die Erde? ü. L. Mutter), was ist schärfer als ein Stahlmesser, süßer als Honig (vgl. über die R. Simsons OLZ 1910, 524 und 1001 Nacht VIII 190: Was ist süßer als Honig, schärfer als das Schwert, schneller als Gift? ü. L. Kindesliebe, Zunge, böses Auge), fetter als ein Schafschwanz (Afanassiew-Meyer II 154f.), freier als der Freie, gerechter als der Gerechte (s. o.)? Die superlativischen Fragen: Was ist das Kälteste? Was ist das Heißeste? Welcher Fuß ist der schönste? Was ist das Hauptvergnügen der Frauen (Sch. II 130, 1 und I nr. 220–234)? haben ebenfalls in solchen Reihen ihre Anklänge (vgl. O. Mann I 119 und Mitt. d. schles. Ges. f. Volksk. a. a. O.). Unter ihnen sind die Simson-Fragen vertreten, und der Simson-Stoff selbst kommt auch in dem Turandoḥt-Märchen 1001 Nacht XXII 89 vor, wo der Freier die Prinzessin fragt, wer der Mann sei, den sein Pferd vor dem Untergange rettete, indem er Wasser (Schweiß) trank, das weder vom Himmel noch von der Erde kam.

δ) Außer in den R. vom Jahre, Monate und den Wochen des Monates, deren Zahlen sich im Sphinx-R. (Vierbein Zweibein, Dreibein), den eigenartigen Ausmaßen des dreibeinigen Esels und der ihm verwandten Geschöpfe spiegeln, kommen Zahlen im iranischen R. auch sonst vor. Die Zahlenreihe von 1–10 ist selbst Gegenstand eben so vieler R.-Fragen des Aḥt (Jōšt i Frijānō nr. 13 II 65–76; die Zählung ist bei diesen Fragen irrtümlich nicht angegeben), und auf das Nennen von Zahlen läuft auch die Frage nach den Gebärzeiten von 10 Wesen (Elefant, Pferd, Kamel, Esel, Kuh, Schaf, Weib, Hund, Schwein, Katze Jōšt i Frijānō nr. 9 II 49–51) hinaus (ganz ähnlich in Ijjob XXXIX 1; sie steht vielleicht zur Zählung von Jahreszeiten in Beziehung; vgl. F. Bork Memnon IV 103). Eine ,diophantische‘ Aufgabe aus 1001 Nacht VIII 185 lautet: Tauben sitzen teils auf teils unter einem Baume. Fliegt eine hinauf, so sind unten 1/3 so viel als oben; fliegt eine hinab, so sind unten und oben gleich viel. L. 12 = 5 + 7. – Von der Verwendung der Zahlenwerte der Buchstaben zu Zwecken des R. (Tārīch) gab schon oben das R. von Tīr ein Beispiel (vgl. Sch. II 130).

ε) Nur wenige Spuren zeigen, daß das R. auch im Kulte vorkam (s. O. I 1). Ein R. von Jama wurde oben unter γ, ein anderes von Rašnuš, der die Seelen abwiegt, unter β nachgewiesen. Daß die Seele auf dem Wege nach dem Jenseits oder dortselbst Fragen beantworten sollte, ist sehr wahrscheinlich. Im Hadoḥt-Nask 16f. tritt der neu angekommenen Seele die eines früher Verstorbenen mit der Frage, wie sie aus der körperlichen in die geistige Welt gekommen sei, entgegen; doch wird dies getadelt, da der Wegmüde erst mit Speise zu laben sei. Mehr ist nicht erhalten, und sehr wohl könnte das Verlorene ausführlicheres Frag- und Antwortspiel geboten haben. Da die Seele über die Brücke Činwant muß, darf auch Swipdags R.-Gespräch mit dem Brückenwächter Fjolswid (Gering Edda 130ff.) aus dem germanischen Norden verglichen werden. Ein kümmerlicher Nachklang wären dann die Fragen des Engels Gabriel an den alten Luren bei O. Mann II 29. [88]

3. Die Hellenen. a) Bezeichnung und Einteilung. Das Wort αἶνος gebraucht schon Homeros Od. XIV 508 in der Bedeutung von αἰγιγματώδης λόγος; bei Hesiodos ἐ. κ. ἡ. 202 bezeichnet es eine Fabel mit verstecktem, tieferem Sinne, (über die ursprüngliche Bedeutung: ,alter Spruch, der von Munde zu Munde geht‘ und den weiteren Gebrauch vgl. O. Crusius o. Bd. I S. 1029f). Das R. von Eunuch und Fledermaus nr. 32 bezeichnet sich selbst als αἶνος, während Klearchos es als γρῖφος, Platon als αἴνιγμα behandelt. Der Ausdruck αἴνιγμα (αἰνιγμός Aristoph. Ran. 61) begegnet zuerst bei Pindaros (s. S. 92), der ihn vom Sphinx-R. gebraucht, wird dem ἁπλοῦς λόγος entgegen gesetzt (Aisch. Prom. 613) und auf Orakel, R. und Spottreden angewandt. Zu αἶνος verhält er sich ähnlich wie das deutsche raetelin ,Rätsel' zu rât ,Lehre, Spruch‘ (vgl. Crusius a. a. O.). Der dritte Ausdruck γρῖφος (γρῖπος) begegnet zuerst bei Aristophanes (Vesp. 20) und bezeichnet das Fischernetz. Die Frage wird als Netz aufgefaßt, in dem der Gefragte (dem Fische gleich verstummt) sich fängt. Dazu muß sie selbst netzartig verknotet sein; das drückt sich z. B. in der Wendung περιπλοκὰς λίαν ἐρωτᾷς im Ganymedes des Antiphanes (Athen. X 88 p. 459 A) aus. Gewisse rätselartige Gebilde, die auf wunderlicher Verknüpfung von Buchstabenspiel und Zahlenkunststücken beruhen und sehr verwickelt gebaut sind (s. S. 111), haben daher den Anspruch, als γρῖφοι im engeren und vielleicht auch ursprünglichsten Sinne zu gelten, in dem wohl mehr die Genugtuung über kunstreiche, dem Uneingeweihten unbegreifliche Verknotung als die Freude an der Hülflosigkeit des Befragten betont sein mochte. Das Finden und Binden des Dunkeln (vgl. Luther 1 Kor. XIII 12 tunkel Wort für αἴνιγμα) ist nach alter Ansicht ein Hauptmerkmal guter Dichtung, und es darf wohl zum Vergleiche heran gezogen werden, daß Otfried (I 1, 8) von den Dichtern der Vorzeit rühmt, daß sie etwas Rätselhaftes erfanden und zusammen banden (iz dunkal eigun funtan zisamane gibuntan), wie auch die Inder meinen, den Göttern sei das Rätselhafte und Dunkle lieb (s. S. 77).

Eine scharfe Sonderung der Bedeutungen dieser drei hauptsächlichsten Ausdrücke für R. und rätselähnliche Gebilde läßt sich jedoch aus ihrem Gebrauche heraus nicht gewinnen (vgl. Crusius a. a. O. und O² 21, 1); wohl aber finden sich neben ihnen noch andere Bezeichnungen verwandtes Inhaltes: πρόβλημα (Athen. VII 1 p. 276 A. X 72 p. 450 C), λογιστικὸν πρόβλημα (Cert. Hes. et Hom. p. 241 Rz²), λογος (Joseph. ant. Iud. V 8, 6). Hesychios gibt s. αἴνιγμα· ζητήματα) (vgl. ζητήματα δεινά Suva Schol. zu Dionxs. Thrax ed. Alfr. Hilgard in Gram. Gr. III 11), ὁμοιώματα, τεκμήρια. Die alexandrinischen Gelehrten pflegten beim gemeinsamen Mahle im Museion ἀπορίαι (vgl. Plut. VII sap. conv. 10). προβλήματα, ζητήματα aus dem Stegreife zu lösen (Lehrs De Aristot. stud. Hom. 3 p. 197. 211). Auch von ἄπορα ἐρωτήματα (Plut. v. Alex. 64, ähnlich Lucian dial. mort. 18, 8; Demonax 39) sprach man im selben Sinne. Alle diese Bezeichnungen schillern durcheinander, und die [89] Hellenen selbst haben sie nie in ein klares System gebracht.

Während Herakleitos und Platon dem R. aufgeklärt und recht ablehnend, Kathartiker, Pythagoräer und ähnliche Geheimbündler namentlich seiner symbolisch-kultischen Verwendung mit deutungsbereitem Staunen gegenüber standen, Geschichtschreiber und Tragiker im R.-Orakel ein Mittel zur Steigerung der Spannung fanden und die Komiker besonders das Zweideutige am R. ausschlachteten, haben die Sophisten nicht nur die aporistische und dialektische Seite des R.-Spieles gepflegt (vgl. O² 13f.), sondern gewiß auch die ersten Versuche gemacht, theoretisch an das R. heran zu treten. Jedoch erst bei Aristoteles sehen wir es an seinem bescheidenen Platze im Lehrgebäude der Rhetorik. Die Definition in der Poetik lautet (22 p. 1458 a 26): αἰνίγματος γὰρ ἰδέα αὕτη ἐστί· τὸ λέγοντα ὑπάρχοντα ἀδύνατα συνάψαι (vgl. O² 18). Erwähnt wird an dieser Stelle und auch in der Rhetorik (Γ 2 p. 1405 b 4) das R. vom Schröpfkopfe nr. 28. Auch betrachtet Aristoteles ganz im Sinne der später allgemein vertretenen Auffassung die Apophthegmen als rätselähnliche Gebilde (αἰνιγματώδη Β) 21 p. 1394 b 34). Sein Schüler Klearchos verfaßte ein Buch περὶ γρίφων, aus dem Athenaios im X. Buche seiner Deipnosophisten reiche Auszüge (c. 69–89, übersetzt bei Sch. I 1–21) erhalten hat. Die Definition des Klearchos lautet: γρῖφος πρόβλημά ἐστι παιστικόν, προστατκτικὸν τοῦ διὰ ζητήσεως εὑρεῖν τῇ διανοίᾳ τὸ προβληθὲν τιμῆς ἢ ἐπιζημίου χάριν εἰρημένον. Er unterschied 7 Arten R., deren 3 erste: Buchstaben-R., Silben-R., Namen-R., bei Athenaios genannt und mit Beispielen belegt werden, während der Bericht über die 4 übrigen Arten fehlt (was Maximilian Weber De Clearchi Solensis vita et operibus, Diss. inaug. Breslau 1880 nicht gesehen hat, und wodurch O² 75 veranlaßt wurde, einen Gegensatz zwischen Klearchos und Athenaios anzunehmen). Offenbar aber schritt Klearchos von dem ihm einfach Scheinenden zum Zusammengesetzten nach dem Aufbaue der Redeteile fort, den er in der Poetik seines Lehrers (20 p. 1456 b 20) vorgezeichnet fand; nur daß er den σύνδεσμος wegließ, so daß στοιχεῖον, συλλαβή, ὄνομα, ῥῆμα, ἄρθρον, πτῶσις, λόγος übrig blieben. Im ersten Buche seiner παροιμίαι berührte er den Gegenstand ebenfalls (Auszug bei Athen, p. 457 D-F) und erklärte τῶν γρίφων ἡ ζήτησις οὐκ ἀλλοτρία φιλοσοφίας ἐστί, καὶ οἱ παλαιοὶ τὴν τῆς παιδείας ἀπόδειξιν ἐν τούτοις ἐποιοῦντο. Dann schilderte er den Gebrauch, beim Gelage R.-Fragen aufzugeben, den auch Plutarchos zur Belebung seines Gastmahles der 7 Weisen benutzte und den Athenaios vor Augen hatte, als er in seinen Deipnosophisten uns unter Anderem auch eine R.-Sammlung bot. Tryphon περὶ τροπῶν 4 (Rh. gr. III 193 Sp.) nennt 6 Arten des R.: γίνεται δὲ τὸ αἴνιγμα κατὰ τρόνους ἕξ: καθ’ ὅμοιον (a simili), κατ’ ἐναντίον (a contrario), κατὰ συμβεβηκός (per accidens), καθ’ ἱστορίαν (ab historia), καθ’ ὁμωνυμίαν (per aequivocationem), κατὰ γλῶσσαν (secundum linguarum proprietates). Von den Versuchen später Synomymiker (vgl. Poll. onom. VI 107), zwischen αἴνιγμα und γρῖφος zu unterscheiden, verdient [90] der des Schol. zu Aristid. III 509 ed. Dind. ὅτι τὸ μὲν αἴνιγμα ὁμολογεῖ τις ἀγνοεῖν, τὸν δὲ γρῖφον ἀγνοεῖ δοκῶν ἐπίστασθαι Beachtung. Aber auch er beruht mehr auf richtigem Vermuten über den ursprünglichen Sinn des Wortes γρῖφος als auf Beobachtung tatsächlichen Gebrauches.

Diese Definitionen, Einteilungen und Sonderungen sind Theorie aus bloßen Begriffen, und Klearchos, der auch Beispiele gab, ist der Einzige, von dem wir wissen, daß er sie an der Fülle der R.-Überlieferung seines Volkes zu erproben versuchte. Sicherlich wird auch er nicht mit seinen 7 Arten ohne Gewalttat ausgekommen sein. So mußten ihm, wenn diese wirklich den Arten der Rede entsprachen, z. B. die Bilder-R. ernste Schwierigkeiten machen. Aber Dichtung und Überlieferung hatten nichts mit solchen Künstlichkeiten zu tun, die eben deshalb sich auch nicht verwerten lassen, wenn man die erhaltenen R. und rätselähnlichen Gebilde sichten, sammeln und ordnen will.

b) Überlieferung. α) Rätsel im engeren Sinne.

1. In der älteren Literatur.

Homeros.

Ἰλιας VI 179 (vgl. XVI 328 und Hesiod. Theog. 319ff.). 1. R. von der Χιμαίρα. Jedoch ist X. nicht die richtige L., sondern nur ein Teil des geschilderten R.-Wesens nach Sch. I nr. 11 (vgl. II 60ff.) und Hüsing Krsaaspa S. 20 (dagegen Blümner Wochenschr. 1910 nr. 15). Über die nahe Beziehung zur Gruppe des Sphinx-R. (nr. 17–25) s. S. 93. Zu diesem R. von der Chimaira stellt Sch. II 71 das 2.[1] R. von Thetis AP XIV 27, in dem O² 187 τήθη statt als Großmutter als Schwiegermutter auffaßt, um in der ,Schwiegermutter der Kinder mordenden Hekabe‘ Medeia zu finden. Aber Sangarios ist der Sohn des Okeanos und der Thetis (Hesiod. Theog. 344) und Vater der Hekabe (Apollod. Bibl. III 12, 5; vgl. Paus. VII 17, 11).

Ὀδύσσεια XII 127ff. (vgl. Schol. und Eustath. p. 1717, 32ff. z. St.). 3. R. vom Jahre. Die 7✕50 Kühe und eben so vielen Schafe auf Thrinakia deutete schon Aristoteles (frg. 167 p. 1506 a 5) als Tage und Nächte des Mondjahres (vgl. Luc. astrol. 22. Max Müller Essays II 147). Ähnlicher, jedoch bereits auf das Sonnenjahr weisender Sinn liegt den 360 Ebern, die von 4 Hunden zusammen gehalten werden (Od. XIV 13ff.), zu Grunde; die Säue des Eumaios sind (zu 50) in 12 Ställen unter gebracht (vgl. J. G. v. Hahn Sagwissensch. Studd. 413). Die 4 Hunde im Hom. hymn. in Merc. 192ff. und die 12 Stiere in der Herde des Augeias (Theocr. idyll. 25, 130) sind Einkleidungen verwandter Gedanken. In AP XIV 4 sind die Herden des Augeias selbst Gegenstand einer diophantischen Aufgabe. Vgl. über andere R. vom Jahre nr. 30.

Hesiodos.

Κήυκος γάμος frg. 158 Rz. 4. R. vom Feuerbohren. O² 93 vergleicht Nordisches, [91] Sch. II 109 Kultisches aus dem Pariser Zauberpapyrus f. 14 l. 1235ff. Den Spruch ΘΡΙΨΙΦΙΡΙΘΙΠΙCΑΛΙ dortselbst deutet er θερμοῦ θρίψει φιριφιπι σαλεῖ. Dann wäre ΦΙΡΙΦΙΠΙ klangbildliche (vgl. Sch. II 37) Bezeichnung für die Reibhölzer. Hinweis auf Indisches, Sch. II 118. – Hesiodische Zahlen-R. s. nr. 107 u. 110f.

Simonides,

5. R. von der Schmiede, aus Chamaileon π. Σιμονίδου bei Athen. X 84 p. 456 C–E (B⁴ III 506f.). In der Erläuterung des R. bei Athen. liest Sch. ἐν χαλκείῳ τρίποδι statt ἐν Χάλκιδι (Begründung I 31). Ein ausführlicher Versuch, das R. zu deuten und zu Kultischem in Beziehung zu setzen, bei Sch. II 111–115. 6. R. von Esel und Gerste, ebd. (B⁴ III 507). Es bezieht sich auf eine bildliche Darstellung im Apollontempel von Karthaia, welche Epeios den Atreiden Wasser holend zeigte, und auf den Wettkämpf (der Choreuten des Simonides), der nach O² 133 selbst τέττιξ hieß. Das μέγα δεῖπνον ist ein Scheffel Gerste für den Esel. 7. R. vom Schnee, ans Kallistratos συμμίκτων ζ’ bei Athen. III 99 p. 125 C D. Vgl. O² 134 u. S. 106.

Theognis.

8. R. vom Muschelhorne (κόχλος), v. 1230 bei Athen. X 85 p. 457 B (vgl. Hesych. s. κόχλος). O² 131 vergleicht aus Bielenstein, 1000 lettische R., Mitau 1881 nr. 868 vom Bockshorne. Eine bloße Erweiterung daraus ist das umständliche 9.* R. von der Schnecke, AP Append. VII 32 (vgl. ebd. 65) und das 10.* R. vom Pergamente, AP Append. VII 34, das auf demselben Gedanken aufgebaut ist (vgl. ebd. 27). – Rätselähnlich sind bei Theognis v. 257–260, 261–266, 861–864, 939–942, 949–954, 1197–1202, 1209–1216.

Pigres.

Βατραχομαχία (über Titel und Verf. s. zuletzt A. Ludwich Königsberger Index lect. 1900/1) v. 294–299. 11. R. vom Krebse. Es zeichnet sich dem Stile nach dadurch aus, daß lauter beschreibende Ausdrücke sich häufen, deren manche für sich allein schon auf den Krebs raten ließen. Besonders zu beachten ist, daß dem Krebse 8 Beine zugeschrieben werden (vgl. Plin. n. h. IX 31, 97). Diesem R. des Karers Pigres steht nach Stil und Inhalt äußerst nahe das 12.* R. vom Ichneumon im Sphingokarion des Eubulos (s. d.) bei Athen. X 71 p. 450 A, das offenbar bloß oberflächlich im letzten Verse (παίδων ἀγόνων γόνον ἐξαφανίκων) den Eigenschaften des Vertilgers der Krokodil-Eier angepaßt ist. Im Einzelnen sind gegenüber zu stellen:
aus Pigres aus Eubulos
ἀπὸ στελέων ἐσορῶντες ἀττελεβόφθαλμος
ψαλιδόστομοι μὴ πρόστομος
δικάρηνοι ἀμφικέφαλος
χειροτένοντεςι αἰχμητήςς
ἀχηρίες παίδων ἀγόνων γόνον ἐξαφανίζων.

Da das R. bei Eubulos einem karischen Sklaven, der sich als ,Sphinx‘ gebärdet, in den Mund gelegt ist, scheint es sich um ein karisches R. zu handeln, dem die rätselartige Schilderung des Heuschreckenschwarmes Joël II inhaltlich verwandt ist. Wahrscheinlich auf Euripides geht [92] zurück (O² 160) das 13.* R. von der Schildkröte bei Cic. divin. II 64 aus der Tragödie ,Antiopa‘ des Pacuvius, wo es dem Amphion in den Mund gelegt ist. Daß sich Pacuvius genau an Euripides anlehnte, berichtet Cic. de fin. I 2, 4 (vgl. Probus in Verg. Ecl. II 25. Hyg. fab. 8). Das R. verwendet auch einen Zug aus Hom. hymn. in Merc. 29ff. und ist im letzten Verse mit nr. 8 zu vergleichen, ferner mit Symphos. nr. 20 (Anth. Lat. I 192 Riese). Kürzer sind drei 14.* R. von der Schnecke aus Teukros ὁρισμοί bei Athen. X 83 p. 455 E (FHG IV 509), aus Athen. II 63 p. 63 B (ἐν τοῖς συμποσίοις γρῖφος) und aus Cic. divin. II 64, wovon die beiden letzten fast wörtlich überein stimmen (vgl. S. 99 u. AP Append. VII 38). – Zur Gruppe dieser R. vom Krebse (vgl. Kreutzwald Ehstnische Märchen nr. 8 S. 106 ,ein Fisch, der kein Fisch ist und wohl Augen hat, ,aber nicht im Kopfe‘) und anderen hartschaligen Tieren gehört aber auch das nach anderer Richtung entwickelte 15.* R. vom Krebse oder Schmeichler (κόλαξ); über die karischen κολακίδες vgl. Klearchos Γεργίθιος bei Athen. VI 67 p. 265 C D, FHG II 310 und Pkt. quom. adul. ab am. intern. 3) bei Plut. quom. adul. ab am. intern. 9, der es offenbar aus einer Komödie hat (O² 169). Sch. I 40f. sucht durch einige Umänderungen zum Volkstümlichen ein älteres R. von den χειρογάστορες daraus zu gewinnen, die bei Platon Symp. p. 189 D (vgl. F. Röck Memnon VI 173f.) als 8gliedrige, zweiköpfige, den Göttern schreckliche Wesen auftreten (vgl. das R. des Aulikalamos vom Nußknacker [2] bei Boissonade Anecd. Gr. III 454 und Sch. II 45, 2). Im selben Stile wie oben nr. 11 muß sich das 16.* R. vom Affen (πίθηκος) gehalten haben, das offenbar dem ,literarischen Portraite‘ (vgl. o. Bd. VI S. 1714) zu Grunde lag, das Alkaios bei Diog. Laert. I 4, 9 von Πίττακος als σαράπους, χειροπόδης, γαύρηξ, φύσκων, γάστρων, ζοφοδροπίδας, ἀγάσυρτος entwirft. – Ähnliche Häufung von beschreibenden Ausdrücken kennzeichnet die nr. 58 und z. T. die Stücke aus dem Ἀφροδίσιος des Antiphanes S. 100.

Ältester Zeuge für die Gruppe der Sphinx-R. ist

Pindaros

Carm. frg. 62 Schn., der von einem αἴνιγμα παρθένου ἐξ ἀγριᾶν γνάθων spricht. Hiermit meint er offenbar nur ein besonders berühmtes, also das eigentliche Sphinx-R. Aus dem Verlaufe ähnlicher R.-Wettkämpfe ist aber zu schließen und überdies aus der Überlieferung zu belegen (s. S. 93), daß die Sphinx auch noch andere (wahrscheinlich 2) R. vor dem letzten, an dessen L. der Tod geknüpft war, aufgab, so daß alle 3 R. eine Kette bilden. Diese bestand in zwei stark verschiedenen Formen, deren eine das eigentliche Sphinx-R., deren andere eine Verkümmerung desselben enthielt. Da das homerische R. von der Chimaira ebenfalls zur Gruppe der Sphinx-R. gehört (s. nr. 1), haben wir natürlich eine lange vor der ersten Bezeugung durch Pindaros liegende Überlieferung vorauszusetzen. Den Anschluß an iranische Formen s. S. 83ff. Das 17. R. von der Sphinx (boiot. Φίξ, s. Meister Gr. Dial. I¹ 267 und Gruppe [93] Gr. Myth. 522ff.) hatte die ,Sphinx‘ und nicht den Menschen zur eigentlichen L. (vgl. Hüsing Iran. Uberl. S. 42ff.). Die älteste uns erhaltene Fassung bot Asklepiades aus Tragilos (bei Athen. XIV 83 p. 456 B. Tzetz. Lycophr. 7. Hypoth. zu Soph. Oid. tyr. AP XIV 64; die L. ἄνθρωπος Schol. zu Eurip. Phoin. 50 und AP II 643) in seinen Tragodumenen. Die Überlieferung bietet einige tiefer in den Sinn einschneidende Lesungen, mit deren Hülfe das R. in folgender Form herzustellen ist:

ἔστι δίπουν ἐπὶ γῆς καὶ τέτραπον – οὐ μία φωνή – καὶ τρίπον, ἀλλάσσει δὲ φυὴν μόνον ὅσσ’ ἐπὶ γαῖαν ἑρπετὰ κινεῖται ἀνά τ’ αἰτέρα καὶ κατὰ πόντον· ἀλλ’ ὁπόταν πλείστοισιν ἐρειδόμενον ποὶ βαίνῃ, ἔνθα τάχος γυίοσιν ἀφαυρότατον πέλει αὐτοῦ. v. 1 οὐ μία codd. AP und Laur. Soph. hat gegenüber dem οὗ μία des Par. 3058 und der übrigen Überlieferung den Vorzug; denn da die 3 Gestalten 3 verschiedenen Tierformen angehören (Stier, Jüngling, 3beiniger Esel; vgl. Hüsing Iran. Überl. 54), müssen sie auch verschiedener Stimme sein. Tzetzes μορφή statt φωνή ist in diesem Sinne zu beachten. | v. 2 φυὴν codd. Soph., φύσιν Athen., βοὴν Tzetzes, was im Zusammenhange mit μορφή neuerlich als gute Variante Beachtung verdient. | v. 3 κινεῖταιν Schol. Phoen., Par. 3058, γίνονται Athen., sonst γίνηται. | v. 4 ἐρειδόμενον Athen, und zu stützen durch das βάκτρον ἐρείδει der L., ἐπειγόμενον 3 codd. Soph., Tzetz. | v. 5 statt τάχος bietet das Euripidesschol. μένος. Da das Dreibein in einen Kampf verwickelt wird, könnte diese Schreibung noch Ursprüngliches enthalten. – Die jüngeren Fassungen (Apollod. bibl. III 5, 8 τί ἐστιν ὃ μίαν ἔχον φωνὴν τετράπουν καὶ δίπουν καὶ τρίπουν γίνεται; Diod. IV 64, Schol. Hom. Odyss. XI 271, Schol. Aristid. A III p. 508 Dind.) stimmen mit der neugriechischen Form des R. (B. Schmidt Gr. Märchen 144 aus Arachoba am Parnassos, S. 248 von Zakynthos und von Lesbos) überein und stellen eine wesentliche Verkürzung und Verschiebung dar. Daß es sich um Wesen verschiedener Stimme handelt, ist vergessen, ebenso die Beziehung zu den 3 Reichen (γαῖα, αἰθήρ, πόντος), welche bei Asklepiades noch deutlich ist und denen eben die 3 Tierformen (über die Tierschwäger im Verhältnisse zum Sphinx-R.-Märchen s. Hüsing Kr̥saaspa 34) des ,Sphinx‘'-Körpers (vgl. J. Ilberg Die Sphinx in der griechischen Kunst und Sage, Progr. Leipzig 1896 und Auson. griph. tern. num. 37–41 p. 202 Peiper) entsprechen. Dagegen kennt die neugriechische Fassung von Lesbos die Beziehung zu Morgen, Mittag und Abend, welche auch im alten deutschen R. (R. Köhler Kl. Schr. I 115) und bei zahlreichen Völkern (Nachweise bei Sch. II 65) sich findet (vgl. OLZ 1911, S. 439).

Wie das neugriechische Volksmärchen, in dem Sphinx und Iokaste noch eine Person sind und Oidipus seine Sphinx heiratet (B. Schmidt S. 143), 3 R. kennt, nämlich eines von Kronos (falsche L. Meer), ein zweites von Chronos (,das Ding, das schwarz und weiß aussieht und nimmer altert‘; vgl. S. 83), ein drittes von der Sphinx (falsche L. Mensch), so hat auch das Altertum außer dem berühmten ,eigentlichen‘ auch noch [94] andere ,Sphinx‘-R., d. h. eine Kette von R. der Sphinx, gekannt. Gleich Asklepiades war auch Theodektes von Phaselis Schüler des Isokrates; seine Geschicklichkeit im Aufgeben und Lösen von R. rühmt Hermippos bei Athen. XIV 75 p. 451 D. Sein 18. R. von Tag und Nacht, zu dem in der AP XIV 40 (vgl Tryphon π. τρ. 4 Rh. gr. III 193 p.) noch zwei Verse hinzu gekommen sind, stand in seinem Drama Οἰδίπους, kann also wohl nur ein Sphinx-R. gewesen sein und stimmt seinem Inhalte nach sehr gut zu dem zweiten neugriechischen von dem ,Ding, das schwarz und weiß aussieht‘. Zur Gruppe dieses zweiten Sphinx-R. gehört das 19.* R. ohne L. in AP XIV 41, das von einem Wesen handelt, welches seine Mutter gebiert und von ihr wieder geboren wird, bald größer ist als sie und bald auch kleiner. Trotz der späten Bezeugung gehört das R. zu den ältesten. Indisch lautet es aus Aditī Dakša entstand, jedoch aus Dakša Aditī (R̥gw X 72, 8. Verwandt ist der liturgische Spruch ταῦρος δράκοντος καὶ πατὴρ ταύρου δράκων [ἐν ὄρει τὸ κρύφιον, βουκόλος τὸ κέντρ⟨ι⟩ον]; vgl. A. Dietrich Eine Mithrasliturgie² 215 u. 236; ein Ausklang ist vielleicht das zum Teile reichere mittelalterliche R. vom Schustern, das P. Feit Mitt. d. schles. Ges. f. Volksk. Heft XIV 6 behandelt). Das R. war auch in Rom den Kindern in der Form mater me genuit, eadem mox gignitur ex me mit der L. aqua, glacies geläufig (Pompeius commentum gr. Lat. V 3, 11 Keil). O² 54 gibt Vergleichsstoff bei anderen Völkern, Sch. II 23f. entwickelt noch außerdem, daß zur selben Gruppe gehöre und auf chronologische (Mond-)Vorstellungen zurück gehe das 20.* R. von der Dattelpalme, AP XIV 42, erweitert AP XIV 57, und das 21.* R. vom Salze (εἰς ἅλας; dafür Blümner Wochenschr. 1912, 1026) oder vom Regentropfen (Sch. I 63) in AP Append. VII 81.

Die andere verkümmerte R.-Kette überliefert Athen. X 78 p. 453 B (B⁴ III 668) als ἀρχαιότατος λογικὸς γρῖφος, und zwar ein 22. R. von der Seele (ψυχὰς ἔχειν, zur Deutung vgl. O² 106, 3), ein zweites 23. R. von der Zeit (χρόνος), dessen L. mit der des zweiten Sphinx-R. überein stimmt, endlich ein drittes homonymisches 24. R. von ἄρκτος, ὄφις, ἀετός, κύων, das bei Aristoph. Vesp. 21 in einem Spott-R. auf Kleonymos (vgl. S. 99) anklingt und das Meineke danach in der Form

τί ταὐτὸν ἔστ’ ἐν οὐρανῷ κἀν γῇ τε κἀν θαλάττῃ

wieder herzustellen versucht hat. Eine sehr ernsthaft gemeinte Fassung desselben Grundgedankens, in der aber die Beziehung zum Sphinx-R. noch deutlicher hervor tritt, ist der pythagorische R.-Spruch von den 3 Wesenheiten des Meisters ἄνθρωπος δίπος ἐστὶ καὶ ὄρνις καὶ τρίτον ἄλλο (Iambl. v. Pyth. 144), deren dritte eben sein Dasein als Πυθαγόρας ist (vgl. Nikom. b. Iambl. v. Pyth. 31. Hierokl. in aur. Carmen 47). Dazu wird als später Nachklang blassester Art zu stellen sein das 25.* R. von κάλως, ἅλως in der AP Append. VII 61, in dem Meer und Erde vertreten sind, aber das Luftreich fehlt, obgleich ἅλως auch den Mondhof bedeutet. Diese beiden R. enthalten also noch die Vorstellung von den 3 Reichen, und das des Athenaios [95] weist durch seine L. noch auf die Tierschwäger (s. S. 93) hin. Es sind ja in der Tat als L. Tiere der 3 Reiche genannt.

Ältere Literatur zum Sphinx-R. bei O² 25, 1, Ausführliches über die Beziehung dieses R. zum Mythos bei Georg Hüsing Die iranische Überlieferung 42–55 (Das R. der Sphinx), (Kr̥saaspa im Schlangenleibe S. 19–22, Sch. II 60–73, wo auch Vergleichsstoff anderer Völker heran gezogen ist.

Herakleitos.

26. R. von der Lausjagd, frg. 56 (Diels FVS² I 70, 1). Auch Aristoteles (frg. 66 p. 1487 a 25) kannte es (vgl. Plut. de v. et poes. Hom. I 4). Weitere Nachweise, auch aus den Homerviten, bei O² 31, 1. In Pompeji wurde das R. unter den Wandinschriften gefunden (Dilthey Epigr. gr. Pomp. rep. trias 12. Kaibel Epigr. Gr. 1105), Symphos. nr. 30 (Anth. Lat. I 193 Riese) hat es nachgedichtet. Nachweise von Vergleichsstoffen bei O² 31, 1, 2 (Wossidlo I 243 nr. 990 var. 2).

Kleobulos und Kleobuline.

Über die R.-Sammlung des Kleobulos handelte v. Wilamowitz Textgesch. d. gr. Lyriker 40, 3, über die Herkunft der R. der Kleobuline aus dem Aisopos-Romane O. Crusius Philol. LV 1ff. Berühmter als Kleobulos scheint seine Tochter Eumetis, nach ihrem Vater Kleobuline genannt, gewesen zu sein; ihr Ruhm erstreckte sich bis Ägypten (Plut. VII sap. conv. 3 p. 148 D); der Titel Κλεοβουλῖναι des Stückes des Kratinos (Diog. Laert. I 89. Kock I 39–41) beweist, daß sie typische Figur war. Ihr schreiben bereits (über Ansätze der Sieben-Weisenstoffe, welche bis ins 6. Jhdt. zurück reichen, vgl. J. Mikolajczak Breslauer philol. Abh. 9, 1, 1902) die um 400 aus Schulvorträgen eines dorisch schreibenden Sophisten entstandenen Δισσοὶ λόγοιDiels FVS² I 642, 10) das 27. R. vom Ringkampfe(?) zu (B⁴ II 62). Zu dieser L. kam v. Wilamowitz Herakles² I 67 und Hermes XXXIV 1899, 219 durch Änderung des überlieferten ἦν πάλαι in ἐν πάλᾳ) (dagegen O² 159). Diesem R. steht auch inhaltlich außerordentlich nahe das 28. R. vom Schröpfkopfe (σικύας προσβολή; vgl. nr. 86), das Aristoteles Rhet. Γ 2 p. 1405 b 1 und de art. poet. XXII 2 p. 1458 a 29 kennt, jedoch ohne Kleobuline zu nennen. Das tut erst Plut. VII sap. conv. 10 p. 154 C, und um einen Vers erweitert begegnet das R. bei Athen. X p. 452 B C. Ein drittes R. der Kleobuline, und zwar ein 29. R. von der phrygischen Flöte, hat Plut. VII sap. conv. 5 p. 150 E F. Vgl. Crusius a. a. O. und adnotatio in Anthol. p. XXI, ferner O² 159. Flöten aus Eselsknochen erwähnt Plin. h. c. XI 215. XVI 172. Damit hängt zusammen, daß Midas, der als Erfinder der Querflöte galt (Plin. n. h. VII 204), Eselsohren empfängt, weil er die Flöte des Pan bevorzugt hat. Vgl. Gruppe Gr. Myth. 798, 5. – Nach den ὑπομνήματα der Pamphile schreibt Diog. Laert. I 91 das 30. R. vom Jahre (vgl. nr. 3) dem Kleobulos zu (B⁴ III 201f.). Damit stimmt AP XIV 101 (das Lemma des cod. 3058, das sich auf dieselbe Quelle beruft, um Midas als Urheber des R. zu erhärten, beruht auf einem Verlesen der Stelle [96] bei Diog. Laert. , wo Μίδα unmittelbar vorher im Texte steht) überein; bei Hesychios steht es s. v. Κλεοβουλίνη) (vgl. Stob. ed. 18, 37 Wachsm.). Im zweiten Verse schwankt die Überlieferung, den 12 Söhnen des Vaters 30 Kinder (παῖδες τριάκοντα) oder 60 Töchter (κοῦραι ἑξήκοντα Stob.) zuzuschreiben. Über das nur oberflächlich anklingende R. vom Jahre im Aisopos-Romane (Vita Aesopi ed. Alfr. Eberhard XXXI 88b) vgl. S. 123, über das R. vom Jahre im Allgemeinen A. Wünsche a. a. O. O² 95, 2. Sch. II 28f.

Certamen Hesiodi et Homeri

(Hes. carm. ed. Rz.² 233ff.). V. 102f. des Agones entspricht dem v. 1282f. im ,Frieden‘ des Aristophanes, der 421 zum ersten Male aufgeführt wurde. A. Busse Rh. Mus. N. F. LXIV (1909) 108–119 nimmt daher an, der Kern des Agones sei nicht lange vorher aus bei Gelagen üblichen Vexierfragen samt Antworten zusammen gestellt und veröffentlicht worden. Den Anstoß hierzu habe ein Mißverständnis des Alkidamas gegeben, der die (von Plutarchos als unecht bezeichneten) Verse 654–662 in Hes. ἐ. κ. ἡ. im Sinne eines Wettsingens der beiden Dichterfürsten gedeutet hätte. Das erklärt vielleicht, weshalb Homeros und Hesiodos die Personen des Agones sind, nicht aber das Motiv des Sängerkrieges selbst, das natürlich älter ist und seine Vorläufer in Überlieferungen wie dem Seherkriege (s. S. 113) oder dem Wettkampfe des Thamyris und der Musen (Il. II 595ff.) hat, der mit der Blendung des Sängers endet. Den Agon hat O² 35–47 eingehend behandelt; als R. im engeren Sinne lassen sich heraus heben das Rechen-R. Nr. 112 und das kosmische 31. R. vom Weltenende (ohne L.). Busse a. a. O. hält mit Rechte die Fassung des Lesches bei Plut. VII sap. conv. 10 p. 154 A für älter. In ihr fehlt aber der Schluß des zweiten Verses, der etwa den Sinn haben mochte: ,noch jetzt geschieht‘ (Sch. I 118). Vgl. S. 83.

Platon

πολιτεία V 479 B C spricht vom 32. R. von Eunuch und Fledermaus: τοῖς ἐν ταῖς ἑστιάσεσιν, ἔφη, ἐπαμφοτερίζουσιν ἔοικε, καὶ τῷ τῶν παίδων αἰγίγματι τῷ περὶ τοῦ εὐνούχου τῆς βολῆς περὶ τῆς νυκτηρίδος, ᾧ καὶ ἐφ’ οὗ αὐτὸν αὐτὴν αἰνίττονται βαλεῖν. Klearchos π. γρ. bei Athen. XIV 76 p. 452 C schrieb es einem Πανάρχης zu in der Form ὅτι βάλοι ξύλῳ τε καὶ οὐ ξύλῳ καθημένην ὄρνιθα καὶ οὐκ ὄρνιθα ἀνὴρ τε κοὐκ ἀνὴρ λίθῳ τε καὶ οὐ λίθῳ’. τούτων γάρ ἐστι τὸ μὲν νάρθηξ, τὸ δὲ νυκτηρίς, τὸ δὲ εὐνοῦχος, τὸ δὲ κισηρίς. Die späteren, aber ausführlicheren Fassungen mit denen nicht nur Deutungen der Gegenstände, auf die sich das R. bezieht, sondern auch Andeutungen über die Handlungen, die es voraussetzt, überliefert sind, zerfallen in zwei Typen. Der eine bringt bloß die gegensätzlichen Bestimmungen (z. B. ἀνήρ τε κοὐκ ἀνήρ), der zweite bekräftigt sie noch (ἄνθρωπος οὐκ ἄνθρωπος, ἄνθρωπος δ’ ὅμως). Der erste wird vertreten von Suidas s. αἴνος. Phot. s. νυκτηρίδος αἴνος. Eustath. Il. X 713, 10. Trypho π. τρ. Rh. gr. III 193 Sp. (vgl. auch Moschopulos 75, Georg. Choerobosk. 20 Rh. gr. III 253 Sp.), der zweite von Schol. Plat. a. a. O. und Schol. Arist. IV p 14b. Joh. Schweighäuser [97] fügt in seinen Animadversiones in Athen, deipn. V 559 hinzu: iuvabit huc transcribere idem aenigma duobus membris auctum, quale ex nescio quo auctuario ad Phaedri fabellas exhibuit Brunck in Notis ad Analect. T. III 308 praescripto hoc lemmate: εὐνοῦχος στραβὸς ὢν νυκτηρίδα ἐπὶ νάρθηκος καθημένην κισσήρει βάλλει καὶ ἀστοχεῖ. O² 53 vergleicht ein deutsches R. bei Simrock R.-Buch³ 42f., das dem ersten Typus, Sch. II 46ff. auch noch ein anderes deutsches bei H. Frischbier in Am Urquell II 167 nr. 5, das dem zweiten Typus entspricht, und indische (A. Hillebrandt Vedische Mythol. I 248. III 256f.; vgl. S. 67) Formen. Zu dem dort nachgewiesenen Mythenmotive ,Meisterschuß nach dem kosmischen Vogel‘ ist nachzutragen das Wettschießen des Blinden und des Lahmen nach der an dem Tore mittels eines Strickes aufgehängten Baba Jaga, wie es sich aus Afanassiew-Meyer Russische Volksmärchen I 168 und II 26 ergibt. Vgl. S. 66.

Herodotos

I 66 Orakel der Pythia an die Lakedaimonier, Arkadien betreffend. Sch. II 111, 2 versucht, daraus als obscönes 33. R. heraus zu heben: ein Gehöfte mit Fußgestampfe durchtanzt, ein Gefilde mit der Meßschnur durchmessen.

I 67 Orakel der Pythia an die Tegeaten, die Leiche des Orestes betreffend. Sch. II 111 versucht, daraus als obscönes 34. R. heraus zu heben: es gibt ein Gehöfte im freien Lande, wo zwei Winde mächtig blasen, wo Schlag und Widerschlag sind, Unheil auf Unheil liegt. Die L. bei Herodotos meint die Schmiede mit zwei Blasebälgen, Amboß und Hammer. Zu πημ’ ἐπὶ πήματι vgl. Sophocl. Antig. 595 und eine andere L. dieser Kenning in 1001 Nacht, Henning XXII 34 und Afanassiew-Meyer II 106. In der Wilkina-Saga 77 (F. H. von der Hagen Heldensagen I 102. 109) soll Bodwild ihrem Sohne von Wieland sagen, daß er ihm Waffen geschmiedet und dort verwahrt habe, wo das Wasser herein und der Wind hinaus gehet. Und das war dort, wo er das Eisen kühlte.

I 46–49. Kroisos χελώνην καὶ ἄρνα κατακόωας ὁμοῦ ἧψε αὐτὸς ἐν λέθητι χαλκέῳ χάκξειβ ἐπίθημα ἐπιθείς. Die Pythia aber soll nicht die Bedeutung dieser wunderlichen Handlung, sondern diese selbst erraten. Ihre Antwort spielt auf volkstümliche Fragen an (vgl. Sch. I 69 und die Aufgabe bei Plut. VII sap. conv. 6 p. 151 B–D, deren L. durch Bias an die Bedingung erinnert, unter welcher das Hirtenbüblein bei Grimm KHM nr. 152 die Zahl der Tropfen im Meere angeben will). Sch. II 80 hebt dazu hervor, der Frevel des Kroisos werde ehedem schwerlich in der Erprobung der Pythia, sondern eher in der Zerstückung von Lamm und Schildkröte bestanden haben, und vergleicht das auch von O² 176 als 35.* R. von der Lyra aufgefaßte Distichon AP XIV 30, das von einem Wesen handelt, dessen Vater der Widder, dessen Mutter die Schildkröte ist und das seine Eltern tötet. Namentlich der letzte Zug paßt nicht auf die Lyra. Wohl aber spricht Herod. I 51 von der ἀρτοκόπος Κροίσου und bei Kunos Türkische Volksmärchen 29 finden wir eine Schildkröte als Bäcker.[98]

Pausanias.

IV 12, 3–4 Orakel der Pythia an Aristodemos. Aus ihm hebt O² 142 als volkstümliches 36. R. von den Augen den Vers τῶν δύο συντυχίαις κρυπτοῦ λόχου ἐξαναδύντων hervor, der sich darauf bezieht, daß der messenische Seher Ophioneus, der von Geburt blind war, plötzlich das Augenlicht erhielt. Allein der Name Ὀφιονεύς läßt eher daran denken, daß hier orphische Vorstellungen von dem Zwitter Phanes (vgl. das δύο des Orakels), die Sch. II 52f. entwickelt hat, in der Sage ihren Niederschlag fanden.

2. Im Drama, a) Tragödie.

Aischylos Κρήσσαι (frg. 116 N.) und

Sophokles Πολύιδος (frg. 363 N.), bei Athen. II 37 p. 51 D, haben die Sage von Glaukos und Polyidos (vgl. Roscher Mythol. Lexikon s. Glaukos und O² 87–91) dramatisch behandelt, in welcher das 37. R. von der dreifarbigen Kuh des Minos eine besondere Rolle spielte. Glaukos ist bei der Verfolgung einer Maus in ein Honigfaß gefallen und gestorben. Das Orakel der Kureten (Apoll. bibl. III 3, 1. 2) oder des Apollon (Tzetz. zu Lyk. 811. Hyg. fab. 136) erklärt, in der Herde des Minos befinde sich eine dreifarbige Kuh (βοῦν τριχρώματον) oder ein dreifarbiges Kalb (vitulum, qui ter in die colorem mutaret per quaternas horas, primum album, secundo rubeum, deinde nigrum), und wer den besten Vergleich darauf finde, werde auch den Glaukos finden. Hyginus sagt noch dunkler monstrum vobis natum est; quod si quis solverit, puerum vobis restituet. Diese Forderung nach einer ,solutio monstri' erinnert an die ,Lösung der Sphinx‘ (s. S. 92). Das Untier selbst ist also ein R., der Vergleich mit der Brombeere seine L. Mit ihr nun beschäftigen sich die Verse des Aischylos und Sophokles. Die vollständigere Form hat Sophokles:

πρῶτον μὲν ὄψει λευκὸν ἀνθοῦντα στάχυν
ἔπειτα φοινίξαντα γογγύλον μόρον,
ἔπειτα γῆρας λαμβάνεις Αἰγύπτιον,

wo O² 91 den letzten Vers mit Rechte auf die schwarze Farbe bezieht. Die Kenning γῆρας Αἰγύπτιον erinnert an die Αἰγυπτία λινουλκὸς χλαῖνα bei Ion von Chios (Athen. X 74 p. 451 D), welche Sch. II 53 als ,Flachsfeld‘ deutet. Γῆρας ist aber nicht, wie O² 91 will, die ,Greisenzeit‘, sondern die ,alte Haut‘, und über Αἴγυπτος = χημία = μέλαν ist R. Reitzenstein Poimandres 145, 4 zu vergleichen. Sch. II 4f. stellt zu den drei Farben der Kuh die deutschen R. vom Regenbogen, der Kirsche (Beere) und dem Flachse. – Bei einem ,alten Tragiker‘ (ἀρχαῖος τραγῳδοποιός), also vielleicht geradezu Aischylos oder Sophokles, war auch das Problem von der Verdoppelung des Würfels (nr. 113) mit der Glaukos-Sage verknüpft.

Euripides

ist wahrscheinlich die Quelle des R. von der Schildkröte nr. 13.

Chairemon. Ihm schreibt Kokondrios π. τρ. 11 (Rh. gr. III 236 Sp.) das 38. R. von der Weinrebe (vgl. das deutsche R. vom Weine, Wossidlo nr. 149) zu, das als erster Vertreter jener Gruppe von Verwandtschafts-R. wichtig ist, in denen Vater, Mutter, Kind (eine Drei-Gliederung, welche an [99] das Sphinx-R. erinnert) zur Kennzeichnung eines Vorganges oder eines Gegenstandes, der in seiner Entwicklung geschildert werden soll (vgl. Sch. II 22ff.), vorkommen. R. derselben Gruppe sind das 39.* R. vom Peche AP XIV 61 und das R. vom Rauche AP XIV 5 (Psellos bei Boissonade Anecd. III. 430; Vergleichsstoff bei O² 185, 4, R. Köhler Kl. Schr. I 268).

Theodektes.

Aus seinem Ὁιδίπους stammt das R. von Tag und Nacht nr. 18. – Sein 40. R. vom Schatten (Hermippos π. τῶν Ἰσοκράτους μαθητῶν bei Athen. X 75 p. 451 E) steht dem Sphinx-R. des Asklepiades (nr. 17) recht nahe (vgl. Simrock Volksbücher X 153 nr. 129). Über die rätselartige Beschreibung des Namens Θησεύς s. S. 111f. Ähnlich dem Theodektes soll Dromeas R. gedichtet haben (Athen. X 78 p. 452 E).

Asklepiades.

Aus seinen Τραγῳδούμενα stammt das R. von der Sphinx nr. 17.

b) Komödie.

Kratinos.

Aus seinen Κλεοβουλῖναι bei Hephaist. ench. I 18 (I 40 K.) stammt das obscöne, noch nicht genauer erklärte 41. R. ἔστιν ἄκμων καὶ σφῦρα νεανίᾳ εὔτριχι πώλῳ) – Dasselbe Stück scheint eine Fassung des R. von der Schnecke (nr. 14) enthalten zu haben. Aus Phot. φέροικος ἐν Κλεοβουλίναις. ζῲον ὅμοιον γαλῇ, λευκόν, φωλεῦον ἐν ταῖς ῥίζαις τῶν δρυῶν, βαλανηφάγον, οὕτω καλούμενον, wo Kock I 41 γαλεώτῃ emendiert, erschloß Bergk, daß das R. nicht der χοχλίᾳ, sondern der γαλεώτῃ gegolten habe.

Aristophanes

bezeugt durch den Anklang in v. 21 seiner Σφῆκες (Spott-R. auf Kleonymos), daß Athen. X 78 p. 453 B mit Recht das R. von ἄρκτος, ὄφις, ἀετός, κύων nr. 24 als alt bezeichnete.

Eubulos.

Σφιγγοκαρίων Athen. X 71 p. 449 E – 450 C 42. R. vom πρωκτός (Spott auf Kallistratos, vgl. O² 65). Sch. II 13 versucht, das den Zwecken der Komödie angepaßte R. auf acht Gegensätze zu ergänzen und betrachtet es als erste literarische Bezeugung einer Gruppe von R. über ,das Ding mit den gegensätzlichen Eigenschaften‘ (dagegen Blümner Wochenschr. 1912, 893f.). Nach Form und Inhalt am nächsten stehen das 431.* R. vom Monde (σελήνη), Psellos (Boissonade Anecd. gr. III 430f.), das Sch. II 14 auf 8 Gegensätze ergänzt; das an den ersten Vers dieses R. angelehnte 44.* R. vom Balle (σφαῖρα) AP XIV 62 (vgl. Pollux IX 106 und Symph. nr. 59), das Sch. II 12 mit Deutschem vergleicht, und das 45.* R. von der Zeit (χρόνος), Psellos (Boissonade An. gr. III 430), das aus 8 Gegensätzen besteht. Auch im 46.* R. vom Schlafe (ὕπνος), Ὕπνος des Alexis bei Athen. X 71 p. 449 D (II 385 K., vgl. Eustath. Il. 1463, 24), herrschen Gegensätze (Sch. II 14) wie im 47.* R. vom Traume (L. von Dübner) AP XIV 110 (vgl. dem Stile nach Theognis v. 593f.). In schlechter Fassung wiederholt es der Laurentianus Append. 5 Red. 15 bei C. F. G. Heinrici Griech.-byz. Gesprächsbücher 11 (Nachahmung: Symph. nr. 96). Zur selben Gruppe gehört auch das 48.* R. von der Sonnenuhr [100] (L. von Blümner Wochenschr. 1910, 408) AP Append. VII 60 und das 49.* R. vom Himmel (οὐρανός) oder Regenbogen (ἴρις) AP Append. VII 46 und 70 (vgl. Anth. Lat. V 17–28). Vgl. das R. von der Liebe bei Plut. de amore 3.

Aus demselben Stücke des Eubulos verzeichnet Athenaios noch drei weitere R.: das R. vom Ichneumon nr. 12, das 50. R. vom Distelkopfe (πάππος ἀπ’ ἀκάνθης), offenbar volkstümlich. O² 163 deutet ἐν σπέρματι auf den Keim; ungezwungener versteht man wohl unter νέος ὤν das Ansetzen des Samens vor der Reife, woraus auch βαρύς verständlich wird (vgl. Soph. frg. 783 γραίας ἀκάνθης πάππος ὣς φυσώμενος). Inhaltlich steht das R. dem Sphinx-R. nahe (νέος, γέρων – πέταται); über seine Beziehung zu Verwandtschafts-R. vgl. Sch. II 22, 1. Ähnlich ist bei Wossidlo I nr. 77 vom Flachse. Auch das R. von der Weinbeere AP XIV 103 ist zu vergleichen. – 51. R. von der Wahlurne (κληρωτικόν). Nach R. Foerster bei O² 163f. ist der letzte Vers entstellt überliefert; es wäre αὐτὸς ἕκαστος ἔχων θαὐτοῦ, καλέων δὲ φυλάττειν zu lesen und ,indem ein jeder selbst das Seinige, d. h. das ihm zukommende Schicksal, hat, aber ,in Acht nehmen‘ ruft‘ zu verstehen. Obscönen Nebensinn sieht in dem R. Sch. II 100, der es mit R. vom Backofen vergleicht.

Antiphanes.

Κνοιθιδεὺς ἢ Γάστρων bei Athen, X 70 p. 448 F–449 A (II 60 K.). Erklärungsversuch der Stelle bei O² 68f. und Sch. I 3, 1. 52. R. ohne L., das Sch. I nr. 22 wieder herzustellen versucht εἰπέ: ⟨τί ἔστιν⟩ ὄτι φέρων τις μὴ φέρει, wozu das inhaltlich nahe verwandte 53.* R. vom Zufalle (fors), AP Append. VII 24 (vgl. Soph. Oid. Col. 1694), zu stellen ist.

Ἀφροδίσιος Athen. X 70 p. 449 B C (II 31 K.) 40 enthält eine Anzahl rätselähnlicher Umschreibungen, und zwar von χύτρα (vgl. die ,umständliche‘ Schilderung des Topfes in der Αἰσχρά des Anaxandrides und des Tisches in den Ἤρωες des Timokles bei Athen. X 82 p. 485 F), πλακοῦς, οἶνος, ὕδρα, σμύρνα, von denen die zwei ersten dem Stile der nr. 11ff. recht nahe stehen.

Πρόβλημα Athen. X 72 p. 450 C–E (II 92 K.) enthält zwei R. ohne L., welche vielleicht absichtlich unlösbar gestaltet, aber schwerlich frei erfunden sind (vgl. AP Append. VII 28 und zur Unterhaltung zwischen πίννη und τρίγλη Wossidlo II nr. 104 Anmerkung) und nach Bergk Commentat. reliqu. com. atticae antiqu., Lips. 1838, 121 (vgl. O² 167, 3) der Verspottung von Frauen galten, die sich überflüssig mit R-Lösen quälten.

Σαπφώ Athen. X 73 p. 450 E–451 C (II 95 K.), O² 165. Sch. I 41 f. 54. R. vom Briefe (ἐπιστολή). Eine weitschweifige Nachahmung des Basileios Megalomitis bei Boissonade An. gr. III 451 (Lemma βίβλος); anklingende R. kommen auch sonst in der byzantinischen Gesprächsliteratur vor (so C. F. G. Heinrici a. a. O. S. 66 nr. 88 und Anm. 8). Ein rätselähnliches Epigramm vom Schreibrohre (AP IX 162; vgl. die neupersischen R. vom Schreibrohre), das zu einem neugriechischen R. von der Feder (κονδύλι) bei Sanders Volksleben der Neugriechen 235f. [101] hinüber führt, hat O² 170f. behandelt und die nahe Berührung mit dem R. des Antiphanes hervor gehoben.

Alexis.

Aus seinem Ὕπνος stammt das R. vom Schlafe nr. 46 (vgl. das R. vom Traume des Agamemnon AP XIV 44).

Diphilos.

Θησεύς bei Athen. X 74 p. 451 B (II 557 K.). Bei den Adonien geben drei Mädchen R. auf παρὰ πότον. Drei Lösungen der Frage nach dem Stärksten, die letzte obscön, folgen auf einander. Schweighäuser hat in seinen Animadversiones in Athen. V 552 aus dem Texte noch die metrischen Bestandteile heraus zu heben versucht:

φάσκειν τε τὸν χαλκέα πολὺ κρείττω φέρειν·
κάμπτειν μαλάσσειν χ’ ὥ τι ἂν χρήζῃ ποιεῖν.

Auf Worte, die durch ihren Klang Doppelsinn nahe legen (πότον, πόθον; στένων, σθένων), machte Sch. I 7, 2 aufmerksam. Zur letzten Lösung ist der letzte Vers von nr. 28 heran zu ziehen. Den Zusammenhang mit anderen Schmiede-R. hat Sch. II 110ff. entwickelt. Stofflich ist auch I Ezra III 5f. zu vergleichen (iranisch), wo die Reihe der Lösungen οἶνος, βασιλεύς, γυναῖκες, ἀλήθεια lautet.

3. In der jüngeren Literatur. In der späteren Zeit kommen die Verfasser, denen R. zugeschrieben werden, noch weniger denn in der früheren als deren Urheber oder Erfinder, ja auch nur als wertvolle erste Zeugen für das Bestehen der betreffenden Form in Betracht. Sehr häufig überliefern sie Stücke, deren naher Zusammenhang mit Altem in unserer Zusammenstellung dadurch zum Ausdrucke kam, daß sie hinter altbezeugte Vertreter derselben R.-Gruppe mit * angeschlossen wurden (s. S. 90 Anm.); die späte Bezeugung entscheidet also auch dort, wo keine solche Anlehnung durchgeführt oder möglich ist, an sich noch nicht für geringes Alter des betreffenden R. Das R. ist in seiner künstlich umgebildeten Form ähnlich Gemeingut der Literatur geworden, wie es früher und nebenher solches des Volkes war und ist. Jeder kann sich daraus aneignen, was ihm paßt, das Überlieferte auch nach seinem Belieben gestalten und Neues im Stile des Alten hereinziehen.

R., welche im Wesentlichen bloß der kurze, zusammen fassende Ausdruck einer mythenhaltigen Erzählung sind (s. S. 65 unter 1), sind die von ,Ungeboren‘ (ἄγονος, neugr. ἀγέννητος), der seinen Vater oder seine Mutter auf dem Kopfe (oder auf ,Händen und Lenden‘) trägt. Diese Vorstellung überliefert Herod. II 73 vom Phoinix, während nach Aristoph. Av. 471–475 bei Aisopos die Haubenlerche (κόρυδος) der erste aller Vögel ist, der noch vor der Erde geboren wurde und seinem Vater, der 5 Tage lang unbestattet blieb, ein Grab in seinem Kopfe bereitete (vgl. O. Dähnhardt Natursagen IV 2 S. 273, 1912). Bei Umajja ibn abi ṣ Ṣalt (älterer Zeitgenosse des Mohammed) XXV S. 85 Schultheß errichtet der Wiedehopf (wie es scheint, ebenfalls nach der Schöpfung) seiner Mutter im Hinterkopfe ein Grab, und in Iran trägt umgekehrt Rōstahm seinen toten Sohn im Sarge auf dem Haupte, um ihn wieder zu beleben (Petermann [102] Reisen im Orient II 109). Nachweise zu dieser weit verbreiteten Vorstellung, welche in den Kreis des Ilo-R. (s. S. 71, vgl. über die Geschichte von Birnam wood in Macbeth Kembler Salomon und Saturn 1848, 285) hinüber greift, bietet aus neugriechischer und italienischer Überlieferung Sch. II 81–84, zugehörige R. aus deutscher Überlieferung Sch. II 84–86. Vertreter dieser Gruppe, wenngleich nur als entfernter Ausläufer, ist nun das 55. R. von der Artischoke oder dem Mohne AP XIV 58 (Psellos, Boissonade An. gr. III 431), in dem die Wendungen ἐγκέφαλον φορέω κεφαλῆς ἄτερ und ἔνδον ἐμῶν λαγόνων μητρὸς ἔχω πατέρα (vgl. ,und trage meine Mutter auf Händen und Lenden‘) zu beachten sind, ferner der Anfang des 56. R. vom Wachse AP Append. VII 50, dem das 57. R. von Eva (ebd. 44) gegenüber zu stellen ist:
πτηνόν με γεννᾷ ἀνήρ με γεννᾷ
καὶ βροτὸν μαῖαν φέρω καὶ πατὴρ ὑπέρ φύσιν·
οὗ πρέσβις οὐράνιος ζωὴν καλεῖ με
ἄπτιλος πέλω καὶ θάνατον προσφέρω.

Sch. II 81 stellt das 58. R. ἄγονος ἐξ ἀγόνων βελεηφόρος ἔμβρεφος ἄρσις (AP XIV 111) zur selben Gruppe. Boissonade hat dafür die von O² 156f. unter Hinweis auf Plat. Symp. VI p. 178 B und XVIII p. 195 A –196 B gebilligte L. ἔρως gegeben. Dazu stimmt das ἔρως-R. (πτερωτός εἰμι, τοξότης καὶ πυρφόρος κτλ. AP Append. VII 36 freilich nicht gut; doch schließen die Deutungen auf Eros und Ungeboren einander nicht aus. Zu ἄγονος ἐξ ἀγόνων vgl. in nr. 12 παίδων ἀγόνων γόνον ἐξαφανίζων. Jedes Falles aber gehört zu Ungeboren das 59. R. des Antiochos aus dem Apollonios-Romane (c. 4; vgl. E. Rohde Gr. Roman² I 436ff. Sch. II 83. E. Stucken Astralmythen 499), das den Eindruck stofflicher Entlehnung aus Hellas macht, aber nicht, wie O² 58, 2 meint, aus der Sage von Oidipus weiter gebildet ist, sondern zur Geschichte vom Kaiser gehört, der seine Tochter heiratet. Das Motiv materna carne utor scheint man auch als Säugung des Vaters durch die Tochter verstanden zu haben. Sie ist auf einem pompejanischen Fresko (A. Mau Röm. Mitt. XVI 351. XIX 259) dargestellt und schon in älterer, später immer mehr zu Ungeboren hinüber schimmernder Überlieferung (Sch. II 82f.) erhalten bei Nonnos Dionys. XXVI 101–147 (Aërie-Tektaphos), Hygin. fab. 256 (Xanthippe-Kymon), Valerius Maximus V 4, 7; 1 (Pero-Mykon), Plin. n. h. VII 36, Solinus I 124, Festus p. 209 de pietate (weitere Nachweise bei R. Köhler Kl. Sch. I 373, wo hinzu zu fügen wäre: Boissonade Tzetzae allegoriae Iliadis p. 340 Anm. O² 59f. Reusner II 79. Therander nr. 131, Straßburger R.-Buch nr. 309 S. 28 Butsch). Eigenartige, im Mythos begründete Verwandtschaftsverhältnisse setzt auch voraus das zweifellos aus hellenischer Überlieferung entlehnte 60. R. von Oidipus in der Thebais (s. Phoenissae) v. 134 des L. Ann. Seneca und das entsprechende 61. R. von Iokaste bei Diomedes (art. grammat. II p. 444, 45 P.), ferner das halb obscöne 62. R. von Homeros (ὁ μηρός) und Smyrna (Μύῤῥα, Tochter des Kinyras, als πατρὸς ἄκοιτις; vgl. das obscöne Orakel [103] in Platon Ἄδωνις bei Athen. X 83 p. 456 A), das O² 223 nach Buttmann erläutert, das 63. R. von Eteokles und Polyneikes AP XIV 38 und das 64. R. von der Verwandtschaft des Hektor AP XIV 9, wobei noch das Motiv wüstes Wechselmordes hinzu tritt (vgl. nr. 35). – Zusammenfassung mythischer Erzählung liegt vielleicht auch in dem ungelösten 65. R. des Basileios Megalomitis bei Boissonade An. gr. III 444 ἱδρῶν ὁ γυμνός, ὁ δ’ αὖ ἐνδεδυμένος ἔτρεμεν δεινῶς· ὁ τρέχων δ’ αθις ἔστη) vor, das an die ,Lüge‘ vom Nackten, Lahmen und Blinden (s. S. 66) und den Märchenzweig ,Dreie kommen durch die ganze Welt‘ erinnert.

R., welche mythische Personen in ihrem Verhältnisse zu anderen Bestandteilen des Mythos behandeln (s. S. 65 unter 3), gehen in solche von einzelnen mythischen Personen und Gegenständen der mythischen Scenerie über und seien in entsprechender Reihenfolge angeführt. Das 66. R. von Nessos liegt in zwei Fassungen vor, AP XIV 32. 33 (vgl. Soph. Trach. 1159ff.). Davon ist die zweite nach Sch. II 44 wegen οὐ δέ μοι ἦδος (das zu den deutschen R. vom Tode des Somaräubers stimmt) besser. Das von Athen. X 83 p. 455 D überlieferte 67. R. mit der L. Delos handelt nach Sch. II 56ff. von der Geburt aus dem Welten-Ei und beruht auf orphischen Vorstellungen von einem Gotte Ἀριθμός und seinem Sohne (Phanes). Das R. von Rhodos (AP XIV 16, L. von Buttmann; über ῥῶ als ,Rinder‘-Gebrüll vgl. Sch. II 114f.; da gegen W. Fröhner Kritische Analekten, Philol. Suppl. V, der Μύκ–ωνος rät, was O² 222 nach R. Foerster unter Hinweis auf Hesych. s. Γυρῆσι πέτρἡσι zu Μυκ–ώνη verbessert) und das R. von Keladusa (AP XIV 39, L. von Blümner Wochenschr. 1912, 1027 unter Hinweis auf Plin. IV 67) sind kümmerlicher, aber halten sich in ähnlichem Stile. Zu dem 68. R. von der Argo AP XIV 59 vgl. Sch. II 39ff.; es steht ebenso wie das unter dem Namen des Basileios Megalomitis überlieferte (Boissonade An. gr. III 446) 69. R. ohne L. zu den Symplegaden als Abschluß der magischen Flucht (Sch. II 41) in Beziehung. Dazu gehört auch das an Exod. XIV angepaßte 70. R. vom Zuge durch das rote Meer AP Append. VII 35, Basil. Meg. bei Boissonade An. gr. III 444, Psellos ebd. III 431 (vgl. Heinrici S. 61 nr. 673; Formen dieses R. im Munde der Völker, öfters auch ohne Beziehung zur Bibel, verzeichnet Wossidlo 304 zu nr. 413, über die ältere Bedeutung vgl. Sch. II 41f.) und das auf Jona IV zugerichtete 71. R. von Jona im Walfische, das nach Sch. 46 vielleicht auf Südrussisches zurück geht und in sehr verschiedenen Ausprägungen, auch aus neuerer Zeit (Wossidlo S. 304 zu nr. 412), vorliegt. Die Fassung des Bas. Meg. bei Boissonade An. gr. III 445 weicht von der bei Heinrici S. 57 nr. 14 ποῖος προφήτης ἀπέθανεν καὶ τὸ μνῆμα αὐτοῦ περιεπάτει καὶ ὁ νεκρὸς ἔψαλλεν wesentlich ab und kehrt bei Makrembolites I 8 ὁ τάφος οὗτος ἐντὸς οὐκ ἔχει νέκυν | ὁ νεκρὸς οὗτος ἐκτὸς οὐκ ἔχει τάφον | ἀλλ’ αὐτὸς αὐτοῦ νεκρός ἐστι καὶ τάφος mit der falschen L. Lots Weib (vgl. Heinrici S. 64 nr. 72) wieder. Mythischer Erzählung nahe [104] stehen auch das 72. R. vom Fische in der Schüssel AP XIV 23 und 36 (vgl. Sch. I 61 nr. 83), das offensichtlich dem 73. R. vom Auge des Polyphemos verwandt ist, da beide in den wesentlichen Bestimmungsstücken an das R. III anklingen, das S. 120 aus dem Apollonius-Romane wiederherzustellen ist (ein Nachklang liegt im zweiten Gliede des R. vom Weine AP XIV 52, das O² 186 genau erläutert). Als Nebenform des bekannten R. vom Schnee (s. S. 68) ist das sehr eigenartige 74. Silben-R. der AP Append. VII 59:

ἔστι τι πτηνὸν μονοσύλλαβον πέλον·
κλώνοις κάθηται μονσυλλάβου δένδρου,
καὶ κατεσθίει μονοσύλλαβον θήρα

(L. γρύψ?, δρῦς, ὗς, O² 183 schlägt vor: γάῦξ, δρῦς, μῦς) zu betrachten. Ebenfalls auf den Weltenbaum bezieht sich das dem Iulianus Apostata (Brunck Anal. III 332) zugeschriebene, wohl mit obscönem Nebensinne ausgestattete 75. R. vom Seiltänzer AP Append. VII 22 u. 51. Zu vergleichen ist etwa (Masʿūdi bei Chwolson Die Ssabier II 373) ein Spruch auf dem Klopfer eines sabäischen Bethauses: Der Mensch ist eine Himmelspflanze, .... einem umgekehrten Baume gleich, dessen Wurzel gegen Himmel, dessen Krone zur Erde gewandt ist, noch mehr aber die Vorstellung vom Weltenbaume mit der abwärts gekehrten Wurzel bei den Doketen (Schultz Dokumente der Gnosis 122), den Indern (Kuhn Herabkunft des Feuers 114) und im nordischen R. vom Eiszapfen (R. Warrens IV 198). Da der Baum auch als Reittier mit vielen Beinen gedacht wurde (s. S. 65), wobei die ,Beine‘ als ,Zweige‘ eine ungewöhnliche Lage hatten, gehört hierher auch das 76. R. vom Kamme AP XIV 19 und das schon (S. 85) besprochene iranische 77. R. von der Wage AP Append. VII 42 (Bas. Meg. bei Boissonade An. gr. III 445 weicht am Schlusse ab κἂν οἱ ταρσοί μου δύο), das mit dem R. vom Reiter bei Simrock Volksbücher IX 336 nr. 23 sich berührt und anklingt an das 78. R. von der viersaitigen Lyra(?) AP Append. VII 57. Der Schilderung wunderbarer Fortbewegung eines wunderbaren Wesens ist auch das 79. R. vom Schiffe AP Append. VII 41 (Boissonade An. gr. III 734) gewidmet. Den kosmischen Vogel behandelt das 80. R. vom Hahne Bas. Meg. bei Boissonade An. gr. III 445 (anders gewendet AP Append. VII 66, vgl. Prudent. Cathem. I 1 und I 38). Über die Anpassung des R. vom Hahne an die ü. L. Blitz vgl. Ztschr. f. deutsche Mythol. I 138. III 347. Christlicher Einschlag (v. 1 Anspielung auf den hl. Petrus) liegt in dem Buchstaben-R. ἀλέκτωρ–Ἕκτωρ AP Append. VII 30 vor.

R. vom Gegenstande der mythischen Anschauung, nämlich vom Monde und der von ihm abgelesenen Zeitrechnung (s. S. 66 unter 4) sind, auch so weit sie späterer Literatur angehören, schon früher hinter den älteren Vertretern der betreffenden Gruppe angeführt worden. Es bleiben also hier nur noch nachzutragen zwei 81. R. vom Feuer, nämlich AP Append. VII 76 (in der Sammlung des Makrembolites III 2 mit der ü. L. πῦρ und ebd. VII 45 (von O² 103 auf φῶς angedeutet; v. 4 und 5 sind wohl späterer Einschub), [105] und eine Anzahl von Verwandtschafts-R. Aus der älteren Literatur gehören zur Gruppe der Verwandtschafts-R. (vgl. Sch. II 22–31) die R. vom Jahre (nr. 3. 30), von Tag und Nacht samt Ausläufern (nr. 18–21), wie man durch Vermittlung der iranischen Überlieferung sieht (S. 83) auch nr. 31, ferner nr. 35 (Kind, das seine Eltern tötet) und nr. 36 (vgl. das R. vom Auge bei Sch. II 6f. und 25). Am nächsten an das zur Sphinx-R.-Kette gehörende R. des Theodektes von Tag und Nacht (nr. 18 εἰσὶ κασίγνηται διτταί κτλ.) schließt sich an das 82. R. von den Würfeln (Tryph. π. τρ. 4, Rh. gr. III 193 Sp. εἰσὶ διττοὶ κασίγνητοι κτλ.), das auf einem Hermenschafte (Kaibel Epigr. nr. 1120) als Inschrift wieder kehrt. Dazu gibt Blümner Wochenschr. 1912, 1027 die wichtige Erläuterung, daß die Würfel aus Tierknöcheln gewonnen sind, welche bei gewissen Vierfüßlern in den Hinterfüßen, also bei jedem Tiere nur ein Mal, vorkommen. Sie schauen die Sonne nicht, so lange sie in den Gebeinen der Tiere leben. Mit dem Tiere sterben sie gleichsam selber und kommen als Würfel zum Vorscheine (O² 157; vgl. nr. 36). Von 4 Schwestern, den Wagenrädern oder Radspeichen, handelt Symph. nr. 77, von 2 Brüdern, den Mühlsteinen, Symph. nr. 51 (vgl. Tupper 79 u. Wossidlo nr. 160 und 158). Dem im Altertume allbekannten (περιφερόμενον), aber noch immer ungelösten (vgl. O² 156) 83. R. von den fünf Männern auf den zehn Schiffen bei Athen. X 85 p. 457 B wird vermutlich eine ähnliche Vorstellung zu Grunde gelegen haben (vgl. auch in entfernterer Hinsicht das R. von der Doppelflöte [?] AP XIV 14), und das 84. R. von den Stunden AP Append. VII 45 spricht wieder ausdrücklich von den γνήσιαι ἀδελφαί. Die Frage bei Heinrici S. 56 nr. 6 τί τὰ δύο μάχονται καὶ δύο στήκονται καὶ δύο τρέχονται καὶ δύο καταβαίνονται steht dem deutschen R. bei Simrock IX 367 nr. 28 (Sch. II 25f.) äußerst nahe.

Eine besondere Art des Nachwirkens mythischer Gedanken im R. liegt vor, wenn Körperteile oder Gegenstände durch Namen von Gottheiten gekennzeichnet werden. Das geschieht z. B. in dem obscönen, von Jacobs gedeuteten und Sch. II besprochenen 85. R. vom Himmelshute (πόλος) AP XIV 43, worin θὴρ Ἤριγόνης = κύων, θὴρ Πασιφάης = ταῦρος, Ἡρακλέους συνευνέτις = ἥβη, Φοίβου νύμφα = δάφνη ist. Ähnliche Kenningar finden Verwendung im 86. R. von der Lampe AP XIV 53. im 87. R. vom Schröpfkopfe AP XIV 54 (O² 186f.) und im 88. R. vom Ölbaume AP XIV 37. Auf ähnlichem Grundsatze beruht das noch nicht befriedigend gedeutete homonymische 89. R. der AP XIV 28. das O² 183 als ὄνος auffaßt, wogegen Blümner Wochenschr. 1912, 1028 gewichtige Bedenken äußert (Sch. I 52f. schlägt Περσεύς. Fröhner Kritische Analekten. Philol. Suppl. V 1889 κάνθαρος; als L. vor). Stärkeren mythischen Einschlag hat das noch ungelöste 90. R. der AP XIV 25. das Buttmann und O² 172f. auf Niobe deuteten. Vielleicht liegt ein verderbtes R. von der Zwiebel (σκίλλη) zu Grunde (vgl. AP Append. VII 50 v. 4). Die übrigen R. der AP von verschiedenen Gegenständen (z. B. XIV 29 u. 55 Klystierspritze, [106] XIV 26 Handtuch, XIV 56 u. 108 Spiegel, XIV 47 Licht, Append. VII 37 Feder, Append. VII 58 Buch) und Tieren (z. B. Ziege Append. VII 52, παν–θηρ XIV 24, μῦς–ὗς Append. VII 70) lohnen nicht gesonderte Besprechung.

R.-Dichter byzantinischer Zeit sind Christophoros von Mytilene (1000–1050; Versi di Cristoforo Patricio ed. A. Rocchi, Roma 1887), dessen R. vom Schnee an das deutsche vom Floh erinnert, Michael Psellos (1021–1081), dessen in politischen 15Silbern verfaßte mit manchen Stücken der AP sich deckende R. bei Boissonade Anecd. gr. III 429–426 abgedruckt sind, Theodoros Prodromos (1118–1180; Migne Patr. gr. CXXXIII 1101ff.) und Makrembolites (2. Hälfte des 12. Jhdts.; über Person und Name vgl. M. Treu Eustathii Macrembolitae quae feruntur aenigmata, Progr. d. Kgl. Friedrich-Gymn. Breslau 1893). Manches in seiner Sammlung von R. in iambischen Trimetern mag bis in das 9. (Erwähnung der Russen als heidnischen Volkes in I 4) und 10. Jhdt. (V 1–5 entspricht den Gedichten CXI, CXXI, LVI, XLVII, XXI des Christophoros) zurück reichen, anderes stammt von Psellos, Aulikalamos (über seine Person vgl. Treu 33) und anderen Verfassern des 11. und 12. Jhdts. Die Zuteilung der R. an die einzelnen Dichter schwankt aber in den Hss. beträchtlich (so hat von den 7 R. des Aulikalamos Boissonade An. gr. III 353f. nur 5 veröffentlicht; das erste stand schon unter Psellos 11 p. 432, das letzte unter Basilios Megalomitis 32 p. 447). Es bestehen hier also hinsichtlich der R.-Sammlungen ähnliche Verhältnisse, wie sie Heinrici 42 in den byzantinischen Gesprächsbüchern und Sammlungen von ἐρωταποκρίσεις schildert (,Die Scheidung in benannte und unbenannte Gesprächsbücher hat rein äußerliche Bedeutung, da die Autorennamen willkürlich beigefügt sind‘). Zu den ἐρωταποκρίσεις bei Heinrici gehören die von A. Krasnoselcev Anecd. Graeco-byzantina II, Odessa 1898 (in den Addenda zu Vassiliev) abgedruckten 12 Fragebücher, deren Parallelen Heinrici a. a. O. 71–75 zusammen gestellt hat. 25 anonyme iambische R. aus spätbyzantinischer Zeit veröffentlichte Σπ. Λάμπρος Δελτίον 1885–89 II 152–166 (vgl. Ι. Π. Σταματοῦλλι. Βυζαντιακὰ αἰνίγματα, Ἐπετ. Παρνασσοῦ 1912 σελ. 130ff. und Α. Ι. Σπυριδάκι ebd. σελ. 137ff.).

Neugriechische R. sind im Jahre 1874 und 1875 in dem Ἑλληνικὸς φιλολογικὸς Σύλλογος in Konstantinopel erschienen, weitere bei G. Georgeakis et L. Pineau Le Folklore de Lesbos 289–295. Paris 1896 u. in der Λαογραφία: albanesische R. bei J. G. v. Hahn Albanesische Studien. Jena 1854.

β) Rätsel im weiteren Sinne.

1. Bilderrätsel. Der Ausdruck rebus für das Bilder-R. rührt von Fastnachtspielen der studierenden Jugend her, die besonders in der Picardie um 1600 solche Bilder-R. über komische Vorfälle zusammen stellte und de rebus, quae geruntur nannte. Die Sache selbst ist ungleich älter. Jede Zeichenschrift, die sumerische, ägyptische oder chinesische, ganz ebenso die primitiven Bilderschriften indianischer Völker oder die Zinken der Gauner, schreibt rebus; alle Bildzeichen [107] übertragener Bedeutung sind Lautrebusse. Dies hat A. Conrady Veröffentl. d. städt. Mus. f. Völkerk. Lpz. 1907 mit Recht betont und zugleich auf den Zusammenhang der Ritualsymbolik mit der Gegenstandsschrift hingewiesen. Auch in Hellas also wäre eine Untersuchung über das Bilder-R. auf die Symbolik ritueller Veranstaltungen auszudehnen, wie die Alten selbst alles Symbolische zugleich als rätselhaft empfanden (z. B. Tryphon, der auch Hochzeitsbräuche zu den R. zählt), und das R. überhaupt ursprünglich Gegenstand mimischer, mit Tanz und Musik ausgestatteter Aufführung war (vgl. S. 71). Die Beziehung des R. zum Ritus ist bei Sch. II 92ff. dargelegt; hier beschränken wir uns auf das Bilder-R. im engeren Sinne.

a) Zeichen symbolischer Bedeutung waren nach O² 117 die θυμοφθόρα ἐν πίνακι, welche Proitos dem Bellerophontes mitgab (Il. VI 167ff.), und die Bilder, in denen Philomela ihr Schicksal kündete (Sophokles bei Arist poet. 16 p. 1454 b 37). Ob man den im Chierwurf auf den Grabstein des Peisistratos gemeißelten Würfel, der das Epigramm des Leonidas von Tarent AP VII 422 veranlaßt hat, schon als Bilder-R. beten darf, ist zweifelhaft.

b) Deutliche Bilder-R. sind 91. die Botschaft des Thrasybulos an Periandros (Herod. V 92 ζ; vgl. verwandtes Iranisches S. 86, Lateinisches S. 117), 92. die R.-Handlung der samischen Boten vor den Lakedaimoniern (Herod. III 46; vgl. Sext. Emp. adv. Math. II 22f.), 93. der κυκεών, mit dem Herakleitos die von den Persern belagerten Ephesier berät (Diels FVS² I 57 nr. 36; vgl. Usener Epicurea 176, 10, Afanassiew-Meyer I 154 zur Deutung Schultz Memnon II 60), 94. die Botschaft der Saken an Dareios (Herodotos IV 131 f., Pherekyd. Ler. [FHG I 98] bei Clem. Strom. V 8, 44; vgl. A. Bouché-Leclerq Histoire de la divination dans l’antiquité Paris I 117, 1873. Ähnlich ist die Botschaft des Dareios an Alexandros, Ps.-Callisth. I 36–39, und des Patroklos an Antigonos, Athen. VIII 9 p. 334 A B), 95. die Botschaft des in Kromnos belagerten Hippodamos an die Lakedaimonier (Kallisthenes Ἑλληνικά bei Athen. X 76 p. 451 A B). 96. Die R.-Handlung des Saken Anacharsis (Clem. Strom. V 8, 44) und die Lehre, welche der indische Weise Kalanos dem Alexandros erteilt (Plut. v. Alex. 65), leiten zu der Geschichte vom Könige und Weisen (später: Kaiser und Abt; der Weise soll durch die Fragen geplackt werden) über, welche in dem Aḫiqar-Romane eine gewisse Parallele hat (s. S. 123) und zuerst durch die Unterhaltung zwischen Kroisos und Solon bezeugt ist (s. S. 110). Eine Art R.-Handlung vollzieht Kroisos in der verbotenen Kammer (vgl. zu nr. 35 und S. 115).

c) Das Mitgeteilte wird erst durch ein später erschautes Bild verstanden bei einigen Orakeln. Hierher gehört 97. das Orakel an die Chalkidier (Diod. VIII 23), am Flusse Apsia, wo τὸν θῆλυς ὀπυίει eine Stadt zu gründen, wozu das Bild ἄμπελος περιπεπληγμένη ἐρινε? (vgl. nr. 85 und Sch. II 107, der andere R. von Feuerbohren und Begattung heran zieht) die L. ist, 98. das Orakel der nr. 34 an die Lakedaimonier, wo [108] das erschaute Bild der Schmiede die L. des R. ist, 99. das Orakel an die Thebaner (Diod. XVII 10), wo die Vorzeichen selbst als R.-Bilder empfunden werden, und 100. das Orakel an die Messenier (Paus. IV 20, 1), wo der richtige Sinn von τράγος sich erst aus Erschautem ergibt.

2. Kenning und Weisheitsprobe. An Stelle des Bildes kann auch das Wort treten, welches das Bild vor die Seele zaubert. Dann muß solch bildhafter Ausdruck, die Kenning, erraten werden. Man wählt sie und erschwert ihr Verständnis ganz ähnlich wie beim Zeichen der Bilderschrift. Was am Bilde als wesentlich und kennzeichnend gelte, beruht großes Teiles auf Vereinbarung, die wieder gemeinsame Kultur und Vorbildung voraussetzt. Dieser hieratische Zug, der Fernstehende vom Verständnisse ausschließt, findet sich im R. aller arischen Völker. Wie in der Bilderschrift Homonymie und Synonymie, die Möglichkeit, ein Wort in Silben von selbstständiger Bedeutung zu zerlegen und mit anderen zu Klangbildern von neuer Bedeutung zusammen zu fassen, die Ausgestaltung der Wortschrift zur Silbenschrift anbahnen, liebt auch die Kenning homonymisches und synonymisches Versteckenspiel, und das Zerlegen und Zusammensetzen von Worten und Silben, von Wortwitz, sind im Wesen eben so wenig von ihr zu trennen wie alle Arten von Weisheitsproben, welche auf überlieferten Vorstellungen beruhen.

a) Etwa 100 Kenningar hat Sch. II 141–146 zusammengestellt. Beiträge solcher Art liefern außer den R. selbst die Orakel (O² 135f.), z. B. Plut. de Pyth. orac. 19 p. 403 B ἀργυρέᾳ εὐλάκᾳ εὐλάξειν = in der Hungersnot die Lebensmittel mit Silber aufwiegen, Herod. VII 141 ξύλινος τεῖχος = Flotte, Diod. XXII 9, 5 (vgl. O² 142f.), λευκαὶ κόραι = Schneeflocken, die hesiodischen Sprüche, z. B. Hes. ἐ. κ. ἡ. 742 (Plut. comment. in Hes. 76) πέντοζος = Hand, und die pythagorischen Symbole (Diels FVS² I 279ff. Hölk De acusmatis Pyth., Kiel 1894. Boehm De symb. Pyth., Berol. 1905. Maass Philol. Unters. III 65ff.), zu denen zum Teile auch Lösungsversuche (εἰκοτολογίαι) erhalten sind. Sie zerfallen nach Inhalt und Überlieferung in zwei sehr verschiedene (bei Sch. I 91–107 und 108–117 gesonderte) Gruppen, aus deren älterer die Kenningar (Porph. v. Pyth. 41) θάλαττα = Κρόνου δάκρυον, ἄρκτοι = Ῥέας χεῖρες, Πλειάς = Μουσῶν λύρα ⟨ἑπτάχορδος⟩ (vgl. Schultz Philol.-Versamml., Graz 1909, 98), πλάνητες = κύνες Ἑκάτης (nicht Περσεφόνης; Schultz a. a. O.) zeigen, wie offenbar schon früh in der Schule des Pythagoras Gottheiten zur Bezeichnung kosmischer Gegenstände benutzt wurden. Empedokles nennt Δία μὲν τὸ πῦρ, Ἥρην δὲ τὴν γῆν, Ἀīδωνέα δὲ τὸν ἀέρα, Νῆστιν δὲ τὸ ὕδωρ (Diels FVS² I 153, 33); die Götter und Helden des Homeros deutet schon Metrodoros von Lampsakos (Diels FVS² I 326 nr. 3 u. 4) allegorisch als kosmische und begriffliche Wesenheiten, und im späten R. ist Nereus das Wasser (AP XIV 23), Hephaistos das Feuer (AP XIV 53), Phaethon das Licht (ebd.). Peleus der Lehm (ebd.), Pallas das Öl (auch AP XIV 109), usw. Durch reichliche Verwendung erkünstelter Kenningar [109] zeichnen sich die Alexandra des Lykophron (vgl. O² 196f.) und die carmina figurata (τεχνοπαίγνια; C. Haeberlin Carmina figurata, Hannover 1887) aus, welche nach v. Wilamowitz Textgesch. d. gr. Bukoliker 243ff. als Aufschriften auf Gegenständen dienten. O² 197ff. hat den βωμός des Dosiades, die Syrinx des Theokritos und 228ff. den Βησαντίνου βωμός eingehend besprochen.

b) Mehrere Kenningar zu einer Mitteilung dunkles Inhaltes vereint, geben eine R.-Rede (vgl. z. B. aus der Edda 70 Gering: vom Rabenbaume = Leichnam fraß der Riesin Pferd = Wolf). Solcher Art ist bei Herodotos V 92 η 101. die Frage des Periandros an die tote Melissa (Λυσίδη Diog. Laert. I 7, 1) nach der ξένου παρακαταθήκη und 102. die Antwort ihres Geistes durch das acherusische Totenorakel der Thesproten ἐπὶ ψυχρὸν τὸν ἰπνὸν ὁ Περίανδρος τοὺς ἄρτους ἐπέβαλε, welche bedeutet νεκρῷ ἐούσῃ Μελίσσῃ ἐμίγη. Sinn und Zusammenhang dieser Kenningar ist aber bei Herodotos schon verloren. Der ξένου παρακαταθήκη steht in der Geschichte des Albanerkönigs Tarchetios (vgl. Schultz in Roschers Myth. Lex. s. v.) bei Plut. Rom. 2 die Frage an die Orakelgöttin Τηθύς wegen des am Herde erschienenen φάλλος gleich (andere Quellen belegen die Blutschande mit seiner Mutter Κράτεια, Aristippos πλ. παλαᾶς τρυφῆς α’ bei Diog. Laert. I 7, 2; Parthen. erot. 17). Spätere Beispiele, aber ohne zugehörende Rahmenerzählung, sind bei Tryph. π. τρ. 4 (Rh. gr. III 193 Sp. PLG⁴ III 666f.) 103. Ἥσσων (Χείρων) ἀλγήσας παῖδα τὸν ἐκ Θέτιδος (Ἀχιλλεύς) ἀνέθρεψε (vgl. Quinct. VIII 6, 37), 104. γῆς (Αἴας) ἐθανε καταδέσμου (Τελαμών), ὅτ’ ἀγγείων (ὅπλα, Pollux VI 84) ἀφάμαρτεν, bei Sext. Emp. adv. Math. I 314 (PLG⁴ III 667), 105. ἐβαρβάριζε (ἐσύριζεν) θοὖλον (Πάν) ἑλκος (σύριγξ) ἔχον χερί und ebd. I 316 ein 106. R.-Gedicht von den Augen aus 3 elegischen Distichen, das O² 207f. erläutert. Im neugriechischen R.-Märchen (N. G. Politis Neohellenika Analekta I nr. 5; vgl. R. Köhler Kl. Schr. I 372) heißen solche Kenningar Rabensprache (κορακιστικά) und werden auch von Gaunern gebraucht. Der Satz das Rephuhn (Braut) erfreue, die Sau (Diener) schlag nicht besteht ganz aus solch volkstümlichen Kenningar.

c) Die Kenningar γῆς für Αἴας, Μακροπτόλεμος für Τηλέμαχος (Theokr. Syrinx 1), Οὐδεὶς für Οὔτις = Ὀδυσσεύς (Od. IX 365ff.) sind Wortspiele. Das letzte (οὖτις erweitert durch σε τίει) kommt auch im Orakel an Eëtion (Herod. V 92 η) vor. In AP XIV 22 wird mit dem Wörtchen μή gespielt (vgl. Simrock R.-Buch³ S. 85 und den Hund ,Was‘ Simrock X 163 nr. 197); ähnliche, viel ältere und übrigens weit verbreitete Anspielungen ermöglichte das Wort αὐτός (vgl. Schultz Ἄϋτος in Memnon IV). Mit der Mehrdeutigkeit von ἔνδον spielt Aristoph. Ach. 396–400, mit der von φῶς–φώς AP XIV 47. Auch das Orakel an die Messenier (nr. 100) und das an Epameinondas (Paus. VIII 11, 6) beruht auf der Mehrdeutigkeit der Worte τράγος und πέλαγος. Im Grunde gehört auch die Veränderung von Worten um einen Buchstaben, das Buchstaben-R., hieher, also z. B. AP XIV 35 [110] (ὄνυξ–νύξ), AP XIV 46 (σάνδαλον, σκάνδαλον), wovon weitere Beispiele bei O² 211ff., das (π)όνου ἐγκώμιον bei Philostr. v. Soph. II 26, 5 und der Κρ–όνος bei Diog. Laert. II 10, 111f. Denn wenigstens die älteren Beispiele dieser Art setzen nicht das geschriebene Wort voraus, sondern spielen mit dem gesprochenen. Dasselbe gilt vom alten Silben-R., von dem wir freilich nach den späteren Beispielen (AP XIV 16 ρω–δος oder μυκ–ωνη, AP XIV 24 παν–θηρ, AP XIV 31 Ὁ–μηρος) keine rechte Vorstellung hätten (vgl. O² 221ff. Athen. XI 494 A B), wenn nicht die zahlreichen scherzhaften Beispiele für falsche Worttrennung und Wortverbindung, welche O² 6–10 anführt, hinzuträten.

d) Daß einer Frage durch eine geistreiche Antwort eine unerwartete Wendung gegeben werden kann, liegt schon dem certamen Hes. et Hom. zu Grunde. Theodoros nannte dergleichen καινά (Aristot. rhet. III 11 p. 1412 a 25). Die Gauklerwitze (O² 15–17) enthalten nur mehr wenig davon, aber Gespräche wie das zwischen Chairephon und Gorgias bei Philostr. v. Soph. I 483 (vgl. aus dem Trochilos des Heniochos bei Athen. IX p. 408 A B) halten sich noch im alten Stile, der vielleicht am besten in dem τί σείει ὁ κύων; τήν τε κέρκον καὶ τὰ ὦτα der v. Aesopi 19 verkörpert ist. Die genaue Antwort, wie viel der Rauch von 1000 Pfund Holz wiege (Lucian. Demonax 39), erinnert an die des Bias auf die Frage des Aithiopenkönigs (s. S. 97), und zur superlativischen Frage leitet über τίνα τῶν πλοίων ἀσφαλέστατά ἐστι· τὰ μακρὰ ἢ τὰ στρογγύλα; τὰ νενεωλκημένα (Antw. des Stratonikos Athen. VIII 42 p. 350 B, des Anacharsis Diog. Laert. I 104). Mitunter kann die Antwort auf die superlativische Frage selbst eine Kenning sein, z. B. die des Pittakos bei Diog. Laert. I 4, 77, worin ποικίλον ξύλον = νόμος sein soll. Mit kultisch-festlichem Brauche hängt die superlativische Frage τί ἰσχυρότατον (σίδηρος, χαλκεύς, πέος) zusammen, welche die Mädchen bei den Adonien in dem Theseus des Diphilos beantworten (s. S. 101, vgl. Plut. qu. conv. VIII p. 717 A ἐν τοῖς Ἀβριωνίοις .... αἱ γυναῖκες … μετ’ ὀλίγον δὲ τοῦ δείπνου τέλος ἔχοντος αἰνίγματα καὶ γρίφους ἀλλήλοις προβάλλουσι), die an Adonis in der Unterwelt gestellte Frage τί κάλλιστον (Zenob. IV 24. Liban. epist. 707. PLG⁴ III 566) und die Lösung der aporistischen Aufgabe, das beste und schlechteste Fleisch des Opfertieres heraus zu finden (Plut. VII sap. conv. 2 p. 146 F; vgl. de Is. et. Os. 68 p. 378 C den Ruf γλῶσσα τύχη, γλῶσσα δαίμων). Nach dem βέλτιον τοῖς ἀνθρώποις und dem πάντων αἱρετώτατον fragt Midas den gefangenen Silen in dem Dialoge Eudemos des Aristot. frg. 40 p. 1481 b 4–18. Cic. Tusc. disp. I 48. Die drei Fragen, welche Kroisos an den weisen Solon richtet, der auf seinen Fahrten eben auch nach Sardes kommt, drehen sich ebenfalls um das Glück. Die romanhafte Erzählung lenkt in das Fahrwasser der Geschichte von Polykrates, und die Scene selbst erinnert an Kaiser und Abt (Sch. II 77) oder an die Fragen des Alexandros an die indischen Weisen (Plut. v. Alex. 64), deren einige ebenfalls superlativisch sind. Dem Wettstreite fahrende [111] Sänger, die an dem Hofe des Ganyktor zusammen gekommen sind (s. S. 96), ist nahe verwandt der Wettstreit fahrender Weiser, welche die Tafelrunde des Kroisos bilden. Die Apophthegmen der 7 Weisen hat Diels² FVS II 518ff. zusammen gestellt. Auch die pythagorischen Symbole enthalten viel superlativische und komparativische Fragen; am reichsten daran ist das Gastmahl der 7 Weisen des Plutarchos, aus dem die Fragen des Amasis an den König der Aithiopes (8 p. 153 A), deren letzte wieder das Glück betrifft, besonders hervorzuheben sind.

e) Die meisten Trugschlüsse der Alten beruhten auf ihrem naiven Verhalten der Sprache gegenüber; auch sie dienten, wie alle anderen Arten sprachlicher Scherze, der Unterhaltung bei den Gelagen (Lucian. conv. 23. Gellius n. att. XVIII 2, 9ff. Plut. de tuenda sanit. 20 p. 133 C), bei denen auch ἄπορα (Gell. IX 15, 6–8), ἀντινομίαι (Spengel Rh. gr. II 141) und ainigmata legum (Juvenal VIII 50) vorgelegt wurden. Das Gelage war eine besondere Art der Wissensprüfung (Klearchos bei Athen. X 86 p. 457 D, vgl. v. Wilamowitz Hom. Unters. 265), bei der auch die ,Bibelfestigkeit‘, die Homerinterpretation, nicht zu kurz kam. Das spätere biblische R. und die biblischen Scherzfragen sind bloß aus der Übertragung der bei der Homerinterpretation gewohnten Spitzfindigkeiten auf das Alte und Neue Testament entstanden. Vgl. O² 73ff.

3. Zahlen- und Buchstaben-Spiel.

Nach alter Auffassung (vgl. Sch. II 127f.) vernimmt der Mund ebenso die Worte, wie das Auge die Bilder sieht; da entspricht die Zerlegung der Worte in Buchstaben der Zerlegung der Dinge in ihre Elemente (στοιχεῖα). Da noch überdies den Buchstaben Zahlenwerte zukommen, ergab sich die Möglichkeit verwickelter Zahlen-und Buchstaben-Symbolik (vgl. Schultz Ü. d. Bedeutung d. Zahlen u. Buchst. f. d. Altertumsforschung in Philol. Versamml. Graz 1909, 95–102 u. Sch. II 130), welche vielfach auch auf das Gebiet des R. herüber greift. Das kennzeichnet Plut. qu. conv. V 673 A καὶ οἱ φορτικοὶ καὶ ἀφιλόλογοι μετὰ τὸ δεῖπνον ἐφ’ ἡδονὰς ἑτέρας … τὴν διάνοιαν ἀπαίρουσιν, αἰνίγματα καὶ γρίφους καὶ θέσεις ὀνομάτων ἐν ἀριθμοῖς ὑποσυμβόλοις (R. Foerster, ὑποσύμβολα libri) προβάλλοντες. Einen Versuch, die Formen dieses Übergreifens aus verwandten anderen Erscheinungen zu erklären, s. bei Sch. II 119ff.; hier sind bloß die einzelnen Arten solch rätselähnlicher Gebilde zu verzeichnen.

a) Ein Buchstabenspiel im eigentlichsten Sinne war die Tragödie des Kallias aus Athen, in der die Buchstaben als handelnde Personen auftraten (Athen. X 79). Darüber haben Welcker Das ABC-Buch des Kallias, Rh. Mus. I 137ff. Grasberger Erz. u. Unterr. im klass. Altert, II 263–170 und v. Wilamowitz Gött. Gel. Anz. 1906 632 gehandelt, ohne das Verständnis des so wunderlichen Einfalles zu fördern. Eine Erklärung versucht Sch. II 119ff. Diese Tragödie enthielt auch die Beschreibung von Worten nach ihren Buchstaben (ΨΩ), und Athen. weist nach, daß spätere Schriftsteller (Maiandrios, Euripides, Agathon und Theodektes) ihm [112] hierin folgten, Sophokles aber sogar Buchstaben tanzen ließ. Verwendung der Buchstaben bei Wechselgesange setzt auch die Angabe des Apollonios v. Korkyra bei Clem. Alex. Strom. V 8 voraus, Branchos habe, um Miletos von einer Seuche zu reinigen, das Volk auf den von ihm gesungenen Vers mit βεδυ ζαψ ζθωμ πληκτρον σφιγξ | κναξ ζβι χθυπτης φλεγμο δρωψ antworten lassen (Verwendung des Alphabetes zu apotropäischen Zwecken s. bei A. Dieterich ABC-Denkmäler, Rh. Mus. 1901, 82ff.). Über diese beiden und die dritte krumatische Reihe μαρ⟨β⟩τε σφιγξ κλωψ ζυχτθηδον (die zweite spielt auch im Liede des Thespis, Clem. a. O., eine Rolle) vgl. Schultz Memnon III 175ff.

b) Die ἐφέσια γράμματα bei Clem. Alex. Strom. V 8, 45 (die übrige Überlieferung s. Sch. I 81–89), der aus der echten Schrift des Androkydes περὶ Πυθαγορικῶν συμβόλων (d. h. der über mathem.-kosmologische Symbole handelnden, der auch Nicom. Geras, introd. arithm. I 3 p. 6 Hoche; vgl. Comm. Philop. p. 718 Hoche und Theol. Arithm. p. 40 Ast. zuzuweisen ist; vgl. Philol. LXVIII 217, 2, wonach Diels FVS² I 281, 24 einzuschränken ist, und P. Corssen Rh. Mus. LXVII 240–263) schöpft, sind nach Schultz Ἐφέσια und Δελφικὰ γράμματα. Philol. LXVIII 210–228 ein verwickeltes, auf die Zahl 360 berechnetes, kosmologisch-symbolisches Zahlenspiel, das nach Art eines Carmen figuratum korbförmige Anordnung voraus setzt und mit den mehr gnomischen, den 7 Weisen zugeschriebenen, von W. H. Roscher Philol. LX 81ff. in ihrer inschriftlichen Anordnung festgestellten delphischen Sprüchen (Auszug aus der Überlieferung bei Sch. I 89–91) in der traditionellen Bezeichnung, im inschriftlichen Charakter, der religiös bedeutungsvollen Anzahl der Worte bezw. Sprüche, der hexametrischen, asyndetischen Anordnung, dem sagenhaften Ursprunge, der Buchstabenzahl, inneren Symmetrie und zahlensymbolischen Gliederung übereinstimmen. Gebilde ähnlicher Art gewinnt Sch. I 92–102 aus den älteren pythagorischen Symbolen und deutet Hes. ἐ. κ. ἡ. 40. 41 das Halbe (μαλάχη = 54), das mehr sei als das Ganze (ἀσφόδελος = 108), aus den Zahlenwerten der beiden Worte und dem Anklange von ἀσφόδελος an ein *ἀσφόνδυλος (vgl. die Aufschrift der unteritalischen Vase der Neapeler Sammlung Heydemann nr. 2868 bei Sch. I 105).

c) Kosmologisch-mathematische Symbolik und isopsephisches Spiel vereint die pergamenische Inschrift des Architekten Neikon (Vater des Galenos?) CIG II 3546 (vgl. die beiden vorangehenden Nummern). Ein isopsephisches Kunststück ist die Grabschrift CIG III 5119. Der Psephos wird angegeben, der Name ist zu raten auf der pompejanischen Inschrift Bull. di Inst. 1874, 70 (vgl. Fiorelli Descr. d. Pomp. 312), Fiorelli ebd. 441. CIG IV 12 (vgl. A. Sogliano Isopsepha Pompeiana, Rend. della Reale Acad. dei Lincei 1901 X 257). Bei Ps.-Callisth. I 33 muß Alexandros aus den ψῆφοι der Buchstaben den Namen Σάραπις raten (vgl. CIG III 5113). In dem fingierten Orakel Lukian. Alex. 11 werden die 4 ersten Buchstaben des Namens Alexandros psephisch beschrieben. Das [113] leitet über zu den psephischen R. Orac. Sibyll. I 195ff. (θεὸς σωτήρ). 326ff. (Ἰησοῦς). AP XIV 20. 21. 105. Append. VII 67. 69. 71. 72. 78. Solche Aufgaben setzen Übung in den ἀριθμοὶ ὑποσύμβολοι voraus, wie sie auch bei Gelagen gefordert wurde. Man erklügelte aus den zwei ersten Buchstaben von ΜΗωιν (μ = 40, η = 8; also zusammen 48) einen Hinweis auf die Zahl der homerischen Gesänge (Senec. epist. 88, 35), suchte isopsephische Verse aus Homeros heraus 1( (Gell. n. att. XIV 6, 4: Il. VII 264, 265. XIX 306, 307; Od. XXIV 110, 111) und verlangte Schlagfertigkeit im Nennen isopsephischer Worte. Das Isopsephon πρωκτός–χρυσός hielt Straton AP XII 6 in einem Epigramme fest; isopsephische Epigramme sind AP IX 17. 80. 345-347. 354. 356. XII 20. Kaibel Epigr. gr. 806 erhalten.

d) An poetischen Künsteleien, welche ebenfalls zum γρῖφος gerechnet wurden, sind schon aus alter Zeit zu nennen die ἄσιγμοι ᾠδαί, wo bei dem σὰν κίβδηλον ἀνθρώποις des Pindar (frg. 59 B, Athen. X 82 p. 455 C) nicht bloß an die Unsanglichkeit des ς (T. Heinrich Deutsche Gesangsaussprache 121), sondern auch an das οὐρανοῦ καλὸν σῖγμα (Aischrion frg. 1 p. 516 B; vgl. Martial. X 98, 6. XIV 87. Philol. 1906, 160), den Mond, zu denken ist, welchem nach dem λόγος der Kleobuline (Plut. conv. VII sap. 14 p. 157) kein Gewand paßt. Pindar hatte in solcher Dichtung (nach Heracl. Pont, bei Athen, ebd.) in Lasos von Hermione einen Vorgänger, der einen solchen Hymnos auf die Kentauren, einen zweiten auf Demeter dichtete (vgl. Athen. XIV 18 p. 624 E). Zur Zeit des Alexander Severus verfaßte Nestor von Laranda eine Ilias λειπογράμματος, bei der jedes Buch gerade jenes Buchstaben entbehrte, der dessen Zahl angab. Tryphiodoros (Suidas s. Νέστωρ) ahmte ihm mit einer gleichartigen Odyssee nach. Beliebt war es, homerische und andere Verse von besonderem Baue herauszusuchen (Beispiele bei Athen. X 87 p. 458) oder Gedichte zu verfassen, in denen man Worte und Verse umstellen konnte (Beispiele bei O² 4, 4). Schließlich ist auch noch des Anagrammes, des Palindromes und der Akrostichis zu gedenken, von denen O² 225-241 Beispiele gesammelt hat. Besondere Kunst zeigt bei Kaibel Epigr. gr. 109 b die akrostichische Inschrift des Menippos, deren 12 Zeilen den Monaten, deren Buchstaben den Tagen des Jahres entsprechen.

4. Rechenfragen. Näher dem eigentlichen R. stehen die Rechenfragen, die in ihren alten Formen die typischen Zahlen des Mythos bevorzugen und. ähnlich dem eigentlichen R., häufig chronologischen Einschlag verraten. Deutsche Rechen-R. vgl. in Ztsch. f. deutsche Mythologie III 192. Simrock R.-Buch³ S. 138. 176. 187. Wossidlo I nr. 878-904. Ein čechisches Rechen-R. enthält die Libussa des Musaeus, slawische weist F. S. Krauß nach in seinen Märchen und Sagen der Südslawen II S. XXXI.

a) Das frg. 160, 161 Rz.² der Μελαμποδία enthält den R.-Wettkampf zwischen Mopsos und Kalchas (s. S. 77). der mit dem Tode des Kalchas endet (vgl. v. Wilamowitz Hom. Unters. 1884, 178, 22). Er betrifft nach der [114] Melampodie 107. die Zahl der Feigen an dem Baume und das Maß, das sie füllen (1000 Feigen, deren letzte nicht Platz hat, 1 Scheffel), nach Pherekydes bei Strabon XIV 1, 27 p. 462 auch 108. die Zahl und das Geschlecht der Ferkel, welche die Sau trägt (3, eines weiblich). Apollod. epit. 6, 204 (Mythogr. Gr. I 213, 22–215, 17) vereint beide Fragen, die zweite Antwort spricht auch noch von der Zeit des Wurfes. Sie lautet in der einen Fassung: 10, eins männlich, morgen; in der anderen: 9, alle männlich, morgen in der 6. Stunde. Bei Tzetzes z. Lykophr. 980. Eustath. Od. p. 1900, 26ff. faßt der Scheffel ebenfalls nur 999 Feigen. Herakles ist der Frager und erschlägt den Seher, weil er die letzte Feige nicht in den Scheffel zwingen kann. In der Leidener Hs. des Serv. Ecl. VI 71 (Immisch Klaros 149) tritt noch hinzu 109. der Streit um das Pflanzen der Reben und den Trank von ihrem Weine. Vgl. Sch. I 142. Nur die beiden ersten Gänge sind alter Bestand (vgl. Wahuka und Rtuparna, O² 29) und vielleicht bloß gegenseitige Varianten (vgl. Kadrū und Suparnī bei Hüsing Iran. Überl. 183ff.); der letzte ist junger Zusatz aus den Ankaioserzählungen. Durch und durch R. (Sch. II 131, 1 gegen H. Blümner Wochenschr. 1910, 406f.) ist in der Melampodie frg. 162 Rz.² der Streit des Zeus mit der Hera 110. ob Mann oder Weib bei der Begattung mehr Lust empfinde. Teiresias, der bei dem Kyllene-Gebirge in Arkadien (Apollod. bibl. III 6, 7, 4) oder am Kithairon (Schol. Ambros. Hom. Od. X 494), indem er zwei Schlangen bei der Begattung tötete, aus einem Manne zum Weibe und später bei gleicher Gelegenheit wieder zurück verwandelt wurde, muß es wissen und antwortet, der Genuß des Mannes betrage einen, der des Weibes 9 Teile, wofür ihn Hera mit Blindheit straft, Zeus mit Seherkraft beschenkt. Die Χίρωνος ὑποθῆκαι frg. 171 Rz.² (vgl. Auson. id. XVIII) enthalten eine Art Zahlen- 111. R. von der Zeit (χρόνον αἰνιττόμενος Plut. de def. orac. 11 p. 415 C). Zu den Zahlen der Weltenwoche des Nymphenjahres (das 24fache der Heraklitischen Weltperiode) vgl. W. H. Roscher Enneadische Studien 24ff.; zu den Tieren, deren Alter die Zeitläufe bestimmt, Sch. II 27; über den Glauben der Neugriechen an hohes Alter der Nereiden O² 147. 1. Nahe verwandter Art ist in dem Certamen Hes. et Hom. p. 241 Rz.² das Zahlen-112. R. (λογιστικὸν πρόβλημα) von der Zahl der Achaier vor Troja. Der Agon hat in v. 1 πενήκοντ’, die AP XIV 147 ἑπτὰ ἔσαν μαλεροῦ. Vgl. Il. II 119ff. Das berühmte delische 113. Problem von der Verdoppelung des Würfels führt Eutokios in Archytae sphaeram III 102ff. Heiberg auf den Tod des Glaukos (s. S. 98) als Anlaß zurück. In einer alten Tragödie ließ der Dichter den Minos mit dem Ausmaße der würfelförmigen Grabkammer des Glaukos unzufrieden sein und deren Verdoppelung verlangen. Theon Smyrnaeus, expositio rerum mathematicarum ad legendum Platonem utilium p. 2 Hiller weiß von der Beziehung zu Glaukos nichts und läßt das delische Orakel die Aufgabe anläßlich einer Seuche stellen. Die Angaben des Eutokios haben in der keltischen Erzählung S. 69 manchen Anklang. – [115] 114. Berechnung der Lebenszeit des Menschen nach Jahren, Tagen und Stunden stellt Solon vor Kroisos (Herod. I 32) an. Also muß Kr̥sa-Kroisos (s. Hüsing Beiträge zur Kyros-Sage 108) auch chronologische Fragen gestellt haben. Und wie der goldreiche, mythische Kr̥sa, der nach dem Ausweise vergleichender Forschung (Sch. II 79) dem Gaste alle seine Schätze mit Ausnahme einer einzigen Kammer zeigt, nämlich jener, in der er heimliche Dinge treibt, verselbigt wurde mit dem geschichtlichen, reichen Lyderkönige Kroisos, so wird die Tatsache, daß Solon seine Elegie auf die Lebensalter verfaßt hatte (Bergk frg. 17; vgl. W. H. Roscher Die Hebdomadenlehren der gr. Philosophen u. Ärzte 15), den Anlaß gegeben haben, gerade Solon zum Beantworter der Fragen des Lyderköniges zu machen. – Die Zahl, welche den Umlauf menschliches Wesens beherrscht, läßt Platon resp. VIII 3 p. 546 von den Musen unter Scherz und Neckerei, gleichwie an Kinder mitteilen. Wenn die Wächter des Staates sie nicht kennen, werden sie zur Unzeit die Bräute mit den Gatten vereinen. Daraus schließt E. Dittrich OLZ 1910, 103 mit Recht, daß ein 115. R. vorliegt, dessen L. nach Albert die Präzessionszahl (3600 : 2592) sein soll. Diese nach den dunklen Angaben Platons zu ermitteln und in ihrem Verhältnisse zu Babylonischem zu beleuchten, sind bemüht G. Albert Die plat. Z., Wien 1896 (mit Berechnung und Konstruktion); Philol. LXVI 1; die plat. Z. als Präzessionszahl u. ihre Konstruktion, Wien 1907 (hier auch die ältere Lit.; seine Übersetzung der schwierigen Stelle und die englische von J. Adam Komm. Ausg. Cantbr. 1902 II 291 u. 206 gibt K. Preisendanz in seiner Übertragung von Platons Staate, Jena 1909, 319 und Anm.), F. X. Kugler Sternkunde und Sterndienst in Babel II 35–45; OLZ 1910, 277–279. E. Dittrich OLZ 1910, 103–108. 1911, 14–18. Jakson the Class. Rev. XXIII 6, 199, Hilprecht the Babyl. Exped. XX (1907), A. Jeremias Das Alter d. babyl. Astron. S. 52f., Zimmern Wiss. Beilage z. Nationalztg. v. 8. 2. 1907, Heiberg b. Gercke-Norden, Einleitung II 428, Bezold Arch. f. Rel.-Wiss. XV 213 (1912). Als Doppeltes von 1296 = 6⁴ ist 2592 bloß eine künstlichere Form des ψυχογονικὸς κύβος der Pythagoräer, welcher als 216 = 6³ ebenfalls auf der Sechs-Zahl aufgebaut war. Die Zahl der Seele im Tim. VIII 35f. (vgl. Archytas bei Diels FVS² 255 Tabelle, und Theol. arithm. 64 Ast) und die Zahlen- und Farben-Verhältnisse an dem Spinnwirtel der Anangke Respubl. X 14, 616 beruhen auf verwandten Vorstellungen und sind ebenfalls rätselartig.

b) Die durchwegs in mathematischem Geiste gehaltenen παραλογισμοὶ oder ἀπορίαι des Zenon von Elea (Diels FVS² I 131f. (Sch. I 147–152) spielen zum sophistischen Trugschlusse hinüber, dessen Verhältnis zum R. schon S. 111 berührt [116] wurde. Sie sind aber als Paradoxa auch dem ἀδύνατον verwandt und der Satz τὸ βραδύτατον (χελώνη) οὐδποτε καταληφθήσεται ὑπὸ τοῦ ταχίστου (Ἀχιλλεύς) hat superlativische Fassung.

c) Die besonders im XIV. Buche der AP verstreuten diophantischen Aufgaben hat Zirkel Programm des Gymn. zu Bonn 1853 gesammelt und übersetzt. Die meisten davon werden dem Metrodoros, der wahrscheinlich der Grammatiker unter Konstantin dem Großen ist, zugeschrieben (Jacobs Comm. in Anth. Gr. XIII 917ff.). Hervorzuheben ist die Aufgabe des Eukleides AP Append. VII 2 vom Maultiere und der Eselin, die 7 und 5 Maß Wein tragen. Diese Zahlen stimmen zu denen des Rechen-R. S. 87.

4. Die Römer und das lateinische Rätsel. Quod Graeci dicunt ,aenigmata‘, hoc genus quidam ex nostris veteribus ,scirpus‘ appellaverunt sagt Gell. noct. attic. XII 6 und führt als per hercle anticum, perquam lepidum … aenigma aus Varro de serm. lat. ad Marcellum II (frg. 54 W.) das Wort-R. von terminus an (s. u.), das vom hellenischen Standpunkte aus ein γρῖφος im engeren Sinne wäre. Also ist scirpus, das ,Geflecht‘ bedeutet, einfach Übersetzung des hellenischen Kunstausdruckes. Pompeius (commentum ed. Keil Gramm. lat. V 311) sagt aenigma est, quo ludunt etiam parvuli inter se, quando sibi proponunt quaestiunculas und führt das R. vom Eise und Wasser an, das zu nr. 19 zu stellen war, in einem mittelalterlichen lateinischen R. bei Mone Anzeiger III 316. 224 ausklingt und einheimische Überlieferung sein kann.

Die Angabe des Pompeius ist zugleich eines der spärlichen Anzeichen für volkstümliche R.-Überlieferung auf italischem Boden. Ein anderes bietet Petron. Sat. 58 (vgl. Ohlert Philol. LIII 745f.). Der R.-Kampf soll auf dem Markte stattfinden, die Gegner müssen Geld hinterlegen. Sehr treffend vergleicht O² 51, daß in der Historia Apollonii Tarsia auf dem Markte R. lösen darf, die man ihr vorlegt. Das ist ein weiterer Beitrag zu dem Nachweise römischer Sitten in der Historia, den E. Klebs Die Erzählungen von Apollonius aus Tyrus, Berlin 1899 S. 205–213 erbracht hat. Was der Freigelassene bei Petronius dann wirklich aufgibt, ist echt volkstümlich, aber ganz schlecht überliefert. Aus dem dreimaligen qui de nobis schloß man auf 3 R.-Fragen nach Körperteilen männliches Geschlechtes (Buecheler gab die Lösungen pes, oculus, capillus; an letzter Stelle wäre auch penis möglich), was aber wenig einleuchtet. Auch fiele dann auf, daß bloß die erste Frage Ich-Form hätte, ferner daß sie in metrischem Zusammenhange steht, aus dem das Übrige heraus fällt. Wie weit Petronius das R. selbst noch verstand, wie weit er es schon verderbt vorfand, wird zwar wohl nie zu entscheiden sein; aber das Überlieferte läßt noch auf die ältere Form raten, wie folgende Schreibung der Stelle verdeutliche:
qui de nobis longe venio late venio solve me
dicam tibi: qui de nobis currit [et de] loco non movetur
[qui de nobis] crescit at⟨que⟩ minor fit
[117]

Qui de nobis wäre dann etwa in que tu nobis (sage du uns) zu ändern und das ganze Stück wieder her zu stellen:

que tu nobis – longe venio, late venio – solve me:
currit loco non movetur, crescit atque minor fit.

Die erste Hälfte ist feierliche Einleitung und mit den ähnlichen Einleitungen in der (Wafþruþnismol) (Sage zum ersten, wenn deine Einsicht genügt und viel fuhr ich umher, viel versucht’ ich) zu vergleichen, die zweite erst das R. selbst, in dem currit loco non movetur mit nr. 45 τὸν αὐτὸν οὐκ ἀφεὶς τόπον τρέχω übereinstimmt und crescit atque minor fit an nr. 43 φύεσθαι τ’ ἀεὶ καινῶς φθίνειν τε τὴν παρουσίαν πάλιν anklingt. Das R. gehört also zur Gruppe des ,Dinges mit den gegensätzlichen Eigenschaften‘ (s. S. 99), dürfte aber einheimisches Gut sein. Eine weitere Spur volkstümliches Gebrauches von R. liegt in der pompeianischen Mauerinschrift CIL IV 1877 vor, welche ein zetema aufwirft, das auf dem Doppelsinne von similem sui beruht (O² 192).

Sakral ist das schon erwähnte R. vom terminus. Der letzte Vers ist sichtlicher Zusatz, das R. selbst also älter als die bekannte Legende, daß der kapitolinische Terminus dem Juppiter nicht habe weichen wollen. Weitere Zeugnisse für sakrale R. knüpfen an Numa an. Faunus gibt ihm im Traume auf, Tellus durch ein Kuhopfer zu versöhnen. Det sacris animas una necata duas (Ovid. fast. IV 665ff.). Die Auskunft der Egeria, es werde eine trächtige Kuh verlangt, ist nicht ganz glücklich; denn ähnlich wie Kalchas müßte der König auch hier zuvor erraten, ob das Kalb weiblich sein werde. Einen sakralen R.-Wettkampf ums Haupt zwischen Numa und Juppiter anläßlich der Blitzsühne schildert Ovid. fast. III 339–346; Plut. Numa 15 fügt hinzu, Egeria habe dem Könige die Antworten eingegeben. An Stelle des menschlichen Hauptes tritt die Zwiebel (cepa), an Stelle des Menschen sein Haar (capillus), an Stelle der Seele der Fisch (piscis, maena). Zum ersten Gliede ist also auch Tarquinius zu vergleichen, der Mohn (Liv. I 53. Polyaen. VIII 6. Dion. Hal. IV 55ff. Plin. n. h. XIX 169) oder Lilien (Ovid. fast. II 701–710) köpft (vgl. Periandros nr. 91). Sakral und rätselhaft ist auch, wie der Vergleich mit Periandros (S. 107) lehrt, die Erscheinung des φάλλος an dem Heerde des Tarchetios (Plut. Rom. 2), und endlich das Verhalten des Brutus Liv. I 56, 12, welches zu dem des Parmeniskos ((Sch. I 76 nr. 116) zu stellen ist.

Ist bei den wenigen volkstümlichen und sakralen Stücken, die auf uns gekommen sind, eine gewisse Unabhängigkeit von Hellenischem nicht zu verkennen, so begnügt sich die schöne und gelehrte Literatur um so mehr mit der Nachahmung hellenischer Vorbilder. Entlehnungen, deren Quellen sich noch nachweisen lassen, sind nr. 13, 14, 19, 26. 59, 60, 61, 82 angeführt. Verg. bucol. III 104ff. (vgl. Ohlert Philol. LVII 599f.) ahmt den Wettgesang theokritischer Hirten nach (vgl. Voss Vergils ländliche Gedichte² I 100f.) und läßt den Damoetas ein R. vom Zeltdache (οὐρανός; in Varianten konnte auch der Gaumen οὐρανίσκος gemeint sein; vgl. O² 48, der es auf den Brunnen bezieht, und S. 63) vorbringen, welches Menalkas mit einem anderen beantwortet, das [118] O² 48f. von Ὑάκινθος versteht. Bei der selbst als Buchstaben-R. gehaltenen Stelle des Ovid. metam. XIII 397f. litera communis mediis pueROque viROque | inscripta est foliis, haec nominis, illa querellae möchte man aber freilich eher auf Ρ = ῥ–ὦ als auf Υ (das als litera pythagorica das 20. Lebensjahr und den Übergang des Jünglings zum Manne bezeichnet; Schultz Philol. LXVIII 488–499) raten, woraus sich auch erklärte, daß die eine litera zwei Dingen, dem nomen(ρ) und der querella (ὦ) entspricht (sollte man gemeint haben, die aus dem Blute des Aias entsproßte Blume trage die Aufschrift ΡΩμος?). Ausläufer solcher Buchstabenspiele sind die Priapea Petron. sat. 7. 54. 67 und Auson. epigr. 85 (126) Peiper, dessen Technopaegnium (mit dem erst später eingefügten Stücke de litteris; vgl. o. Bd. II S. 2569f. 2573f.) und dessen Griphus de ternario numero hier anzuführen sind.

Rätselartige Scherze, welche bei falscher Betonung, Worttrennung und Wortverbindung entstehen, nennt Quint. inst. orat. VII 9, 8. 4 (vgl. VIII 3, 44–45. 47 und Volkmann Rhetorik d. Gr. u. Römer 437. 341 f.). Höchst gekünstelte und abgeschmackte Wortspiele sind auch die Scherze des Trimalchio bei Petron. sat. 36. 40f. 56 (vgl. Suet. Aug. 75), welche O. Crusius Philol. LII 488, L. Friedländer Petronii cena Trimalchionis p. 264f. und O² 80ff. erläutert haben. Sie sind den scherzhaften Umschreibungen trivialer Gegenstände in der attischen Komödie (S. 100; vgl. O² 193f.) verwandt. Besser ist die in leidlichen Kenningar gehaltene R.-Rede mare concretum in creta (sal in salino fictili) in campo (mensa), ubi caro humana (manus) ossibus (talis) ludebat bei Diomedes art. gramm. II (Keil Gramm. lat. I 462), mit der dem Stile nach die Schilderung zu vergleichen ist, welche Ausonius XIV 71–81 vom Vorgange des Schreibens gibt. Die Denksprüche des Secundus (Orelli Opusc. sentent. I 208ff. 216ff. 218. 222) und die aus ihnen weiter gebildete altercatio Hadriani Augusti et Epicteti philosophi (Orelli ebd. I 230–239; vgl. W. Wilmanns Ztschr. f. deutsches Altertum 1869 XIV 530–555 und über ähnliche R.-Gespräche und R.-Streite F. Tupper The riddles of the Exeterbock, Boston 1910, p. XXf. R. Nachtigall Ein Beitrag zu den Forschungen über die sog. Beseda, Arch. f. slaw. Philol. 1901 I 1–95. W. Suchier L’enfant sage, das Gespräch des Kaiser Hadrian mit dem klugen Kinde Epitus 1910. Heinrici a. a. O. 17. 3) sind als Ausklänge der hellenischen Weisheitsfragen (z. B. quid est, quod homo videre non potest? alterius animam; vgl. nr. 22) zu betrachten.

Eine besondere Stelle in der lateinischen R.-Überlieferung nimmt (Caelius Firmianus?) Symphosius (über die älteren Ausgaben s. Friedreich 188; zuletzt Riese Anth. Lat.² 1894 I 221–246) ein, über dessen Person und Zeit alle Nachrichten fehlen (vgl. Tupper p. XXVIIIf.). Hagen (Antike und mittelalterliche R.-Poesie, Bern 1877, 23) und Riese (Über die Textkritik des Symphosius in Ztschr. f. d. österr. Gymn. 1868 XIX) setzen ihn ans Ende des 5. oder den Anfang des 6. Jhdts., Paul (Dissertatio de Symphosii aenigmatis, Berlin [119] 1854, 14) und Schenkl (Wr. Sitzungsber. 1863, 12) ins 4. oder 5. Jhdt., Klebs 224, 1 hält den Namen Symphosius jedes Falles für nachdiokletianisch. Bei Symphosius haben wir plötzlich 100 R., jedes drei Hexameter umfassend; eine kurze Vorrede nennt als Anlaß der Sammlung annua Saturni dum tempora festa redirent. Schenkl (a. a. O.) hat die ursprüngliche Reihenfolge der R. festgestellt, Ebert (Ber. ü. d. Verhh. d. K. sächs. Ges. d. Wiss. phil. hist. Kl. 1877) sie nach den Lösungen betrachtet. Die im ganzen Mittelalter und namentlich im 8. Jhdt. in England hoch angesehene und in zahlreichen Handschriften verbreitete (schließlich um 1540 von Joachim Camerarius ins Griechische übersetzte) Sammlung verrät durchaus nicht gelehrte Absichten. Sie umfaßt R. von belebten und leblosen Gegenständen tägliches Gebrauches und täglicher Anschauung; es fehlen chronologische, kosmologische und mythische Stoffe, Abstrakta sind nur spärlich vertreten. Christliches schimmert nirgends durch, Zweideutiges ist sorgsam vermieden. Die R. sind fast durchwegs in der Ich-Form gehalten (der Gegenstand schildert sich selbst) mit Ausnahme von neun R., nämlich nr. 11, 29, 62, 72, 76, 77, 89, 94, 95, welche dadurch stark aus dem Rahmen der übrigen heraus treten.

Diese von Klebs nicht bemerkte Verschiedenheit ist wichtig für die Frage des wechselseitigen Verhältnisses zwischen jenen R., welche der Historia Apollonii (die Klebs ihrem alten Bestande Hi nach dem 3. Jhdt. zuweist) und dem Symphosius gemeinsam sind. Klebs nimmt an, daß Hi von R (den beiden Gruppen RA und RB der Hss. zu Grunde liegende Form; auch im Folgenden benütze ich die von Klebs verwendeten Bezeichnungen) in der Wiedererkennungs-Scene zwischen Apollonius und Tarsia erheblich abwich. Das in paarweisen, rhythmischen Hexametern (S. 227 wird darob italischer Ursprung angenommen) verfaßte Lied der Tarsia und die Umgestaltung der R. des Symphosius zur rhythmischen Form in R schreibt er ein und demselben christlichen Überarbeiter zu, der sich besonders an dem R. balneum betätigt habe; in Hi müsse Diana selbst die Wiedererkennung bewirkt haben (c. 48 sagt Apollonius zu Diana im Tempel: mori cupienti filiam meam reddidisti). Die ganze R.-Scene erscheint ihm albern und bedeutungslos für den Fortgang der Handlung. Nun beginnt aber der Roman ebenfalls mit einem R., und die R. am Schlusse stehen in Wirklichkeit mit der Erzählung in allerinnigstem Zusammenhange. Klebs erarbeitet S. 225 das R. balneum in der Fassung von R, wo es als Ich-R. stand; also wollte der Bearbeiter noch aus richtigem Verständnisse zum Ausdrucke bringen, daß Tarsia die L. sei. Es liegen folgende drei eine ,Kette‘ bildende R. vor: I. Das R. mit der falschen L. pisces et undae, das aber den Sarg meint (clara voce resultat zielt auf die Hammerschläge; ambo currunt er wird getragen: im Volks-R. ist es auf die Fische im Netze bezogen. vgl. Heinrici a. a. O. S. 68 Nr. 108. G. Pitré Indovinelli p. LXXI–LXXVII und das iranische R. vom Leichenbegängnis S. 84). II. Das R. mit der falschen L. balneum, das [120] die Schicksale der mit Tarsia schwangeren ,Tochter des Altistratos‘ schildert und in beiden Fassungen (R und Symph.) angeführt sei:
per totas aedes innocens per totas aedes innoxius
intro per ignes introit ignis.
circumdata flammis hinc est calor in media magnus,
inde uallata nec uror. quem nemo veretur.
nuda domus est et nudus non est nuda domus sed
ibi convenit hospes nudus convenit hospes.

Die Mutter der Tarsia kann während des Sturmes nicht gebären und wird scheintot mit ihrem Kinde im Leibe (der Erzähler versteht das nicht mehr und schaltet, um die Trennung vom Vater zu begründen, Stranguilio und Dionysiades ein) in verpichtem Sarge ins Meer geworfen. Als der Sarg gelandet ist, wird sie mit Fackeln und heißem Öle erwärmt; ihr Körper ist die nuda domus, der nudus hospes Tarsia. Diese R., welche die Erkennung herbei führen sollen, versteht Apollonius noch immer nicht; er stößt seine Tochter von sich, die nun in höchstem Jammer ein durch zahlreiche Zusätze entstelltes III. R. aufgibt, das in ursprünglicherer Form einmal etwa lauten mochte:

Nam statim ut nata sum inter fluctus procellasque.
mater mea algoribus constricta mortua visa
deposita in loculum ornata Neptuno demissa est,

wobei die Rekonstruktion der letzten Zeile besonders unsicher ist. Zum Ganzen ist AP XIV 36 und 109 zu vergleichen; denn auch hier ist eine falsche L. piscis recht nahe gelegt (algoribus constricta könnte man als Wirkung der Angel, loculum als Pfanne, ornata als Zurichtung, Neptunus als den Bauch des Essers verstehen: vgl. Hippocr. de victu I 10 [Diels FVS² I 83] κοιλίην … θαλάσσης δύναμιν). Eben um des nunmehr festgestellten inneren Zusammenhanges der R., mit der in sie verkürzt zusammen gefaßten Erzählung (vgl. S. 65 unter 1) willen, können also nur diese drei R. (I = Symph. nr. 11. II = Symph. nr. 89, III bei Symph. nicht vertreten und bisher nicht als R. erkannt) zum alten und echten Bestande von Hi (das von dem Hi, für welches Klebs Eingreifen der Diana annimmt, immerhin unterschieden werden mag) gehört haben. Die Hss. der Historia bieten die Symphosius-R. sehr verschieden. RA hat 10 R., und zwar Symph. nr.:

11*, 2, 13, 89*, 61, 63, [59, 69, 77*, 78 nur in P], RB hat sieben R., und zwar Symph. nr.:

11*, 13, 89*, 63. 59. 69, * 78.

die Welser-Gruppe und die Gesta Romanorum haben nur drei R., und zwar Symph. nr.:

11*, 13, 89*.

Dazu kommt noch überall das bei Symph. nicht vertretene R. III. Die mit * bezeichneten R. gehören zu der nicht in Ich-Form gehaltenen Gruppe der Symphosius-R. – Hieraus folgt teilweise im Gegensatze zu Klebs, daß nr. 11 und 89 des Symph. aus Hi oder R stammen, die zur Zeit der Entnahme bereits so weit interpoliert sein mußten, daß man das R. III nicht mehr als solches heraus erkannte.

Symphosius war das Vorbild für die 100 verschieden langen hexametrischen R. des Aldhelmus von Malmesbury (640–709; vgl. o. Bd. I S. 1356f. und Bönhoff Aldhelm von Malmesbury, [121] Dresden 1894. Ausgaben der R. von J. A. Giles Oxon. 1844 p. 248–273 und Wright Anglo-latin satirical poets, Rolls Series 1872 II 533–573), wie er in seiner epistola ad Acircium selbst betont. Nr. 51 (VI 12) und 92 (I 10) des Symph. hat er nachgebildet, einige wörtliche Übereinstimmungen mit Symph. haben Paul a. a. O. p. 19 und M. Manitius Zu Aldhelm und Beda, Wien 1886, 78f. zusammengestellt. Außerdem schöpfte er aus Aristoteles und dem Alten Testamente. Den christlich-gelehrten Einschlag hat Tupper a. a. O. p. XXXIff. behandelt und auch lateinische und englische Glossen zu seinen R. nachgewiesen. Die von Tatwine, Erzbischof von Canterbury († 734) verfaßten, höchst abstrakt-christlichen 40 R. (herausgg. von Ebert Ber. über die Verhh. d. Kgl. sächs. Ges. d. Wiss. ph.-hist. Cl. Leipzig 1877. 20ff.; weitere Nachweise bei Tupper XXXIII 3) und die ähnlich, aber liturgischer gehaltenen seines Zeitgenossen Eusebius (über Zeit und Person s. Tupper XXXV) bilden in den Hss. eine Sammlung von 100 R. wie die des Symphosius und Aldhelmus. Eusebius schöpft seine gelehrte Kenntnis des Altertums aus den Etymologien des Isidor (Buecheler Rh. Mus. XXXVI 340. Hahn Die R.-Dichter Tatwin und Eusebius, Forschungen zur deutschen Gesch. 1886 XXVI 601f.). Die 20 von Bonifatius an seine Schwester gerichteten R. über die Tugenden und Laster hat Dümmler Mon. hist. Germ. I 1f. (1881) heraus gegeben. Während diese Künsteleien sich immer mehr von Überlieferung und Volkstum entfernen, stehen beidem wieder näher die dem 8. oder 9. Jhdt. angehörenden 63 in rhythmischen Hexametern verfaßten Berner R. (Hagen Antike und mittelalterl. R.-Poesie 1887, 26. 46. Anth. lat. 1894 p. 351–370, zu vervollständigen aus der Meermannschen Hs. cod. Philipp. 1825 nach W. Meyer Rhythmische Dichtung 1884, 148ff.; vgl. die lat. Meermann Hss. usw. beschr. v. V. Rose S. 374), deren Berührungen mit Symph. und Aldhelmus Tupper zusammen stellt, und die vielleicht aus England stammenden (Dümmler Haupts Ztschr. XXII 262) dem 12. Jhdt. angehörenden Lorscher R. (Mon. Hist. Germ. I 20f. 1881). Von den R. des Ps.-Beda (Migne Patrologia lat. XC 539ff.) decken sich je 5 mit Symph. und Aldhelm, die 12 übrigen enthalten zahlreiche alte und volkstümliche Züge. Ihre Berührungen mit anderen lateinischen Sammlungen (z. B. Ms. von St. Gallen nr. 196, 10. Jhdt.; Disputatio Philippi cum Albino bei Wilmanns Haupts Ztschr. XIV 552) hat Tupper p. XLIX behandelt. Sehr zu beachten sind die Zahlenaufgaben der propositiones ad acuendos iuvenes (Migne XC 655ff.), zu denen Tupper 53 propositiones Alcuins und einige ähnliche Aufgaben in Hss. (vgl. p. L 2) nachweist.

Wir stehen mitten in der Zeit, zu welcher Einheimisches und Fremdes, Erkünsteltes und Volkstümliches ausgiebiger mit einander vermischt wurden, als früher. Schon Marcellus Burdigalensis schöpfte ab agrestibus et plebeis (s. S. 68) und ähnlich Pelagonius (Max Ihm Pelagonii artis veterinariae quae exstant 1892 nr. 121; Heim Incant. mag. nr. 100; vgl. O² [122] 99). Die Mönche, welche in die Klöster ihre eigene Volksüberlieferung mitbrachten, taten das noch mehr. Davon geben außer den schon erwähnten Sammlungen zahlreiche R.-Handschriften Kunde, von denen die Reichenauer (Mone Anzeiger f. d. Kunde d. deutschen Vorzeit VII 40. 218ff.) besonders wichtig sind. Eine geordnete Übersicht über eine Anzahl deutscher, schwedischer und lateinischer R. gibt W. Wilmanns Ztschr. f. deutsch. Altert. XIII 492–496, eine Bibliographie lateinischer in Deutschland gedruckter R. H. Hayn S. 538–540 nr. 280–301 (Centralblatt f. Bibliothekswesen VII 1890). Nachweise über mittelalterliche und humanistische R.-Dichtung (einschließlich[WS 1] die Übergänge zur nationalen) auf italischem, französischem und spanischem Boden bietet G. Pitrè Indovinelli, dubbi, scioglilingua del popolo Siciliano, Torino-Palermo 1897 p. L–LIV und im Literaturverzeichnisse p. 445–451. Eine zusammenfassende Untersuchung dieser Quellen fehlt noch ebenso wie eine solche über das Verhältnis des italienischen Volks-R.s zu den Überlieferungen des Altertumes oder über die R. der romanischen Völker im Gegensatze zu denen der Deutschen und Slawen.

5. Die Übrigen arischen Völker. Literatur zum germanischen und deutschen R. enthalten die früheren Abschnitte, wo auch die wichtigsten R.-Gruppen mit Beispielen belegt sind (Vergleichungen von deutschen und hellenischen R. bei (Sch. II).

Keltische R. finden sich eingestreut in Sagen (vgl. S. 69 von Goban, dem Zimmermanne) und Märchen (J. F. Campbell Popular tales of the West-Highlands, Edinburgh 1860; vgl. R. Köhler Kl. (Schr. I 155–270). Irische R. aus dem 15. Jhdt. (in der Hs. als ,griechische Fragen‘ bezeichnet) veröffentlichte Whitley Stokes in The Celtic Review I 132f. Davon sind nr. 7, 9, 10, 12, 13 einheimisches Gut. Der Dialog zwischen Finn und Ailbhe ist in einer Kopie aus dem 17. Jhdt. in H 1. 15 (Ms in the library of Trinity College, Dublin p. 653) erhalten (gedruckt bei J. F. Campbell Leabhar na Feinne I 151, London 1872f.: vgl. Stuart Highland-Bards 545). Davon sind nr. 7, 9, 10, 12, 13 keltisch. Weiteres bei D. Hyde Beside the Fire. Skaldenweisheit, die dem R. äußerst nahe steht, enthält Lady Guest, Mabinogion II 271f.

Für slavische R. liegt aus älterer und neuerer Zeit ein überaus umfangreicher Stoff von Sammlungen bei allen Einzelvölkern vor. Libussa-R. bezeugt zuerst Cosmas von Prag, Chronica Bohemorum I um die Wende des 11. und 12. Jhdts. Altčechische R. brachte die Zeitschrift Český lid 1894 III 33ff. 232ff. So stellte z. B. D. Sadovnikov Zagadki russkavo naroda. St. Petersburg 1875 2504 russische R. zusammen. Einen R.-Wettkampf enthält das Heldenlied von Glěb Wolodjevič und Marinka Kajdalovna bei A. Markov Bělonwrskija byliny. Moskau 1901 S. 251–255 nr. 50 und S. 429-433 nr. 80 (vgl. (Sch. II 133).


II. Das Rätsel bei den nichtarischen Völkern.

1. Die Semiten. Ägyptische R. sind bisher nicht gefunden worden. Daß der Tote [123] auf der Jenseits–Reise nur durch Nennen geheimer Namen die ihm drohenden Gefahren überwinden und verschlossene Pforten durchschreiten kann, erinnert bloß ganz entfernt an die Beglaubigung durch R.-Lösen S. 69.

Auch sichere Beispiele babylonisch-assyrischer R. fehlen. Paradigmata für den sumerischen Sprachunterricht aus der Bibliothek Assurbanipals (teilweise veröffentlicht II. Rawlinson 16, übers. von Jäger Beitr. z. Assyriol. II 274ff.; vollständige Ausgabe und Neubearbeitung zu erwarten von P. Jensen in der Keilschr. Bibl.) enthalten nur Sprichwörter und Sentenzen in Gestalt der rhetorischen Frage (O. Weber Babyl. assyr. Lit. S. 307, 2). Immerhin sind darunter Fragen wie Was wird schwanger, ohne zu empfangen? (mögliche L. gärender Teig u. dgl.) oder Was wird dick, ohne zu essen? (mögliche L. penis) durchaus rätselartig, nähern sich der Scherzfrage und schillern hinüber zum Unmöglichen.

In babylonischem Gewande tritt uns ein R.-Wettstreit in dem jetzt durch die Funde von Elephantine (E. Sachau Aram. Papyrus u. Ostraka einer jüd. Militärkolonie, Lpz. 1911 S. 147–184 Taf. XL–L) schon für das 5. Jhdt. bezeugten Aḫiqar–Romane (vgl. F. Nau Histoire et sagesse d’Aḥiqar, l’Assyrien, Paris 1909 mit Angabe der älteren Literatur. E. Meyer der Papyrusfund v. Elephantine³, Leipzig 1912) entgegen. Die meisten Eigennamen der Erzählung sind assyrisch (Sachau 148). Demokritos soll Βαβυλωνίους λόγους von der ‚Stele‘ des Ἀκίκαρος übersetzt haben (Diels FVS² I 439 nr. 299). Aber die Parallelen zu dem Aḫiqar–Romane und der Inhalt des Überlieferten widerstreiten der Annahme babylonisches Ursprunges. Der zweite Teil der Aisopos–Vita des Maximus Planudes ist bloß die hellenische Fassung des Aḫiqar–Romanes (bei Nau unter die Übersetzung des syrischen Textes gestellt). Hier steht Aisopos statt Aḥiqar in den Diensten des ,babylonischen‘ Königs Lykeros (zu diesem Namen vgl. Philol. Suppl. VI 578), der ägyptische König heißt Nektanebo. Bei Flut. conv. VII sap. 6 p. 151 B–D beantwortet Bias für Amasis die schwierige Frage des Königes der Aithiopes. Mit Aisopos ist aber die Überlieferung der Tierfabel so unlöslich verknüpft, daß wir diesen Namen in einer Erzählung, welche wie der Aḫiqar–Stoff die Tierfabel lehrhaft verwendet, für den ursprünglichen halten müssen, zumal Aisopos als schwarzer, großlippiger, buckeliger Sklave geschildert wird, also als Aithiops, was wieder zu dem Könige der Aithiopes bei Plutarchos besser stimmt. Da aber die Aithiopes, um die es sich hier handelt, die Elamier sind (s. Hüsing OLZ 1907, 427 und Schultz ebd. 1911, 355, 1), hätten wir unter den R., welche der fremde König dem Aisopos oder Aḫiqar aufgibt, elamischen Einschlag zu erwarten. Das trifft, wohl in Folge von Überarbeitung, bei den erhaltenen Fassungen noch nicht zu. Die Vita hat das R. vom Jahre in verkürzter Form; die anderen Fassungen (Nau S. 228f.) fragen nach dem Palaste aus 8760 (oder 8763) Steinen, mit denen die Stunden des Jahres gemeint sind. Die Vorstellung vom Himmel als Steingewölbe, dessen weiser Baumeister die Zeit [124] sein müßte, ist eher iranisch. Aber der Hauptinhalt der Aḫiqar-Erzählung selbst erinnert durch Aḫiqars Versteck unter dem Gemache seiner Gemahlin an den Unhold unter dem Gemache oder im Innern der ,Turandoḥt‘ (s. S. 81) und in der Variante in 1001 Nacht (Henning XVIII 82) an die elamische Memnon-Sage. Die R., welche der Aḫiqar-Roman mit sich führt, wechseln natürlich stark in den einzelnen Fassungen und verraten höchst verschiedenartige Einschläge.

Hebräische R. enthält die Bibel. Wie dürftig dieser Stoff ist, sieht man bei A. Wünsche Die R.–Weisheit bei den Hebräern, Lpz. 1883, der auch spätere Ausläufer jüdischer R.–Dichtung behandelt, um aber Hintergrund zu gewinnen, mehr als das Doppelte aus der Überlieferung arischer Völker heran ziehen mußte. Die Worte (Spr. Salom. XXX) Agur, Sohn des Jake, in dem Vortrage, den gesprochen der Mann zu Itiel (zu Itiel und Ukkal) sind ganz von der Art jener babylonisch–assyrischen Fragen nach Unmöglichem. Dem R. im engeren Sinne steht Spr. Salom. XXX 15 recht nahe. Auch leitet dies R. zu jenen Aufzählungen über (Spr. VI 16. XXX 18. 21. 24. 29. Sirach L 25. Ijjōb V 19), die man mitunter ebenfalls als R. anspricht. Im Stile des αἶνος hält sich das R. bei Ezech. XVII; es ist mehr Parabel als R. Zur Schilderung des Heuschreckenschwarmes Joël II vgl. S. 91.

Ein Gegenstück zu dem R.-Wettkampfe des Aisopos-Aḫiqar mit dem Könige von Ägypten ist bei den Hebräern der zwischen Salome und Ḫimm von Tyros (Joseph. ant. Iud. VIII 143) und der in die Brautwerbeform hinüber spielende zwischen der Königin von Saba (Bilkis) und Salomo (I Reg. X I). Er wird im Targum Šeni zu Ester I 3 (R. vom Schminkrohre Naphta, Flachs) und Midraš zu Prov ed. Buber S. 40 (R. von Mutter und Säugling; Variante Echa r. I 11; R. von Lots Töchtern) geschildert. 19 R. der Bilkis hat S. Schechter The riddles of Salomon in rabbinic Literature, Folklore 1890, 349 aus einem jemenischen Ms. mitgeteilt. – Einen R.-Wettkampf zwischen Jahō und Ijjōb hebt Sch. II 75 aus dem Schlusse des Buches Ijjōb heraus.

Eine besondere Stellung unter den biblischen R. nehmen die des Simson (Richter XIV) ein. Über ihre Form ihren philistäischen (nicht semitischen) Ursprung und ihre Beziehung zu arischer R.-Überlieferung vgl. Schultz OLZ 1910, 521–531 und 1911, 250–252 (H. Bauer ZDMG 1912 LXVI 3).

Reiche R.–Uberlieferung enthielt das talmudische Schrifttum. Eine zusammen fassende Behandlung dieses meist auf iranische Muster zurück gehenden Stoffes wird demnächst in den Monumenta Talmudica von M. Berkowicz gegeben werden.

Beispiele für den iranischen Ursprung arabischer R. s. S. 78–87.

2. Die Kaukasier. Unter den alten Völkern des kaukasischen Sprachstammes kommen vorläufig bloß die Elamier für die R.–Überlieferung in Betracht. Über die Möglichkeit elamisches Einschlages im Aḫiqar-Romane s. S. 123. Elamischer Herkunft sind vielleicht auch die S. 101 angeführten Stoffe von Ungeboren-Wiedehopf, [125] da auch andere zu Ḫutḫut (upupa, ἔποψ) gehörende Sagen durch Inhalt und Verbreitung mehrfach auf Elam als Ursprungsland hindeuten. Ferner könnten die Karer, die S. 91 zu nennen waren, sich dereinst als Kaukasier erweisen. Die R. der neueren Völker des kaukasischen Sprachstammes sind noch nicht im Zusammenhange untersucht. R. der Basken stehen bei Cerquand Légends et récits pop. du pays basque II 21ff. 71ff., 1876. R. der Kaukasus-Völker sind z. B. in den einzelnen Bänden des in Tiflis erscheinenden Sbornik materialov dl’a opisanija městnostej i plemon kavkaza verstreut.

3. Die Altaier. Hier liegt eine ziemliche Menge von R. vor, die aber alle den Eindruck kaum mehr verstandenes und zum Teile bereits völlig mißverstandenes Lehngutes machen. Die ältesten türkischen R. aus dem Codex Cumanicus hat W. Bang S.–Ber. Berl. phil.–hist. Class. 1912 (XXI) übersetzt und erläutert, neuere gab J. Kúnos Oszman-török népköltési giüjtemény I, II Budapest 1889 (teilweise übersetzt in Am Urquell IV 21ff.), Carnoy e Nicolaides Traditions populairs de l’Asie Mineure 267–282, Paris 1889, A. S. Diamantaras Λαογραφία III 227–242. R.-Sammlungen anderer finnisch-ugrischer Völker s. bei Pitré a. a. O. LXIf. und zusammen mit höchst wertvollen Aufklärungen über die ethnologischen Beziehungen dieser Völker zu einander bei H. Winkler Zur Völkerkunde von Osteuropa, Breslau 1912. S. 7 betont Winkler mit Recht, daß die eigentümliche Form und Auffassung des R. bei den verschiedenen finnisch-ugrischen Völkern meist merkwürdig einheitlich ist. Das R. vom Jahre lautet bei den Sürjänen Ein Pfahl: die Erde berührt er nicht, den Himmel erreicht er nicht; darauf 12 Vögel, ein jeder 4 Nester, in jedem Neste 7 Junge. Das R. vom Briefe lautet: In Archangelsk haut man Holz, hier fliegen die Späne.

4. Völker anderer Erdteile. Sehr reich an R. ist Afrika (vgl. C. Meinhof Die Dichtung der Afrikaner 1911). Aber die zahlreichen aus diesem Gebiete vorliegenden Sammlungen (einige bei Pitré a. a. O. LXIV u. LXIX), worunter die der Wadschagga-R. in Ztschr. f. Ethn. 1911 hervor gehoben sei, haben noch keine zusammenfassende Bearbeitung gefunden. Weit spärlicher sind R. im indischen Archipel, in Polynesien und Melanesien, und in Amerika (vgl. Pitré a. a. O. und Taylor Anfänge der Kultur I 93). Vorkolumbische R. aus Mešiko stehen bei Sahagun Histoire générale des choses de la nouvelle Espagne, Paris 1880 c. XLII p. 468ff.
[W. Schultz.]

R., die nicht dem Verfasser, unter dem sie angeführt sind, aber der ,Gruppe‘ (s. S. 64) angehören, welche durch das R. des betreffenden Verfassers, hinter dem sie eingereiht sind, zum ersten Male bezeugt wird.

Anmerkungen (Wikisource)

Vorlage: einschießlich

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