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Hesiodos. Der große Epiker, der älteste bekannte Poet des hellenischen Mutterlandes und auf dem Boden Europas überhaupt. Die Hesiodische Dichtung, von Boiotien ausgehend, gewann im Umkreis des festländischen Hellas, ohne daß etwa ihr Schöpfer ein Schulhaupt gewesen wäre, eine autoritative Geltung und wirkte für bestimmte Richtungen der epischen Gattung vorbildlich. Man hat deshalb in der Folge auch Gedichte fremden Ursprungs, die in der Art der H.s gehalten waren, ihm zugezählt, während der Name der wahren Verfasser verblich.
Die Kenntnis des Heldenliedes, das im ionischen Gebiete Kleinasiens seine Vollendung erreicht hatte, verbreitete sich allgemach über alle hellenischen Lande, denen es zum höchsten nationalen Gute ward. Die erhabene Größe dieser Poesie mußte auch anderwärts schlummernde Talente zu selbständigem dichterischen Schaffen anregen. Während das heroische Epos durch die Kykliker eine wenngleich minderwertige Fortsetzung erfuhr, trieb das epische Genre neue Reiser und Blüten auf dem Boden der Landschaft Boiotien und ihrer Nachbargebiete. Obgleich die Bewohner des Landes, die unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen leidend nicht die Lebensbejahung des gesegneten fröhlichen Ioniens besaßen, als schwerfällig und geistig nicht allzu regsam galten, waren sie doch auch idealen Bestrebungen keineswegs abhold. Und wie später [1168] die Landschaft sich rühmen durfte, Griechenland den größten Lyriker geschenkt zu haben, so brachten deren Bewohner schon in der Frühzeit der bei ihnen erwachsenen Dichtung des askräischen Sängers, mochte er auch äolischen Stammes sein, Verständnis und Interesse entgegen.
Name
Name. Neben der geläufigen Form Ἡσίοδος wird von Herodian II 521, 7 (362, 26) L. als äolisch Αἰσίοδος angeführt, was Hoffmann Griech. Dial. II 421 als echten Namen des Dichters, dessen Eltern aus Kyme stammten, ansieht. Die bootische Namensform sei dann Ἠσίοδος gewesen, die gewöhnliche mit Spiritus asper aber durch volksetymologische Ableitung von ἡδομαι oder ἵημι zustande gekommen. Hierbei wird ein sehr frühzeitiger Übergang des Diphthongen in den Monophthongen im Böotischen vorausgesetzt. In jüngerer Zeit wurde aus der gangbaren Namensform regelrecht Εἱσίοδος, vgl. die Inschrift von Thespiai CIG Graec. Sept. I 1785 (= Collitz Dial.-Inschr. I 800): ὅρος τᾶς γᾶς τᾶς ⟨ἱα⟩ρᾶς τῶν σ⟨υν⟩θυτάων τᾶμ Μωσάων (Μωσά⟨ων τῶ⟩ν Dittenberger) Εἱσιοδείων. Die angeblich äolische Form Αἰσίοδος wurde im Altertum benutzt, um den Namen auszudeuten: Etym. Gud. s. Ἡσίοδος· Αἰολικῶς ὁ τὴν αἰσίαν ὁδὸν πορευόμενος ἢ ὅτι αἰσίως ἐβάδισε, vgl. Etym. M. 438, 20, etwa mit Rücksicht auf die Erga, der Mann, der den rechten Weg wandelt (vgl. Pind. Nem. IX 18 αἰσίαν ὁδὸν σοφίας), wohl auch im Gegensatz zum unredlichen Perses. Doch ist dieser Zusammenhang mit αἴσιος fraglich, da in Αἰσίοδος der Diphthong im Sinne von ä geschrieben sein kann, indem bei Herodian daneben auch z. Β. äol. αἰμίονος = ἡμίονος angeführt wird, vgl. Meister Griech. Dial. I 83. Auch die Namensform Ἡσίοδος wollten die alten Grammatiker etymologisch erläutern: Etym. M. 38, 24 παρὰ τὸ ἥσω μέλλοντα καὶ τὸ ὁδός; oder Schol. Prokl: zu Erg. 1 (p. 24, 5 G.) ἐκ τοῦ ἧσις ἢ εὐφροσύνη καὶ τοῦ εἴδω τὸ λέγω γίνεται Ἡσίοδος. Neuere Forscher wollten dem Namen symbolische Bedeutung unterlegen, wie Goettling in der ed.² ΧΧIIΙ oder Bergk Griech. Lit.-Gesch. I 919, 2. Im zweiten Komponenten sieht die Hochstufe der einfacheren Wurzelform ϝεδ- (zu ἀείδω) Solmsen Unters. z. griech. Laut- u. Versl. 238.
Lebensverhältnisse
Lebensverhältnisse. Manches von dem, was uns über des Dichters Leben berichtet wird, trägt den Stempel der Erfindung an der Stirn, während aus andern, sagenhaft anmutenden Nachrichten ein Korn der Wahrheit hervorblinkt. Die wichtigste Quelle ist der Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου ἀγών, ein zwar erst aus Hadrians Zeit stammender Traktat (vgl. 29 ἐπὶ τοῦ θειοτάτου αὐτοκράτορος Ἀδριανοῦ), der aber auf einem weit älteren Werke, dem Μουσεῖον des Rhetors Alkidamas, Schülers des Gorgias, beruht (vgl. 230 ὥς φησιν Ἀλκιδάμας ἐν Μουσείῳ), dem wieder ältere Tradition zugrunde lag, vgl. Rohde Kl. Schr. I 103f. E. Meyer Herm. XXVII 377. Nietzsche Rh. Mus. XXV 528ff. XXVIII 211 und Bethe o. Bd. I S. 867; Ausg. von Nietzsche Acta phil. Lips. I 1 Rzach Hesiodi carm. ed. maior (1902) 433, min. 2 (1908) 231; ferner bei Allen Hom. Opera V 225ff. Hierzu Mahaffy On the Flinders Petrie Papyri, Dublin 1891 tab. ΧXV und Text p. 70. Rzach Zum Agon. Wien. Stud. [1169] XIV 139ff. Kirchhoff S.-Ber. Akad. Berl. 1892, 865. Busse Rh. Mus. LXIV 108ff. Neben dieser Hauptquelle ist weiter der magere Artikel bei Suidas (Hesych. Mil.) Ἡσίοδος zu nennen; endlich das γένος Ἡσιόδου, das in den Scholien vorliegt, wovon Immisch (Festschr. f. Gomperz, Wien 1902, 251, 1) die eine Fassung (bei Gaisf. 5, 22–9, 5) als zu den aus reicheren Proklosscholien geschöpften Prolegomena Anonyma, die andere (Gaisf. 17, 4–19, 16) als dem Tzetzes gehörig ansieht. Hiezu kommen gelegentliche Nachrichten bei Schriftstellern des Altertums. Manches von dem, was in den angeführten Quellen über die Erlebnisse und Beziehungen des Dichters niedergelegt ist, ward aus den in den Hesiodischen Werken selbst enthaltenen Andeutungen persönlicher Natur ausgesponnen, vor allem aus den Erga und der im Eingange der Theogonie in einem der Musenhymnen enthaltenen Partie v. 22ff.
H.s Vater soll Δῖος geheißen haben. So haben ihn nach Proklos’ Chrestomathie (Allen Hom. Op. V 100, 2 = Biogr. gr. 25, 19 Westerm.) bereits die Logographen Hellanikos und Pherekydes genannt; desgleichen der Historiker Ephoros, der als Kymäer in dem Dichter seinen Landsmann sah, und zwar ἐν συντάγματι τῷ ἐπιγραφομένῳ Ἐπιχωρίῳ nach dem pseudoplutarchischen Homerbios Allen V 240, 8, und Strab. ΧIII 622, der dort Ephoros vor sich hatte. Als Ἡσίοδ’ ἔκγονε Δίου spricht den H. im Sängerwettkampf Homer an (Agon 149). In dem inschriftlichen Epigramm von Thespiai CIG Graec. Sept. I 4240 c 1 (ausgegraben 1889) heißt es ebenfalls Ἡσίοδος Δίου; auf den Assendelftischen Tafeln von Palmyra ist dem H.-Vers Erg. 347 beigeschrieben ΔΕΙΟΥ, was als ⟨ὁ⟩ Δίου aufzulösen ist (vgl. Rzach Wien. Stud. XVI 328). Ebenso nennt der Suidasartikel und das γένος Ἡσιόδου (p. 5, 23 G.) diesen Namen. Die Quelle ist offenbar der Dichter selbst, Erg. 299, wo er seinen Bruder Perses zur Arbeit mahnt: ἐργάζευ, Πέρση, δῖον γένος, wie auch Plutarch las (Mor. 1047f.). In dem Tzetzesscholion p. 202, 17 G. heißt es; υἱὲ Δίου ἢ εὐγενὲς γένος, es ist also an Δίου und δῖον γένος gedacht. Sevin, Ruhnken, ja selbst Bergk wollten denn auch Δίου γένος, Ed. Meyer (Genethliakon f. Robert 162, 1) Δῖον γένος im Texte lesen. Allein δῖον ist nicht anzutasten: Perses soll arbeiten als eines tüchtigen edlen Vaters Sohn (vgl. Erg. 6331). Bei Hom. Il. IX 538 wird Artemis, im Hom. Hymn. ΧΧΧIII 2 Dionysos als δῖον γένος bezeichnet; vgl. übrigens Jacobsohn Herm. XLV 164, 1. 184, 3. Für die beregte Frage folgt nichts aus den Worten des Velleius Paterculus 17 patriamque et parentes testatus est (Hesiodus), da hierbei an die Erwähnung des Vaters überhaupt gedacht werden kann, der aus Kyme nach Askra kam. Den Namen der Mutter, der ebenso wie der väterliche fingiert sein wird, nennen uns die Quellen als Pykimede.
Früh stellte man auch eine ganze Stammtafel der Ahnherren des Dichters auf. Im Agon geht diese Reihe bis auf Apollon, den Gott der Dichtkunst, zurück; und unter den Vorfahren sehen wir auch Orpheus, der nach Berichten der Logographen in der Chrestomathie des Proklos (bei Allen Hom. Op. V 100, 1 = Biogr. gr. 25, 18 W.) als [1170] Urvater H.s wie Homers galt, vgl. auch Schol. des Prokl. zu Erg. 633 (p. 361, 6 G.), wo diese Abstammung nach Hellanikos erwähnt wird.
H.s Vater stammte nach des Dichters eigenen Worten Erg. 635ff. aus dem äolischen Kyme (636 Κύμην Αἰολίδα προλιπών), von wo er zur See nach Askra in Boiotien kam, um bitterer Not zu entgehen und sich hier eine neue Heimat zu suchen (οὐκ ἄφενος φεύγων οὐδὲ πλοῦτόν τε καὶ ὄλβον, ἀλλὰ κακὴν πενίην). Ephoros gab nach dem Schol. Prokl. zu Erg. 635 (p. 362, 25 G. = FHG I 277 M.) einen andern Beweggrund an; er sei übergesiedelt οὐ δι’ ἐμπορίαν, ἀλλὰ φόνον ἐμφυλιον ἐργασάμενος. Der Flecken Askra aber war ein armseliger Ort, vgl. Erg. 639f., νάσσατο δ’ ἄγχ’ Ἑλικῶνος, ὀιζυρῇ ἐνὶ κώμῃ, Ἄσκρῃ χεῖμα κακῇ, θέρει ἀργαλέῃ, οὐδέ ποτ’ ἐσθλῇ. Dieser bitteren Worte erinnern sich noch spätere Schriftsteller wie Velleius I 7 patriam, quia multatus ab ea erat (im Streite mit Perses), contumeliosissime (testatus est), oder selbst Nonnos Dion. XIII 75 οἳ δυσπέμφελον Ἄσκρην (εἶχον) πατρίδα δαφνήεσσαν ἀσιγήτοιο νομῆος.
Da H.s Vater aus Kyme stammte, bezeichnete Ephoros den H. kurzweg als Kymäer und war bestrebt, auch den Homer zu einem solchen zu machen (pseudoplut. Homerbios); hierdurch wollte er seiner eigenen Vaterstadt Kyme, die sonst nicht bedeutend war, ja im Geruche eines antiken Schilda stand (vgl. Strab. XIII 622), besonderen Ruhm verschaffen. Und so wird auch bei Suidas Η. Κυμαῖος genannt, während bei Steph. Byz. s. Κύμη der Dichter (neben Ephoros) als Kymäer bezeichnet wird, hingegen s. Ἄσκρα als Ἀσκραῖος. Askra galt den meisten als seine eigentliche Heimat. So meldet das angeblich von Chersias (vgl. o. Bethe Bd. III S. 2241) herrührende Epigramm Anth. Pal. VII 54 (= Inscr. gr. metr. 19 ed. Preger), das auch im Agon steht (239ff.): Ἄσκρη μὲν πατρὶς πολυλήιος; vgl. den Epitaphios Bionos (Mosch. III) 87 Ἄσκρα μὲν γοάει σε πολὺ πλέον Ἡσιόδοιο. Nikandr. Ther. 11 Ἀσκραῖος μυχάτοιο μελισσήεντος ἐν ὄχθαις Ἡσίοδος κατέλεξε παρ’ ὕδασι Περμησσοῖο. Demiurgos Anth. Pal. VII 52, 2 Ἀσκραῖον γενεὴν Ἡσίοδον κατέχω. Oft wird bei den römischen Dichtern auf seine Heimat hingewiesen; so heißt er Ascraeus bei Ovid. amor. I 15, 11, Ascraeus senex bei Verg. Buc. VI 70. Ovid. ars am. II 4; vom Ascraeum carmen spricht Verg. Georg. II 170.
Dort in Askra, am Fuße des Helikon, erzählte die Legende, habe H. Schafe geweidet: im Traume seien ihm die Musen erschienen und hätten ihn zum Dichter geweiht, indem sie ihm einen Lorbeerstab überreichten und die Gabe des Gesanges verliehen. Diese in einem der Hymnen im Eingange der Theogonie v. 22ff. erzählte Vision hat jederzeit die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So berührte sie Kallimachos in den Aitia, Papyr. Oxyrhynch. (VII) 1011 v. 85 (vgl. Schneider Callimachea II 788f.): κείνῳ τῷ Μοῦσαι πολλὰ νέμοντι βοτὰ σὺν μύθους ἐβάλοντο παρ’ ἴχνωιον ὀξέος ἵππου und wohl ein Nachahmer bei Front. et Marc. Ep. 1, 4 ποιμένι μῆλα νέμοντι παρ’ ἴχνιον ὀξέος ἵππου Ἡσιόδῳ, Μουσέων ἑσμὸς ὅτ’ ἠντίασεν. Ebenso nimmt hierauf Bezug Asklepiades (oder Archias) Anth. Pal. IX 64, 1 αὐταὶ ποιμαίνοντα μεσήμβρινα μῆλά σε Μοῦσαι ἔδρακον ἐν κραναοῖς [1171] οὔρεσιν, Ἡσίοδε. Der frostige Quintus Smyrn. wendet die ganze Fiktion ohne weiteres auf sich an: XII 308ff. ὑμεῖς γὰρ πᾶσάν μοι ἐνὶ φρεσὶ θήκατ’ ἀοιδήν, πρίν γέ μοι ἀμφὶ παρειὰ κατασκίδνασθαι ἴουλον | Σμύρνης ἐν δαπέδοισι περικλυτὰ μῆλα νέμοντι. Auch die römischen Dichter spielen auf die Stelle an: Verg. Buc. VI 69 hos tibi dant calamos, en accipe, Musae, Ascraeo quos ante seni, Ovid. ars am. I 27 nec mihi sunt visae Clio Cliusque sorores servanti pecudes vallibus, Ascra, tuis.
Völlig gesichert sind die Nachrichten, die uns der Dichter selbst über das Verhältnis zu seinem Bruder in den Erga mitteilt. Der Streit mit dem arbeitsscheuen Perses, der durch ungerechten Spruch der bestochenen (δωροφάγοι 264) βασιλῆες von Thespiai den größten Teil des Erbes an sich gebracht hat, um, nachdem er es vergeudet, neue Rechtshändel zu beginnen, ist wohl das wichtigste Ereignis im Lehen unseres Dichters. Denn es wurde zum unmittelbaren Anstoß für ihn, sein eigenartigstes Werk zu schaffen.
Hingegen gehört die Legende vom Sängerwettkampf mit Homer in das Reich der Phantasie. Zur Feier der Leichenspiele des Königs Amphidamas von Chalkis, der im Kampf um die lelantische Feldmark fiel, habe Ganyktor, sein Sohn, hervorragende Männer berufen, und so seien auch die beiden Geistesheroen im Agon einander gegenübergestanden, indem sie Stücke aus ihren Werken vortrugen. Die Schiedsrichter wollten Homer die Palme zuerkennen, aber des Amphidamas Bruder, Panedes (Πανήδης der Papyrus Flinders Petrie, Πανοίδης der Codex des Agon (F), Πανίδης Tzetzes, Πανείδης Hermann Opusc. VI 151), erkannte dem H. den Siegespreis zu, weil er von Werken des Friedens sang, und nicht wie sein Gegner, von Schlachten und Kämpfen (Agon 200ff.). Den Preis, einen Dreifuß, habe H. den helikonischen Musen geweiht.
Diese von der Voraussetzung der Gleichzeitigkeit der beiden Dichter ausgehend Novelle ist früh im Umlauf gewesen und erfreute sich großer Beliebtheit. Sie beruht auf den Versen 654–662 der Erga, wo es nach der Erwähnung des Umstandes, der Dichter sei nur einmal übers Meer gefahren, und zwar von Aulis nach Euboia (650f.), heißt, er habe sich zu den Spielen zu Ehren des Amphidamas nach Chalkis begehen und dort einen Dreifuß als Preis gewonnen, den er den helikonischen Musen darbrachte. Man hat denn auch noch spät einen solchen ἀρχαιότατος τρίπους im Musenheiligtum auf dem Helikon gezeigt, nach Paus. IX 13, 3. Schon Proklos hat in der Chrestomathie (Allen Hom. Op. V 101, 12 = Biogr. gr. 26, 52 Westerm.) auf die Quelle der Erzählung vom Agon mit Homer hingewiesen: ?λλὰ γὰρ ἐπλανήθησαν (die, welche das Weihepigramm des Dreifußes verfaßten) ἐκ τῶν Ἡσιοδείων Ἡμερῆν. Die Ergastelle (654–662) hat mit Recht Plutarch als nicht ursprünglich aus dem Texte ausgeschieden, nach dem Scholion des Proklos p. 367, 18 G., vgl. Rohde Kl. Schr. I 19f. 43f.
Wenn in der Dichternovelle dem H. kein Geringerer denn Homer gegenübergestellt wurde, so geschah es, weil es einen besonderen Reiz haben mochte, gerade die beiden ersten Vertreter des Epos in unmittelbare Beziehung zu bringen, dann [1172] aber auch, weil in den Agonen nebeneinander Rhapsoden auftreten konnten, welche Perikopen aus den Homerischen und Hesiodischen Dichtungen vortrugen. Eines andern Agons der beiden Dichter in Delos wird gedacht frg. dub. 265.
Auch vom Lebensende des Dichters vernehmen wir Näheres. Friedel (Die Sage vom Tode Hesiods, Jahrb. f. Philol. X Suppl.-Bd. 1879, 235ff.) ist den Quellen der Erzählung, die sich in zwei Gruppen gliedern, nachgegangen; vgl. auch Busse Rh. Mus. LXIV 109ff. Die letzten Gewährsmänner sind Alkidamas, Aristoteles in der Ὀρχομενίων πολιτεία, Eratosthenes in seinem Hesiodos und eine Lokaltradition bei Paus. XI 31 6. Von einigen Varianten abgesehen wird im wesentlichen herichtet, H. habe bei Oinoe (im lozolischen Lokris) sein Ende gefunden. Der Name (ist nicht zu ändern, denn wir kennen jetzt das sicherlich zu Οἰνόη gehörige Ethnikon Οἰνοαῖος auf einer Reihe Inschriften in Delphi (Collitz Dialektinschr. 1988, 10. 2041, 17. 2075, 2, 5. 2117, 8. 2121, 8) aus dem 2. Jhdt. Der durch das delphische Orakel vor dem Betreten des Haines des nemeischen Zeus gewarnte Dichter habe sich von dem peloponnesischen Nemea ferngehalten, sei aber in einem demselben Gotte geheiligten Gebiete der Gegend (vgl. Thuk. III 96, 1) von zwei Brüdern unter dem Verdachte, ihre Schwester verführt zu haben, erschlagen worden. Seine Leiche, die sie ins Meer geworfen hatten (nach der Hs. des Agon zwischen Euboia und Lokris, dem opuntischen!) brachten, als gerade ein Ariadnefest gefeiert wurde, Delphine ans Land. Hier meint Usener (Die Sintflutsagen, Bonn 1899, 163f.), sei der Name H.s in eine fertige Göttersage eingeschoben worden, wodurch sich auch der Widerspruch in der Erzählung betreffend die Örtlichkeit des Mordes und der Versenkung der Leiche in die See beheben lasse. Er will hier eine Epiphanie des Dionysos erkennen, der mit Ariadne auf dem Delphin erschien. Die Mörder traf gerechte Strafe, die Details variieren in den Berichten. Die Gebeine des Dichters wurden später nach Orchomenos gebracht (Plut. bei Prokl. Schol. zu Erg. 633 p. 361, 25 G. nach Aristoteles Ὀρχομενίων πολιτεία; vgl. Rose Aristot. pseudepigr. 507), wo ihm ein Denkmal mit Inschrift gesetzt wurde, vgl. Belger Das Grab des Hesiod in Orchomenos, Berl. philol. Wochenschr. 1892, nr. 4 und 5. Ein anderes Grabmal befand sich im Lande der westlichen Lokrer zu Naupaktos, Paus. IX 38, 3. Durch die Legenden wurde ein angeblich von Pindar abgefaßtes Epigramm veranlaßt, dessen Aristoteles in der ?ρχομενίων πολιτεία Erwähnung tat (Rose a. a.&nbsP;O., Suidas und γένος Ἡσ.) χαίρε δὶς ἡβήσας καὶ δὶς τάφου ἀντιβολήσας | Ἡσίοδ’, ἀνθρώποις μέτρον ἔχων σοφίης. Das δὶς ἡβήσας würde nach Bergk (Griech. Lit.-Gesch. I 923, 12) auf eine nicht näher bekannte Sage gehen, vgl. Symmach. ep. VII 20 Hesiodum ferunt posito senio in virides annos rediisse. Anders Preger Inscr. gr. metr. 200.
Die Erinnerung an den Dichter haftete zunächst an der uralten Kultstätte am Helikon (Paus. IΧ 29, 1). Dort befand sich unter anderen Dichterstatuen auch ein Bild des sitzenden Η. mit einer Kithara auf den Knieen, Paus. IX 30, 3, was der Perieget als οὐδέν τι οἰκεῖον Ἡσιόδῳ [1173] φόρημα bezeichnet, da aus dem Epos hervorgehe (Theog. 22ff.), daß er mit einem Lorbeerstabe in der Hand seine Dichtung vortrug. Das Musenheiligtum am Helikon gedachte H.s stets mit besonderer Ehrfurcht, Paus. a. a. O. Die französischen Ausgrabungen daselbst ergaben den Fund eines Orakels, das, dem Berggott Helikon in den Mund gelegt, demjenigen, der H.s Mahnungen folge, Segen und Wohlstand verheißt: CIG Graec. Sept. I 4240b 3f. πειθομένοι⟨σι⟩ βροτοῖς ὑποθήκαις Ἡσιόδοιο εὐνομία χ⟨ώρ⟩α τε ⟨σ⟩τ⟨αι⟩ καρποῖσι βρυοῦσα. Aber auch anderwärts wurde der Dichter durch Denkmäler geehrt. Unter den Weihgeschenken, die Smikythos von Rhegion nach Olympia stiftete (Paus. V 26, 2), befanden sich Standbilder des Homer und H., ein Werk des Argeiers Dionysios. Von einem Erzbild des Η. (Ἡσίοδος χαλκοῦς) auf dem Markte von Thespiai spricht Paus. IX 27, 5. Auch Christodor weiß in seiner Ekphrasis der Statuen im Gymnasion Zeuxippos zu Byzanz von einem Bildnis des Dichters zu melden Anth. Pal. II 12 ?σίοδος δ’ Ἀσκραῖος ὀρειάσιν εἴδετο Μούσαις | φθεγγόμενος, χαλκὸν δὲ βιάζετο θυιάδι λύσσῃ | ἔνθεον ἱμείρων ἀνάγειν μέλος. Wie weit es aber mit der Benennung der Statue als H. seine Richtigkeit hatte, ist bei der bekannten Unzuverlässigkeit des Christodor in dieser Beziehung schwer auszumachen. Von Bildnissen des Dichters, die auf uns gekommen sind, sei hingewiesen auf die Mosaik des Monnus Antik. Denkm. I Taf. 49, wo H. (laut Beischrift) mit dichtem Haupthaar sinnend dargestellt ist. Als Idealbild H.s vindiziert Robert Herm. XXXV 650ff. ein Relief des Museo nazionale in Neapel, das von einem Musensarkophag herrührt. Auf einem Felsen sitzt ein bärtiger Mann mit einem Stabe in der Linken, während die Rechte erhoben ist; als Attribut dabei ein Kästchen mit Rollen und ein Schaf (Hinweis auf Theog. 22ff.). Der Kopf zeigt nach Hauser volle Ähnlichkeit mit einer im Capitolinischen Museum befindlichen Büste, die er als Diogenes deutete (Arndt Griech. u. röm. Porträts Taf. 325. 326), während sie nach Robert eben auch den Dichter darstellt. Vgl. auch Bernouilli Griech. Ikonogr. 25ff.
Zeit des Dichters
Zeit des Dichters. Über diese hat man im Altertum viel gestritten und geschrieben, so daß Pausanias (IX 30, 3) sich scheut, mit seiner Ansicht hervorzutreten, obgleich er eingehende Studien in dieser Richtung gemacht haben will. Vor allem interessierte man sich um die Frage des Zeitverhältnisses zwischen H. und Homer. Wie der Agon berichtet, nahm man alle drei möglichen Fälle an: 40 ἔνιοι μὲν αὐτὸν (Ὅμηρον) προγενέστερον Ἡσιόδου φασὶν εἶναι, τινὲς δὲ νεώτερον καὶ συγγενῆ … 50 τινὲς δὲ συνακμᾶσαί φασιν αὐτούς. Die ganze Frage hat zuletzt eingehend und sorgfältig untersucht Jacoby Apollodors Chronik, Phil. Unters. XVI, Berlin 1902, 118ff. und Marmor Parium, Berlin 1904, 152f.; vgl. ferner Rohde Kl. Schr. I 89f. 71f.
Die Gleichzeitigkeit, welche die Legende vom Wettkampf zur Voraussetzung hat, vertraten im 5. Jhdt. die Logographen Hellanikos (Damastes?) und Pherekydes nach Prokl. Chrestom. Biogr. gr. 25, 17W., welche den Vater Homers Maion und den H.s Dios als Brüder, Söhne des Apellis erklärten, [1174] ferner Herodot. II 53, der beide Dichter 400 Jahre vor seiner Zeit leben läßt; im 4. Jhdt. der Rhetor Alkidamas, auf den die Erzählung des Agon zurückgeht; im 3. der Lokalhistoriker Archemachos ἐν Εὐβοικῶν γ’ (vgl. ο. Schwartz Bd. II S. 456), dem Euthymenes ἐν τοῖς Χρονικοῖς folgte (dem. Strom. I 21, 117), nach deren Meinung die beiden Dichter etwa 200 Jahre nach Troias Fall gelebt hätten: bei den Römern namentlich Cassius (Hemina) in primo Annalium, nach Gell. Noct. Att. XVII 21, 3, der beide Dichter annis post bellum Troianum plus centum atque sexaginta leben läßt. Varro in primo de imaginibus meinte (nach Gell. Noct. Att. III 11, 2), sie hätten ziemlich zur selben Zeit gelebt, wegen des oben erwähnten auf dem Dreifuß, der von H. auf den Helikon gestiftet worden, enthaltenen Epigramms, im übrigen stehe es nicht fest uter prior sit natus.
Eine andere Anschauung verfocht vor allem der Geschichtschreiber Ephoros, der offenbar aus Lokalpatriotismus seinen vermeintlichen Landsmann für älter erklärte als Homer, nach Gell. Noct. Att. III 11, 2 alii Homerum quam Hesiodum maiorem natu fuisse scripserunt, in quis Philochorus (FHG I 393) et Xenophanes (frg. 13 D.) alii minorem, in quis L. Accius poeta, der in primo didascalico (frg. 1 M. 7 B.) sich nichtiger Gründe bediente, et Ephorus historiae scriptor (FHG I 277). Hierzu kommen noch andere Zeugnisse, besonders Synkellos p. 326, 8 (von Müller hergestellt FHG IV 642) Ἡσίοδός τε ἐγνωρίζετο, οὗ (ὃν codd.) Ἔφορος ἀνεψιὸν καὶ ⟨οὐ⟩ σύγχρονον Ὅμηρόν (Ὁμήρου codd.) φησι (vgl. Jacoby Marm. Par. 153). Da das Zeit-Intervall zwischen den beiden Dichtern nicht zu groß werden durfte, wurde Apelles, der in der Genealogie des Hellanikos Vater des Maion und Dios war, von Ephoros zu deren Bruder gemacht, und Homer zu einem Sohn des Maion und der Tochter des Apelles (Ps.-Plut. Vit. Hom. 2). Aus dem Umstände, daß das Marmor Parium im Ansätze der Lebenszeit der beiden Dichter nur den Unterschied einer Generation zeigt, schloß Jacoby (a. a. O. 154) mit großer Wahrscheinlichkeit, daß hier, wie schon Βoeckh angenommen hatte, Ephoros die Quelle der parischen Chronik war.
Das richtige Zeitverhältnis haben, soweit sich sehen läßt, zuerst Xenophanes und Philochoros, der Atthidograph, wie aus der erwähnten Stelle des Gellius ersichtlich, erkannt. Weiters Herakleides Pont. nach der Vita Hom. VI (bei Allen Hom. Op. V 252, 34), wohl in seiner Schrift περὶ τῆς Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου ἡλικίας (Diog. Laert. II 87. 92). Dieses Urteil fand bei den maßgebenden literarhistorischen Forschern der alexandrinischen Epoche Bestätigung, wie bei Eratosthenes (vgl. Strab. VII 298), Aristarch, der öfter seine kritischen Zeichen πρὸς τὰ περὶ Ἡλικίας Ἡσιόδου anwendete (wie zu Il. IX 246. Χ 431 XI 750. XII 22. XIV 119. ΧΧΙII 683. XXIV 527), vgl. auch Rohde Kleine Schrift. I 39, 1 ferner seinem Schüler Apollodoros ἐν τῷ δευτέρῳ περὶ νεών, vgl. Strab. VII 299. VIII 370, desgleichen dann später bei Porphyrios, vgl. Suidas s. Ἡσίοδος: Πορφύριος καὶ ἄλλοι πλεῖστοι νεώτερον (Ἡσίοδον) ἑκατὸν ἐνιαυτοῖς ὁρίζουσιν· ὡς λβ’ μόνους [1175] ἐνιαυτοὺς συμπροτερῖν τῆς πρώτης Ὀλυμπιάδος u. a.
Äußere und innere Gründe machen diese Ansicht zur Gewißheit; von besonderem Gewichte ist die namentlich von Bergk (Griech. Lit.-Gesch, I 935) betonte Tatsache: der epische Stil, der in den Hesiodischen Dichtungen im wesentlichen derselbe ist wie in den Homerischen. Vgl. die loci similes bei Rzach ed. maior 1902, und über das Verhältnis im einzelnen ferner Kausch Quatenus Hesiodi in Theogonia elocutio ab exemplo Homeri pendeat, Königsberg 1876; derselbe (Berlin 1878) Quatenus Hesiodi elocutio ab exemplo Homeri pendeat. Martin Quatenus Hesiodeae rationis vestigia in carm. Homericis reperiantur. De Odyss. et Theog., Speier 1889 (hier werden auch eine Reihe von Stellen der Theogonie als Muster für jüngere Partien der Odyssee angesprochen); von älteren Arbeiten wäre zu nennen Thiersch Über die Gedichte des Hes., ihren Ursprung und Zusammenhang mit denen des Homer, Denkschr. Akad. München 1813 I. Dieser Stil aber kann nur im ionischen Gebiete Kleinasiens sich entwickelt haben, nicht im eigentlichen Hellas, in böotischer oder lokrischer Landschaft. Die lokalen Eigentümlichkeiten, welche der Sprache der Hesiodischen Gedichte eine gewisse dialektische Färbung verleihen (vgl. u.), vermögen nicht ihrem ganzen Gepräge Eintrag zu tun. Weder die Meinung Ficks, welcher die alten Homerischen und Hesiodischen Epen sich aus anderer ursprünglicher Sprachform in die uns vorliegende umgegossen vorstellt, noch die Kirchhoffs, welcher die Hesiodischen Gedichte in Ionien in das ionisch-epische Idiom sich übersetzt denkt, können als erwiesen gelten. Die durch lange Kunstübung entstandene konventionelle Sängersprache, den epischen Stil mit allen seinen Merkmalen, wie er in Ionien erwachsen war, zeigen auch die Hesiodischen Gedichte, die, in anderer Landschaft und Umwelt entstanden, andere Stoffe behandelten und andere Ziele verfolgten. Wäre H. der ältere, man verstünde nicht, warum er nicht zum natürlichen Ausdruck seiner Gedanken, zur eigenen Mundart gegriffen hätte. Es muß also, als er seine Werke schuf, die künstlerische Form bereits gegeben gewesen sein. Er wählte sie ebenso, wie etwa der alte korinthische Epiker Eumelos, der auch nicht im Idiom seiner Heimat schrieb. Da es eine gewisse Zeit brauchte, bevor die Homerischen Gesänge, nach dem Festlande verbreitet, hier die Anregung zu neuen dichterischen Schöpfungen gaben, erscheint es ausgemacht, daß die Hesiodische Poesie die jüngere ist.
Hierzu kommen andere Erwägungen. Es ist nachgewiesen worden, daß in den Hesiodischen Gedichten die prosodischen Wirkungen des Digammas, obgleich dieser Laut in Boiotien und Hellas, wie die Inschriften zeigen, sich im Volksmunde noch lange zähe erhielt, nur mehr etwa halb so oft sich geltend machen, als bei Homer, Rzach Hesiod. Untersuch., Prag 1875, 57; Dial. d. Hesiod, Leipzig 1876, 377. Devantier Die Spuren des anlautenden Digamma bei Hesiod III, Eutin 1897, 28ff. Es muß also in der Zwischenzeit ein Abflauen der früheren konsonantischen Kraft des Spiranten erfolgt sein, gewiß ein Beweis für die spätere Entstehung der Gedichte H..s.
[1176] Sind die angeführten Argumente formaler Natur, so lassen sich anderseits auch sachliche ins Feld führen. Kaum zulässig freilich wäre es, in dieser Frage auf gewisse Differenzen in den religiösen Vorstellungen Gewicht zu legen (über diese vgl. Schoemann Comparatio Theog. Hesiod. cum Homerica 1847, Opusc. II 25ff.), da man die verschiedenen Ziele der Homerischen und Hesipdischen Dichtung im Auge behalten muß. Ebenso wird man stets zu berücksichtigen haben, daß das Milieu in beiden ein wesentlich anderes ist; demgemäß läßt sich das Leben der seefahrenden weltgewandten Ionier nicht ohne weiteres mit dem der an die Scholle gebundenen böotischen oder lokrischen Bevölkerung vergleichen. Hingegen ist nicht zu leugnen, daß wir es bei H. mit einer viel weiter entwickelten Reflexion zu tun haben, als wir sie in den wesentlich er zählenden Homerischen Epen finden. Ihr Niederschlag in den prächtigen Sprüchen und Gnomen der Erga mutet uns fast wie eine Ethik dieser Zeit an. Dies Interesse für das soziale Leben wie für die Bedürfnisse des Individuums ist zweifellos ein Zeuge fortgeschrittener Entwicklung. In der Theogonie versenkt sich der Dichter bereits in philosophische Spekulation, er forscht und grübelt über das Wesen der Dinge, über Welt und Götter, Probleme, die im allgemeinen der Homerischen Dichtung noch ferne liegen. Von besonderer Bedeutung ist aber auch der entschieden subjektive Zug der Hesiodischen Dichtung, der namentlich in dem Verhältnisse des Verfassers zu seinem Bruder Peines hervortritt. Ja der Poet verrät bereits Sinn und Verständnis für kulturhistorische Entwicklung; in der Schilderung des dritten ehernen Geschlechts Erg. 150ff. wird mit besonderem Nachdruck betont: τῶν δ’ ἦν χάλκεα μὲν τεύχεα, χάλκεοι δέ τε οἶκοι, χαλκῷ δ’ εἰργάζοντο· μέλας δ’ οὐκ ἔσκε σίδηρος. Es hegt das Bronzezeitalter also weit hinter dem Dichter, der dem eisernen angehört (176 νῦν γὰρ δὴ γένος ἐστὶ σιδήρεον); gewiß ist dies nicht bloß im Sinne der moralischen Verschlechterung gesagt: ihm war es bekannt, daß vordem hauptsächlich Bronze im Gebrauch stand (in der Ilias wird das Eisen noch verhältnismäßig spärlich erwähnt). Wie das alles auf eine jüngere Epoche weist, so gilt dies auch hinsichtlich gewisser geographischer Vorstellungen, auf die unten eingegangen wird. Heute wird niemand mehr bezweifeln, daß die Homerische Dichtung der Hesiodischen vorausliegt. Um aber die Zeit der letzteren genauer zu bestimmen, muß man einen Terminus ante quem zu gewinnen suchen. Dieser ist gegeben durch die weit hinaufreichenden und nicht zu mißdeutenden Nachahmungen Hesiodischer Gedanken und Wendungen, die sich bereits bei den ältesten Iambographen und Lyrikern nachweisen lassen, deren Zeit man anderweitig feststellen kann. Dahin gehört schon Archilochos der die Worte Erg. 202 νῦν δ’ αἶνον βασιλεῦσι ἐρέω in frg. 89, 1 B.4 nachahmt: ἐρέω τιν’ ὑμῖν αἶνον; ebenso Theog. 120 ἠδ’ Ἔρος … λυσσιμελής δάμναται ἐν στήθεσσι νόον – Archil. frg. 85 ἀλλά μ’ ὁ λυσιμελής δάμναται πόθος. Weiters Semonides von Amorgos, der nicht bloß im allgemeinen aus den Äußerungen H.s aber die Frauen Motive schöpft, sondern auch im Wortlaut [1177] sich an ihn anlehnt: so frg. 6 γυναικὸς οὒδὲν χρῆμ’ ἀνὴρ ληίζεται | ἐσθλῆς ἄμεινον οὐδὲ ῥίγιον κακῆς, aus Erg. 702 οὐ μὲν γάρ τι γυναικὸς ἀνὴρ ληίζετ’ ἄμεινον | τῆς ἀγαθῆς, τῆς δ’ αὖτε κακῆς οὐ ῥίγιον ἄλλο: die Verse hat schon Clem. Alex. Strom. VI 2, 13 in Vergleich gestellt. Ebenso ist Semon. frg. 7, 96 Ζεὺς γὰρ μέγιστον τοῦτ’ ἐποίησεν κακὸν | γυναῖκας aus der Theog. 600f. ὣς δ’ αὔτως ἄνδρεσσι κακὸν θνητοῖσι γυναῖκας | Ζεὺς ὑψιβρεμέτης θῆκεν entnommen; vgl. ferner das frg. 7, 94f. τὰ δ’ ἄλλα φῦλα (γυναικῦν) ταῦτα μηχανῇ Διὸς | ἔστιν τε πῆμα καὶ παρ’ ἀνδράσιν μένει mit Theog. 591f. γένος καὶ φῦλα γυναικῶν | πῆμα μέγ’ αἳ θνητοῖσι μετ’ ἀνδράσι ναιετάουσιν. Von den Melikern hat Alkaios frg. 43 Hiller-Cr.4 (39, 2 Β.4) die Stelle Erg. 582ff. (welche bereits im pseudohesiodischen Schild 393ff. nachgebildet ist) als Vorlage verwendet, worauf schon Plin. n. h. XXII 22, 86 zielt Hesiodo et Alcaeo testibus. Man darf freilich nicht den Spieß umdrehen, wie Fick Hesiods Ged. 89, und die Stelle, deren Gefüge wie in Quadern im Hesiodischen Texte festsitzt, als aus Alkaios in die Hesiodea aufgenommen ansehen. Nicht minder deutlich ist die Bezugnahme von Sapphos frg. 52 (Hill.-Cr.4) (Κρῆσσαι) νύ ποτ’ ὦδ’ ἐμμελέως πόδεσσιν | ὠρχεῦντ’ ἀπάλοις ἀμφ’ ἐρόεντα βῶμον auf Theog. 3 καί τε περὶ κρήνην ἰοειδέα πόσσ’ ἁπαλοῖσιν | ὀρχεῦνται καὶ βωμὸν ἐρισθενέος Κρονίωνος oder Sappho frg. 40, 1 Ἔρος δ’ αὖτέ μ’ ὀ λυσιμέλης δόνει auf die erwähnte Stelle Theog. 120. Wie aus diesen Anführungen ersichtlich, haben bereits die ältesten griechischen Lyriker aus den abgeschlossenen Hesiodischen Dichtungen geschöpft, die also ihrer Zeit vorausliegen.
Dagegen würde der Dichter zu weit heruntergerückt durch eine im Altertum verbreitete Legende, die freilich einer tieferen Bedeutung nicht entbehrt: der Lyriker Stesichoros sei sein Sohn gewesen. Nach dem γένος Ἡ. Gaisf. 7, 33 hat Aristoteles ἐν τῇ Ὀρχομενίων πολιτείᾳ den Stesichoros für einen Sohn H.s und der Klymene erklärt, wie auch schon Philochoros nach dem Schol. Prokl. zu Erg. 270 p. 188, 12 G. Die eifrige Bezugnahme des Lyrikers auf Hesiodische Poesie war offenbar der Hauptgrund für die Entstehung dieser Erzählung. Dazu kam wohl noch der Umstand, daß nach einigen Nachrichten Stesichoros lokrischen Ursprungs war – weshalb es bei Himer. or. XXIX heißt Ἂλκαῖος Αέσβον καὶ Αοκροὺς (so v. Wilamowitz, codd. λόγους) κοσμεῖ Στησίχορος; vgl. Steph. Byz. s. Μάταυρος (… Λoκρῶν κτίσμα .… Στησίχορος Εὐφήμου παῖς Ματαυρῖνος γένος …) – und Η. bei den Lokrern sein Ende gefunden haben soll, vgl. Nietzsche Rh. Mus. XXVIII 223. Man darf natürlich nicht ohne weiteres diese angebliche Verwandtschaft dazu benützen, die Zeit des H. danach zu bestimmen, wie Fick Hesiods Gedichte 4 getan, der dessen Blüte auf 675 berechnet, ‚da er diesen Sohn erst in alten Jahren und kurz vor seinem Tode erzeugt‘! Vgl. Rohde Kl. Schr. I 104ff.
Die Hesiodische Poesie gehört vielmehr, wenn man die angeführten Umstände erwägt, ins 8. Jhdt. Wir werden sehen, daß die geographischen Angaben, die aus gewissen Partien der Theogonie und aus dem Katalog zu entnehmen sind, dieser Annahme nicht widerstreiten.
Dichtungen
[1178] Dichtungen. Die Alten wissen von einer ganzen Reihe von Werken zu berichten, die unter H.s Namen gingen. In dem Artikel bei Suidas heißt es: ποιήματα δὲ αὐτοῦ ταῦτα· Θεογονία Ἔργα καὶ Ἡμέραι, Ἀσπίς, Γυναικῶν Κατάλογος ἐν βιβλίοις ε’, Ἐπικήδειον εἰς Βάτραχόν τινα, ἐρώμενον αὐτοῦ, περί των Ἰδαίων Δακτύλων καὶ ἄλλα πολλά. Ein weiteres Verzeichnis liefert Pausanias, der gegenüber der von ihm selbst gebilligten Anschauung der Boioter am Helikon, daß allein die Erga ein echtes Hesiodisches Werk seien, IX 31, 4 berichtet, es habe nach anderer Meinung der Dichter eine große Zahl von Epen verfaßt, und zwar: ἐς γυναῖκάς τε ᾀδόμενα καὶ ἃς Μεγάλας ἐπονομάζουσιν Ἠοίας καὶ Θεογονίαν τε καὶ ἐς τὸν μάντιν Μελάμποδα καὶ ὡς Θησεὺς ἐς τὸν Ἅιδην ὁμοῦ Πειρίθῳ καταβαίη παραινέσεις τε Χίρωνος ἐπὶ διδασκαλίᾳ δὴ τῇ Ἀχιλλέως καὶ ὅσα ἐπὶ Ἔργοις τε καὶ Ἡμέραις. οἱ δὲ αὐτοὶ οὗτοι (die betreffenden Berichterstatter) λέγουσι και ὡς μαντικὴν Ἡσίοδος διδαχθείη παρὰ Ἀκαρνάνων· καὶ ἔστιν ἔπη μαντικά, ὁπόσα ἐπελεξάμεθα καὶ ἡμεῖς, καὶ ἐξηγήσεις ἐπὶ τέρασιν. Leo (Hesiodea, Göttingen 1894, 4f.), der diese Aufzählung eingehend bespricht, erkennt darin einen alphabetischen Index: die scheinbaren Abweichungen von dieser Anlage sucht er scharfsinnig zu erklären.
Nach dem γένος Ἡ. p. 8, 8 G. hätte Η. nichts weniger als 16, Homer 13 βίβλους hinterlassen. Von diesen werden daselbst neben den Ἔργα καὶ Ἡμέραι besonders erwähnt Ἀσπίς, Θεογονία, Ἡρωογονία, Γυναικῶν Κατάλογος.
Zu diesen Angaben kommen dann noch die Erwähnungen bei verschiedenen Autoren, die auf einzelne hier nicht genannte Gedichte Bezug nehmen.
Werke und Tage
Das einzige Hesiodische Werk, gegen dessen Echtheit niemals ein Einwand erhoben wurde, sind die Ἔργα καὶ Ἡμέραι, eine Heimatsdichtung voll frischen Erdgeruchs, die den Adel der Arbeit verkündet. Nach Paus. IX 31, 4 galt es den Boiotern am Helikon überhaupt als das einzig echte Werk des H.: Βοιωτῶν δὲ οἱ περὶ τὸν Ἑλικῶνα οἰκοῦντες παρειλημμένα δόξῃ λέγουσιν, ὡς ἄλλο Ἡσίοδος ποιήσαι οὐδὲν ἢ τὰ Ἔργα. Es wurde ihm dort ein Exemplar des Gedichts auf Bleitafeln vorgewiesen, das offenbar ein κειμήλιον des Musenheiligtums bildete, vom Zahn der Zeit bereits arg mitgenommen: καί μοι μόλυβδον ἐδείκνυσαν, ἔνθα ἡ πηγή, τὰ πολλὰ ὑπὸ τοῦ χρόνου λελυμασμένον· ἐγγέγραπται δὲ αὐτῷ τὰ Ἔργα. Welche Gründe für jene Ansicht maßgebend waren, erfahren wir nicht. Doch mochte der Umstand, daß in den Erga die Persönlichkeit des Dichters so stark in den Vordergrund tritt und auch seine böotische Heimat Askra am Helikon ausdrücklich genannt wird, hierbei in die Wagschale fallen.
Neben dem vollen Titel Ἔργα καὶ Ἡμέραι, den wir in allen Hss. finden, zuerst auf einem Papyrusfetzen des Pariser Achmîmpapyrus (suppl. gr. 1099), wird gelegentlich bei den Schriftstellern kurzweg Ἔργα gesagt, wie bei Plut. Thes. 3 Moral. p. 736 e; daß dieser aber auch die Ἡμέραι in dem Gedichte las, bezeugt seine Kritik zu den Versen 794–797 in den Proklosscholien. Zudem nimmt er Camill. 19 auf den gegen H.s Hemerai gerichteten Tadel des Herakleitos (frg. [1179] 57 D.) Bezug. Pausanias gebraucht IX 31, 4 die Bezeichnung Ἔργα, aber gleich danach heißt es ὅσα ἐπὶ Ἔργοις καὶ Ἡμέραις. Verkehrt wäre es, aus den Worten des Aristophanes (Frösche 1034f.) Ἡσίοδος δὲ (κατέδειξε) γῆς ἐργασίας καρπῶν ὥρας ἀρότους darauf zu schließen, der Komiker habe die ‚Tage‘ nicht gekannt (die schon Herakleitos tadelte). Auch der Abschnitt über die Tage wird als Erga zitiert bei Stob. CV 36 Ἡσιόδου Ἔργων mit Anführung des v. 825. Anderseits aber konnte das ganze Gedicht gelegentlich auch unter der Teilbezeichnung Ἡμέραι angeführt werden, wie bei Proklos Chrestom. (Allen Hom. Op. V 101, 12 = Biogr. gr. 26, 52 Westerm.), wo es ἐκ τῶν Ἡσιοδείων Ἡμερων heißt mit Bezug auf die Stelle Erg. 657f. Wegen der Worte des Manilius II 19ff., nach denen man im ersten Augenblick meinen konnte, er habe in den Erga mehr gelesen, als wir heute vorfinden, ist auf Marckscheffel Hesiodi Fragm. 204ff. und Sittl Wien. Stud. XII 38ff. zu verweisen. Mitunter wird ein bestimmter Abschnitt des Gedichtes unter eigener Bezeichnung zitiert, wie τὸ εἰς Ἔριδας (Erg. 11ff.) von Paus. IX 31, 4.
Die Erga umfassen in den vollständigen Hss. 827 Verse; in den Ausgaben pflegt man 828 Verse zu zählen, da man sich leider gewöhnt hat, den aus Diod. V 66, 6 stammenden, unserer hsl. Überlieferung fremden Vers ἀφνειοὶ μήλοισι, φίλοι μακάρεσσι θεοῖσιν als v. 120 einzureihen. In unseren Tagen sind durch den Papyrus Naville noch Bruchstücke von vier bislang unbekannten Versen hinzugekommen (169 b–169 e), die nach Weils (Rev. de philol. XII 174f.), Peppmüllers (Phil. LII 597) und Rzachs (ed. maior z. d. St.) Meinung mit dem in den Scholien erwähnten v. 169 zusammengehören, aber durch die alexandrinische Kritik ausgeschieden worden sind; Kuiper (Sert. Nabericum, Leyden 1908, 211ff.) will, die Verse in seinem Sinne ergänzend, sie mit 169 nach 173 bewahrt wissen. Am Ausgange des Altertums hatte das Gedicht, wie namentlich aus dem Papyrus Erzh. Rainer, welcher Stücke aus sehr verschiedenen Teilen enthält, hervorgeht, im wesentlichen dieselbe Gestalt wie heute. Dies wird auch durch die sehr zahlreichen Zitate, die schon mit Xenophon beginnen und weiter durch die Nachahmungen bei Dichtern – seit Archilochos – bestätigt.
Überblicken wir das Gedicht, so werden wir sofort des gewaltigen Unterschieds gegenüber der Art des heroischen Epos gewahr. Während jenes in glanzvoller Schilderung von dem Heldenzeitalter des griechischen Volkes berichtet mit all der Begeisterung, wie sie dem lebhaften Naturell des ionischen Stammes eigen war, versetzen uns die Erga in ein schlichtes bürgerliches Milieu. Zunächst tritt der Dichter selbst ganz persönlich vor uns als eine markige und ehrwürdige Gestalt: als Verteidiger seines Rechts erhebt er Klage gegen den leichtsinnigen und müßiggängerischen Bruder. Mit Nachdruck hält er ihm seine Unbill vor und sucht ihn auf den rechten Weg zurückzugeleiten, von dem er abgewichen war. Damit verknüpft er ernste Mahnungen zu redlicher Arbeit. Sind diese zunächst an Perses gerichtet, so fühlt man doch, daß sie auch den Volksgenossen überhaupt gelten. Und zwischendurch [1180] erklingt in einfacher und würdiger Fassung so mancher Weisheitsspruch, den er entweder von den Vorfahren überkommen oder selbst neu geschaffen hat. So wird der Dichter, der scheinbar bloß zum Bruder spricht, zum Lehrer und Propheten seines Volkes. In den späteren Abschnitten wird Perses kaum mehr genannt: die Mahnungen und Vorschriften werden allgemach immer unpersönlicher. Der Dichter führt uns zu Haus und Hof seiner Heimat, er entrollt ein lebendiges Bild der häuslichen Verhältnisse des Ackerbürgers und Bauern, der rastlosen Arbeit auf dem Felde, der Sorgen und Kümmernisse des Alltags. Wir vernehmen förmlich die Weisungen des Hausvaters an seine Angehörigen und sein Gesinde. Aber er hat auch Aug und Ohr für die Natur, die ihn umgibt: den sengenden Sommer, der alles erschlafft, schildert er gleich eindrucksvoll wie das Toben des thrakischen Nordsturmes im Winter; und er ist ebenso intimeren Vorgängen nachgegangen und hat dem Leben der Tiere gelauscht. Wie die Vorschriften über Hauswirtschaft, Landbau und Schiffahrt, so sind auch die weiter folgenden über das Verhalten des einzelnen gegenüber der Gesellschaft und Gottheit allgemein gehalten. So gewinnen wir ein anschauliches Bild von dem sozialen Leben der Bauernschaft, das uns eine erfahrene, sympathische, ehrliche Persönlichkeit entwirft. Überhaupt zeigt die Dichtung ein ganz individuelles Gepräge, in starkem Gegensatze zu der Art des heroischen Epos, wo der Poet gänzlich hinter seinem Gegenstande zurücktritt. Auch die Darstellung ist originell: in den ersten Abschnitten, wo sich anscheinend die Gedanken des Dichters nur langsam und allmählich seinem Geiste entringen, stark aphoristisch und lose gehalten, gewinnt das Gedicht späterhin strengeren und systematischeren Zusammenhang. Einem Dichter, der zum erstenmal ein tiefgründiges soziales und ethisches Thema anschlug, mußte eine freiere Form im Ausdruck wohl verstattet sein.
Das Gedicht beginnt in der Überlieferung mit einem Prooimion, worin die Musen aufgefordert werden, den allmächtigen Zeus zu preisen. Von diesem wollten die Boioter am Helikon nichts wissen, ihr Votivexemplar der Erga enthielt es nicht (Paus. IX 31, 4). Wie schon der Schüler des Theophrast, Praxiphanes, es verworfen hatte (nach Proklos praef. Erg. II 3 G.), so waren Aristarch sowohl (ebd.), wie auch die gegnerische Schule des Krates von Pergamon (Schol. Dionys. Perieg. 62. Rühl Rh. Mus. XXXIX 83) einig in der Athetese. Auch Plutarch dürfte in seinem Kommentar derselben Anschauung gewesen sein, da er Mor. p. 736 Ε den v. 11 der Erga als τὰ πρῶτα τῶν Ἔργων bezeichnet. Tatsächlich ist die Verbindung mit dem Folgenden lose, so daß manche Kritiker es für einen Rhapsodenhymnos erklärten, so K. F. Hermann Schediasma de Hes. Oper. prooem., Göttingen 1855; ja Martin D. Prooem. zu d. Erga d. Hesiod, Würzburg 1898, denkt es sich sogar erst um 300 v. Chr. in der jetzigen Form entstanden. Ziegler Archiv f. Religionswiss. XIV (1911) 392ff. schreibt es wegen des Raffinements im Stil einem Zögling der Gorgianischen Rednerschule zu. Für die Echtheit ist namentlich Leo (Hesiodea 14f.) eingetreten, [1181] der darin auch ein Argument für die Einheitlichkeit des Gedichts sah, und Ed. Meyer Hesiods Erga u. d. Ged. von den fünf Menschengeschl., Genethliakon f. Robert, Berlin 1910, 160ff. Eines Prooimions konnte das Gedicht nicht entbehren, ob aber das uns überlieferte vom Dichter selbst herrührt, ist nicht leicht zu entscheiden.
Mit der Partie von der guten und bösen Eris beginnen die zunächst an Perses gerichteten Abschnitte, die durch den Rechtsstreit veranlaßt sind. Sie sind in lockerer Form aneinandergereiht. Besondere Aufmerksamkeit erwecken hier die sagengeschichtlichen Stücke der Prometheus–Pandoraepisode und das schöne Gedicht von den Weltaltern. Hätte der Dichter etwa nur zu dem Zwecke sie hier eingelegt, um seinen ethischen Auseinandersetzungen eine gewisse Abwechslung zu geben, damit sie nicht als zu trocken empfunden würden, so hätte er Ähnliches auch an anderen Stellen getan. War es aber seine Absicht, auf mythologische Motive in seinem Lehrgedicht überhaupt zu verzichten, so standen jene zwei Abschnitte nicht von Anbeginn an ihrer heutigen Stelle, wie nebst anderen Kirchhoff angenommen hat. Möglich, daß der Poet erst beim Abschluß seines Werkes sich veranlaßt sah, eine Illustration dazu zu geben, wie und warum das Elend in die Welt gekommen und das Los des Menschengeschlechtes sich verschlechtert hat. Auf jeden Fall aber ist an dem Hesiodischen Ursprung dieser epischen Einlagen nicht zu zweifeln. Übrigens ist der Pandoramythos, der hier, mit der Prometheussage verknüpft, erklären soll, wie das Unheil über die Menschen hereinbrach, nicht in der Urfassung erhalten und bietet manche Schwierigkeit; vgl. über ihn Schoemann De Pandora (1853), Opusc. II 264ff. Schoell De Pandora Hes. meletem. crit., Berlin 1879, 133ff. Lisco Quaest. Hesiod. crit. et mythol., Göttingen 1903, 27ff. Friedländer Herakles, Berlin 1907, 39ff. Ed. Meyer a. a. O. 163f. Lisco sieht v. 50–68, dann 83–89 als ursprünglich an, dagegen sei der Mythos vom ersten Weibe durch eine in die Theogonie geratene Partie, Theog. 590–612, abgeschlossen gewesen; Erg. v. 69–82 und 90–104 seien hinzugefügt. Friedländer, der hiegegen Einspruch erhob, möchte seinerseits die Schwierigkeiten, die in dem Pithosmotiv liegen, mit Bezug auf Babrios 58 lösen. Seines Erachtens bildeten in der ursprünglichen Sage den Inhalt des πίθος Güter, wie deren eines auch die Ἐλπίς sei; als dann der Dichter die κακά an deren Stelle setzte, um das Unglück in der Welt zu erklären, sei die Ἐλπίς aus der alten Version zurückgeblieben. Als ein κακόν faßt sie von Neueren (mit Lebègue) Waltz Hos. et son poeme moral 56. Auch Terzaghi Ad Hesiod. Theog. 535ff. (Studi ital. di filol. class. XII 139ff.) will ein längeres Stück aus der Theogonie, und zwar v. 535–564, nach Erga 48 (mit Athetese von 49) gesetzt wissen, um eine genauere Darlegung des Truges zu gewinnen. Im πίθος war seiner Meinung nach alles Gute und Böse enthalten, eine Anschauung, die auch Girard teilt, Le mythe de Pandore dans la poésie hésiod.; Rev. des études grecques XXII (1909) 217ff., dagegen Waltz ebd. ΧΧIIΙ (1910) 49ff.; vgl. noch Vogiatzidis Athena ΧΧIII 53ff.. Eine Umdeutung [1182] und Aitiologie des Pithoigienfestes will hier eingearbeitet sehen Ed. Meyer a. a. O. 163.
Der zweite herrliche Mythos von den Weltaltern dient ähnlichem Zwecke: hier soll gezeigt werden, auf welchem Wege gewissermaßen historisch der Verfall des Menschengeschlechtes sich vollzog, wodurch seine traurige Lage begreiflich gemacht werden soll; über diesen Mythos vgl. Schoemann De aetatibus generis humani (1852), Opusc. II 305, wo die ältere Literatur verzeichnet ist; Roth Der Mythus von den fünf Menschengeschl. bei Hesiod, Tübingen 1860. Ed. Meyer a. a. O. 166ff.; letzterer will hier eine Entwicklungsgeschichte der Menschheit erkennen; das Bild vom goldenen und silbernen Geschlecht stelle die genießenden Menschen dar, denen die Natur alles selbst gibt, was aber zur physischen und psychischen Degeneration führe; das wirkliche Menschenleben, unter den Gestalten der übrigen Geschlechter, zeige aufsteigende Entwicklung von roher physischer Kraft zu hoher geistiger Kultur: wobei es aber schließlich zur Herrschaft von List und Trug komme, schlimmer als alle brutale Gewalt. Das Heroengeschlecht, das der Dichter in Erinnerung an die große Heldenvorzeit einfügte, sei als – fehlschlagender – Versuch aufzufassen, die physischen Kräfte mit der sozialen Ordnung zu verknüpfen. Mehrfach hat man in der abfallenden Reihe der Geschlechter den Ausdruck eines trüben Pessimismus gefunden, vgl. Kirchhoff Mahnlieder 49. Rohde Psyche 85.
Auch in der lose angeknüpften ersten Fabel, welche die griechische Literatur kennt, will Hild einen ähnlichen pessimistischen Zug erkennen, den aussichtslosen Kampf des Schwachen gegen den Stärkeren (Le pessimisme moral et religieux chez Hom. et Hésiode, Revue de l’hist. des religions XIV 168ff.), vgl. Peppmüller Hesiodos 162.
Die Mahnungen an Perses spinnen sich dann, mit einer Fülle herrlicher Weisheitssprüche untermischt, fort, worauf mit v. 316 die Betrachtungen allgemeiner werden und die unmittelbare Bezugnahme auf Perses schwindet.
Mit v. 383 hebt das längere Gedicht vom Landbau an, verschieden im Tone und Ziel: es ist nicht unmöglich, daß der Dichter es, obwohl auch hier noch mitunter Perses angesprochen wird, zunächst als selbständiges Stück verfaßt und dann mit dem Vorausgehenden vereinigt hat. Angeknüpft ist die Partie über die Schiffahrt. Den Schluß bilden die Vorschriften über Wahl der Gattin, über den Verkehr mit anderen und das Verhalten zu den Göttern. Interessant sind die hier enthaltenen Proben griechischen Volksaberglaubens. Der letzte Teil der Dichtung, die Hemerai, war sicher schon zur Zeit des Herakleitos mit dem übrigen Bestände vereinigt, da der Philosoph über diese Partie seinen Tadel kundgab, frg. 57 D.: διδάσκαλος δὲ πλείστων Ἡσίοδος· τοῦτον ἐπίστανται πλεῖστα εἰδέναι, ὅστις ἡμέρην καὶ εὐφρόνην οὐκ ἐγίνωσκεν· ἔστι γὰρ ἕν. Ursprünglich wars wohl ein Gedicht für sich, vgl. v. Wilamowitz Herm. XL 124.
Die Frage nach der Komposition des Gedichts ist von den Alten kaum gestreift worden. Sie stellt eine Aufgabe der modernen Forschung dar. Bald nachdem Fr. A. Wolf die Anregung zur [1183] kritischen Sichtung der Homerischen Gedichte gegeben, trat man auch diesem Problem näher, und bis auf den heutigen Tag ist diese Bewegung nicht zur Ruhe gekommen.
An der Spitze des radikalen Flügels der Forscher steht K. Lehrs, der in seinen Quaest. epic. Königsberg 1837, 177ff. die Erga als eine Vereinigung verschiedener Stücke, zum Teil verlorener Dichtungen didaktischer Art ansah. Namentlich seien auch Spruchsammlungen, alphabetisch nach Stichwörtern geordnet, benützt worden, Variationen, wie v. 618–645 und 646–662, seien nebeneinander im Texte stehen geblieben.
Noch weiter ging sein Schüler Flach, der (Die Hesiod. Ged., Berlin 1874 XXV) die Erga als eine Reihe zum Teil zusammenhangloser Gedichte bezeichnet, ‚welche unter den mannigfaltigsten Eindrücken und zu verschiedenen Zeiten verfaßt durch einen Akt bodenloser Kritiklosigkeit auf die Weise zusammengeschweißt sind, wie sie heute sichtbar ist und das Gedicht ungenießbar gemacht hat.‘!
Für Fick (Hesiods Gedichte in ihrer urspr. Fassung u. Sprachform wiederhergestellt, Göttingen 1887, 43) sind die Erga ‚eher ein Konglomerat von Gedichten als ein Gedicht‘. Nach Ausscheidung gewisser Stücke, darunter der ‚abgeschmackten Anstandsregeln‘, weiter der Tage, die als das Werk eines Orphikers etwa 520 entstanden seien, unterscheidet er vier Massen, eine Sentenzensammlung (‚güldenes Abc‘ nach Lehrs Ansicht), die Weltalter, das Rügelied und die älteren Werke. Wie anderwärts will Fick auch hier in den ursprünglichen Partien eine bestimmte Zahlentektonik entdecken.
Den entgegengesetzten Standpunkt vertritt zunächst Ranke, der als strenger Unitarier das Gedicht als ein einheitlich verlaufendes Gebilde ansah (De Hes. Oper. et Dieb. comment., Göttingen 1838). Ohne daß eine Unterbrechung und Störung erfolge, weise hier der Poet die Wege, wie man in allen Lebenslagen vorzugehen habe. Die lose Anfügung der einzelnen Teile sei künstlerische Absicht.
Ebenso erkannte einen einheitlichen Plan Vollbehr Hesiodi Opera et Dies, Kiel 1844, der in dem Gedichte eine Gliederung in größere und kleinere Abschnitte konstatiert.
Im ganzen darf auch Steitz (De Oper, et Dier. compos. forma prist. et Interpol., Göttingen 1856 und in dem Buche ‚Die Werke und Tage des Hesiod‘, Leipzig 1869) dieser konservativen Richtung zugezählt werden, doch ist er in seinen sachkundigen Darlegungen von jeder Engherzigkeit frei und verhält sich gegen die Annahme von Interpolationen keineswegs ablehnend.
Der gleichen Anschauung huldigt Waltz (Hésiode et son poème moral, Bordeaux u. Paris 1906, und in der Ausgabe der Erga, Hosiode, les travaux et les jours, Paris 1909, 12ff.), der in den Erga das erste Denkmal griechischer Moralpoesie erkennt, wenngleich einige für ethische Zwecke geeignete Elemente bereits vorauslagen. Er macht darauf aufmerksam, wie schwer es für den Dichter war, die epische Darstellungsweise seinen neuen Ideen anzupassen.
Die übrigen Forscher, die sich eingehender mit dem Problem der Komposition befaßt haben, [1184] nehmen eine mehr minder vermittelnde Stellung ein. So sieht Bergk (Griech. Lit.-Gesch. I 940ff.) in dem Gedichte zwei ursprünglich getrennte Teile (im wesentlichen I v. 11–340. II 383–694 und 760–764), die zeitlich und örtlich verschieden waren, indem das ältere Rügelied an Perses in Askra, das jüngere Stück in Naupaktos verfaßt worden sei. Angeschlossen wurden Sprüche und endlich die Tage.
Im Anschlüsse an Bergk nimmt Peppmüller (Hesiodos, Halle 1896, 184ff.) an, der Dichter habe das Rügelied und das Poem vom Landbau, die nicht gleichzeitig entstanden, vereinigt und erweitert. Die Tage seien später hinzugefügt. Begreiflicherweise könne man von dem ersten didaktischen Dichter nicht vollständige Einheit seines Werkes erwarten.
Von besonderem Interesse ist die Auffassung Kirchhoffs (Hesiodos Mahnlieder an Perses, Berlin 1889). Vgl. hierzu Peppmüller Zur Komposition der Hes. Werke und Tage, Jahrb. f. Phil. 1890, 641ff. Nachdem schon der verdiente Forscher Schoemann (Hes. carm. reliq., comm. crit. 10f.) die Meinung ausgesprochen hatte, die Erga seien aus ursprünglich getrennten Liedern des askräischen Sängers zusammengesetzt und hätten durch eine nachfolgende Redaktion ihre beutige Gestalt erhalten, erkennt Kirchhoff darin eine Sammlung von Einzelliedern, die an Perses und zum Teil an die βασιλῆες gerichtet waren; die fünf ersten betreffen den Erbstreit, während drei andere umfangreiche mehr allgemeine Mahnungen zur Arbeit enthalten. In diese Liedersammlung seien gewisse Abschnitte eingeschaltet worden, wie die Pandoraepisode und die Weltalter. Anderes sei später hinzugekommen, so daß der Abschluß des Gedichts etwa erst gegen Ende des 6. Jhdts., und zwar in Ionien (vgl. u.) erfolgt sei.
Im allgemeinen schließt sich der Anschaung Kirchhoffs Ed. Meyer a. a. O. 161f. an, der als Grundlage des Werkes einzelne Dichtungen, die aus der momentanen Situation erwachsen sind, ansieht, wie dies bei H.s Zeitgenossen, den israelitischen Propheten der Fall sei. Die Prozeßgedichte, meint er, zeigen, wie man es nicht machen solle, wogegen der zweite Teil die Anweisung zum richtigen Verhalten im Leben gebe.
Einen besonderen Standpunkt nimmt ein Nilsson (Κατάπλοι Rh. Mus. LX 1908), der p. 175ff. für die Partien vom Landbau und der Schiffahrt Anschluß an ältere Vorbilder vermutet. Das Prius sei der ‚Bauern- und Schifferkalender‘, den der Dichter im wesentlichen entweder vorfand, oder selbst entwarf. Dann erst habe er die Adresse des Bruders gewählt, um ihn zur Arbeit und Redlichkeit zu mahnen.
Über die Frage der Komposition haben sich außer den bisher genannten Forschern weiter geäußert namentlich Thiersch De gnomicis carmin. graec., Acta phil. Monac III 39 1f. Twesten Comment. crit. de Hes. carm., quod inscribitur Opera et Dies, Kiel 1815. Goettling Hesiodi carm. ed. 2 Gotha 1843 p. XXXV. Meyer De Hes. carm., quod Opera et Dies inscrib., forma antiquiss., Schwerin 1848. Hagen Melet. crit, in Hes. Opera et Dies, Düren 1841. 1848. 1854. Lisco Quaest. Hesiod. crit. etymol., Göttingen [1185] 1903 (Abschn. IV). Raddatz De Prometh. tabula Hesiod. et de compos. Oper., Greifswald 1909. Fuß Versuch einer Analyse von Hes. Erga u. Hem. I (Diss. von Gießen), Borna-Leipzig 1910. Rand Horatian urbanity in Hesiod’s Works and Days, Amer. Journ. of Phil. XXXII 131ff. Mazon Hés.: la compos. des Travaux et des Jours, Revue des Étud. anc. XIV (1912) nr. 4.
Der Tendenz und dem Inhalt der Dichtung entsprechend ist von vornherein zu erwarten, daß die Ausdrucksweise in manchen Dingen von der Homerischen abweiche. Tatsächlich bewegt sie sich nicht etwa bloß im Kreise der Homerischen Phraseologie. Die einfachen Verhältnisse, die hier geschildert werden, vertragen nicht eine glänzende, sie fordern vielmehr eine schlichte Darstellung. Von allen Hesiodischen Werken ist denn auch, etwa abgesehen von den sagengeschichtlichen Stücken (v. 47–201), hier am wenigsten von Homerischen Wendungen und Phrasen Gebrauch gemacht. Um dem Fühlen und Denken des Volkes näher zu treten, zu dem der Dichter als Berater und Warner spricht, mischt er offenbar absichtlich seiner Rede volkstümliche Ausdrücke bei, wenn er die Schnecke φερέοικος Erg. 571, den Polypen ἀνόστεος Erg. 524 (darnach gebildet ἄτριχος, Schlange im Katalog der Helenefreier frg. 96, 91), die Ameise ἴδρις Erg. 778 nennt, oder die Hand als den Fünfast πέντοζος Erg. 742, den Dieb als ἡμερόκοιτος ἀνήρ Erg. 605 (übernommen von Oppian. Halieut. II 408) bezeichnet. Auch εὐφρόνη, die Nacht, Erg. 560 ist wohl hierher zu zählen, das nachmals in der tragischen Sprache ganz gewöhnlich wird, sowie noch einiges andere. Goettling hatte ed. 2 XXLXf. in diesen Ausdrücken eine Art heiligen Stils und religiöser delphischer Phraseologie sehen wollen; unserer Auffassung nähert sich Cook Classic. Review VIII 381f., der darin lokale Bezeichnungen erkennt.
Aber nicht bloß volkstümliche Ausdrücke, auch Vorstellungen und abergläubische Ansichten, die offenbar dem Denken und Fühlen des Volkes entnommen sind, begegnen namentlich in den letzten Abschnitten der Erga, wie in der Vorschrift über das Nägelschneiden, die Fertigstellung des Hauses, die Warnung, Kinder auf Gräbern sitzen zu lassen u. a., vgl. Sikes Folk-lore in the Works and Days of Hes., Classic. Review VII 389ff. So schafft der Dichter aus dem Leben und für das Lehen. Die engen Beziehungen dazu klingen aus dem oft gemütlichen und naiven, manchmal aber auch herben und ernsten Ton heraus.
Einen förmlichen Wegweiser für alle Tage des Monats gibt er dem Manne aus dem Volke in den Ἡμέραι an die Hand, die gleichfalls manches enthalten, was dazumal an Aberglauben im Umlaufe war.
Die für das Volk bestimmten Sprüche und Mahnungen sollten für länger in dessen Gedächtnisse haften. Diese Absicht wird unterstützt durch das hier viel mehr als anderwärts verwendete poetische Schmuckmittel des Gleichklanges, der Alliteration und Assonanz. Solche Parechese wird beispielsweise bequem erzielt durch Wiederholung desselben Ausdrucks wie 352 μὴ κακὰ κερδαίνειν· κακὰ κέρδεα ἶσ’ ἀάτῃσι, 353 τὸν φιλέοντα [1186] φιλεῖν καὶ τῷ προσιόντι προσεῖναι, 354 καὶ δόμεν, ὅς κεν δῷ καὶ μὴ δόμεν, ὅς κεν μὴ δῷ. Anderer Art ist die verschränkte Alliteration 235 τίκτουσιν δὲ γυναῖκες ἐοιότα τέκνα γονεῦσιν – alte Variante τοκεῦσιν, wodurch der Gleichklang sich anders gestaltet. Eine sehr bemerkenswerte Assonanz nebst gleichzeitigem zweisilbigen Reim im ersten und letzten Worte des Verses liegt 413 vor: αἰεὶ δ’ ἀμβολιεργὸς ἀνὴρ ἀάτῇσι παλαίει.
Was die Sprachform anbelangt, so stellt sich der Dialekt der Erga als das epische Kunstidiom dar, das im Homerischen Epos seine höchste Vollendung aufweist: also die auf altionischem Grundstock aufgebaute, Formen verschiedener Entwicklungsphasen enthaltende konventionelle Sängersprache, der eine Anzahl von Aeolismen eigentümlich sind, die allem Anschein nach aus älteren im äolischen Gebiete gepflegten epischen Liedern stammen, vgl. Hinrichs De Homer. elocutionis vestigiis Aeolicis, Jena 1875, 153. Τhumb Handb. d. griech. Dialekte, Heidelberg 1909, 316ff. Daneben aber lassen sich in den Erga andere äolische Spuren beobachten, die der Homerischen Sprache nicht angehören, vgl. Rzach D. Dialekt des Hesiod., Leipzig 1876, 464. So lesen wir z. Β. mit Übergang des ursprünglichen Spiranten ϝ in υ die bei Homer unbelegte äolische Bildung καυάξαις Erg. 666 und 693 (aus κατ-ϝά-ξαις; ferner den als äolisch anzusprechenden Genet. Plur. ἐκ μελιᾶν Erg. 145; mit äolischer Psilosis, Betonung und Flexion den Akkus. Sing. ἄψιν (= ἁψῖδα) Erg. 426; weiters das flektierte Kardinalzahlwort τριηκόντων Erg. 696, wie bei Alkaios z. B. frg. 75 Β.4 δυοκαιδέκων und auf der äolisch beeinflußten Inschrift von Chios IGA 381 mehrfach d 7 πεντηκόντων c 24 ἐνενηκόντων u. a. Jenes τριηκόντων hat dann Kallimachos übernommen frg. 67, 2 Schn., ebenso die Verfasser der Epigramme Anth. Pal XIV 3, 9 und 123, 13. Mit äolischer Verbalflexion (Übergang der sog. Verba contracta in die athemat. Konjug.) liest man αἴνημι Erg. 683 und vielleicht νῆ Erg. 777 (Suid. s. νεῖν· τινὲς δὲ τὸ ‚νεῖ νήματα‘ διὰ τοῦ η¯ ἔγραψαν, ὡς ἀποκοπὲν ἐκ τοῦ νήθει, vgl. ἔννη Herodian. II 507, 22 L.), wie ποίη im Ehrendekret für Erythrai bei Collitz Griech. Dialekt.-Inschr. 215, 21. Anderseits erscheint das Präsens δείκνυ Erg. 526 äolisch flektiert wie ζεύγνυ bei Herodian. II 832, 36 L. In solchen dem Gedichte eigentümlichen äolischen Anklängen wird man mit Recht Einflüsse der ursprünglichen Heimat der Eltern des Dichters erkennen dürfen, da sie direkt auf asiatisch-äolische Mundart weisen. Schon Ahrens hat Verhandl. d. Philol.-Vers. zu Göttingen 1852, 73ff. sie aus den Beziehungen der Familie des Dichters zu Kyme abgeleitet. Aber noch ein anderes dialektisches Element läßt sich in den Erga nachweisen. Auf eine bestimmte Partie, die Vorschriften über Landbau und Schifffahrt, beschränken sich einzelne Dorismen: dahin gehören die Verkürzung des Ausganges des Akkus. Plur. der ᾱ-Stämme, wie Erg. 564. 663 μετὰ τροπὰς ἠελίοιο, 675 Νότοιο δὲ δεινὰς ἀήτας; ferner der durch die Nachbarschaft einer ganzen Beihe imperativischer Infinitive geforderte, im Ambrosianus C 222 inf. erhaltene Infinitiv ἀποδρέπεν Erg. 611 τότε πάντας ἀποδρέπεν οἴκαδε βότρυς (wo sonst ἀποδρέπειν und ἀπόδρεπε überliefert [1187] ist), vgl. Rzach Wien. Stud. V 192. Dazu kommt das Zahlwort τέτορα, Erg. 698 ἡ δὲ γυνὴ τέτορ’ ἡβώοι. Dieses dorische Kolorit einer umschriebenen Partie des Gedichts wird man auf den Einfluß zurückführen dürfen, den der Aufenthaltsort auf den Dichter übte. Jene Dorismen werden der lokrischen Nachbarschaft zuzuschreiben sein, zu der der Dichter in Beziehung trat. Bei den Lokrern weilte er ja auch nach den oben angeführten Legenden: sowohl τέτορες ist lokrisch (Vertrag zwischen Chaleion und Oiantheia, Collitz Griech. Dialektinschr. 1479, 5) wie die Infinitive auf εν – ἀναγράφεν ebd. 1508, 6 (2. Jhdt.).
In unseren Tagen hat Fick Hesiods Ged. in ihrer ursprünglichen Fassung und Sprachform wiederhergestellt, Göttingen 1887, 43ff. den Satz vertreten, angesichts der erwähnten spezifischen Äolismen sei einst das Gedicht ganz im altäolischen Dialekte von Kyme abgefaßt gewesen, da H. mit seinem Bruder nur in dem Idiom der alten Heimat verkehrt habe. Feste Ionismen seien nur an jüngeren und interpolierten Stellen zu finden (so in Erg. 504ff., vgl. p. 79ff.). Diese Annahme ist unerweisbar. Wollte der Dichter, der nicht bloß zu Perses, sondern zum ganzen Volke spricht, zu äolischen Kleinasiaten reden? Er wählte den epischen Dialekt, der allen Hellenen verständlich und bekannt war. Eine Umsetzung, wie sie sich Fick vorstellt, konnte weder in Boiotien noch in Lokris erfolgen, sondern allenfalls in Ionien, weshalb denn auch Kirchhoff a. a. O. 83 sich die Sache so zurechtlegt, daß er die Mahnlieder und die Theogonie nach Kleinasien wandern läßt, wo sie eine Dialektumänderung erfahren hätten. Warum aber hat man denn nicht die Lieder der Sappho und des Alkaios, die doch auch hei allen Griechen hochgeschätzt waren, ins Ionische übertragen, dessen Gebiet der Insel Lesbos geographisch recht nahe lag? Daß Fick bei seiner Rückübersetzung mit dem Texte wenig glimpflich umgeht, ist schon bemerkt worden. Der ionische Monatsname Ληναιών Erg. 504 paßt nicht in diese Theorie. Es liegt jedoch kein zwingender Grund vor, mit Goettling ed.² 216 anzunehmen, der Vers könne nicht von dem ‚Boioter‘ H. stammen, und mit Steitz (Werke u. Tage Hes. 136) Βουκάτιον, κακά τ’ ἤματα zu schreiben, also die böotische Namensform einzuführen, an die Plutarch in dem Schol. z. d. St. erinnerte.
Theogonie
Theogonie. Dies Gedicht, das nicht bloß einen Sang von der Entstehung der Götterwelt, sondern auch die älteste uns bekannte griechische Schöpfungsgeschichte darstellt, enthält in der überlieferten Fassung 1022 Verse. Schon frühe ist sicherlich wie die Heldensage so auch die Göttersage zum Gegenstand poetischer Darstellung geworden. Proben solcher Dichtungen in jüngerer Bearbeitung bieten die Homerischen Hymnen. Aber es gab auch viel altertümlichere. Weisen doch einzelne Stellen in den Homerischen Epen auf die Existenz solcher Schilderungen hin, wie z. Β. von der Fesselung des Zeus durch Poseidon und Pallas (nach Zenodot Phoibos Apollon) II. Ι 400. Nicht minder geht auf alte symbolische Göttersage die Erzählung in Od. XII 128 von den Rindern und den Schafen des Helios [1188] (350 Tage und Nächte des Mondjahrs). Analog den dem Homerischen Heldenepos zweifellos vorausliegenden kleineren Epyllien dürfen wir mit Fug annehmen, daß in anderen auch einzelne Göttermythen behandelt wurden; als dann ein mächtiges Werk erstand, das die Entwicklung der gesamten Götterwelt zum Gegenstande hatte, sind sie bald verschollen. Unter sorgfältiger Benützung des Vorrates alter Volksüberlieferungen und auch verifizierter Tradition hat H. seine grandiose und doch so schlichte Dichtung geschaffen, nach seiner eigenen Spekulation und Auffassung. Verkehrt wäre es, darin etwa eine codifizierte Dogmatik des hellenischen Volkes zu sehen; ebensowenig ist es eine Art offizieller Ausgabe priesterlicher Lehren, wie man auch behauptet hat: vielmehr schildert[WS 1] der Verfasser, wie er selbst sich die Traditionen der Vorfahren betreffs des Werdeprozesses des Kosmos und des Wirkens überirdischer Mächte zurechtlegte. Allgemach aber wurde das Ansehen seines Werkes immer größer, und so gewann es eine Art kanonischer Bedeutung in kosmogonischen und theogonischen Fragen. Daneben gab es natürlich auch abweichende Anschauungen, die in der Schaffung anderer jüngerer Theogonien ihren Ausdruck fanden; vgl. Schoemann De poesi theogonica Graecorum (1849), Opusc. II 1. Diels Fragm. d. Vorsokr. 112 469–498. O. Gruppe D. griech. Culte u. Myth. I 567ff.
Wir besitzen das Werk nicht mehr in der aus der Hand des Dichters hervorgegangenen Fassung, verschiedene Momente weisen auf Veränderungen hin, die es frühzeitig erfahren hat.
Es hebt an mit einer umfangreichen Einleitung v. 1–115, die aber nicht etwa ein einheitliches Ganze darstellt, sondern eine Kombination von Hymnen zum Preise der helikonischen und der olympischen Musen. Hier sind offenkundig verschiedene Prooimien zusammengeflossen, die nicht von demselben Verfasser herrühren. Man hat sie aber als altes Gut alle zu erhalten gesucht. Trotz eingehender und scharfsinniger Untersuchungen – vgl. namentlich Deiters De Hes. Theog. prooemio, Bonn 1863. Ellger De prooem. Theog. Hesiod. I, Berlin 1871 und ‚Die Zusätze zu dem Prooemium der Hesiod. Theogonie‘, Berlin 1883, wozu Rzach Jahresber. f. Altert. XXXVIII 1 und Peppmüller Phil. Anzeig. 1884, 503ff., ferner Puntoni Sulla compos. del proemio della Teog. Esiod.; Riv. di filol. XX 369ff. Peppmüller Hesiodos 10ff. – ist es nicht gelungen, die hier auftauchenden schwierigen Fragen zu völlig befriedigender Lösung zu bringen und das Verhältnis der einzelnen Bestandteile einwandfrei zu bestimmen. Von besonderem Interesse ist die Vision und Dichterweihe H.s v. 22ff. Daß dies Stück vom Verfasser der Theogonie herrühre, ist nicht ausgemacht, obgleich es von verschiedenen Seiten lebhaft behauptet ward. Daß der Dichter Ἑλικῶνος ὑπὸ ζαθέοιο von den Μοῦσαι mit dem Epitheton Ὀλυμπιάδες die Gabe des Gesangs erhält, während sie als Ἑλικωνιάδες (v. 1) hier verehrt wurden, soll nicht in Anschlag gebracht werden; wohl aber ist von großer Bedeutung in dieser Frage der Umstand, daß in scharfem Gegensatze zu dieser höchst persönlichen Vorstellung in dem [1189] eigentlichen Gedichte keine Spur eines Hervor-tretens der Individualität des Verfassers wahrzunehmen ist (von der konventionellen Ansprache der Musen am Eingange der Heroogonie v. 963ff. abgesehen). Darin liegt Absicht. Während in den Erga alles auf die Persönlichkeit des Dichters zugespitzt ist, wollte er in diesen Offenbarungen der höchsten Dinge, um sie als etwas durchaus Glaubhaftes hinzustellen, auf alles Subjektive verzichten. Mit Bestimmtheit beginnt er: ῆτοι μὲν πρώτιστα Χάος γένετο. Diese Sicherheit der Aussage erschien einem frühen (bereits ‚Epimenides‘ bildet den v. 26 nach, frg. 1 D.) Bewunderer des Dichters wie eine göttliche Eingebung, und so hat er in jenen Worten eine Verherrlichung H.s beabsichtigt, indem er ihn durch die Weihe der Musen gewissermaßen als göttlichen Propheten legitimiert, dessen Mund untrügliche Wahrheit über den Werdeprozeß des Weltalls künde. Daher läßt er die Musen sagen v. 27f. ἴδμεν ψεύδεα πολλὰ λέγειν ἐτύμοισιν ὁμοῖα, ἴδμεν δ’, εὖτ’ ἐθέλωμεν, ἀληθέα γηρύσασθαι. Im Gegensatz zu mancher erdichteten epischen Erzählung ist das, was hier verkündet werden soll, lautere Wahrheit. Wenn man in Erg. 658f. einen Hinweis auf unsere Stelle sah, durch welchen sie als von H. selbst verfaßt sich ergebe, so ist zu erwidern, daß Erg. 654–662 offenkundig jüngeren Ursprungs ist und schon von Plutarch athetiert wurde.
Nach den Musenhymnen der Einleitung, deren man zwei und drei (Mertens Hesiod. Studien, Diedenhofen 1885, gar fünf!) konstatieren wollte, setzt die eigentliche Dichtung mit v. 116 ein. In der Gesamtanlage ist deutlich ein bewußter Plan zu verfolgen; von den kosmischen Urwesen ausgehend, kündet der Dichter von drei Weltperioden, welche durch die drei Göttergenerationen des Uranos, Kronos und Zeus dargestellt sind. In der Schilderung dieser Entwicklung haben wir eine ehrwürdige Dichtung von hoher Altertümlichkeit vor uns, die nur gelegentlich, von kleinen greifbaren Interpolationen abgesehen, eine Erweiterung erfuhr, wie vielleicht durch den Katalog der Flüsse v. 337ff., wo Namen begegnen, die auf ausgedehntere geographische Kenntnisse deuten, wie Ardeskos, Phasis u. a., während anderseits merkwürdig genug der im Katalog erwähnte heimische Kephisos fehlt. Sonst verläuft das Gedicht im allgemeinen ohne besondere Störung bis v. 411ff. Hier begegnet man aber einer Partie, welche schon durch ihre breite Anlage und ihren wortreichen Stil von der einfachen Bedeweise ihrer Umgebung absticht, dem Hekatehymnos. Vielleicht bezogen sich, wie Βergk (Griech. Lit.-Gesch. I 983) vermutete, dereinst bloß zwei Verse (411 und 412) auf Hekate; später wurde ein ausgeführter Hymnos auf die Göttin, über deren Wesen Schoemann De Hecate Hesiod. (1851), Opusc. II 215ff. handelte, hier eingeschaltet; vgl. namentlich Gerhard Verh. Akad. Berl. 1851, 292. A. Meyer De comp. Theog. Hesiod., Berlin 1887, 28. Puntoni Sull’ inno ad Ecate nella Teog. Esiod., Riv. di Filol. XXT 201ff. O. Gruppe a. a. O. 595.
Die Begründung der Herrschaft des jüngsten Göttergeschlechtes wird naturgemäß als der Zeit des Dichters näher weit ausführlicher dargestellt [1190] als die früheren Götterdynastien. Hier nun erweckt besonderes Interesse die Promethie. Um den Menschen bei der Auseinandersetzung mit den Göttern in Mekone, mit denen sie früher zusammenwohnten, zu möglichst vielen Vorteilen zu verhelfen, betrügt der Titane den Zeus beim Opfer (eine Umformung älteren Opfergebrauchs sieht hier Ada Thomsen Nordisk Tidskrift for Filologi XV 105ff.). Zur Strafe wird den Menschen das Feuer entzogen, aber Prometheus stiehlt es den Göttern. Wiederum folgt die Strafe: Zeus läßt das Weib erschaffen, dessen Schönheit den Sterblichen zum Unheil gereichen soll: wie die Drohnen zehren die Frauen die Frucht der Arbeit der Männer auf. Prometheus aber verfällt schrecklicher Qual, die schon v. 521ff. erzählt ist. So einfach die Geschichte zu verlaufen scheint, so sind doch verschiedene Hemmungen und Unstimmigkeiten da. Besonders die Auseinandersetzung über die schlimmen Eigenschaften der Frauen (v. 590–612) ist auffallend ausführlich behandelt; den Abschnitt über die Ehe (v. 603–612) würde man eher in einem ethischen Gedichte, wie den Erga, erwarten. Dieser Umstand hat Lisco veranlaßt (a. a. O. 44 und 40) die ganze Partie in die Erga zu verweisen, indem er meint, daß in der Theogonie die Erwähnung der Strafe des Titanen verloren ging. Auch Puntoni (Sulla narrazione del mito di Prometeo nella Teog. Esiod., R. Accadem. delle Scienze di Torino Ser. II tom. XXXVIII 443) versuchte hier durch Annahme zweier Rezensionen zu helfen, da mit v. 570 die Erzählung eine Wendung nehme, die man nicht erwarte. Statt der Ahndung des Titanen wird die Bestrafung der Menschen berichtet. In einer älteren Rezension, die mit Prometheus’ Strafe schloß (538–549. 558–561. 613–616), seien, da die Erscheinung des Weibes eingeführt ward, die v. 550–552 und 562–612 eingeschoben worden; auch lasse sich vermuten, daß die erste Rezension in vierzeiligen, die zweite in fünfzeiligen Strophen angeordnet war. Ein Einschiebsel sei v. 535–537. Diese Schwierigkeiten sind vielleicht durch Benützung einer älteren Promethie veranlaßt worden.
Von größerer Wichtigkeit noch für die Frage der Komposition des Gedichts ist die Beurteilung der Titanomachie. Man erfährt zunächst nichts Näheres vom Kampfe mit den Titanen, sondern die Dichtung meldet, daß die Hekatoncheiren, die der Vater Uranos in Fesseln schlug, Γαίης φραδμοσύνῃσιν durch Zeus und die Olympier herbeigerufen werden, damit er mit ihrer Hilfe den Sieg gewinne. Nun erst heißt es v. 629ff. δηρὸν γὰρ μάρναντο … ἀντίον ἀλλήλοισι … Τιτῆνές τε θεοὶ καὶ ὅσοι Κρόνου ἐξεγένοντο und 636 συνεχέως ἐμάχοντο δέκα πλείους ἐνιαυτούς. Nun wäre es geradezu ein Fehler der poetischen Komposition, wenn etwa der ganze zehnjährige Kampf geschildert würde, es entspricht vielmehr epischer Art, nur besonders Bedeutsames hervorzuheben: allein nach der vorliegenden Fassung der Erzählung wird man die Empfindung nicht los, daß der Anfang fehle, der auch das Motiv dieses Kampfes – den Besitz der Weltherrschaft – irgendwie andeuten mußte. Die Hekatoncheiren nun sind es, denen bei der Bekämpfung der Titanen die wichtigste Rolle zufällt, zu Beginn [1191] und am Schluß. Mächtig greift zwar Zeus ein mit Donner und Blitz, aber er führt, obzwar es v. 711 bereits heißt ἐκλίνθη δὲ μαχη, nicht die Entscheidung herbei. Vielmehr sind es die hundertarmigen Riesen, welche die Titanen endgültig bezwingen und sie in Bande schlagen. Jene Szene, wo Zeus erscheint, macht den Eindruck, daß sie die begonnene Schilderung des Kampfes mehr unterbreche als fortsetze. Es liegt auch in der Darstellung des Aufruhrs in der Natur in den beiden Stücken 678ff. und 693ff. ein gewisser Parallelismus vor. Dadurch wird es sehr wahrscheinlich, daß v. 687–712, die Aristie des Zeus, dem auch ein besonderer Anteil an dem Siege zugewendet werden sollte, nicht desselben Ursprungs sei, wie die Umgebung. Dies haben A. Meyer De compos. Theog. Hesiod. (s. u.) und Puntoni Sopra alcune interpolazioni nel teste della Titanom. Esiod., Studi ital. di fil. cl. III 35ff., übereinstimmend angenommen. Berücksichtigt man weiter den sehr auffälligen Stilunterschied der ganzen Titanomachie gegenüber der Darstellung in den vorausgehenden Partien, so wird man sich der Anschauung A. Meyers, daß dieser Abschnitt aus einem andern Gedichte stamme, im allgemeinen wohl anschließen können, wenn sich auch im einzelnen schwer bestimmen läßt, in welcher Art die Einlage erfolgte. Meyer hält dafür, es seien v. 644–686, dann 713–719 jenem ursprünglich selbständigen Gerichte entnommen, während er v. 617–643 dem Kompositor zuteilt und 687–712 aus anderer Quelle entlehnt wissen will. Daß die Diction im Titanenkampfe dem Inhalt entsprechend eine schwungvolle ist und von der ruhigen Art der vorausgehenden Abschnitte abweicht, scheint auch von den Alten bemerkt worden sein. Wohl richtig hat hierauf Welcher Die Hesiod. Theog. 23 die Beobachtung des Quintilian X1 bezogen: raro assurgit Hesiodus.
Wenn nach der Besiegung der Titanen, die in den Tartaros gebannt werden, eine Schilderung dieses Ortes gegeben wird, die bis v. 735 reicht, so ist dies ganz in der Ordnung. Hier könnten ganz wohl die v. 881–886 sich anschließen, die auf den endgültigen Sieg der olympischen Götter und die Herrschaft des Zeus hinweisen. Aber es folgen noch andere Partien. Zunächst eine zweite Schilderung des Tartaros (v. 736–741), die an sich unklar und dunkel, noch eine Erweiterung bis v. 745 erfuhr. Später, v. 807–819, wird sogar eine dritte eingeführt, mit starken Anlehnungen an die zweite; die v. 807–810 sind mit 736–739 ganz identisch, andere, wie 729f. und 734f., zum Teil benützt in v. 813f. und 815f. Daß hier Variationen vorliegen, die man nicht preisgeben wollte, darf man als sicher annehmen.
Aber noch andere Erweiterungen scheint das Gedicht hier erfahren zu haben. Dahin gehört die Erzählung von der Styx als Hüterin des Styxwassers, bei dem die Götter schwören. Schon früher, v. 383ff., hat die Theogonie von dieser Tochter des Okeanos ausführlicher berichtet; es erscheint demgemäß nicht unmöglich, hier eine an sich höchst interessante Einlage zu sehen (vgl. Peppmüller Hesiodos 77). Bezüglich der Quelle wies Dümmler (Delphika, Basel 1894, 11) auf delphische Tempeltradition hin.
[1192] Nach der vorliegenden Passung der Theogonie hatte Zeus noch einem Angriffe gegen seine Herrschaft zu begegnen im Kampfe gegen Typhoeus, einem Ungeheuer, das als Sproß der Gaia und des Tartaros bezeichnet wird, v. 820ff. Man hat in ihm die Personifikation von Erdreyolutionen und feuerspeienden Bergen zu sehen. Indes kann diese Episode nicht als ein ursprünglicher Teil des Hesiodischen Gedichts gelten, da schon vorher von dem identischen Typhaon in anderer Weise die Rede ist: dieser zeugt mit der Echidna, welche εἰν Ἀρίμοισιν in einer Höhle wohnt, Ungeheuer (v. 306ff.), wogegen von Typhoeus nach v. 869ff. die Glutwinde entstammen. Wir haben es hier mit einem Gedichte zu tun, dessen Verfasser sich an der Titanomachie ein Muster nahm und auch den Typhoeus als Gegner der Herrschaft des Zeus auftreten ließ (vgl. u. die Auffassung von Usener). Er arbeitet mit starken Mitteln, aber nicht ohne Schwung, bei Benützung zahlreicher Homerischer Wendungen. Allem Anschein nach sind in den Detailschilderungen bereits Erfahrungen bei Ausbrüchen des Ätna verwertet (vgl. v. 860, wo wohl Ἀίτνης zu schreiben, obgleich die Hesiodhss. ἀιδνῇς bieten). Man hat deshalb den Abschnitt in die Zeit nach der Gründung von Kolonien in der Nähe des Feuerberges (Katane) setzen wollen. Vgl. Partsch Philol. Abh. für Hertz 105ff. Christ Der Ätna in der griech. Poesie, S.-Ber. Akad. München, phil.-hist. Kl. 1888, 350ff.
Mit v. 881ff., die, wie erwähnt, ohne Anstoß schon nach 735 stehen könnten, wird an den Sturz der Titanen wieder angeknüpft; von Typhoeus ist nicht die Rede, woraus gleichfalls auf die Ursprünglichkeit dieser Partie sich schließen läßt. Nach der Befestigung von Zeus’ Herrschaft meldet der Dichter zunächst von dessen Verbindungen mit Göttinnen. Seine erste Gattin ist Metis, die er verschlingt, als sie die Athene gebären sollte, sie listig betörend, um zu verhindern, daß sie ihm einen weiteren Sprossen schenke, der Herrscher der Götter und Menschen geworden wäre. Und so entsprang denn Athene seinem Haupte (v. 924). Eine zweite Fassung dieser Erzählung steht bei Chrysippos Stoic. frg. 256A. (= Galen. de plac. Hippocr. et Plat. III 8), bei Ezach ed. maior 109ff.; vgl. Schoemann Opusc. II 417ff. Bergk Kl. phil. Schr. II 645ff. Peppmüller Hesiodos 82ff. Diese wollte Usener (Rh. Mus. LVI 174ff.) einer älteren Gestalt der Theogonie zuteilen, Sie scheint indes einem besonderen Gedichte anzugehören, da in der Situation sich gewisse Abweichungen zeigen. In dieser Version wird von dem Streit zwischen Zeus und Hera ausgegangen, infolge dessen sie den Hephaistos allein gebiert, was in der Theogonie erst später (927) erwähnt wird. Auch packt Zeus hier die Metis mit Gewalt (v. 7 συμμάρψας δ’ ὅγε χερσίν). Der Zusammenhang der Geburt der Athene aus dem Haupte des Zeus und ihrer Empfängnis durch Metis ist in dem Bruchstück viel deutlicher als in der Darstellung der Theogonie. Eine Hesiodische Dichtung will deshalb Usener auch in einem Stück des Homerischen Hymnos auf Apollon Pythios erkennen (v. 127–176), wo Hera, empört darüber, daß Zeus allein die Athene, sie selbst aber nur den mißgestalteten [1193] Hephaistos erzeugt, Gaia um Beistand anruft. Schwanger geworden gebiert sie Typhaon, der, von der δράκαινα am Parnassos gepflegt, erstarkt und, wie Usener meint, im weiteren Fortgange des Gedichtes den Kampf mit Zeus wagte. Diese Einlage wäre also nach Usener ein Sondergedicht aus der Göttersage, ein Analogon der Titanomachie. Vgl. auch Crusius Philol. LIV 718 und schon Βergk Gr. Lit.-Gesch. I 760, 47.
In der Schilderung der Deszendenz der Götter, die weiter folgt, erscheint es zunächst auffällig, daß auch sterbliche Frauen hier genannt werden, wie Semele und Alkmene (v. 940 und 943), ferner Ariadne (v. 947), und andererseits auch Herakles, ursprünglich kein Gott (v. 951), als Gatte der Hebe erscheint. Offenbar nahm man aber im Altertum hieran Anstoß, denn wir erfahren jetzt aus zwei neuen Scholien des Cod. Mutin. α Τ 9, 14 bei Schultz Die hsl. Überlief. d. Hesiodschol. 94, daß sowohl die V. 940–944, wie auch 947–955 der Athetese verfielen, wodurch man jene Schwierigkeit beseitigen wollte.
Als Abschluß der Theogonie und wohl auch des ursprünglichen Gedichts dürfen wir den v. 962 ansehen. Denn nun beginnt nach einem Gruß an die olympischen Götter und an Land und Meer mit den Worten v. 965f. die Schilderung der Verbindung göttlicher Frauen mit sterblichen Männern: das ist bereits genealogische Heldensage, ganz in der Art der Katalogpoesie. Tatsächlich leiten auch die vorliegenden Schlußverse des Gedichts 1021 f. νῦν δὲ γυναικῶν φῦλον ἀείσατε, ἡδυέπειαι Μοῦσαι Ὀλυπιάδες, κοῦραι Διὸς αἰγιόχοιο zum Κατάλογος γυναικῶν hinüber (vgl. u.). Über die letzten Abschnitte der Theogonie vgl. Schoemann De appendice, Theog. Hesiod. (1851), Opusc. II 375ff. Puntoni Sulla seconda parte del Catalogo degli Olimpii nella Teogonia Esiod., Studi[WS 2] ital. di fil. class. III 193ff.
Als Urbestand der Theogonie wird man somit ansehen dürfen zunächst ein Prooimion, dessen Umfang und genauere Fassung sich nicht mehr mit Sicherheit bestimmen läßt; hieran schloß sich die Kosmogonie v. 116–410, worin vielleicht der Katalog der Flüsse etwas jüngeren Datums ist (337ff.); dann die Theogonie im engeren Sinne (453–745 und 881–885), mit welcher ein ursprünglich für sich bestehendes Gedicht, die Titanomachie, wohl vom Dichter selbst verknüpft war; hieran schlossen sich Erweiterungen von v. 745–820, die zum Teil jüngeres Gut umfassen. Mit v. 886–962 wurden dann vom Dichter selbst die ehelichen Verbindungen und die Deszendenz des Zeus und der anderen Götter angeschlossen. Desgleichen fügte der Dichter den besonderen Abschnitt der Heroogonie hinzu, in der Absicht, das genealogische Epos Κατάλογος γυναικῶν, auf welches die Schlußverse direkt hinweisen, anzuknüpfen. Von größeren Stücken sind nachmals eingefügt worden der Hekatehymnos und der Kampf mit Typhoeus. Außerdem gibt es aber noch kleinere Einlagen, welche durch Doppelversionen bei rhapsodischen Vorträgen veranlaßt wurden: so v. 576f. ἀμφὶ δέ οἱ στεφάνους, νεοθηλέος ἄνθεα ποίης κτλ. und 578f. ἀμφὶ δέ οἱ στεφάνην χρυσέην κεφαλῆφιν [1194] ἔθηκε κτλ. oder 590 ἐκ τῆς γὰρ γένος ἐστὶ γυναικῶν θηλυτεράων und 591 τῆς γὰρ ὀλώιόν ἐστι γένος καὶ φῦλα γυναικῶν. Andere Einschiebsel sind sofort als solche zu erkennen, wie v. 323f., die aus Hom. Il. VI 181f. einfach herübergenommen wurden, obgleich der Dichter selbst schon von der Chimaira alles Notwendige gesagt hat 321f. Den v. 774 kennt die gute Überlieferung überhaupt nicht, er ist bloße Wiederholung (und zwar nur in der einzigen Hs. Η von zweiter Hand) von 768 ἰφθίμου Ἀίδεω καὶ ἐπαινῆς Περσεφονείης, der nach 767 ἔνθα θεοῦ χθονίου πρόσθεν δόμοι ἠχήεντες selbst eine auf Hom. Od. X 534 ἰφθίμῳ τ’ Ἀίδῃ καὶ ἐπαινῇ Περσεφονείῃ beruhende Interpolation darstellt.
Da die Gestaltung der Theogonie, so wie sie uns heute vorliegt, mancherlei Probleme aufgibt, hat sich die moderne Forschung diesen mit Eifer zugewendet; auf die Ergebnisse wurde zum Teil schon hingewiesen. Anderer Arbeiten, auf die einzugehen sich keine Gelegenheit bot, möge hier kurz noch Erwähnung geschehen. Daß Interpolationen in der Dichtung vorhanden sind, erkannte schon Guyet Notae in Theog., in Graevius Ausg. II 172ff., dann Ruhnken, Heyne und Wolf. Mit einer besondern Untersuchung trat Thiersch auf den Plan ‚Über die Gedichte des H. usw.‘, Akad. München 1813, der in dein Gedichte eine Sammlung und Vereinigung von Besten theogonischer Dichtungen erkannte, woraus er dessen Anlage zu erklären suchte. Die ursprüngliche Gestalt meinte Soetbeer festzustellen (‚Versuch, die Urform der Hes. Theogonie nachzuweisen‘, Berlin 1837). Er nahm einen Gedanken von O. F. Gruppe auf, indem er meinte, es ließe sich der Urbestand des Gedichts in Strophen von fünf Zeilen wieder gewinnen. Im ganzen wollte er 72 solcher Strophen (= 360 Verse) restituieren, wovon zwei Pentaden auf das Prooimion entfielen. Natürlich mußte eine große Menge der überlieferten Verse gestrichen werden. Der eigentliche Urheber des Gedankens, Gruppe, stellte seinerseits in seinem Buche ‚Über die Theogonie des Η., ihre Verderbnis und die ursprüngliche Gestalt‘, Berlin 1841, eine triadische Kompositionsweise auf: er hatte richtig beobachtet, daß in den letzten Abschnitten des Gedichts bei der Schilderung der Vermählungen des Zeus tatsächlich Gruppen von je drei Versen vorliegen, so daß an einem beabsichtigten Parallelismus hier nicht zu zweifeln ist: v. 901–903 in engem Zusammenhang mit 904–906, 907—909 (denn 910. 911 sind erst nachträglich beigefügt worden), 912–914, 915–917, 918–920, 921–923 und die Doppeltriade 924–926 und 927–929[RE 1]. Von dieser Tatsache ausgehend beging aber Gruppe den Fehlgriff, dies Prinzip als ein für die ganze Theogonie maßgebendes anzusehen. Nach ihm hätte sie von v. 116 ab ursprünglich 37 Strophen umfaßt, die sich wesentlich als dürre Aufzählung von Namen darstellen. Dereinst habe es 50 solcher Urtriaden gegeben, [1195] von denen ein Teil unterging, wornach das Urgedicht auf 150 Verse beschränkt gewesen wäre. Nachmals seien mythologische Partien angeschlossen worden, z. Β. die Nachkommenschaft der Nyx, des Pontos u. a., wiederum in Strophen, diesmal pentadischer Art. Endlich seien noch dekadische Gruppen von Versen hinzugekommen (Titanomachie) und anderes, wobei auf die Zahlentektonik keine Rücksicht mehr genommen wurde.
Die Strophentheorie beherrschte dann eine Zeitlang die Theogonieforschung. So führte G. Hermann in seiner Studie De Hesiodi Theog. forma antiquissima, Leipzig 1844 (Opusc. VIII) das Urgedicht auf 151 Pentaden zurück, in denen alle wesentlichen Teile Vertretung fanden, wohei freilich wieder zahlreiche Streichungen notwendig waren. Nachdem dann auch Koechly in einem Züricher Programm von 1860 De divers. Hesiod. Theog. partibus dissert. (Opusc. phil. I 244), von der Zahlentektonik ausgehend eine doppelte Rezension der Theogonie, eine ältere und kürzere in Triaden und eine jüngere erweiterte in Pentaden angenommen hatte, die beide verschmolzen und durch Zusätze vermehrt worden wären, lebte diese Theorie in neuerer Zeit wiederum auf. So hat Fick a. a. O. nach Ausschaltung aller nach seiner Meinung sprachlich als jünger sich erweisenden Partien drei Gesänge rekonstruiert, von denen jeder 144 Verse umfaßt hätte: I. Chaos, Pontos, Uranos, II. Kronos und seine Geschwister, III. Zeus. Innerhalb der einzelnen Abschnitte werden dann wieder (nach dem Muster der Vorgänger) gewisse Gruppen von Versen unterschieden, so z. B. in Theog. 116ff. sechs Hexaden, hierauf bis V. 206 wieder vier Enneaden und dann abermals Hexaden. Auch Puntoni hat in mehreren Abhandlungen dies Prinzip angewendet. Die eine betrifft den Prometheusmythos (s. o.), wo der Verfasser Reste zweier Rezensionen teils in vierzeiligen, teils in fünfzeiligen Strophen annimmt (vgl. Rzach Jahresher, f. Altert. Bd. C p. 125). In einer anderen Studie, ‚La nascita di Zeus‘, Studi ital. di fil. cl. I 41ff., erkennt er ebenfalls zwei Parallelversionen in vier- und fünfzeiligen Strophen, während er in den früher erwähnten Erörterungen über den Hekatehymnos (Riv. di Filol. XXI 201ff.) Tetraden konstruiert. Angesichts dieser weitgehenden Annahmen kann nun zwar zugegeben werden, daß durch die Strophentheoretiker trotz der geübten Willkür Verschiedenes zur Erkenntnis von Interpolationen oder sonstigen Verderbnissen beigesteuert und manche gute Observation gemacht wurde, anderseits ging man aber zweifellos übers Maß hinaus, indem man das Prinzip wahllos zur Geltung zu bringen suchte. Wäre diese Zahlentektonik bei der Schaffung des Urgedichts wirklich eingehalten worden, so hätte gerade sie sicherlich dazu gedient, den ursprünglichen Bestand dem Hörer oder Leser leicht bemerkbar zu machen und hiedurch zu seiner Erhaltung beizutragen. Wie zerrüttet müßte das Gedicht sein, wenn, von einzelnen Stellen abgesehen, von der ursprünglichen Form eigentlich nichts mehr da wäre!
Auch die sonstigen kritischen Arbeiten haben mancherlei Bedenken gegen die Ursprünglichkeit verschiedener Teile der Theogonie zutage gefördert, [1196] die zu Urteilen über die Komposition des Gedichts Anlaß gaben. So erklärte Wolf in seiner Spezialansgabe der Theog. Hesiodea, Halle 1783 p. 57 vix ullum, qui semel tantum nostrum carmen perlegerit .... diutius perstare posse arbitror in ea sententia, ut carmen nos teneamus tale, quale tum fuerit, cum ex ore vatis primum exceptum esset. Nach Petersen Ursprung und Alter der Hes. Theogonie, Hamburg 1862, welcher in den Mythen ältere und jüngere unterscheidet, wäre die erste Sammlung durch H. um 900 erfolgt, dessen Werk durch Interpolationen und Veränderungen seitens der Rhapsoden umgestaltet und schließlich für Peisistratos redigiert worden sei. Gerhard (Über die Hes. Theog., S.-Ber. Akad. Berl, 1856) meinte,, das vorliegende Werk enthalte einen alten Hesiodischen Kern, der jedoch von Onomakritos, auf den die Komposition zurückgehe, durch eigene Zutaten erweitert wurde. Auch Schoemann hielt auf Grund seiner Spezialuntersuchungen De Interpol. Theog. I (1848), Opusc. II 425. II (1849), Opusc. II 441; De compos. Theog. (1854), Opusc. II 475 dafür, daß die uns überlieferte Theogonie ‚nicht von H. herrühre‘, sondern erst eine Zusammenstellung aus peisistratischer Epoche sei und zwar zu dem Zwecke ‚einer Heroogonie vorangestellt zu werden und als eine Art von Vorbereitung für sie zu dienen‘, vgl. Die Hesiod. Theog., Berlin 1868, 20, 16, 29. Es sei kein ‚einheitliches Epos‘, sondern eine Komposition, aus verschiedenen Stücken zusammengestellt nach einem verständigen Plan und zwar von einem Manne, der diesen ‚mit dichterischem und künstlerischem Vermögen‘ selbständig durchzuführen nicht befähigt war und deswegen von verschiedenen Seiten herborgte, … ‚statt aus ganzem Holze zu schnitzen‘. Daher zeige dae Werk ein so ungleichartiges Gepräge. Eine sehr sorgfältige Zergliederung erfuhr die Theogonie in neuerer Zeit durch A. Meyer De compos. Theog. Hesiod., Berlin 1887. Ein Urgedicht des askräischen Sängers liegt zu Grunde: dies erfuhr eine Überarbeitung, durch welche rund 400 Verse hinzukamen und zwar durch einen Interpolator, der unter Beobachtung der Art H.s und unter Benützung Hesiodischer Wendungen sich selbst poetisch versuchte. Nebst kleineren Stücken wie v. 139–154, 492–506, 880–885, eventuell auch 295–336 und 410–452 habe er namentlich die Titanomachie 616–735 hinzugefügt, die er selbst verfaßt hätte. Einer späteren Zeit gehören nach Meyers Meinung dann die Tartarosschilderungen und die Typhoeusepisode an. Diesen Anschauungen gegenüber betont Robert Zu Hesiods Theogonie, Mélanges Nicole, Genf 1905 461ff. energisch die Einheit des Gedichts, das ihm als ein großes Prooimion, ein mächtiger Hymnos aus der Göttersage gilt, zunächst finden helikonischen Musenkult bestimmt, eine Darstellung der Göttergenerationen bis auf H.s Zeit, in der er seiner Weltanschauung Ausdruck gibt. Robert erkennt vier Epochen in der Entwicklung der Götterwelt, die durch Uranos, Kronos, den Titanenkampf und die Bändigung des Typhoeus markiert seien. Dazwischen seien genealogische Darlegungen verflochten. Demgemäß sei weder die Titanenschlacht noch der Kampf [1197] mit Typhoeus als besondere Gedichte und Einschaltungen aufzufassen: im Gegenteil, die Bezwingung des Unholds erscheine für die Abrundung des Gedichts notwendig, da erst hiedurch der Zweifel, ob nicht der Kroniden Herrschaft bei weiteren Geburten Gaias in Frage komme, beseitigt werde und ihre Macht als festbegründet erscheine. Betreffs des Schlusses meint Robert, es sei möglich, daß die Übergangsverse zu den Ehoien 1021 und 1022 sich an v. 963f. anschlössen. Es wäre dann der echte Schluß des Gedichts verloren, oder es sei nach 964 ein Vers nach Analogie der in den Homerischen Hymnen geläufigen αὐτὰρ ἐγὼν ὑμέων τε καὶ ἄλλης μνήσομ’ ἀοιδῆς gefolgt, so daß die Form eines Kulthynmos, wie im Eingange Μουσάων Ἑλικωνιάδων ἀρχώμεθ’ ἀείδειν auch am Ende gewahrt wäre.
Fragen wir nach dem Verfasser der Theogonie, so galt dem höheren Altertume als dieser allgemein H. Wenn der Dichterphilosoph Xenophanes in seinen Sillen frg. 11 D. sagt: πάντα θεοῖς ἀνέθηκαν Ὅμηρος θ’ Ἡσίοδός τε, Ὅσσα παρ’ ἀνθρώποισιν ὀνείδεα καὶ ψόγος ἐστίν, κλέπτειν μοιχεύειν τε καὶ ἀλλήλους ἀπατεύειν, so geht sein Tadel auf diese Dichtung. Der Logograph Akusilaos, der nach Clemens Strom. VI 2, 7 τὰ Ἡσίοδου in Prosa auflöste, hat wiederholt auf die Theogonie Bezug genommen, indem er sich nach frg. 2D. der Hesiodischen Anschauung über die Urwesen (Theog. 116ff.) anschloß, ebenso nach frg. 6 hinsichtlich der Abstammung des Kerberos (Theog. 806ff.) und betreffs der Dreizahl der Winde sich auf Theog. 379 berief (frg. 30 D.). Bedeutsam ist das Zeugnis des Herodot II 53 über Homer und H.: οὗτοι δέ εἰσι οἱ ποιήσαντες θεογονίην Ἕλλησι καὶ τοῖσι θεοῖσι τὰς ἐπωνυμίας δόντες καὶ τιμάς τε καὶ τέχνας διελόντες καὶ εἴδεα αὐτῶν σημήναντες. Für die griechischen Philosophen bildete dies Gedicht bei ihren Forschungen nach dem Wesen der Dinge und Götter eine wichtige Quelle, stets galt ihnen H. als sein Verfasser, wenigstens wird nichts vom Gegenteil berichtet. Von den Alexandrinern und Pergamenern (Krates), zu deren Arbeitsfeld die Theogonie gehörte, vernehmen wir nicht, daß sie je die Autorschaft H.s bezweifelt hätten. Erst der Perieget Pausanias läßt im 2. Jhdt. n. Chr. durchblicken, daß er die Theogonie nicht als Werk des Verfassers der Erga, H.s, ansehe, so IX 35, 5 Ἡσίοδος δὲ ἐν Θεογονίᾳ, προσιέσθω δὲ ὅτῳ φίλον τὴν Θεογονίαν … oder IX 27, 2 Ἡσίοδον δὲ ἢ τὸν Ἡσιόδῳ Θεογονίαν ἐσποιήσαντα; an einer andern Stelle (VIII 18, 1) spricht er so, daß man glauben könnte, es hätten nicht allzuviele das Werk für ein Hesiodisches gehalten: Ἡσιόδου γὰρ δὴ ἔπη τὴν Θεογονίαν εἰσίν, οἳ νομίζοισιν. Eine Begründung für seine Ansicht teilt Pausanias nicht mit. Immerhin mag er außer durch die Meinung der Periegeten am Helikon, es seien einzig die Erga echt, durch gewisse Erwägungen sich haben bestimmen lassen.
Hält man diesen die Theogonie gegenüber, so ist nicht zu leugnen, daß jedes der beiden Gedichte seine besonders ausgeprägte Eigenart besitzt. Die Theogonie ist ein mythologisch-episches Werk, während die Erga, abgesehen von den beiden Abschnitten von Prometheus – Pandora [1198] und den Weltaltern, die vielleicht erst nachträglich vom Verfasser eingefügt wurden, einen wesentlich ethisch-didaktischen Inhalt haben. In der Theogonie ziehen kosmische Vorgänge, grandiose Kämpfe mächtiger Naturgewalten an uns vorüber: in eine ganz andere Sphäre versetzt uns der Dichter der Erga, indem er uns die einfachen Lebensverhältnisse des Bürgers und Bauern vor Augen führt, gewiß zwei Gebiete, die weit voneinander abliegen. Dies letztere Werk ist erfüllt von der Individualität seines Verfassers, während in der eigentlichen Theogonie die Persönlichkeit des Dichters fast verschwindet. Denn die Identität ihres Urhebers mit dem Verfasser der Stelle des Prooimions V. 22ff. ist bestritten und die hierauf zurückgreifenden Verse Erg. 658ff. gehören einer nicht ursprünglichen Partie an. Auf den Umstand, daß in der Theogonie von einer Ἔρις στυγερή (226) die Rede ist, wogegen gleich im Eingange der Erga (v. 11 f.) die gute und böse Eris einander gegenübergestellt werfen, ist kein Gewicht zu legen: denn hier ist von ethischen Prinzipien, dort von einer Gestalt des Mythos die Rede. Auch die Differenzen im Pandoramythos braucht man angesichts der vorwaltenden kritischen Schwierigkeiten nicht zu betonen.
Die oben erwähnten Umstände scheinen nun für den ersten Augenblick dafür zu sprechen, daß die beiden Gedichte Erzeugnisse verschiedener Verfasser seien. Das ist denn auch wirklich von einem so namhaften Gelehrten wie Welcker Die Hesiod. Theogonie, Elberfeld 1865, 16, behauptet worden. Doch wird der Umstand, daß fast das ganze Altertum das Werk dem H., also dem Dichter der Erga zuteilte, zur Vorsicht gemahnen. Es ist wahrscheinlich, daß die erste Schöpfung H.s die Erga waren, da offenbar der Streit mit Perses in die jüngeren Mannesjahre des Dichters fiel und seine Persönlichkeit sich hier in kräftiger, diesem Alter entsprechender Weise geltend macht. Auch die losere Form des Gedichts spricht dafür, daß wir es mit dem ersten Werke H.s zu tun haben. Hingegen kann die Theogonie kaum die Dichtung eines jüngeren Mannes sein (vgl. Bergk Literaturg. I 972): der Stoff der in philosophischer und theologischer Spekulation zu verarbeiten war, ist ein sehr umfassender, es muß lange Beschäftigung mit dem überlieferten reichen Mythenbestand, ein intensives Studium der vielen Göttergeschichten vorausgegangen sein, bevor eine solche Leistung möglich war. Man wird sie daher wohl einem Manne in gereiftem Alter zuschreiben dürfen. Dieser war H.: hatte er in seinen Erga vortreffliche Proben praktischer Unterweisungen und ethischer Lehren für das Volk geboten, so war er gewiß ebenso berufen, diesem alles das vorzutragen, was er nach langem Sinnen über Welt und Götter in Erfahrung gebracht, Dies geschah, als er schon in vorgerückterem Alter stand. Mit dieser Annahme stimmt gut, was uns die Alten über H.s Aufenthalt bei den Lokrern berichten, wo er auch seinen Tod gefunden habe. Vielleicht hat er hier seine zweite bedeutsame Dichtung geschaffen. Dafür würde auch die sprachliche Färbung der Theogonie sprechen: denn nicht mehr jene spezifischen Äolismen, die sich in den Erga nachweisen lassen, liegen hier vor, sondern Eigentümlichkeiten, die auf die sog. [1199] nordwestgriechischen Dialekte, wie den von Lokris, weisen, welche ja auch gewisse dorische Elemente enthalten; vgl. Thumb Handb. der griech. Dial. 180. Und so finden wir z. B. zweimal Apokope der Präposition (vor einstigem Digammaanlaut) in περίαχε Theog. 678 und περοίχεται Theog. 733, wie sie sowohl in den nordwestgriechischen wie in dorischen Mundarten vorkommt, s. Thumb a. a. O. 197 und 153. An verschiedenen Stellen des Gedichts verstreut lesen wir die dorisierenden Akkusative auf ᾰς von ᾱ-Stämmen, wie Theog. 267 Ἁρπυίας Ἀελλώ, 534 βουλὰς ὑπερμενέι Κρονίωνι, 653 ἡμετέρας διὰ βουλάς ὑπὸ ζόφου ἠερόεντος, 184 πάσας ἐδέξατο Γαῖα, 401 μεταναιέτας εἶναι, im Prooimion 60 κούρας ὁμόφρονας; ein Gebrauch, der bei dorischen Dichtern wie Alkman, Tyrtaios, Stesichoros, Bpicharmos, Theokritos wiederkehrt. In diese Kategorie wird man auch den Genetiv Plural θεᾶν 41 zu zählen haben. Charakteristisch ist dorisches pluralisches ἦν in Theog. 321 τῆς δ’ ἦν τρεῖς κεφαλαί und darnach in der Typhoeusepisode 825 ἐκ δὲ οἱ ὤμων | ἦν ἑκατὸν κεφαλαὶ ὄφιος. Ahrens dachte (Verh. der Gött. Philol.-Vers. 1852, 73ff.) an Beeinflussung durch Delphi und den delphischen Dialekt. Böotismen sind keine vorhanden, außer der epichorischen Bezeichnung der Sphinx als Φῖξ (Φῖκ’ ὀλοήν Theog. 326), womit der Name des Berges, wo das Ungetüm hauste, Φίκων ὄρος, in dem Ehoienfragmente Asp. 33 übereinstimmt.
Für Fick ist auch das ionisch-epische Gewand der Theogonie bloß äußerlich aufgetragen. Die vorhandenen dialektischen Eigentümlichkeiten sieht er als Reste der Mundart an, in welcher das Werk ursprünglich abgefaßt gewesen sei. Und dies wäre – offenbar nach dem Vorgange von Ahrens – nach seinen Ausführungen in der Abhandlung Die urspr. Sprachform und Fassung der hesiod. Theog., Bezzenbergers Beitr. XII lff. das delphische Idiom gewesen. Wie er dann näher in ‚Hesiods Gedichten‘ p. 12 darlegt, seien die ersten Partien von Hause aus in der Form dieses Dialekts abgefaßt gewesen, die er um 650 hatte, während die unechten, feste Ionismen ausweisenden Stücke erst nach erfolgter Ionisierung, nach 540, entstanden seien. Die Zahlentektonik spielt wie oben bemerkt, bei Fick eine große Rolle.
Der Dichter der Theogonie kam öfters in die Lage, eine größere Menge von mythologischen Namen aufzuzählen, was Quintil. X 1 besonders anmerkt: magnaque pars eius in nominibus est occupata. Obgleich es schwierig genug ist, solche Reihen zu verknüpfen, ohne den Eindruck des Ermüdenden zu machen, verstand es H. doch vortrefflich, diese Aufgabe zu lösen. Selbst eine Zahl von fünfzig Namen, wie im Nereidenkatalog, liest sich fließend und hinterläßt keinerlei unangenehmen Eindruck. Die vielen schönen Namen schmiegen sich, mit zutreffenden Beiwörtern ausgestattet, dem Rhythmus des Verses gefällig an, da sie mit einer besonderen Geschicklichkeit aneinander gereiht sind: so z. Β. erscheinen vier Namen in einem Verse mit doppelt gereimter Schlußsilbe (1 und 3, 2 und 4) Theog. 243 Πλωτω τ’ Εὐκράντη τε Σαώ τ Ἀμφιτρίτη τε oder mit Alliteration und Reim bei 3 und 4: 244 Εὐδώρη τε Θέτις τε Γαλήνη τε Γλαύκη τε; auch zu dreien [1200] mit Reim bei 1 und 2: 249 Νησαίη τε και Ἀκταίη και Πρωτομέδεια; oder es werden Namen nebeneinander verwendet, bei denen das eine Kompositionsglied gleichlautend ist, während das zweite reimt: 251 Ἱπποθόη τ’ ἐρόεσσα καὶ Ἱππονόη ῥοδόπηχυς; oder es reimen die identischen Schlußkomponenten 257 Ληαγόρη τε καὶ Εὐαγόρη καὶ Λαομέδεια, 258 Πουλυνόη τε καὶ Αὐτονόη καὶ Λυσιάνασσα; Gleichklang bei zwei aufeinander folgenden Namen begegnet 248 Δωτώ τε Πρωτώ τε, Reim am Schlusse der beiden Verskola 250 Δωρὶς καὶ Πανόπεια (so G. Hermann für Πανόπη) καὶ εὐειδὴς Γαλάτεια. Die alten Kritiker nennen diese besondere Stilform Ἡσιόδειος χαρακτήρ: nach Didymos zu Hom. Il. XVIII 39 wurde der Nereidenchor bei Hom, Il. XVIII 39–49 von Zenodot wie von Aristarch gestrichen ὡς Ἡσιόδειον ἔχων χαρακτῆρα, weil man diese Hesiodische Art hier erkannte. Eustathios spricht zu Hom. 1181, 22 von dem κατ’ ὄνομα χαρακτὴρ Ἡσιόδειος. Hievon ist unterschieden der von Didymos zu Hom. Od. XV 74 (χρὴ ξεῖνον παρεάντα φιλεῖν, ἐθέλοντα δὲ πέμπειν) erwähnte Ἡσιόδειος τῆς φράσεως χαρακτήρ: offenbar besteht dieser in der Ähnlichkeit des Ausdrucks in dergleichen Vorschriften, z. B. Erg. 353 τὸν φιλέοντα φιλεῖν καὶ τῷ προσιόντι προσεῖναι; vgl. auch Lehrs De Arist. stud. Hom.² 343.
Bei den vielen Namen, die in der Theogonie vorkommen, lag es nahe, auf ihre Bedeutung zu achten: und so sehen wir den Dichter bestrebt die mythischen Bezeichnungen etymologisch auszudeuten. (In älterer Dichtung vgl. Hom. hymn. Apoll. Pyth. 194f. Aphrod. 199f. XIX 47). Man liest z. Β. in zweifellos alten Partien 207ff.:
τοὺς δὲ πατὴρ Τιτῆνας ἐπίκλησιν καλέεσκε
παιδὰς νεικείων μέγας Οὐρανός, οὓς τέκεν αὐτός·
φάσκε δε τιταίνοντας ἀτασθαλίῃ μέγα ῥέξαι
ἔργον, τοῖο δ’ ἔπειτα τίσιν μετόπισθεν ἔσεσθαι.
Weiters bezüglich Pegasos und Chrysaor v. 281
ἔκθορε Χρυσάωρ τε μέγας καὶ Πήγασος ἵππος
τῷ μὲν ἐπώνυμον ἦεν, ὅτ’ Ὠκεανοῦ περὶ πηγὰς
γένθ’, ὃ δ’ ἄορ χρύσειον ἔχων μετὰ χερσὶ φίλῃσι.
Betreffs des Namens der Kyklopen heißt es in der alten Doppelversion (zu 143) in v. 144f.
Κύκλωπες δ’ ὄνομ’ ἦσαν ἐπώνυμον, οὕνεκ’ ἄρα σφέων
κυκλοτερὴς ὀφθαλμὸς ἕεις ἐνέκειτο μετώπῳ.
Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß man auch eingeschobenen Stellen – zumal neben oder zwischen echten Belegen dieser Art – gerade durch solches Etymologisieren Hesiodische Färbung zu geben suchte. Signifikant ist hiefür Th. 195ff.:
τὴν δ’ Ἀφροδίτην
[ἀφρογενέα τε θεὰν καὶ εὐστέφανον Κυθέρειαν]
κικλῄσκουσι θεοί τε καὶ ἀνέρες, οὕνεκ’ ἐν ἀφρῷ
θρέφθη· ἀτὰρ Κυθέρειαν, ὅτι προσέκυρσε Κυθήροις·
[Κυπρογενέα δ’, ὅτι γέντο πολυκλύστῳ ἐνὶ Κύπρῳ·
ἠδὲ φιλομμηδέα, ὅτι μηδέων ἐξεφαάνθη.]
In dem letztgenannten Verse wollte Muetzell (und Bergk) φιλομμειδέα und μειδέων (wie ein Schol. zu Hom. Il. III 424 und der Cod. Casanatensis 356 bieten) geschrieben wissen, was Bergk [1201] auf einen böotischen Interpolator bezog (wegen der Schreibung μειδέων mit jüngerem böotischem Vokalismus). Auch in den Erga (Pandora) 80f. und im Katalog kam gelegentlich solche Namensausdeutung vor, frg. 116 Ἰλεύς· ὁ Αἴαντος πατήρ· ἐτυμολογεῖται ὑφ’ Ἡσιόδου· Ἰλεα … καί οἱ τοῦτ’ ὀνόμην’ ὄνομ’ ἔμμεναι (Ἀπόλλων), οὕνεκα νύμφην εὑρόμενος ἵλεων μείχθη ἐρατῇ φιλότητι.
Die Theogonie H.s, die auf Grund alter Überlieferungen die erste umfassende Darstellung der Göttermythen enthielt, genoß frühe allgemeine Verehrung. Es darf nicht überraschen, wenn auch die Kunst bald auf sie Bezug nahm. Hier ist namentlich die Arbeit von H. Schmidt Observ. archaeol. in carm. Hesiod., Diss. Hal. XII, Halle 1891, zu erwähnen. Um nur auf das eine oder andere Beispiel hinzuweisen, so hat vielleicht schon Klitias auf der Françoisvase bei der Musengruppe auf Theog. 77ff. Rücksicht genommen, da wie an dieser Stelle, so auch auf dem Vasenbilde Kalliope besonders ausgezeichnet ist. Die Namensform ΠΟΛΥΜΝΙΣ und ΣΤΕΣΙΧΟΡΕ (für Πολύμνια und Τερψιχόρη) können, wie Schmidt meint, als Varianten bei der Texteskonstitution in Anspruch genommen werden, da sie metrisch zulässig sind. Übrigens hat schon Leop. Schmidt Rh. Mus. VII 149 ΠΟΛΥΜΝΙΣ aus der Vaseninschrift in den Theogonietext einsetzen wollen Zweifellos kannte der Künstler des Kypseloskastens das Hesiodische Gedicht, denn er entnahm die nach dem Berichte des Pausanias (V 18, 4) der Figur des Atlas beigesetzten Worte Ἄτλας οὐρανὸν οὗτος ἔχει offenkundig dem ersten Hemistichion von v. 517 Ἄτλας ὁ οὐρανὸν εὐρὺν ἔχει. Eine Schale von Caere, die aus Kyrene stammt, bezieht sich auf die Bestrafung des Prometheus, der an eine Säule gebunden ist; neben ihm steht Atlas mit dem Himmelsgewölbe, Theog. 521f. u. 517.
Katalog und Ehoien
Katalog und Ehoien. Als ein drittes Werk des H. galten den Alten der Frauenkatalog. Er ist zweifellos als eines der wichtigsten anzusehen, da darin eine große Fülle alter Sagen der verschiedensten griechischen Landschaften und Stämme enthalten war, die besonders den Lyrikern und Dramatikern reiche Stoffe zur dichterischen Behandlung boten. Wenn das Werk auch als Ganzes nicht mehr erhalten ist, so beweist doch schon der Umstand, daß die antiken Autoren eine reiche Zahl von Fragmenten anführen, seine Bedeutung zur Genüge. Dazu kommt ein größeres Stück aus der Ehoie Alkmene am Eingange der Aspis und die in neuester Zeit aus dem unerschöpflichen Boden Ägyptens wiedergewonnenen höchst wertvollen Überreste griechischer Papyri, aus denen wir manches Neue und Interessante kennen gelernt haben. Das Meiste liegt in den Berliner Papyri vor.
Eingeleitet ward dieser Frauenkatalog offenbar durch die beiden letzten Verse der Theogonie 1021 und 1022 νῦν δὲ γυναικῶν φῦλον ἀείσατε ἡδυέπειαι | Μοῦσαι Ὀλυμπιάδες, κοῦραι Διὸς αἰγιόχοιο, d. h. man wird das Gedicht ähnlich in direkten Zusammenhang mit der Heroogonie (die den Abschluß der Theogonie in der heutigen Fassung darstellt) gebracht haben, wie etwa nach dem Scholiasten der letzte Vers der Ilias in der Fassung ὣς οἵ γ’ ἀμφίεπον τάφον Ἕκτορος· ἦλθε δ’ Ἀμαζών in enge Verbindung mit Arktinos’ [1202] Aithiopis gebracht wurde (vgl. frg. 1 bei Kinkel Epic. gr. fr.). Auch die Epigonoi schlössen sich ähnlich an die Thebais an mit dem Anfangsverse νῦν αὖθ’ ὁπλοτέρων ἀνδρῶν ἀρχώμεθα, Μοῦσαι frg. 1 Κ. In den letzten Theogonieversen werden also die Musen aufgefordert, zu singen von dem γυναικῶν φῦλον[WS 3], von den erlauchten Frauen der Vorzeit, von welchen edle Helden stammten, die sie teils mit Göttern, teils mit Heroen gezeugt. Auch der Dichter der Homerischen Νέκυια in Il. XI weiß von mythischen Frauen zu melden, die dem Odysseus im Hades begegnen. Aber, so bemerkt Eustathios Hom. Il. XI 225, während Homer diese Rhapsodie zu einem ἡρώων ἅμα καὶ ἡρωίδων κατάλογος gemacht habe, sei von H. ein Katalog bloß der Frauen (μόνων γυναικῶν κατάλογος) geschaffen worden.
Der Name des Gedichts erscheint in ausführlicherer Fassung bei Suidas, der dem H. einen γυναικῶν ἡρωινῶν κατάλογος ἐν βιβλίοις ε’ zuschreibt. Es sei gleich bemerkt, daß wir sonst keinerlei Nachricht über ein fünftes Buch besitzen, weshalb Goettling in der Ausgabe² p. LVI einen Irrtum bei Suidas annahm. Gemeiniglich heißt das Werk kürzer κατάλογος γυναικῶν wie frg. 33. 96, dann bei Dion von Prusa de regno II 13, bei Diomedes Gramm. Lat. I 482 K.; auch κατάλογοι γυναικῶν bei Menander Rhet. Gr. IX 268 W. {frg. 1), oder noch einfacher κατάλογος frg. 23. 101. 108, oder κατάλογοι bei Prokl. Schol. p. 4,22 G. Von einzelnen Büchern werden das erste bis vierte zitiert, und zwar ἐν πρώτῳ καταλόγων frg. 2 und 15, ἐν δευτέρῳ frg. 47, ἐν τρίτῳ καταλόγῳ frg. 52, ἐν τρίτῳ καταλόγου frg. 60, ἐν τρίτῳ γυναικὼν καταλόγῳ frg. 62, ἐν τρίτῳ frg. 48 und 49, ἐν τῷ τετάρτῳ κατάγῳ frg. 1–36. Andere Bezeichnungen, die noch vorkommen, sind Umschreibungen des Titels. So spricht Pausanias I 3, 1 von ἔπη τὰ ἐς τὰς γυναῖκας und IX 81, 5 von ἐς γυναῖκας ᾀδόμενα, Servius Verg. Aen. VII 268 (frg. 1) von Hesiodus περὶ γυναικῶν. Die Schol. Bern. Verg. Aen. IV 361 melden, daß dieser Vers ex Hesiodi gynecon herübergenommen sei (frg. 130), während Tzetzes frg. 7 und 116 den Ausdruck ἐν τῇ ἡρωικῇ γενεαλογίᾳ gebraucht. Einzelne Teile des Gedichts werden durch Beifügung einer näheren Bestimmung bezeichnet: so ἐκ τοῦ παρὰ Ἡσιόδῳ καταλόγου περὶ τῶν Προιτίδων frg. 29, ἐν τῷ τῶν Λευκιππίδων καταλόγῳ frg. 88, oder Ἡσίοδος καταλέγων τοὺς μνηστῆρας Ἑλένης frg. 95; freier sagt Tzetzes frg. 81 Ἡσίοδος γράψας ἐπιθαλάμιον εἰς Πηλέα καὶ Θέτιν, womit, wie wir jetzt aus dem Straßburger Papyrus besser ersehen, eben auch ein Stück aus dem Katalog gemeint ist. In diese Kategorie ist wohl auch frg. 54 zu zählen, wonach Ephoros berichtete, H. habe ἐν τῇ καλουμένῃ γῆς περιόδῳ den Phineus von den Harpyien nach dem Lande der Glaktophagen bringen lassen. Man hat die Vermutung ausgesprochen, daß hier nicht etwa von einem besonderen Gedichte die Rede sei, sondern von einein gewissen Abschnitte, in dem eine Menge geographischer Details enthalten waren, so daß man ihm jene Bezeichnung wohl geben konnte. Dies geschah nämlich in der Schilderung der Argonautenfahrt im dritten Buch (vgl. frg. 54. 55. 57. 60. 62–64). Mit Unrecht hat Kirchhoff (Phil. XV 10) jenen Ausdruck in ἐν καταλόγων τρίτῳ ändern wollen; ebenso unwahrscheinlich [1203] aber ist die Ansicht Nilssons (Rh. Mus. LX 179), es sei damit eine wirkliche versifizierte ‚Periegese‘ gemeint; die noch zu Ephoros’ Zeit als besonderes Gedicht bestanden hätte.
Über den Inhalt des Katalogs geben einige Nachrichten Auskunft. Dahin gehört Maxim. Tyr. XXXII 4 Ἡσίοδος χωρὶς μὲν τῶν ἡρώων ἀπὸ γυναικῶν ἀρχόμενος καταλέγων τὰ γένη, ὅστις ἐξ ἧς ἔφυ; Dion von Prusa de regno II 13 (Ἡσίοδος) … αὐτὸς ἐποίησε γυναικῶν κατάλογον καὶ τῷ ὄντι τὴν γυναικωνῖτιν ὕμνησε παραχωρήσας τοὺς ἄνδρας ἐπαινέσαι. Menander περὶ ἐπιδεικτ. Rhet. Gr. ΓΧ 628 W. (frg. 1) πολλὰ δὲ αὐτῷ (Ἡσιόδῳ) ἐν τοῖς καταλόγοις τῶν γυναικῶν εἴρηται περὶ θεῶν συνουσίας καὶ γάμου Serv. Aen. VII 268 (frg. 1) Hesiodus etiam περὶ γυναικῶν inducit multas heroidas optasse nuptias virorum fortium.
Den gleichen Stoff wie die Bruchstücke des ‚Katalogs‘ behandeln andere, die den ‚Ἠοῖαι‘ zugeschrieben werden, also wiederum Heroinengenealogie und Heroensage in der Art, daß auf die Abkunft von edlen Frauen der Nachdruck gelegt wird. Die Zitate pflegen mit ἐν ταῖς Ἠοίαις oder ähnlich eingeleitet zu werden. So frg. 121, h> Ήοίαις frg. 131. 134; ἀπὸ δὲ Ἠοίας Ἡσιόδου τὴν ἱστορίαν ἔλαβεν ὁ Πίνδαρος heißt es im frg. 128; der einzige Pausanias spricht X 81, 3 (= frg. 135) von αἱ Ἠοῖαι καλούμενοι. Der Name Ἠοῖαι rührt daher, weil zu Beginn eines jeden neuen Abschnittes die Einleitungsformel ἢ οἵη stand, welche auf die betreffende Heroine Bezug nahm; die zuerst genannte wird mit einfachem οἵη eingeführt worden sein in entsprechender Verknüpfung mit dem Anfang dieser Rahmenerzählung.
Die Gleichheit oder Ähnlichkeit des Inhalts der als Κατάλογος und Ἠοῖαι bezeichneten Gedichte legt es von vornberein nahe, sie in engere Beziehung zu bringen. Nun besagt eine Glosse bei Hesychios Ἠοῖαι· ὁ κατάλογος Ἡσιόδου, d. h. die Ehoien werden mit dem Katalog als identisch erklärt; ebenso heißt es im Etym. Gud. Ἠοῖαι· ἔστι κατάλογος Ἡσιόδου. Weiter läßt sich feststellen, daß nirgends Anführungen aus den Ἠοῖαι solchen aus dem Katalog entgegengehalten werden. Denn es ist bloß unberechtigte Konjektur, wenn Usener (Rh. Mus. ΧΧΧΓΧ 565) in den Worten des Schol. Laur. zu Apoll. Rhod. Arg. II 181 πεπηρώσθαι δὲ Φινέα ψηὶν Ἡσίοδος ἐν μεγάλαις Ἠοίαις, ὅτι Φρίξῳ τὴν ὁδὸν ἐμήνυσεν, ἐν δὲ τῷ γ’ καταλόγων, ἐπειδὴ τὸν μακρὸν χρόνον τῆς ὄψεως προέκρινεν (vgl. frg. 151 und 52) für das überlieferte μεγάλαις schreiben wollte μὲν ταῖς, wodurch ein Gegensatz zwischen Ἠοῖαι und Κατάλογος konstatiert würde, während ein solcher nach dem Zeugnisse des Scholions nur zwischen den Μεγάλαι Ἠοῖαι (vgl. u.) und dem Katalog bestand. Von Wichtigkeit ist ferner eine Nachricht aus der literarhistorische Notizen enthaltenden Hypothesis Α der Aspis, wonach der Eingang des Schildes, welcher wie schon die Formel ἢ οἵη an der Spitze zeigt, aus einer Ehoie stammt (Alkmene), die im vierten Buche des Katalogs enthalten war: τῆς Ἀσπίδος ἡ ἀρχὴ ἐν τῷ τετάρτῳ Καταλόγῳ φέρεται. Hieraus erhellt, daß das vierte Buch des Katalogs mit einer Sammlung von Ehoien identisch war, somit sicherlich wenigstens ein Teil des Katalogs Ehoien umfaßte. Hält man dies Ergebnis mit der Glosse des Hesychios und des [1204] Etym. Gud. zusammen, so wird man diese Folgerung, wie namentlich Leo Hesiodea 9f. dargetan, auch auf andere Teile des Katalogs ausdehnen dürfen und demgemäß berechtigt sein, die Bruchstücke des Katalogs und der Ehoien zusammenzufassen. Ohne auf die Hesychiosglosse Rücksicht su nehmen, hat seinerzeit der um die Hesiodischen Fragmente sehr verdiente Marckscheffel in seiner der Ausgabe (s. u.) einverleibten Untersuchung De Catalogo et Eoeis carminibus Hesiodeis 106f. dartun wollen, die Ehoien und der Katalog seien zunächst verschiedene Gedichte gewesen; da aber nach der erwähnten Hypothesis die Ehoie Alkmene im vierten Buche des Katalogs gelesen wurde, sei anzunehmen, daß tum propter argumenti similitudinem tum propter Hesiodi nomen utrique (carmini) impositum beide Werke in ein Corpus vereinigt wurden. Der Katalog habe drei Bücher umfaßt, als viertes – und wenn die Nachricht bei Suidas auf Wahrheit beruhe – auch als fünftes seien die Ehoien angeschlossen worden. Demgemäß konnten die Alten bald auf die Ehoien, bald auf das ganze Corpus der Gedichte Bezug nehmen. Der Frage, ob die μεγάλαι Ἠοῖαι und Ἠοῖαι verschiedene Gedichte seien, ging Marckscheffel hiebei aus dem Wege.
Während man also mit Berechtigung annehmen darf, daß die in Rede stehende genealogische Dichtung mit den Namen Κατάλογος und Ἠοῖαι belegt werden konnte, steht es anders mit den Μεγάλαι Ἠοῖαι, aus denen wir noch 16 Fragmente (137–153) besitzen. Diese mögen ein eigenes Gedicht für sich dargestellt haben. Hiefür hegt ein gewichtiges Zeugnis in dem oben angeführten Schol. Laur. zu Apoll. Rhod. (frg. 52 und 151) vor. Dort werden Berichte über die Ursachen von Phineus’ Erblindung in den Μεγάλαι Ἠοῖαι und dem dritten Buche des Katalogs einander direkt entgegengesetzt. Daraus folgt, daß dies zwei verschiedene Dichtungen waren. Das wird vollkommen bestätigt durch die Worte des Pausanias (IX 31, 4), der unter den dem Hesiod zugeschriebenen Werken auch ἐς γυναῖκάς τε ᾀδόμενα καὶ ἃς μεγάλας ἐπονομάζουσιν Ἠοίας anführt. Man hat selbstverständlich nicht das mindeste Eecht, hier mit Bekker u. a. das καί einfach zu streichen oder mit Lehmann nach ἅς umzustellen. Es wird also das Gedicht von den Frauen (d. i. der Katalog) ausdrücklich von den großen Ehoien unterschieden, vgl. Leo Hesiodea 9f. In diesem Gedicht kam, wie der Name andeutet, die Formel ἢ οἵη ebenfalls vor, vgl. frg. 143. Da Katalog und große Ehoien zwei getrennte Epen waren, ist es nicht verwunderlich, wenn Mythen, die sich auf ein und dieselbe Persönlichkeit beziehen, in beiden Gedichten behandelt waren, wie betreffs der Alkmene Kat. frg 136 und Μεγ. Ἠοῖαι frg. 138 und 139.
Inwieweit die Bezeichnung Μεγάλαι Ἠοῖαι begründet war, läßt sich heute nicht mit Bestimmtheit ausmachen. Unwahrscheinlich ist die Annahme Kalkmanns (Hesiods Μεγάλαι Ἠοῖαι bei Pausanias, Rh. Mus. XXXLX 561ff.), es sei unter diesem Namen das ganze genealogische Werk (Katalog und Ehoien) verstanden gewesen. Differenzen hätte es innerhalb der Gedichte keine gegeben, da Useners oben erwähnte Konjektur die obwaltende Schwierigkeit beseitigt habe. Durch [1205] das Epitheton Μεγάλαι sei das Gesamtkorpus von den Ἠοῖαι, die einen Teil davon bildeten, geschieden worden. Sittl (in der Ausgabe p. 561) ist der (freilich unbewiesenen) Anschauung, daß der Name daher rühre, weil in den Μεγάλαι Ἠοῖαι die einzelnen Ehoien eine größere Ausdehnung gehabt hätten, indem nicht jeder Abschnitt, sondern nur jedes Buch mit der Formel ἢ οἵη begonnen habe. Möglicherweise umfaßte das Werk nachträgliche Eindichtungen größeren Umfangs als Zusätze zu den Ehoien und erhielt davon seinen Namen, vgl. v. Wilamowitz Herm. XL 123f.
Die Bezeichnungen Κατάλογος γυναικῶν und Ἠοῖαι besagen beide, daß in den Genealogien, in welche mancherlei landschaftliche Sagen verwoben waren, auf die Abkunft edler Geschlechter von hervorragenden Heroinen besonderes Gewicht gelegt war, vgl. frg. 4. 5. 17. 23. 33. 46. 76, 1. 110. 111. 118. 122 u. a. Dieser Umstand gibt einen Fingerzeig dafür, wo man sich zunächst den Ort der Entstehung des Werkes zu denken habe. Nach Polyb. XII 5 – der Bericht beruht auf Aristoteles – genossen die Ahnfrauen bei den Lokrera die höchste Verehrung: alle Gerechtsame und Vorrechte der hundert adligen Geschlechter der Landschaft wurden auf die mütterliche, nicht die väterliche Abstammung zurückgeführt … ὅτι πάντα τὰ διὰ προγόνων ἔνδοξα παρ’ αὐτοῖς ἀπὸ τῶν γυναικῶν, οὐκ ἀπὸ τῶν ἀνδρῶν ἐστιν. Nach den früher erwähnten Nachrichten brachte H. seine letzten Lebensjahre im Lande der Lokrer zu; und so scheint durch diese Frauenverehrung die Kornpositionsweise des Katalogs beeinflußt worden zu sein. Damit mag es etwa zusammenhängen, daß wir in Hesiodischen Gedichten genealogischer Art wiederholt Metronymika verwendet finden; so heißt Asklepios in frg. 125, 3 als Enkel der Leto Λητοΐδης, in der Heroogonie am Schluß der Theog. 1002 Chiron als Sohn der Philyre Φιλυρίδης; der Verfasser der Aspis hat das nachgeahmt, wenn er 479 den Apollon Λητοΐδης, 229 den Perseus Δαναΐδης nennt. Für die Anlage der Dichtung maßgebend war in erster Linie der von v. Wilamowitz Hom. Unters. 147f. ausgeführte Gedanke, daß die edlen Geschlechter, die sich göttlicher Abkunft rühmten, ihren Stammbaum von einer Ahnfrau ableiteten, die der Liebe eines Gottes gewürdigt worden war.
In diesem goldenen Buche erlauchter Geschlechter waren die genealogischen Mythen bis auf die Urväter der Hellenen zurückgeführt. So erscheint Deukalion als Sohn des Prometheus und als sein und der Pyrrha Sproß Hellen (frg. 2), während seine Tochter Pandora dem Zeus den Graikos gebar (frg. 4). Hellens Söhne Doros, Xuthos und Aiolos (frg. 7) sind die Ahnherren der griechischen Stämme und nun folgten die Genealogien ihrer Nachkommen. Eine Fülle von Mythen war angeknüpft; von mehreren liegen uns ausführlichere Berichte vor, zum Teil im Wortlaut, wie jetzt betreffs des Bellerophontes in einem der Berliner Papyri frg. 7 b, oder des Periklymenos frg. 14, des Nestor und seines Geschlechts frg. 15–17, der Atalante frg. 20–22 mit einem Papyrusbruchstück (Flinders Petrie, frg. 21), den Proitiden frg. 27–29. Von großem Interesse muß das dritte Buch gewesen sein, wo [1206] insbesondere, soweit wir sehen, der Argonautenzug ausführlich behandelt war, frg. 50–64. Hier bot sich mannigfache Gelegenheit, auf Schiffersagen und Erzählungen beruhende ethnographischgeographische Schilderungen zu geben, die, je weiter sich die Kenntnis fremder Länder verbreitete, umso fabelhaftere Dinge und Märchen umfaßten. Und so war bereits von kumysgenießenden Skythen wie von Äthiopen und Ligurern die Rede, so daß man diese Partie recht wohl περίοδος γῆς (mit Ephoros, frg. 54) nennen mochte. Aber auch von allerlei Fabelwesen wurde hier gemeldet, von Großköpfen und Zwergen, Halbhunden und Greifen, von Menschen, die in unterirdischen Höhlen wohnten. Nicht minder las man von den Irrfahrten des Odysseus, zum Teil in anderer Weise, als es die Homerische Odyssee zu berichten wußte, da hier besonders der sikelischen und italischen Gestade, der Insel Ortygia und des Feuerbergs Ätna, sowie des Tyrrhenischen Meeres gedacht war; frg. 65–71. Von der Entstehung der Myrmidonen meldet frg. 76. Ein uns durch den Straßburger Papyrus jetzt näher bekannter Abschnitt war dem Aiakiden Peleus und der Thetis gewidmet, frg. 80–82. Ausführlich war der Töchter des Tyndareos und ihrer Buhlschaft gedacht frg. 90–93. Hier schloß sich der uns jetzt durch die Berliner Papyri zum großen Teile wiedergewonnene Katalog der Freier Helenes an, frg. 94–96. Und so war noch manch andere Sage in dem Gedichte enthalten, wie die von der Verbindung Apollons mit der Koronis und von seinem Sohne Asklepios, frg. 123–126, von seiner Liebe zu Kyrene, frg. 128 und 129, welchem Bunde Aristaios entsproß. Ein längeres Fragment besitzen wir über Dodona und das Orakel (frg. 134), und ebenso wissen wir jetzt aus einem weiteren Berliner Papyrus Näheres über die Meleagrossage, frg. 135.
Waren nun alle diese Stücke von Anfang an in dem Gedichte enthalten? Genealogische Werke waren leicht Erweiterungen ausgesetzt, da es für manches edle Geschlecht von besonderem Wert sein mußte, in einem solchen Ritterspiegel mitgenannt zu sein, ähnlich, wie es der hellenischen Stämme Stolz war, in der Homerischen Boiotia zu stehen. Für derlei Gedichte blieb naturgemäß das Interesse fort und fort lebendig, und es ist völlig begreiflich, wenn an das bereits Vorliegende da und dort Einlagen angeknüpft wurden, welche zur weiteren Ausführung eines bestimmten Zuges der Sage oder zur Einfügung einer neuen Genealogie dienen sollten. Überblickt man unseren jetzigen Bestand an Katalogpoesie, so erkennt man einerseits Stücke von durchaus altertümlichem Charakter, die sich im Wesen in nichts von den letzten Teilen der Theogonie unterscheiden, wogegen andere entweder sachliche Angaben enthalten, die auf jüngere Zeit weisen, oder gewisse sprachliche Kriterien, die dem Charakter echter Hesiodischer Poesie nicht angemessen sind. In seinem Grundstock auf den askräischen Dichter zurückgehend, konnte der Katalog nach v. Wilamowitz’ treffendem Worte (Herm. XL 123) ‚schneeballartig‘ wachsen, indem er allmählich neue Zusätze und Einlagen in sich aufnahm. Diese Additamenta wurden dann, obgleich sie von jüngeren Verfassern, z. Β. Rhapsoden, [1207] herrührten, doch nach der Einverleibung in den alten Bestand nun auch dem H. zugezählt und mögen unter seinem Namen weiter bekannt geworden sein, da man in ihm den berühmten genealogischen Dichter sah. Daß die Alten schon fühlten, es seien gewisse Abschnitte oder Sagenberichte in die Hesiodische Dichtung erst nachmals eingefügt worden, ersieht man aus den Worten des Pausanias betreffs der umstrittenen Abstammung des Asklepios, II 26, 7 (= frg. 87): οὗτος ὁ χρησμὸς δηλοῖ μάλιστα οὐκ ὄντα Ἀσκληπιὸν Ἀρσινόης, ἀλλὰ Ἡσίοδον ἢ τῶν τινα ἐμπεποιηκότων ἐς τὰ Ἡσιόδου τὰ ἔπη συνθέντα κτλ. Wie einfacher Mittel man sich übrigens gelegentlich bediente, um derartige neue Zusätze an den älteren Bestand zu fügen und zu befestigen, lehrt deutlich das an den Katalog der Helenefreier angereihte Stück frg. 96, 56ff., der selbst auch, wie v. Wilamowitz Berlin. Klassikertexte V 38f. mit Recht annimmt, ein jüngeres Produkt ist, wenngleich er dem Herodian (zu v. 46) als Hesiodisch galt. Jene Partie ist vom Vorausgehenden – mit dem Schlußvers: ἀλλ’ ἄρα τὴν πρὶν γ’ ἔσχεν ἀρηίφιλος Μενέλαος – durch eine Paragraphos im Papyrus abgetrennt und am Rande mit Β (zweites Buch?) bezeichnet. Ganz unvermittelt beginnt sie mit den Worten: ἡ (Helene) τέκεν Ἑρμιόνην καλλίσφυρον ἐν μεγάροισιν ἄελπτον, also mit einem Verse im Katalogstil, um sofort auf ein ganz anderes Thema überzugehen, das keineswegs genealogischer Natur ist. Der Verfasser meldet, Zeus habe die Absicht, das Menschengeschlecht zu vertilgen, und berichtet von seinen Maßnahmen. Seltsame Naturereignisse und die Erscheinung des ἄτριχος, des Haarlosen, einer furchtbaren Schlange, künden das kommende Unheil. Mit merkwürdiger Leichtigkeit wird hier also zu einem fremden Stück übergegangen, ähnlich abrupt, wie der Verfasser der Aspis die Verknüpfung seines Gedichts mit der Ehoie Alkmene bewerkstelligte, indem er (mit Bezug auf Herakles) v. 57 einfach sagte: ὃς καὶ Κύκνον ἔπεφνεν Ἀρητιάδην μεγάθυμον. Offenbar hatte er Muster hiefür vor sich.
Solche Eindichtungen oder Einlagen scheinen aber auch, obzwar sie Teile des größeren Katalogcorpus bildeten, als selbständige Gedichte aufgefaßt worden zu sein, so daß man sie nach ihrem Inhalte eigens für sich benannte. Solcher Art war wohl, wie eine Anzahl älterer Gelehrten (vgl. Marckscheffel a. a. O. 154) und neuerdings v. Wilamowitz (Herm. XVIII 418ff. und XL 123) annahmen, der Κήυκος γάμος. Auf Alkyone, des Keyx Gattin, welche des Salmoneus Schwester war, bezieht sich frg. 159. Von letzterem aber, einem Sohne des Aiolos, ward im Aiolidenstemma, frg. 7 des Katalogs, berichtet, so daß eine lose Verbindung leicht herzustellen war. Daß dies Gedicht in den Bestand der Hesiodea – und das kann hier nur der Katalog sein – überging, sagt Plutarch Mor. p. 730 f (frg. 158): .. ὡς ὁ τὸν Κήυκος γάμον εὶς τὰ Ἡσιόδου παρεμβαλὼν εἴρηκεν. Für echt und alt hielt das Gedicht Athenaios II 49 b, doch weiß auch er davon, daß Grammatiker es dem H. absprachen (frg. 157): … Ἡσίοδος ἐν Κήυκος γάμῳ – κἂν γὰρ γραμματικῶν παῖδες ἀποξενῶσι τοῦ ποιηοῦ τὰ ἔπη ταῦτα – ἀλλ’ ἐμοὶ δοκεῖ ἀρχαῖα εἶναι …
[1208] Auch ein anderes Stück ist vielleicht in derselben Weise aufzufassen: Pausanias nennt unter den unserem Dichter zugeschriebenen Werken a. a. O. auch eine Erzählung, ὡς Θησεὺς ἐς τὸν Ἄιδην ὁμοῦ Πειρίθῳ καταβαίη; schon diese bemerkenswerte Paraphrase scheint darauf hinzuweisen, daß es sich kaum um ein für sich bestehendes Gedicht handle. Da nach frg. 105, das trotz Sittl (Glaubwürdigkeit der Hesiodfragmente, Wien. Stud. XII 49) nicht dem Aigimios, sondern doch nur dem Katalog angehört, weil es von Hereas von Megara bestimmt als Hesiodisch bezeichnet ward (Plut. Thes. 20), hier von Theseus’ Liebe zu Aigle die Rede war, konnte in einer Zudichtung auch auf seine Höllenfahrt mit Peirithoos Bezug genommen werden. Übrigens meinte Leo (Hesiodea 41), daß der Titel vielleicht Πειρίθον κατάβασις hieß und von diesem Helden in erster Linie die Rede war.
So erfuhr das bedeutsame genealogische Gedicht mit der Zeit allmähliche Erweiterung; natürlich galt dann, was da hinzukam, zumal man bestrebt war, in Hesiodischer Art zu dichten, auch bald als ein Erzeugnis des alten Sängers. Kritischem Scharfblick freilich blieb die Wahrheit nicht verborgen. Welche Teile aber echt und alt waren, welche später hinzukamen, läßt sich heute meist nur konstatieren, wenn uns, wie in dem Freierkatalog, größere Abschnitte im Wortlaut zu Gebote stehen.
Die Erkenntnis dieser Tatsachen wird für uns zu einem wichtigen Behelf bei der Frage nach der Autorschaft des Katalogs.
Von den älteren Schriftstellern, die des Gedichtes gedenken, spricht keiner einen Zweifel in dieser Beziehung aus. Wüßten wir sicher, daß frg. 209 bei Herodot. IV 32 dem Katalog angehörte, wie Marckscheffel in der Fragmentausgabe p. 307 glaubte (ἀλλ’ Ἡσιόδῳ μέν ἐστι περὶ Ὑπερβορέων εἰρημένα), so hätten wir einen gewichtigen Zeugen an diesem. Aber es ist methodischer, ihn in diesem Falle beiseite zu lassen. Der älteste Schriftsteller, der, auf das Gedicht zielend, es mit dem Namen H.s verknüpft, ist wohl der Geschichtschreiber Ephoros bei Strab. VII 302 = frg. 54, da der Ausdruck ἐν τῇ καλουμένῃ γῆς περιόδῳ, wie oben auseinandergesetzt wurde, nicht gut ein eigenes Gedicht bezeichnen kann. Ein Zeugnis des Philochoros liegt bei Strab. VII 328 vor, der die Verse 1 und 5 des frg. 134 als hesiodisch zitiert, das nach dem Schol. zu Soph. Trach. 1167 aus den Ehoien stammt. Die Gelehrten von Alexandreia kannten gleichfalls das Gedicht als Hesiodisch. So zunächst Eratosthenes, der von geographischen Details sowie von Fabelwesen bei H. berichtete, vgl frg. 55 und 65, was nur im Katalog Platz haben konnte. Wenn Apollonios Rhodios nach dem Zeugnisse der Hypothesis Α zur Aspis (= frg. 136) aus dem Umstande, daß Iolaos auch im Katalog der Wagenlenker des Herakles war mit auf die Echtheit der Aspis schloß, so war er auch von H.s Autorschaft bezüglich der erstgenannten Dichtung überzeugt. Aristarch hat nach dem Schol. Ven. Α zu Hom. Il. XXIV 25 diesen Vers mit der Athetese belegt, weil der Ausdruck μαχλοσύνη eine νεωτέρων καὶ Ἡσιόδειος λέξις war; da er aber nach Suidas (vgl. frg. 28) in dem [1209] Proitidenkatalog stand, wird Aristarch diesen für Hesiodisch gehalten haben. Sein Schüler Apollodoros polemisierte nach Strab. VIII 370 gegen H., welcher bereits im Katalog der Proitiden erzählte, die Πανέλληνες hätten um sie gefreit. Auch der Pergamener Krates ist insofern anzuführen, als er nach dem Schol. zur Theog. 142 Anstoß daran nahm, daß die Kyklopen hier als θεοῖς ἐναλίγκιοι bezeichnet werden, während sie doch im Leukippidenkatalog von Apollon getötet werden; er muß somit diese Gedichte als Eigentum H.s erkannt haben. Das Epigramm des Asklepiades (oder Archias) Anth. Pal. IX 64 nimmt nicht bloß auf Tbeogonie und Erga Bezug, sondern nennt auch als drittes Werk H.s offenbar den Katalog mit den Worten: οὗ σὺ κορεσσάμενος μακάρων γένος ἔργα τε μολπαῖς | καὶ γένος ἀρχαίων ἔγραφες ἡμιθέων.
Zweifel gegen den Hesiodischen Ursprung finden sich zunächst bei Pausanias, welcher II 26, 7 bei der Frage nach der mütterlichen Abstammung des Asklepios sich, wie schon oben bemerkt, mit Reserve ausspricht (frg. 87) und nicht minder vorsichtig XI 31, 3 (frg. 135) sagt αἱ δὲ Ἠοῖαι καλούμενοι, ohne Nennung des Autornamens. Demgegenüber könnte man nach seinen Worten I 43, 1 (= frg. 100) οἶδα δὲ Ἡσίοδον ποίησαντα ἐν Καταλόγῳ γυναικῶν Ἰφιγένειαν οὐκ ἀποθανεῖν κτλ. glauben, er halte den Katalog für sicher echt, indes drückt er sich hier nach dem allgemein geläufigen Gebrauch seiner Zeit aus, ähnlich wie er II 6, 5 (= frg. 102) einfach Ἡσίοδος und III 24, 10 (= frg. 96, 51) wieder nur ἐν Καταλόγῳ γυναικῶν zitierte, ohne ein kritisches Urteil mit abzugeben. Sonst werden Stellen, die dem Katalog zweifellos angehören, nicht als unbedingt echt bezeichnet einerseits im Schol. zu Pind. Pyth. III 14 (frg. 123) ἐν δὲ τοῖς εἰς Ἡσίοδον ἀναφερομένοις ἔπεσι φέρεται ταῦτα περὶ τῆς Κορωνίδος und bei Aelian. var. hist. XII 36 (frg. 34), wo es bezüglich der strittigen Zahl der Niobiden heißt: Ἡσίοδος δὲ ἐννέα καὶ δέκα, εἰ μὴ ἄρα οὔκ είσιν Ἡσιόδου τὰ ἔπη, ἀλλ’ ὡς πολλὰ καὶ ἄλλα κατέψευσται αὐτοῦ. Man braucht hier übrigens keineswegs τὰ ἔπη auf den ganzen Katalog zu beziehen, Aelian hat vielleicht nur die Niobeehoie gemeint.
Bei der oben dargelegten besonderen Beschaffenheit des genealogischen Sammelepos, in welches mit der Zeit verschiedene Erweiterungen und Einlagen aufgenommen wurden, während es unverändert den Namen des H. trug, kann die Frage, ob sich die aus den Überresten für die Abfassungszeit ergebenden Argumente mit der Annahme der Autorschaft H.s vertragen, nicht mit einem kurzen Ja oder Nein abgetan werden. In dieser Beziehung ist Marckscheffel, obgleich ihm selbst gegenwärtig war, daß das Gedicht im Laufe der Zeit mancherlei Veränderungen und Erweiterungen erfuhr (140), etwas eilig zu dem Schlusse gelangt: et sane, si quid historicis argumentis e carminum ipsorum reliquiis derivandis tribuendum est, nullo pacto intelligitur, quomodo illa carmina ei aetati conveniant, qua Ascraeus poeta gravissimorum auctorum testimoniis traditur floruisse (a. a. O. 135). In der Zeitfrage darf das Epos nicht als Ganzes ins Auge gefaßt werden. Denn es sind gewisse sachliche [1210] und auch formale Momente vorhanden, die eine Datierung einzelner Abschnitte in jüngerer Zeit, als wir sie für H. annehmen, notwendig machen. Daraus folgt aber keineswegs, daß der ursprüngliche Grundstock des Gedichts nicht in eine höhere Epoche hinaufreiche. Hier möge nur auf einiges Wichtigere hingewiesen werden. Die Erweiterung der geographischen Kenntnisse des Westens ist gewiß durch die griechische Kolonisation der Gestade Siziliens (älteste Kolonie Naxos um 735, Syrakus um 734) und Italiens (Kyme, begründet im letzten Drittel des 8. Jhdts., vgl. Busolt Griech. Gesch. I² 3911) befördert worden. Über die Nordländer am Pontos werden Nachrichten durch die dieses Meer befahrenden Milesier im 8. Jhdt. zu den Hellenen gelangt sein (Busolt a. a. O. I² 4641). Wenn nun nach Eratosthenes (vgl. frg. 65) in der Ὀδυσσέως πλάνη vom Ätna und der Insel Ortygia, dem Kern von Syrakus, sowie von den Tyrrhenern die Rede war, so dürften die betreffenden Abschnitte erst nach Beginn jener Fahrten entstanden sein. Dasselbe gilt von der Partie, der frg. 55 entstammt: Eratosthenes zitierte aus H. eine Stelle, die von Skythen redet. Ob die in demselben Verse genannten Λίγυες die Ligurer der Seealpen sind, oder wegen der Nachbarschaft der Skythen ein kolchisches Volk, dessen Eustathios zu Dionys. Perieg. 76 (mit Hinweis auf Lykophr. 1312) gedenkt, mag jetzt nicht untersucht werden. Auch die Ehoie Kyrene wäre hier zu nennen. Nach frg. 128 hören wir, daß die schöne Kyrene am Gestade des Peneios in Phthia wohnte; und im Schol. zu Pind. Pyth. IX 6, dem das Zitat entstammt, heißt es ausdrücklich: ἀπὸ δὲ Ἠοίας Ἠσιόδου τὴν ἱστορίαν ἔλαβεν ὁ Πίνδαρος. In dem Epinikion Pyth. IX, wo die Geschichte der Kyrene ausführlich gegeben ist, bildet eines der Hauptmomente ihre Versetzung nach Libyen, wo sie dann die Beherrscherin einer mächtigen Stadt werden soll. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß in der Ehoie dies miterzählt war, trotz des Widerspruchs von Bergk Griech. Lit.-Gesch. I 1005 und Luebbert De Pind. stud. Hesiod. et Homer. 7, welch letzterer meinte, bei H. sei Kyrene in Thessalien geblieben; vgl. dagegen Studniczka Kyrene 40ff. Dann aber wird man sich entschließen müssen, die Entstehung der Kyreneehoie nicht vor der Ankunft der theräischen Doerer in Kyrene um Ol. 37, d. i. etwa 631, anzusetzen, vgl. jetzt besonders Malten Kyrene (1911) 168 u. 210ff. Als ein drittes Beispiel seien die Nachrichten in den Schol. Ven. Α und Townl. zu Hom. Il. XXIII 683 (frg. 22) angeführt. Im Townl. wird an die dort erwähnte Verfügung, bei den Agonen solle man γυμνοὺς τρέχειν, welche κατὰ τὴν ιδ’ Ὀλυμπιάδα erfolgt sein soll (also rund 720), die Bemerkung angeknüpft: νεώτερος οὖν Ἡσίοδος γυμνὸν εἰσάγων Ἱππομένη ἀγωνιζόμενον Ἀταλάντῃ. Ob dieser Schluß berechtigt ist, erscheint übrigens fraglich, da von dem Verfasser der Stelle doch nicht erst nach dieser Vorschrift vorgegangen werden mußte. Immerhin beweist die Notiz, daß die alten Grammatiker Spuren nachgingen, die eine spätere Abfassungszeit einzelner Gedichte oder Abschnitte andeuteten. Für die neuen Bruchstücke aus dem Freierkatalog macht v. Wilamowitz (Berl. Klassikert. [1211] V 38) darauf aufmerksam, daß aus dem Umstande, als Aias zwar verschiedene Nachbargegenden ausrauben will (frg. 96, 6ff.), nicht aber Attika, zu schließen sei, er habe bereits dazugehört. Dann aber wäre die Partie jünger als die sog. Peisistratische Fassung des Homerischen Katalogs, wo Aias bereits als Vasall Athens erscheint (Hom. Il. II 558). Vgl. z. d. St. Allen Class. Quarterly III 83.
In formaler Beziehung sind in der beregten Frage gerade die oben erwähnten Papyrusfragmente belehrend. Hier finden wir wiederholt einen freieren Gebrauch in prosodischen Dingen: hinein älteren σῡνεχές analog glaubte der Verfasser des Freierkatalogs auch σῡνελάσας frg. 96, 11 (im 1. Fuße) sich gestatten zu dürfen; desgleichen lesen wir (ebenfalls im Verseingange) ἄελπτον frg. 96, 57, das kaum nach Analogie von Homerischem αὐίαχοι Il. XIII 41 oder αὐιδετοῦ· ἀφανοῦς bei Hesychios als αὔελπτον = ἄϝελπτον anzusprechen sein wird; eher hielt sich der Verfasser an die Muster von ἀθάνατος, ἀκάματος, ἀπάλαμος, ohne zu beachten, daß in diesen Beispielen die metrische Längung im Hexameter notwendig war, während sie in ἄελπτον nicht innerlich begründet erscheint. In metrischer Hinsicht wäre, wenn die Überlieferung unversehrt ist, auf frg. 96, 14 μνᾶτο· πολλὰ δὲ δῶρα δίδ⟨ου⟩ hinzuweisen, wo die Senkung des ersten Fußes vor starker Interpunktion durch eine sprachliche Kürze ausgedrückt erscheint, was trotz Sommers Bemerkungen (Glotta I 198ff.) recht auffällig ist. Der zweite Fall dieser Art frg. 94, 33 εἶδος οὔτι ἰδών enthält auf alle Fälle eine leichte Korruptel, die Ludwich durch Einfügung von γ’ v. Wilamowitz durch einstiges Ϝ (= ϝε) beseitigen wollten. Auf jüngeren Ursprung weist aber sicher die Partizipform ουσαν (παρθένον οὖσαν) frg. 96, 53, während ältere Stücke des Katalogs das epische ἐών frg. 15, 3. 76, 3 und ἐόν frg. 24 kennen. Auf den Wechsel des Genetivs Τυνδάρεω frg. 94, 7 und Τυνδαρέου frg. 94, 38. 96, 21 soll kein Gewicht gelegt werden, da aus der alten Schreibung ΤΥΝΔΑΡΕΟ sich die eine wie die andere Form bei der Transskription des Alphabets ergeben konnte. Wohl aber wäre noch ein stilistisches Moment zu beachten. Wenngleich der Katalogstil Wiederholungen gewisser Wendungen erheischt, so verrät doch die öftere auffällige Wiederkehr fast ganz derselben Formeln und Phrasen im Freierkatalog, also auf engerem Raume als in der homerischen Boiotia, ein gewisses Erlahmen des dichterischen Ausdrucks, das zweifellos ein Zeichen jüngeren Ursprungs dieser Partien darstellt. So wiederholen sich ganze Verse (nicht sog. Laufverse) z. B. frg. 94, 27 und 31 Κάστορί θ’ ἱπποδάμῳ καὶ ἀεθλοφόρῳ Πολυδεύκει oder noch längere Sätze frg. 96, 2f. μάλα δ’ ἤθελε ὃν κατὰ θυμὸν | Ἀργείης Ἑλένης πόσις ἔμμεναι ἠυκόμοιο und frg. 96, 14f. μάλ⟨α⟩ δ’ ⟨ἤθελε θυμῷ⟩ | Ἀργείης Ἑλένης πόσις ἔμμενα⟨ι ἠυκόμοιο⟩; ebenso oder ähnlich lautete die Stelle frg. 94, 42, wo der dem Vers Ἀργείης Ἑλένης πόσις ἔμμενα⟨ι ἠυκόμοιο vorangehende verloren ist. Man vgl. weiter ἀγγελίην δ’ αἰεὶ Λακεδαίμονάδε προΐαλλε frg. 94, 26 und ἄμφω δ’ ἀγγελίην Λακεδαίμονάδε προΐαλλον frg. 94, 37; πολλὰ δ’ ἔεδνα δίδου frg. 94, 44 und πολλὰ δ’ ἔεδν⟨α δίδου⟩ frg. [1212] 94, 39; oder in stetig wiederkehrender Formel: ἐκ δ’ Ἰθάκης ἐμνᾶτο frg. 94, 21, ἐκ Κρήτης δ’ ἐμνᾶτο frg. 96, 16, ἐξ Ἄργεος ἐμνῶντο frg. 94, 17, ἐκ Φυλακῆς δ’ ἐμνῶντο frg. 94, 34 u. ä.
An den Urbestand des Katalogs, den wir nach den fast ganz übereinstimmenden Nachrichten der Alten für ein Werk des H. zu halten berechtigt sind, haben sich also zweifellos jüngere Einlagen und Zudichtungen angeschlossen, durch die das alte Gedicht eine Vergrößerung erfuhr. Die Sprache des Grundstocks weist dieselbe Gestalt aus wie die bereits demselben Genre angehörigen letzten Abschnitte der Theogonie. Denn allgemach bildete sich ein gewisser Katalogstil heraus, der für die Schilderungen der ehelichen Verbindungen der Götter, Heroen und Heroinen sowie deren Deszendenz charakteristisch ist und im Gebrauche gewisser Wendungen sich manifestiert, ohne aber, wie es in den oben erwähnten jüngeren Stücken der Fall ist, in dieser Beziehung irgendwie auszuarten. Gelegentlich ist in den ursprünglichen Stücken eine besondere Altertümlichkeit bewahrt, wie Ἑρμάων ἀκάκητα frg. 23, 1; dialektische Färbung zeigt frg. 11, wo der Dativ des Pronom. der 3. Pers. ἳν δ’ αὐτῷ nach ausdrücklichem Zeugnis des Apollonios Dyskolos vorliegt, eine dorische Form, die auch im Kretischen, im Gesetz von Gortyn II 40 ϝὶν αὐτῷ erhalten ist. Hierzu kommt der donsierende Akkus. Plur. ἰδὲ Σκύθᾰς ἱππημολγούς in frg. 55. Böotismen haben wir nur in Namen, und zwar dem gut bezeugten epichorischen Stadtnamen Ἐρχομένου frg. 38, 2 und in der Alkmeneehoie Asp. 33 das schon erwähnte Φίκιον ὄρος.
Die große Bedeutung, welche dies genealogische Epos für das Altertum besaß, erhellt daraus, daß eine erkleckliche Anzahl von Dichtern und Schriftstellern sich dessen Anlage zum Muster nahm oder Motive daraus schöpfte. Eine ähnliche Tendenz verfolgte schon das alte namenlose Epos, das man als die Ναυπακτία ἔπη zu bezeichnen pflegte. Denn Pausanias spricht X 38 11 von diesem als von ἔπη πεποιημένα ἐς γυναῖκας, also ganz ähnlich wie über das Hesiodische Werk IX 31, 5 ᾀδόμενα ἐς τὰς γυναῖκας. Man wird nicht irre gehen, wenn man in diesem Gedichte, das schon durch seinen Namen auf das lokrische Naupaktos weist, ähnliche Genealogien annimmt, die auf edle Frauen zurückgeführt wurden; daran waren, wie bei H., verschiedene weiter ausgeführte Erzählungen angeknüpft. Auch im einzelnen nahm der Verfasser, wie es scheint, auf den Katalog Rücksicht; so meldet Philodem. περὶ εὐσεβ. 17 G., daß nach H. Asklepios von Zeus mit dem Blitze erschlagen wurde (frg. 125), und dasselbe erzählt der gleiche Autor aus den Naupaktia epe περὶ εὐσεβ. 52 G. (frg. 12 K.). In beiden Gedichten war der Argonautensage ein breiter Raum gegönnt. Von den Lyrikern nahm vor allem Stesichoros, den man zum Sohn H.s machtem auf dessen genealogisches Epos eifrig bezug. Zwar frg. 266, wonach Η. πρῶτος τῆς Ἑλένης τὸ εἴδωλον παρήγαγε, ist verdächtig und bleibt besser beiseite, wohl aber folgte Stesichoros der Hesiodischen Erzählung betreffs der Töchter des Tyndareos (Katal. frg. 93), wenn bei ihm frg. 26 Β.4 Aphrodite χολωσαμένη diese διγάμους τε καὶ τριγάμους [1213] τίθησιν καὶ λιπεσάνορας. In der Genealogie der Tochter des Belos schloß er sich frg. 64 B.4 dem H. (frg. 23) ebenso an wie betreffs wenigstens einzelner Züge des Mythos in der Oresteia (vgl. Robert Bild u. Lied 190), so hinsichtlich Iphigeneia-Hekate frg. 38 B.4, vgl. Katal. frg. 100 oder bezüglich der Bezeichnung des Agamemnon als Sohn des Pleisthenes Πλεισθενίδας frg. 42 Β.4, Katal. frg. 98. Auch in formalen Dingen sind Beziehungen zu konstatieren. So verwendete der Lyriker frg. 84 B.4 geradeso wie H. frg. 116, 1 die Namensform Ἰλεύς (= Ὀιλεύς), für die später Zenodot eintrat ‚ἑπόμενος Ἡσιόδῳ καὶ Στησιχόρῳ‘. Unseres Dichters großer Landsmann Pindar schöpfte fleißig aus dem Katalog, wie aus der oben erwähnten Ehoie Kyrene, vgl. Malten a. a. O. 1ff. oder der Koronisehoie, vgl. v. Wilamowitz Isyllos v. Epid. 57–77. Als der Logograph Akusilaos von Argos im 5. Jhdt. daran ging, die alte Heldensage in prosaischer Darstellung wiederzugeben, war es in erster Linie H., den er als Quelle benutzte, namentlich dessen genealogisches Werk; vgl. Clem. Strom. VI 2, 26 τὰ Ἡσιόδου μετήλλαξαν εἰς πεζὸν λόγον καὶ ὡς ἴδια ἐξήνεγκαν Εὔμηλός τε καὶ Ἀκουσίλαος οἱ ἱστοριογράφοι. Doch hat er sich verschiedentlich seine selbständige Meinung gewahrt. In Übereinstimmung mit H. blieb er betreffs des Asklepiosmythos Katal. frg. 125 und 126, vgl. Akus. frg. 9. 10 Diels, ferner der Endymionsage Katal. frg. 11 – Akus. frg. 26: differente Angaben hingegen werden verzeichnet bezüglich Katal. frg. 3 und Akus. frg. 33 (Namen der Mutter des Deukalion), weiter Katal. frg. 27 – Akus. frg. 14 (Ursache des Wahnsinns der Proitiden); vgl. auch oben Schwartz Bd. I S. 1222. Für die Dramatiker lag in den Mythen des Katalogs reicher Stoff vor. Aber auch formell blieb das Gedicht lange Zeit noch Muster, namentlich für die Alexandriner. Hermesianax von Kolophon hat seiner Elegiensammlung Leontion, welche Liebesgeschichten von mythischer Götterzeit an bis zu Lais und Aristippos (III 96) umfaßte, eine altertümliche und altmodische Färbung nach Art des Katalogs gegeben, indem er von der Einleitungsformel οἵη Gebrauch machte, so oft er ein neues Liebespaar einführte: so Buch III 1 (Athen. XIII 597) οἵην μὲν φίλος υἱὸς ἀνήγαγεν Οἰάγροιο Ἀγριόπην oder 85 οἵη μὲν Σάμιον μανίη κατέδησε Θεανοῦς Πυθαγόρην. Der Elegiker weist III 21ff. selbst auf sein Vorbild H., der nach dem helikonischen Askra kam, da er die askräische Ἠοίη freite: so wurde der Name des Gedichts zu dem einer Geliebten H.s: ἔνθεν ὅ γ’ Ἠοίην μνώμενος Ἀσκραϊκὴν πόλλ’ ἔπαθεν, πάσας δὲ λόγων ἀνεγράψατο βίβλους ὕμνων ἐκ πρώτης παιδὸς ἀνερχόμενος (λόγων hat Ruhnken richtig als καταλόγων verstanden). Denselben äußeren Apparat machte sich auch der Elegiker Phanokles in seinen Ἔρωτες ἢ Καλοί zu eigen, einem Gedichte von schönen Knaben mit aitiologischer Tendenz. Bei ihm findet sich eine etwas anders geformte Eingangswendung, ἢ ὡς, so z. Β. Stob. Flor. IV 20, 47 (Β. IV p. 461 Η.) ἢ ὡς Οἰάγροιο πάις Θρηίκιος Ὀρφεὺς ἐκ θυμοῦ Κάλαϊν στέρξε Βορηιάδην. Fast nur dem Namen nach ist eine weitere Dichtung ähnlicher Art bekannt: Nikainetos von Samos [1214] Κατάλογος γυναικῶν (Athen. XV 673 Β.), während Sosikrates von Phanagoreia sich nach den Ἠοῖαι einen Titel Ἠοῖοι zurechtmachte, analog dem Gedichte des Phanokles, Athen. XIII 590 B.
Auch für die bedeutendsten Dichter der alexandrinischen Epoche, Kallimachos und Apollonios Rhodios, waren H.s Kataloge eine wichtige Fundgrube von Mythen. Es lassen sich, trotzdem wir nur Trümmer von des Erstgenannten Hekale besitzen, auch deutlich Anklänge des Wiener Fragments c. IV 6–8 an das Bruchstück 123 des Katalogs (aus der Koronisehoie) konstatieren. Den Hesiodischen Ausdruck ξανθὴν Ἰόλειαν frg. 110, 5 finden wir in Kallimachos Epigr. 7, 3 wieder. Auf die Benutzung des Katalogs durch Apollonios machen die Schol. Laur. wiederholt aufmerksam. So ist er nach dem Schol. zu Arg. III 311 (frg. 66 und 67) dem H. gefolgt hinsichtlich der Verlegung der Irrfahrt des Odysseus ins Tyrrhenische Meer und eines die Kirke betreffenden Sagenzuges. Daß in dem frg. 67 des Dichters Name mit einem anderen verwechselt sei, wie Seeliger bei Roscher Myth. Lex. II 1, 1200 glaubte, ist nicht erwiesen. Desgleichen hielt sich Apollonios an sein Vorbild nach dem Schol. zu Arg. IV 892 (frg. 68) in Bezug auf den Namen der Sireneninsel, und zwar wie es scheint, zum Teil wörtlich, vgl. frg. 68 νῆσον ἐς Ἀνθεμόεσσαν und Arg. IV 891f. νῆσον | καλὴν Ἀνθεμόεσσαν. Auch sonst verraten Anklänge, daß der Alexandriner den Katalog eifrig las, wie Arg. IV 1541 ὡς δὲ δράκων σκολιὴν εἱλιγμένος ἔρχεται οἶμον, dessen Muster frg. 38, 2 ist: καί τε δι’ Ἐρχομένου εἱλιγμένος εἶσι δράκων ὥς. Veranlaßt durch die Vermittlung der alexandrinischen Elegie haben dann auch die römischen Elegiker sich Anregungen aus den reichen Schätzen des Katalogs geholt; so geht Catullus carm. 64 (Gedicht von Peleus’ und Thetis’ Hochzeit) v. 384ff. auf frg. 82, das mit Recht von Bergk und Reitzenstein auf diese Sage bezogen ward. Unverkennbar sind die beiden Fragmente 111 ἣ τέκεν Αὐτόλυκόν τε Φιλάμμονά τε κλυτὸν αὐδήν und das auf den verschmitzten Autolykos Bezug nehmende 112 ὅττι κε χερσὶ λάβεσκεν, ἀείδελα πάντα τίθεσκεν dem Ovid vorgelegen, met. XI 313 und 317: nascitur Autolycus furtum ingeniosus ad omne, nascitur … carmine vocali clarus citharaque Philammon. Und noch von anderen Dichtern muß der Katalog fleißig gelesen worden sein, denn bei Maximos 422ff. ist die mit Benutzung der Homerstelle Il. XX 227 in frg. 117 vorliegende Schilderung der Schnelligkeit des Iphiklos, welcher über die Spitzen der Ähren dahinjagte, ohne sie zu brechen, zum Teil wörtlich übernommen; auch Nonnos hält sich an das Hesiodische Muster Dion. XXVIII 284, doch nach seiner Art selbständiger. Übrigens hatte lange vor diesem Dichter Vergil von der Stelle für seine Zwecke Gebrauch gemacht, indem er Aen. VII 808 die Schnelligkeit der Camilla in derselben Weise kennzeichnet. Einzelne Anlehnungen lassen sich auch sonst wahrnehmen, so in den Orph. Argon. 502 ὃς Δολιέων ἤνασσε περικτιόνων ἀνθρώπων nach frg. 103, 2 καὶ πλείστων ἤνασσε (so die Hs.) περικτιόνων ἀνθρώπων. Interessant ist schließlich eine Nachahmung des Quintus, der nach frg. 94, 22 υἱὸς Λαέρταο πολύκροτα [1215] μήδεα εἰδώς V 238 geschrieben hat: υἱὸς Λαέρταο πολύτροπα μήδεα νωμῶν, woraus v. Wilamowitz Berl. S.-Ber. 1900, 846 auf die Existenz einer alten Variante im Katalog schloß.
Aspis
Aspis. In der überlieferten Fassung ein Epyllion von 480 Hexametern. Der Titel lautet Ἀσπίς, niemals etwa Ἀσπὶς Ἡρακλέους. So in den Hss. und auch in den ältesten Papyri, Pap. Erzherzog Rainer ΗϹΙΟΔΟΥ ΑϹΠΙϹ, im Pariser Achmimpapyrus einfach ΑϹΠΙϹ; so auch in der Hypothesis Α und in alten Zitaten wie bei Strab. VIII 385. Incert. auct. περὶ ὕψ. 9, 5. Athen. V 180 e. Schol. Laur. Apoll. Rhod. Arg. I 747 und an zahlreichen Stellen des Etym. gen. Das Gedicht setzt sich aus zwei scharf zu sondernden Teilen zusammen, wie uns die Hypothesis Α berichtet: τῆς Ἀσπίδος ἡ ἀρχὴ ἐν τῷ τετάρτῳ Καταλόγῳ φέρεται μέχρι στίχων ν’ καὶ ς’ (diese Ziffer hat Petit hergestellt für überliefertes σ’). Es hat also der Verfasser die Ehoie Alkmene, in welcher die Geburt des Herakles erzählt wird, benutzt, um sie als Eingang seinem Gedichte von der Aventiure des Helden und seines Genossen Iolaos mit Kyknos und dessen Vater Ares im pagasäischen Hain des Apollon voranzustellen. Ein Prooimion ist nicht vorhanden, wohl weil das Gedicht zunächst als Eindichtung des Katalogs geschaffen und gefühlt ward, vgl. v. Wilamowitz Herm. XL 122f. Die Ehoie schildert, wie Alkmene, Elektryons Tochter, durch Zeus Mutter des Herakles und durch ihren Gatten Amphitryon Mutter des Iphikles ward, die sie als Zwillinge gebar. Übrigens meinte Leo Hesiod. 121, es stamme die Partie nicht aus dem Katalog, sondern von einem Nachahmer des Hesiod; sein Argument bildet die auffällige Wendung βλεφάρων ἀπὸ κυανεάων, die urkundlich vortrefflich überliefert ist (auch durch den Pap. Erzherzog Rainer): Leo glaubt, daß sie durch ein Mißverständnis des Verfassers betreffs Theog. 910 τῶν καὶ ἀπὸ βλεφάρων ἔρος εἴβετο δερκομενάων hervorgerufen sei.
An das Stück der Ehoie schließt sich als zweiter Teil die Darstellung des Kampfes. Die Art der Anknüpfung ist höchst ungeschickt: es wird kurzweg mit Bezug auf Herakles in v. 56 fortgefahren mit den Worten ὃς καὶ Κύκνον ἔπεφνεν und hierauf mit einem Begründungssatz gleich zur Begegnung der Helden übergegangen. Die Unstimmigkeit im Anschlüsse hat Βalsamo (Sulla composizione del carme Hesiod. Ἀσπ. Ἡρ. Ι, Bologna 1898) zu der Meinung veranlaßt, die v. 1–56 habe ein Rhapsode aus dem Katalog an Stelle anderer Verse gesetzt, die vor 57 standen: es würde dann, wie er glaubt, das Mißverhältnis zwischen dem langen Bericht von Herakles’ Geburt und der folgenden Partie beseitigt. Nach einem Wechselgespräche mit seinem Wagenlenker Iolaos legt Herakles die ritterliche Wehr an, wie die reisigen Helden des Homerischen Epos und faßt den kunstvoll gearbeiteten Schild, dessen Beschreibung den Hauptinhalt des Epyllions bildet (v. 139–320). Der hierauf sich entspinnende Kampf, in welchem Athene dem Herakles zur Seite steht, wird durch Kyknos’ Fall entschieden. Ares, ob seines Sohnes Tod ergrimmt, schleudert, obgleich von Athene gewarnt, den Speer gegen den Helden, den die Göttin zur Seite lenkt. Herakles verwundet ihn mit der Lanze, worauf Deimos [1216] und Phobos ihn zum Olymp entführen, während die Sieger dem Kyknos die Rüstung abnehmen, dessen Leichnam von seinem Schwiegervater König Keyx bestattet wird.
Die Kampfszene selbst, deren mageren Inhalt der Verfasser durch Gleichnisse nach Homerischer Art etwas lebendiger zu gestalten sucht, tritt gegenüber der Schildbeschreibung in den Hintergrund: sie bildet nur den Rahmen dazu. Denn jene war der eigentliche Zweck des Verfassers; da sie jedoch im Vergleiche zur übrigen Erzählung viel zu ausführlich ist, ergibt sich ein starkes Mißverhältnis zwischen Kern und Einkleidung. Der Kyknosmythos liegt hier in anderer Fassung vor, als er bei Stesichoros behandelt war (frg. 12 B.4), wie das Schol. zu Pind. Ol. X 19 berichtet. Dort war Kyknos ein wilder Held, der in Thessalien die Wanderer überfiel, um aus ihren Schädeln dem Ares einen Altar aufzutürmen. Auch auf Herakles stürmte er ein, der zuerst, da Ares dem Kyknos beistand, zurückwich, ihn dann aber allein traf und besiegte. Βalsamο wollte unter Berufung auf die verschiedenen Vasenbilder, in denen der Kampf dargestellt wird, drei Phasen in der Entwicklung des Mythos annehmen 1. Monomachie der Helden allein; 2. Hinzutreten des Ares und der Athene; 3. Zeus fährt mit dem Blitze zwischen Herakles und Ares vgl. (außer der oben erwähnten Abhandlung Sulla compos. usw.) namentlich seine Schrift Studi di fil. gr. I. Il mito di Herakles e Kyknos, Florenz 1899.
Bezüglich der Komposition des Gedichtes hatte man früher recht radikale Ansichten, die heute einer ruhigeren Beurteilung Platz gemacht haben. Wahrend Thiersch einst behauptet hatte, das Epyllion sei ursprünglich auf die Schildbeschreibung beschränkt gewesen, alles übrige aber von Rhapsoden aus dem Vorrat epischer Gesänge hinzugefügt worden, gelangte Goettling ed.² LVIII zu der gegenteiligen Ansicht, indem er die Partie v. 57–140 mit v. 317–480 vereinigen wollte, da er die eigentliche Schildbeschreibung für die longe recentissima pars ansah, ja weil die Figur des Perseus auf dem Schilde als frei schwebend gedacht ist, sie sogar für das Eigentum poetae alicuius Alexandrini (Note zu v. 217 p. 132, 2) hielt. Aber gerade die Schildbeschreibung ist offenkundig die Hauptsache und das übrige bloßes Beiwerk. Allerdings wird man den Anschluß von v. 318 mit θαῦμα ἰδεῖν nicht gerade geschickt und geschmackvoll nennen, da er an die letzten Worte von v. 140 θαῦμα ἰδέσθαι erinnert. Auch Deiters De Hes. scuti Hera descript, Bonn 1858, 59f. war der Anschauung, daß die Schildbeschreibung anfänglich nicht einen Teil des Gedichts gebildet habe; nach der Einfügung wären einige kleinere Änderungen in den vorausgehenden Versen erfolgt. In verständiger Weise hat in neuerer Zeit Künneth die Fragen betreffs der Komposition behandelt ‚Der pseudohes. Heraklesschild sprachl.-krit. untersucht‘. I u. II Erlangen 1901 und 1902. Er hat sich namentlich bemüht, durch Hinweis auf die Gleichheit des Stils in den Kampfszenen und der Schildbeschreibung die Identität des Verfassers dieser Partien zu dokumentieren. Man darf mit Beruhigung die Aspis, der das Stück aus der Ehoie vorangestellt wurde, von [1217] v. 57 ab für ein einheitliches Gedicht ansehen; anderseits ist zu beachten, daß an manchen Stellen Doppelrezensionen und erweiternde Interpolationen vorliegen; sie sind auf Rechnung von Rhapsoden zu setzen, die das Gedicht auf ihrem Vortragsrepertoire hatten. So z. B. ist zweifellos mit Peppmüller v. 209 πολλοί – 211 ἴκελοι als jüngere Parallelversion für die nächstfolgenden Worte δοιὼ (oder δοιοὶ) δ’ ἀναφυσιόωντες κτλ. anzusehen, was jetzt auch urkundlich erwiesen ist, da das Exzerpt im Berliner Papyrus 9774 (1. Jhdt. v. Chr.) gerade die ausgeschiedenen Worte nicht kennt, vgl. v. Wilamowitz Berl. Klassikertexte V 1 p. 19 u. Herm. XL 116, der übrigens für das zweite Hemistichion von 212 (aus 210) ἐθύνεον ἰχθυάοντες eingesetzt wünscht. Daß v. 402–404 (Kampf zweier Löwen um einen Hirsch) neben 405ff. (Kampf zweier Geier um die Beute) – beides repräsentiert den ersten Teil eines Gleichnisses zu v. 412 – nicht nebeneinander bestehen können, erkannte schon Goettling; es sind Varianten, die man bei der Textrezension beide zu bewahren suchte. Um die Feststellung derartiger Parallelversionen und anderer handgreiflicher Interpolationen in dem Gedichte haben sich eine Reihe von Gelehrten verdient gemacht, wie nebst den bereits genannten Deiters, Balsamo, v. Wilamowitz, Künneth a. a. O. auch Bauermeister Observ. in Hes. Carm., Göttingen 1815, und besonders Peppmüller Variationen im pseudo-hes. Heraklesschild, Stralsund 1893.
Zum Vorbild und Muster wählte der Verfasser ganz wesentlich die Homerische Dichtung: das ist auf den ersten Blick unverkennbar. Die Kampfszene ruft sofort die Erinnerung an die Aristie des Diomedes wach, der sogar dem Ares im Kampfe gegenübertritt. Wie in der Ilias dem Diomedes, so steht hier dem Herakles Athene zur Seite. Das Streben, es dem Homerischen Vorbilde möglichst gleich zu tun, verleitet den Verfasser sogar zu einer auffälligen Aporie: er läßt v. 338f. Athene den Streitwagen des Herakles besteigen, obgleich sich auf diesem auch der Wagenlenker Iolaos befindet, während bei Homer die Göttin den Platz des Sthenelos, der abgestiegen ist, einnimmt. Ebenso ist das Hauptstück, die Schildbeschreibung, in der Anlage nach Homerischem Muster, der Aspidopoiia in Il. XVIII, gearbeitet. Auch im einzelnen ist der Homerische Einfluß überall wahrzunehmen. Von der epischen Phraseologie wird ausgiebigster Gebrauch gemacht, vgl. die Nachweise in der großen Ausgabe (1902) von Rzach unter dem Texte, ferner Kausch Quatenus Hesiodi elocutio ab exemplo Homeri pendeat, Berlin 1878, 24. Stegemann De Scuti Hera Hesiod. poeta Homeri carminum imitatore, Rostock 1904. Einzelne Wendungen sind jedoch auch aus H. entnommen: so stammt v. 393–397 zum Teil wörtlich aus Erg. 582–586; v. 376 πολλαὶ δὲ δρύες ὑψίκομοι aus Erg. 509 πολλὰς δὲ δρῦς ὑψικόμους (woraus sich sogar δρῦς als Nominativ in der Aspisüberlieferung einschlich); der Vers 400 οἷα Διώνυσος δῶκ’ ἀνδράσι χάρμα καὶ ἄχθος ist wörtlich aus dem Katalog frg. 121, 1 übertragen. Asp. 82 κτείνας Ἠλεκτρύωνα βοῶν ἕνεκ’ εὐρυμετώπων ist offenbar nach dem Muster von Theog. 982 τὸν κτεῖνε βίη Ἡρακληείη | βοῶν ἕνεκ’ εἰλιπόδων [1218] gebildet. Hingegen sind die Verse Asp. 75f. κείνων γὰρ μεγάλη τε βίη καὶ χεῖρες ἄαπτοι | ἐξ ὤμων ἐπέφυκον ἐπὶ στιβαροῖσι μέλεσσι, deren direktes Vorbild Erg. 148f. darstellt (vgl. auch Theog. 150ff.), wohl mit Paley als jüngere Interpolation anzusehen. Ja auch in sprachlicher Hinsicht hat der Verfasser der Aspis sich gelegentlich einmal an Hesiodischen Gebrauch angelehnt, indem er den dorischen Akkus. Plur. λαγός (τοὶ δ’ ὠκύποδας λαγός ᾕρευν) v. 302 nach Analogie der oben erwähnten Akkusative Plur. der ᾱ-St. auf ᾰς zuließ (übrigens zeigt die Überlieferung hier die durch das Metrum ausgeschlossenen Korruptelen λαγούς und λαγώς, welche Triklinios richtig stellte). Sonst aber erscheint das Gedicht im geläufigen epischen Dialekt abgefaßt. Unbewiesen ist auch hier wieder die Annahme Ficks, der diesen nicht für die ursprüngliche sprachliche Form ansieht (Zur Sprachform und Fassung der griech. Epen, Bezzenbergers Beitr. XVI lff.). Diese sei vielmehr das Altäolische gewesen, das er unter Beseitigung der Ionismen, sofern sie nicht schon durch Athetesen unechter Verse wegfallen, wieder herzustellen sucht. Im ganzen will er übrigens nur 5 × 54 = 270 Verse als echt gelten lassen, die sich in fünf Abschnitte gliedern, Ehoie Alkmene, Herakles und Violaos, Herakles’ Schild, Kyknos’ Fall, Kampf mit Ares und Schluß.
Besonderes Interesse erweckt die Schildbeschreibung, das Hauptstück des Epyllions. Eine solche war nur möglich, wenn der Held in reisiger Rüstung auftrat, wie andere Heroen der Vorzeit. Wenngleich seit alters die Keule als sein besonderes Attribut galt (vgl. Furtwängler bei Roscher Lex. d. Myth. I 2138), so erschien er doch auch schon bei Homer mit andern Waffen, als Bogenschütze Il. V 395. VIII 224, mit dem Schwerte in der Nekyia XI 601; und so hier in der Panoplie, wobei es freilich etwas eigentümlich anmutet, wenn der Held erst auf dem Wagen die einzelnen Rüstungsstücke anlegt. Es braucht also nicht erst der Verfasser der Aspis diese Waffnung ausgedacht zu haben. Wir sehen auch auf der alten Schale des Pamphaios Mon. d. Inst. XI 24 Herakles im Kampfe auf dem Viergespann mit Chiton und Löwenfell bekleidet und mit Schild, Beinschienen und Speer gerüstet. Die νέοι ποιηταί ließen dann nach Megakleides bei Athen. XII 512 F (= Stesich. frg. 57 B.4) den Helden im Räuberkostüm, ἐν λῃστοῦ σχήματι, mit Holzkeule, Bogen und Löwenhaut erscheinen: καὶ ταῦτα πλάσαι πρῶτον Στησίχορον τὸν Ἱμεραῖον. Wenn an dieser Stelle gesagt wird, Xanthos ὁ μελοποιὸς πρεσβύτερος ὢν Στησιχόρου habe dem Herakles die Homerische στολή gegeben, so vgl. hierüber Robert Bild und Lied 173. Unter den Epikern ließ Peisandros von Kamiros auf Rhodos in seiner Herakleia den Helden im Löwenfell mit Keule auftreten, nach Suid. s. Πείσανδρος; es sei dies das erste Mal gewesen: ἔνθα πρῶτος Ἡρακλεῖ ῥόπαλον περιτέθεικε; doch vgl. v. Wilamowitz Eurip. Herakl. I² 66f. Künneth a. a. O. II 13ff.
In der Art der Schildbeschreibung bemerkt man alsbald einen bedeutenden Unterschied gegenüber Homer; denn während in Il. XVIII Hephaistos die Wehr erst schmiedet, die also vor unseren [1219] Augen entsteht, haben wir die Empfindung, daß der Nachahmer die Bilder, die er beschreibt, vielleicht selbst auf einem Prunkschilde, wie man sie als Weihgeschenk stiftete oder zur Zier in Palästen aufhing, geschaut habe. Mögen auch dem Homerischen Dichter immerhin plastische Darstellungen bekannt gewesen sein (vgl. Helbig Hom. Epos 291), so beruht seine Schilderung doch wesentlich auf poetischer Erfindung: im Heraklesschilde aber ist Nachempfindung der Eindrücke, die der Verfasser durch Betrachtung von Prunkstücken oder Reliefs gewonnen, mit Imitation von Szenen auf dem Achilleusschilde verknüpft, vgl. Friedländer Herakles 108f. Solche sind z. Β. die vom Feinde bedrohte Stadt mit Kämpfern, jammerndem Volk und Todesdämonen, als Gegenstück das Bild der Stadt im Frieden mit Festjubel und Brautzug: vor den Toren Reiter, Ringer und Faustkampf nebst ländlichen Szenen. Neu sind auf dem Heraklesschilde die mythologischen Bilder, wie sie bereis in der alten Kunst beliebt waren, so der Lapithen- und Kentaurenkampf (v. 178ff.) im Beisein von Ares und Athene, oder die friedliche Szene des Götterchores mit Apollon und den Musen; oder Perseus nach Tötung der Medusa von den Gorgonen verfolgt, ein bekanntes altes Motiv. Daß dem Verfasser hier künstlerische Darstellungen zum Muster dienten, dafür sprechen verschiedene Momente: so erheischten es die Raumverhältnisse, daß den neun Lapithen nur sieben Kentauren entsprachen, da deren Leiber naturgemäß einen größeren Raum in Anspruch nehmen; bezeichnend ist die in der Kunst gepflegte Symbolik, indem für eine größere Anzahl Figuren nur eine beschränkte gewählt wird: es ist deshalb in der Parallelversion v. 209 πολλοί – 211 ἴκελοι und 211ff. δοιώ usw. die zweite die ursprüngliche, wo nur zwei Delphine gegenüber den πολλοί genannt werden, eine Tatsache, welche nun urkundlich bestätigt ist; vgl. Sittl Der Hes. Schild des Herakl., Arch. Jahrb. II (1887) 182ff. Auch die Bestimmtheit der Schilderung einerseits, wie der Vergleich mit nachweisbaren Kunstwerken macht, was namentlich Studniczka (Über den Schild des Herakl., Serta Hartel., Wien 1896, 50–83) hervorhob, die Annahme einer künstlerischen Vorlage sicher: er verweist auf den Bronzeschild von Caere. Auch die in dem Gedichte hin und wieder berührte Technik der Arbeit spricht dafür. Studniczka denkt hiebei an alte Kunstübung vielleicht in Chalkis, dessen Hinterland Boiotien war. Keinerlei künstlerische Vorlage will Stegemann a. a. O. erkennen, die Schilderung beruhe auf bloßer Fiktion. Über die verschiedenen Fragen, die hier auftauchen, vgl. außer den erwähnten Arbeiten noch K. O. Müller Kunstarchäol. Werke IV 24. Brunn Griech. Kunstgesch. I 85ff. Löschcke Arch. Zeit. 1881, 3Sff. Künneth a. a. Ο. Ι 8ff. Lippold Griech. Schilde, Münch. Archäol. Stud. (1909) 483ff.
An den Hesiodischen Ursprung des gesamten Gedichts zu denken ist ausgeschlossen. Dem alten Dichter gehört nur der Anfang, die Ehoie Alkmene, die er gewiß nicht selber wiederum benützt haben wird, um sie als Eingang eines neuen, von ihm selbst geschaffenen Epyllions zu verwenden. Keinem der von dem Askräer gepflegten Genres gehört dies Gedicht an, es ist eine wesentlich [1220] in Homerischer Art gehaltene, heroische Aventiure. Die alexandrinische Kritik wendete der Frage der Echtheit ihre Aufmerksamkeit zu, und wir kennen die Ergebnisse ihrer Forschung aus der Hypothesis A. Ein besonnenes und gesundes Urteil sprach der vorsichtige Aristophanes von Byzanz aus, indem er die Autorschaft des H. leugnete: … ὑπώπτευκεν Ἀριστοφάνης ὡς οὐκ οὖσαν αὐτὴν (τὴν Ἀσπίδα) Ἡσιόδου, ἀλλ’ ἑτέρου τινὸς τὴν Ὁμηρικὴν ἀσπίδα μιμήσασθαι προαιρουμένου; sein Beweggrund war die Kontamination des Epyllions mit der Ehoie im Eingang. Gewiß mochte es naheliegen, daß man sich durch rhapsodische Vorträge der Homerischen Aspidopoiie veranlaßt sah, dem Achilleusschild einen Schild des dorischen Stammeshelden Herakles gegenüberzustellen, der dann auch in Agonen vorgetragen wurde (vgl. Heinrich Ausg. des Scutum LXVI). Zweifel an der Echtheit wurden weiters wiederholt von den Alten ausgesprochen. So sagt der Verfasser der Schrift περὶ ὕψους 9, 5 bei Gelegenheit des Zitats von v. 267 εἴγε Ἡσίοδου καὶ τὴν Ἀσπίδα θετέον; im Schol. Vatic. zu Dionysios Thrax Prol. p. 124, 3 H. heißt es geradezu von der Ἀσπίς Ἡσιόδου: ἑτέρου γάρ ἐστιν, ἐπιγραφῇ δὲ καὶ ὀνόματι, ἐχρήσατο τῆς Ἡσιόδου, ἵνα τῇ ἀξιοπιστίᾳ, τοῦ ποιητου ἄξία κριθῇ ἀναγνώσεως. Ähnliches wird noch an andern Stellen der Scholien zu Dionysios Thrax bemerkt. Pausanias erwähnt IX 31, 5, wo er von den H. zugeschriebenen Gedichten redet, die Aspis überhaupt nicht. Doch hat es auch nicht an Verteidigern der Echtheit im Altertum gefehlt. Nach der Hypothesis Α erkannte Μεγακλῆς ὁ Ἀθηναῖος (M. περὶ ἐνδόξων ἀνδρῶν? Athen. Χ 419 Α), statt dessen Namen Schweighäuser Μεγακλείδης (zu Athen. XII 512 Ε) vermutete, das Gedicht als echt an, wenngleich er es merkwürdig fand, daß Hephaistos den Feinden seiner Mutter (Hera) Waffen lieferte. Vor allem aber hat Apollonios Rhodios ἐκ τοῦ χαρακτῆρος und aus dem Umstände, daß Iolaos auch im Katalog als Wagenlenker erscheine, auf die Echtheit der Aspis geschlossen. Aber gerade der χαρακτήρ ist nicht Hesiodisch, und das zweite Argument entscheidet nichts in der Frage. Nach den letzten Worten der Hypothesis hätte schon lange vorher Stesichoros das Gedicht für ein Hesiodisches angesehen. An dem Namen Στησίχορος (Heinrich Scut. Herc. LXIII Anm. meinte, es könne nicht der Himeräer sein) braucht man nun nicht Anstoß zu nehmen, da auch Dichter, zumal Lyriker, über Vorgänger und deren Werke gelegentlich ein Urteil abgeben konnten (vgl. Marckscheffel a. a. O. 149). Wenn z. Β. Simonides von Keos über Homer und Stesichoros sagen konnte οὕτω γὰρ Ὅμηρος ἠδὲ Στασίχορος ἄεισε λαοῖς frg. 53, 4 Β.4, so darf man auch dem Stesichoros eine Äußerung über H.s Aspis zutrauen, wohl wie schon Müller und Bergk vermuteten, im Kyknos. Aber über die Art derselben sind wir nicht unterrichtet. Robert (Bild und Lied 189) meinte, der Lyriker habe auf die abweichende Behandlung des Mythos in der Aspis Bezug genommen und sie kritisiert. Übrigens würde, wenn die Nachricht der Hypothesis in Ordnung ist, sich daraus ergeben, daß bereits in einer frühen Zeit das Epyllion dem Hesiodischen Nachlaß zugezählt ward, entweder, [1221] weil es mit einer Ehoie begann, vielleicht auch, weil es im boiotischen Gebiete entstand. Dorthin nämlich weist die ‚siebentorige‘ Stadt (Theben) in der Schildbeschreibung v. 272, deren Schutzgott nach v. 104f. Poseidon ist (ταύρεος Ἐννοσίγαιος, ὃς Θήβης κρήδεμνον ἔχει ῥύεταί τε πόληα). Auch Pagasai, in dessen apollinischem Hain die Kampfszene vor sich geht, ist boiotischem Gebiet nicht zu fern. Nach Thessalien, in die Phthiotis, will v. Wilamowitz Herm. XL 122 die Entstehung des Gedichts verlegen. Wenn nun die Aspis, obgleich an Hesiodischen Ursprung nicht zu denken ist, gleichwohl schon im Altertum, wie die Inscriptio des Pariser Achmim-Papyrus ΗϹΙΟΔΟΥ – ΘΕΟΓΟΝΙΑ — ε⟩ΡΓΑΚΑΙΗΜΕ⟩ραι – ΑϹΠΙϹ der Bruchstücke aller drei Gedichte umfassende Papyrus Rainer zeigt, mit echten Werken H.s in ein Corpus vereinigt wurden, so lag der Grund einerseits wohl in der Benützung der Ehoie Alkmene im Eingang, anderseits in dem Umstande, daß immerhin einige Kritiker sich für die Echtheit des Epyllions ausgesprochen hatten.
Andere unter Hesiods Namen gehende Gedichte
Andere unter Hesiods Namen gehende Gedichte. Solche sind uns aus verhältnismäßig geringen Bruchstücken bekannt. Nur dem Namen nach die
Ὀρνιθομαντεία
Ὀρνιθομαντεία. Am Schlusse der Erga heißt es, wer immer der in den Hemerai gegebenen Vorschriften eingedenk und fromm gegen die Götter sich verhalte ὄρνιθας κρίνων καὶ ὑπερβασίας ἀλεείνων, sei glückselig. Der Ausdruck ὄρνιθας κρίνων ward, so scheint es (vgl. die Auseinandersetzung von Steitz Werke u. Tage d. Hes. 181) zum Anlaß, daß man an die Erga ein jetzt verschollenes Gedicht über Weissagungen aus der Vogelschau anfügte, welches die alexandrinische Kritik verwarf, nach dem Proklosscholion zu 828 τούτοις δὲ ἐπάγουσί τινες τὴν Ὀρνιθομαντειαν, ἅτινα (also vielleicht noch andere Zusätze, vgl. Paus. IX 31, 4 καὶ ὅσα ἐπὶ Ἔργοις τε καὶ Ἡμέραις) Ἀπολλώνιος ὁ Ῥόδιος ἀθετεῖ. Dimitrijevič (a. a. O. 156) meint, Apollonios habe die v. 826–828 zugleich mit der Ornithomantie verworfen. Auch nicht ein Fragment hat sich erhalten. Ähnlich werden bei Paus. X 131, 3 ?πη μαντικά genannt, die der Perieget selbst gelesen hatte, sowie ἐξηγήσεις επὶ τέρασιν; die Mantik habe der Dichter παρὰ Ἀκαρνάνων gelernt. Damit ist auf den Seher Melampus hingewiesen, von welchem ein anderes Gedicht handelte, die
Μελαμπόδεια
Μελαμπόδεια (so richtiger nach Analogie von Οἰδιπόδεια, als die in den Zitaten überlieferte Form Μελαμποδία). Auch hier war viel von Mantik die Rede. Berühmte Seher traten auf, wie Melampus und sein Geschlecht, Teiresias, der von seinem hohen Alter spricht (frg. 161) und dem Zeus und der Hera Auskunft gibt über den Grad des Liebesgenusses bei Mann und Weib, da er selber beides gewesen (frg. 162); ferner Kalchas und Mopsos, die nach frg. 160 mit einander in einen Rätselwettstreit traten. Der genaue Gang des Gedichtes, welches mehrere Bücher umfaßte (frg. 165 stand ἐν τῷ δευτέρῳ Μελαμτοδίας, frg. 167 ἐν τρίτ? nach dem Zeugnis des Athen. XI 498 a. b), läßt sich nicht mehr verfolgen. Als Verfasser nennen mehrere namhafte Autoren (Strab. XIV 642 = frg. 160. Athenaios II 40 f [1222] = frg. 163. XI 498 a = frg. 165. XI 498 b = frg. 166. XIII 609 e = frg. 167. Clemens Strom. VI 2, 26 = frg. 164 und V 14, 129 = frg. 169, endlich die apollodorische Bibliothek III 6, 7, 4 = frg. 162) den H.: hingegen wird bei Paus. a. a. O. das Gedicht ?ς τὸν μάντιν Μελάμποδα unter den fälschlich dem Η. zugerechneten Werken angeführt und das Schol. Marc. zu Lycophr. 683 (frg. 162) sowie Tzetz. zu Lycophr. 682 (frg. 161) zitieren nur ὁ τῆς Μελαμποδίας ποιητής.
Χίρωνος ὑποθῆκαι
Von Bedeutung müssen die Χίρωνος ὑποθῆκαι gewesen sein, deren Verfasser sich offenbar ein Muster an den ethischen und gnomischen Partien der Erga nahm; auf diese Weise ist es dann unter den Nachlaß H.s gezählt worden. Es waren, wie Paus. IX 31, 5 mitteilt, παραινέσεις Χίρωνος ἐπὶ διδασκαλίᾳ δὴ τῇ Ἀχιλλέως, also Mahnungen des edlen Kentauren Chiron an seinen Zögling Achilleus, den er auf dem Pelion erzogen hatte (vgl. Katal. frg. 96, 49 Χίρων δ’ ἐν Πηλίῳ ὑλήεντι Πηλεΐδην ἐκόμιζε πόδας ταχὺν ἔξοχον ἀνδρῶν παῖδ’ ἔτ’ ἐόντα). Schon Pindar hat Pyth. VI 19 auf das Gebot der Götterverehrung nach der Vorschrift des Philyresohnes (frg. 170) Bezug genommen. Aristophanes benützte (frg. 172) in den Δαιταλῆς einen Ausdruck aus dem Gedicht. Das interessanteste der Fragmente, frg. 171, das Bergk mit Recht auf dies Gedicht bezog (Gr. Lit.-G. I 1008, 101), betrifft das Lebensalter der Nymphen, das die Lebenszeit der langlebigsten Tiere noch vielfach übertrifft (von Ausonius Ed. XVIII de aetatibus animantium in lateinische Verse gebracht); die Worte waren nach Plutarch. Mor. p. 415 c der Nymphe Nais, Chirons Gattin, in den Mund gelegt. Nach Quintilian 11,15 (frg. 173) müssen manche, qui ante grammaticum Aristophanem fuerunt, die Autorschaft H.s angenommen haben; daß man ihm das Gedicht zuschrieb, sagt auch der Schol. zu Pind. Pyth. VI 19 (frg. 170) τὰς δὲ Χίρωνος ὑποθήκας Ἡσιόδῷ ἀνατιθέασιν. Als Hesiodisch wird es bezeichnet von Phrynichos p. 91 L. (frg. 172). Wie aber Quintilian a. a. O. weiter bemerkt, hat Aristophanes von Byzanz, der sich eifrig mit der höheren Kritik des Hesiodischen Nachlasses befaßte, die ὑποθῆκαι dem H. abgesprochen: nam is (Aristophanes grammaticus) primus Ὑποθήκας … negavit esse huius poetae.
Μεγάλα Ἔργα
Unter die unechten Werke gehören ferner die Μεγάλα Ἔργα. Sichere Anführungen daraus und zwar unter H.s Namen gibt es nur zwei, in dem anonymen Kommentar zu Aristoteles Nikomach. Ethik V 8 (p. 222, 22 H.) = frg. 174 und in den Proklosscholien zu Erg. 126 = frg. 175. Ob die Notizen bei Plinius über verschiedene Pflanzen und deren Kräfte (frg. 227–231) sowie die bei Servius zu Georg. III 280 irgendwie mit dem Gedichte zusammenhängen, wie man früher meinte, ist unbeweisbar. Das gleichfalls gelegentlich hieher bezogene Fragment bei Fulgentius Mitol. III 1 (p. 59f. H.) angeblich Esiodus in bucolico carmine ist, wie schon Scriverius sah, unecht (frg. fals'l5) Unger (Philol. IV 723) hielt es für ein Zitat aus Euphorions H. über den Inhalt des Gedichts läßt sich nichts Bestimmtes sagen, selbst der Titel bleibt dunkel. Nach frg. 174 scheinen [1223] auch Sprüche – wie in den Erga – darin enthalten gewesen zu sein. Vielleicht umfaßte das Werk Zusätze zu den Erga, vgl. v. Wilamowitz Herm. XL 123f.
Δάκτυλοι Ἰδαῖοι
Ein Gedicht von den Zwergen und Schmieden Δάκτυλοι Ἰδαῖοι, über deren Wesen der Artikel von Kern Bd. IV S. 2018 zu vergleichen ist, zählt Suidas unter den Hesiodischen Werken auf: περὶ τῶν Ἰδαίων Δακτύλων. Wir besitzen nur kurze Notizen daraus bei Plin. n. h. VII 56, 197 und Clemens Strom. 116, 75 (danach Euseb. praep. evang. X 6, 5), welche sich auf die Kunst der idäischen Daktylen, das Eisen zu schmieden, beziehen (frg. 176); vgl. Lobeck Aglaopham. 1156. Bethe Herm. XXIV 413. Sittl Wien. Stud. XII 62. Kaibel Götting. Gel. Nachr. 1901, 515.
Ἀστρονομία
Ein Gedicht des 6. Jhdts. war die Ἀστρονομία, die über Sternsagen handelte. Marckscheffel hat sie (Hesiodi … frg. p. 196) mit O. Müller bis in die alexandrinische Epoche (nach Eudoxos) herabdrücken wollen, weil früher Verstirnungsmythen wenig bekannt gewesen seien und man ein Werk solchen Inhalts erst der gelehrten Poesie zutrauen könne. Ähnlich meinte Maaß (Aratea, Phil. Unters. XII 268), die Astronomie sei vielleicht erst in die Zeit nach Aratos zu verlegen. Indessen ist durch die Untersuchungen von Robert Eratosth. 237. Rehm Mythogr. Untersuch., München 1896, 36 und Nilsson Rh. Mus. LX 180 ihr höheres Alter erwiesen worden. Der letztgenannte Gelehrte hebt hervor, daß die Auffassung des Plinius n. h. XVIII 25, 213 (in frg. 179) vom Untergange der Pleiaden zur Zeit der Herbstnachtgleiche nicht noch in alexandrinischer Zeit aufrecht erhalten werden konnte. Die Autorschaft H.s wurde im ganzen wenig anerkannt, denn Athenaios, der die frg. 177–179 bewahrte, nennt ihren Urheber ὁ τὴν εἰς Ἡσίοδον ἀναφερομένην ποιήσας Ἀστρονομίαν (XI 491 c); auch bei Plinius n. h. XVIII 25, 213 (frg. 179) heißt es nur: nam huius (Hesiodi) quoque nomine extat Astrologia. Hingegen scheint Plutarch Mor. p. 402 Ε ἐν μέτροις πρότερον Εὐδόξου καὶ Ἡσιόδου καὶ Θαλοῦ γραφόντων, indem er nur betreffs des Thales einen Zweifel äußert, die Autorschaft H.s anzunehmen. Auch der Scholiast zu Arat. 254 (frg. 180) und nach ihm Tzetzes zu Hes. Erg. 384 legen die ἀστρικὴ βίβλος, aus der einige Verse zitiert werden, dem Dichter bei.
Aigimios
Teils dem Η., teils dem Milesier Kerkops wurde der Aigimios zugeschrieben, ein Gedicht, das wohl auf die Geschichte des gleichnamigen Dorerkönigs Bezug nahm, der, von den Lapithen bedrängt, bei Herakles Hilfe suchte, vgl. [Apollod.] II 7, 7 Diodor. IV 37. Steph. Byz. s. Ἀβαντίς (frg. 186) zitiert Ἡσίοδος ἐν Αἰγιμίου δευτέρῷ, wonach also das Gedicht mindestens zwei Bücher umfaßte (vgl. auch frg. 185); der Name H.s schlechthin wird für hieher gehörige Bruchstücke angeführt in frg. 187. 189 und 191, während Athen. XI 503 c meint, entweder H. oder Kerkops seien die Verfasser des Gedichts gewesen (frg. 190): ὁ τὸν Αἰγίμιον ποιήσας, εἴθ’ Ἡσίοδος ἐστιν ἢ Κέρκωψ ὁ Μιλήσιος. Einigemale wird ohne Nennung des Autors vorsichtig ὁ τὸν Αἰγίμιον ποιήσας gesagt, so bei Philodemos [1224] περὶ εὐσεβ. p. 5. ferner im Schol. Laur. zu Apoll. Rhod. Arg. III 587 und IV 816 (frg. 184 und 185) und ebenso im Schol. Eurip. Phoen. 1116 (Tzetz. Schol. zur Exeges. d. Ilias p. 153, 21) = frg. 188. Die erhaltenen Bruchstücke nehmen außer auf Details der Phrixos- und Thetissage (frg. 184 und 185) vornehmlich auf den Mythos der Ιο, welcher im zweiten Buche berührt war (frg. 186ff.), Bezug; vgl. Mellén De Ius fabula cap. sel., Upsala 1901. Deubner Zur Iosage, Philol. LXIV (1905) 481; in beiden Arbeiten wird auf die Divergenzen in der Darstellung des Katalogs und des Aigimios eingegangen. Die im frg. 190 überlieferten Worte ἔνθα ποτ’ ἔσται ἐμὸν ψυκτήριον, ὄρχαμε λαῶν will Müller Dor. II 481 dem Herakles gegenüber dem Aigimios in den Mund gelegt wissen.
Eine Anzahl Fragmente, die wir sonst besitzen, lassen sich in den genannten Dichtungen nicht unterbringen; einige davon sind erst in neuerer Zeit durch die Papyrusfunde identifiziert worden. Andere sind offenkundig unecht, wofür ein signifikantes Beispiel bei Athen. III 116 a (Fragm. falsa 15 b) vorliegt: Euthydemos von Athen schob ἐν τῷ περὶ ταρίχων dem Η. eine längere Auseinandersetzung über gesalzene Fische unter; sehr gut wird bei Athenaios diese Zumutung abgefertigt mit den Worten: ταῦτα τὰ ἔπη ἐμοὶ μὲν δοκεῖ τινος μαγείρου εἶναι μᾶλλον ἢ τοῦ μουσικωτάτου Ἡσιόδου.
Überlieferung und Textgeschichte
Überlieferung und Textgeschichte. Neben dem echten Texte der Dichtungen sind, wie schon bemerkt worden, auch Variationen, Einlagen und Interpolationen sorgfältig aufgezeichnet und bewahrt worden. Von Bemühungen, den überkommenen Text zu wahren oder kritisch zu behandeln, ist aus älterer Zeit sehr wenig bekannt. Nur Plutarch meldet Thes. 20, daß der Vers δεινὸς γάρ μιν ἔτειρεν ἔρος Πανοπηίδος Αἴγλης frg. 105 von Peisistratos beseitigt worden sei: τοῦτο γὰρ τὸ ἔπος ἐκ τῶν Ἡσιόδου Πεισίστρατον ἐξελεῖν φησιν Ἡρέας ὁ Μεγαρεύς. Welche Gründe den Peisistratos zu dieser Maßnahme, die doch nur auf irgend welche attische Exemplare sich erstrecken konnte, veranlaßten, sagte der Megarer Hereas nicht. Die aus dieser Nachricht gezogene Folgerung von Dimitrijevič (Stud. Hesiod. 11), Peisistratos habe eine Art Redaktion der Hesiodischen Gedichte veranstaltet, ist bei dem Mangel sonstiger Mitteilungen zum mindesten eine kühne Behauptung. Mit demselben oder größeren Rechte müßte man die ‚Peisistratische Homerrezension‘ schon durch den einzigen Umstand, daß ein anderer Megarer, Dieuchidas, berichtete, die Verse Il. II 546ff. seien von Peisistratos interpoliert, als vollkommen erwiesen erachten. Der Text selbst läßt sich durch die Nachahmungen verschiedener Dichter, die, wie wir gesehen, früh einsetzen, und seit dem 5. und 4. Jhdt. (von Akusilaos, Xenophon und Platon an) durch die vielen Zitate einigermaßen kontrollieren. Diese werden so ein wichtiger Behelf für die Kritik. So las nach dem Schol. zu Theog. 379 Akusilaos in diesem Verse ἀργέστην als Epitheton zu Ζέφυρον, da er nur die Nennung dreier Winde bei H. erwähnt (= Akus. frg. 30 D.), wonach er auch 870 ἀργέστεω Ζεφύροιο und nicht, wie die Hss. bieten, Ἀργέστεω Ζεφύρου τε (nur L Ζεφύροιο in Rasur) gebilligt [1225] haben muß. Xenoplion und Piaton (sowie auch Plutarch und Aristides Quintilianus) haben uns an der berühmten Stelle der Erga 288 die Lesart λείη μὲν ὁδός bewahrt, wogegen die Hss. die Variante ὀλίγη bieten, die jener an Güte nachsteht. Freilich sind die Angaben nicht immer zuverlässig, zumal gelegentlich aus dem Gedächtnisse zitiert wurde. Ein und derselbe Schriftsteller gibt zuweilen an verschiedenen Orten differente Lesarten im selben Verse: Platon zitiert Krat. 397 Ε aus Erg. 122 τοὶ μὲν δαίμονες ἁγνοὶ ὑποχθόνιοι καλέονται, während er in der Republ. V 468 Ε für dieselbe Stelle die Variante ἁγνοὶ ὑποχθόνιοι τελέθουσιν bietet; bei Aischines (über die Truggesandtschaft 158) liest man im Versschluß von Erg. 241 μηχανάαται, wie in unseren H.-Hss., aber gegen Ktesiph. 134 μητιάαται. Mitunter haben sich die Schriftsteller den Text sogar für ihre Zwecke zurechtgelegt, wie der Stoiker Zenon Stoic. Pragm. 156 A. (nach Laert. Diog. VII 1, 21), der Erg. 293 und 295 so verschränkte: κεῖνος μὲν πανάριστος, ὃς ἐν εἰπόντι πίθηται· | ἐσθλὸς δ’ αὗ κἀκεῖνος, ὃς αὐτῷ πάντα νοήση. Wie weit sich Aristoteles mit den Hesiodischen Gedichten beschäftigte, läßt sich nicht bestimmen, zumal seine ἀπορήματα Ἡσιόδου (Westermann Biogr. Gr. 404, 75. Rose Aristot. pseudepigr. 154) zweifelhaft sind. Wohl aber wissen wir von dem Peripatetiker Praxiphanes, Schüler des Theophrast (Preller De Praxiph. Perip., Ausgew. Aufs. 94), daß er, dem ein Exemplar ohne προοίμιον (das der Boioter am Helikon, vermuteten Leo Hesiodea 6 und Dimitrijevič a. a. O. 8) vorlag, wohl in seinem literarhistorischen Dialog περὶ ποιημάτων, das Prooimion der Erga verwarf (Procl. praef. zu Erg. II 3G.).
Als man in der alexandrinischen Epoche anfing, die Schätze der griechischen Literatur wissenschaftlich zu bearbeiten, da war es natürlich auch H., dem sich das Interesse der bedeutendsten Gelehrten zuwendete. Der Text der Gedichte war wohl um die Wende des 5. und 4. Jhdts. aus der alten in die neue ionische Schrift umgesetzt worden. Es scheint, daß sich bei dieser Gelegenheit, wie in den Homerischen Gedichten, einige Fehler einschlichen, deren Spuren noch in unseren Hss. wahrnehmbar sind. Dahin gehört als besonders auffälliges Beispiel Asp. 254 ψυχὴ δ’ Ἄιδόσδε κατῇεν, wo die Codd. (außer Ι) κατεῖεν (Β κατ’ είεν) bieten, das wohl aus altem ΚΑΤΕΙΕΝ (= κατῇεν) stehen blieb; vgl. Rzach Dial. d. Hesiod. 453. Erg. 330 ist ὅς τέ τευ ἀφραδίῃς ἀλιταίνεται ὀρφανὰ τέκνα überliefert, wobei ἀλιταίνεται Konjunktiv Präsens wäre. Da der kurze Modusvokal hier unstatthaft ist, so ist anzunehmen, daß die alte Schreibung ΑΛΙΤΑΙΝΕΤΑΙ ohne Elision lautete, wie öfter auf metrischen Inschriften, die nun als ἀλιταίνητ’ aufzufassen ist. – Bei der Umschreibung verschwand noch vorhandenes Digamma endgültig. Daher begreiflich, wenn wir jetzt Theog. 399 einen auffälligen Hiatus περισσὰ δὲ δῶρα ἔδωκεν vorfinden: hier stand einst δῶρα ϝ’ (= ϝοῖ) ἔδωκεν. Nachmals versuchte man durch δ’ ἔδωκεν oder δέδωκεν Ordnung zu schaffen; vgl. Rzach Wien. Stud. XVI 221.
Die Alexandriner wandten ihr Augenmerk ebenso Fragen der höheren und niederen Kritik [1226] wie der Exegese zu. Zunächst hat Apollonios Rhodios, Dichter und Gelehrter zugleich, den Anhang der Erga mit der Ornithomantie dem H. abgesprochen, dagegen trat er (ἐν τρίτῳ, d. i. im dritten Buch seines Kommentars) für die Echtheit der Aspis ein. Daß er sich auch mit Textkritik beschäftigte, bezeugt das Schol. zu Theog. 26. Zenodot vertrat Theog. 5 die unrichtige Lesart Τερμησσοῖο (nach dem Scholion). Dies wird in einem Kommentar geschehen sein, da es im Scholion heißt ἐν τοῖς Ζηνοδοτείοις. Einen besonders eifrigen Anteil an den H.-Studien nahm Aristophanes von Byzanz; er verwarf nach der Hypothesis Α den Schild und nach Quintilian I 1, 15 die Χίρωνος ὑποθῆκαι als nicht Hesiodisch. Da es im Scholion zu Theog. 68 heißt ἐπεσημήνατο ταῦτα ὁ Ἀριστοφάνης, so hat er vielleicht eine kritische Ausgabe mit σημεῖα veranstaltet. Auch Aristarch nahm eifrig an den kritischen Arbeiten zu H. Teil. Wir hören einiges über seine Athetesen: mit andern Vorgängern strich er das Prooimion der Erga, ebenso das Epimythion der Fabel Erg. 210f.; auch der v. 740 verfiel nach dem Scholion seinem Obelos, womit zugleich der folgende v. 741 verschwinden muß. Nach seinem Vorgange verwarfen seine Anhänger Theog. 115. Über seine Kritik einzelner Stellen berichtet z. Β. das Scholion zu Theog. 991, wo er μύχιον las (die Hss. νύχιον); Exegetisches betreffen die auf ihn bezüglichen Notizen in den Scholien zu Theog. 79 und Erg. 97. Mit Rücksicht auf diese Mitteilungen und besonders auf den Umstand, daß Aristonikos sicher (vgl. u.) eine Schrift über die Aristarchischen σημεῖα in der Theogonie verfaßte, werden wir annehmen dürfen, daß es eine ἔκδοσις Ἀριστάρχειος auch des Η. gab. Allerdings sind wir in Anbetracht der spärlichen Nachrichten, die wir haben, bislang nicht in der Lage, sie zu rekonstruieren oder ihre Bedeutung gegenüber dem Vulgatatext näher festzustellen. Vgl. über Aristarchs Tätigkeit Waeschke De Arist. stud. Hesiodiis (unzureichend), Comm. phil. Lips. 1874, 151ff. Flach Jahrb. f. Phil. 1877, 433. Cohn o. Bd. III S. 782. Dimitrijevič Stud. Hesiod., Leipzig 1899, 118ff., dazu Rzach Liter. Centrabl. 1899, 1616ff. Peppmüller Berl. Phil. Wochenschr. 1900, 609ff. Aristarchs Schule setzte die H.-Studien fort; insbesondere wissen wir einiges von der kritischen Tätigkeit des Seleukos (mit dem Beinamen Ὁμηρικός), vgl. M. Mueller De Seleuco Homerico, Göttingen 1891. Er athetierte Theog. 114 und 115 (teilweise im Gegensatz zu andern Aristarcheern); Asp. 415 vertrat er die Lesart χαλκός (die Hss. meist χαλκόν), offenbar nach Aristarch, der Hom. Il. III 348. VII 259. XVII 44 so schrieb; mehrfach versuchte er aber eigene Konjekturen, wie Erg. 96 πίθοιοι und μυχοῖοι (vgl. Schultz D. Überlief. der Hesiodschol. 94), für δόμοισι; dann Erg. 549 ὀμβροφόρος für πυροφόρος, Theog. 160 ἀχνυμένη für στεινομένη, Theog. 270 καλλιπάρῃος (Κητώ) für καλλιπαργίους (Γραίας). Von anderen Aristarcheern ist hier Didymos Chalkenteros nennen. Er scheint nicht bloß die Resultate älterer Forschung übernommen, sondern sich selbst auch kritisch betätigt zu haben. Erg. 304 trat er für κοτούροις mit phantasievoller Etymologie ein; Theog. 126 [1227] las er ἑαυτῇ, wie in den Hss. des Mittelalters steht, Pap. Α und Theophilos ἑωυτῇ. Das letztere ist wohl die Zenodotische Lesart (vgl. Aristonikos zu Il. XIV 162 Ζηνόδοτος γράφει ἑωυτήν); das erstere wahrscheinlich die Aristarchs: beide, wie leicht erklärlich, aus der ursprünglichen Schreibung ΕΟΙΑΥΤΗΙ hervorgegangen, da dies entweder zu ἑ’ αὐτῇ oder mit Krasis zu ἑωυτῇ werden konnte, vgl. Rzach Wien. Stud. XVI 220. Über Didymos’ Tätigkeit zu den Erga vgl. Dimitrijevič a. a. O. 143ff. Von Aristonikos wissen wir bestimmt, daß er wie über die kritischen Zeichen des Aristarch bei Homer, so auch eine analoge Schrift betreffs des H. verfaßte; Suid. s. Ἀριστόνικος erwähnt wenigstens eine solche zur Theogonie: περὶ τῶν σημείων τῶν ἐν τῇ Θεογονίᾳ Ἡσιόδου. Flach versuchte aus dem Scholienbestande eine Anzahl Stellen auf Aristonikos zurückzuführen, Schol. z. Theog. 100ff. und Jahrb. f. Phil. 1877, 433. Nach ihm behandelte dies Thema Dimitrijevič a. a. O. 124ff.
Wie Aristarch, so hat auch sein Gegner, das Haupt der pergamenischen Schule, Krates von Mallos, Hesiodischen Studien obgelegen. Besondere Erwähnung verdient seine Note zu Theog. 142 (in den Scholien), wonach er an Stelle des landläufigen V. 142, der von der Gottähnlichkeit der Kyklopen spricht, einen anders geformten οἳ δ’ ἐξ ἀθανάτων θνητοὶ τράφεν αὐδήεντες setzte. Unbeweisbar ist, daß, wie Wachsmuth De Crat. Mall. 28, 1 folgerte, dem Grammatiker eine andere Rezension des Gedichts vorgelegen wäre; ebenso unstatthaft die Ansicht Marckscheffels (a. a. O. 127), Krates habe jenen Vers (142 b) aus dem Katalog zitiert. Erg. 530 las Krates μαλκιόωντες für μυλιόωντες. Auch von dem Pergamener Demetrios Ixion aus Adramyttion, der, obgleich ursprünglich Aristarchs Schüler, sich dann an die Pergamener anschloß, wird neben seinen Homerischen Schriften bei Suidas eine ἐξήγησις εἰς Ἡσίοδον genannt.
Nur aus Zitaten des Etym. Gud. cod. z (Stefani) s. Ἀλκαία (Asp. 431) u. s. ἀπότροπος οἶνος (Asp. 301) kennen wir das ὑπόμνημα Ἀσπίδος Ἡσιόδου (frg. 52 u. 51L.) des Grammatikers Epaphroditos, der im 1. Jhdt. n. Chr. blühte (s. Cohn o. Bd. V S. 2711f.).
Eine intensive Tätigkeit widmete seinem böotischen Landsmann Plutarch, der nach Gellius Noct. Att. XX 8 vier Bücher Kommentare zu H. verfaßte, von denen manches in unsern Scholienbestand überging. Die Überreste gesammelt bei Bernardakis Ausg. der Moralia B. VII 51ff., Leipzig 1897; vgl. Westerwick De Plutarchi stud. Hesiod., Münster 1893. Dimitrijevič a. a. O. 100ff.
Eine μετάφρασις εἰς τὴν Ἡσιόδου Θεογονίαν verfaßte Demosthenes Thrax (nach Suidas), dessen Zeit unbekannt ist (vgl. Cohn o. Bd. V S. 189).
Scholien
Scholien. Aus den Arbeiten der alten Kritiker ist Vollständiges nicht erhalten. Was wir von ihnen wissen, stammt aus den Scholien oder ist durch sonstige Nachrichten bei einzelnen Schriftstellern bekannt. Die bisher vorhandenen Ausgaben der Scholien lassen fast alles zu wünschen übrig. Eine neue umfassende Bearbeitung des Materials ist von H. Schultz zu erwarten, der eine sehr sorgfältige Vorarbeit hiezu herausgegeben [1228] hat: die handschriftliche Überlieferung der H.-Scholien, Abh. der Götting. Gesellsch. d. Wissensch., Berlin 1910. Nebst einer kritischen Würdigung der Ausgaben und einem genauen Verzeichnis der Handschriften, in denen Scholien enthalten sind, bespricht Schultz 64ff. die Grundlagen der recensio.
Erga kai Hemerai
An Scholienmaterial liegt uns vor: a) zu den Erga: 1. die Proklosscholien, welche sich als ein Auszug aus dem bei Suidas genannten Werke des Proklos ὑπόμνημα εἰς τὰ Ἡσιόδου Ἔργα καὶ Ἡμέραι darstellen, mit welchem, wie zuerst Usener Rh. Mus. XXII 587 betont hat, Exzerpte eines Grammatikers des ausgehenden Altertums vereinigt sind, in welchem Dimitrijevič, der Stud. Hesiod. 14ff. in einem besonderen Kapitel (II) über die Ergascholien handelt, auf S. 113 den Choiroboskos erkennen wollte. Die Handschriften dieser Scholien gehen, wie Schultz darlegt, auf ein Exemplar zurück, das schon zur Zeit, da die älteste, der Paris. 2771, daraus abgeschrieben wurde, eine Lücke hatte (Gaisf. 363, 7), die allen gemeinsam ist; 2. weitere Scholien rühren von dem Byzantiner Ioannes Tzetzes aus dem 12. Jhdt. unter dem Titel ἐξηγήσεις εἰς Ἔργα καὶ Ἡμέρας. Er schrieb vielfach den Kommentar des Proklos aus, benutzte aber reichere Exzerpte aus diesem, als sie noch vorhanden sind. Die ältesten Codices dieser Tzetzesscholien sind der Messanius saec. XII–XIII und der Ambrosianus C 222 inf. saec. XIII, die beide der Zeit des Urhebers der Scholien nahe stehen; 3. wertlose Scholien hat der Byzantiner Manuel Moschopulos im 13. Jhdt. zusammengeschrieben; 4. einen Kommentar zu den Ἡμέραι allein verfaßte Ioannes Protospatharios, im Cod. Vatic. gr. 216 (saec. XIV) betitelt: ἐξήγησις τῶν Ἡμερών Ἡσιόδου ἀπὸ φωνῆς τοῦ Πρωτοσπαθαρίου κυροῦ Ἰωάννου, vgl. Schultz a. a. O. 25; 5. bislang unbekannt war der von Schultz 34ff. aus dem Cod. Vatic. gr. 915 zum ersten Male publizierte mathematische Kommentar zu den Ἡμέραι. Unveröffentlicht blieben die Scholien des Grammatikers Maximus Planudes.
Theogonie
b) zur Theogonie besitzen wir: 1. Scholien, in der Ausgabe von Flach 207–291; 2. Glossen bei Flach 183ff.; 3. des Ioannes Diakonos Galenos εἰς τὴν τοῦ Ἡσιόδου Θεογονίαν Ἀλληγορίαι. Die Überlieferung der Theogoniescholien ist minderwertig. Maßgebend sind nach Schultz’ Untersuchung die codd. Paris. 2708 (saec. XV), Vatic gr. 1332 (saec. XIII–XIV), Mutinensis α Τ 9, 14 (saec. XV) nebst einem Blatte im Paris. suppl. gr. 679, woneben die der Baseler Ausgabe zugrunde gelegene verlorene Handschrift und das Exzerpt des Demetrios Triklinios in der von ihm geschriebenen Handschrift Venetus Marc. 464 zu berücksichtigen sind.
Aspis
c) Zur Aspis gibt es verhältnismäßig wenige Scholien und Glossen, bei Ranke 23ff., daneben σχόλια παραφραστικά, ebd. 41ff., welche den Inhalt des Gedichts umschreiben. Sie gehören dem Ioannes Diakonos Pediasimos, der unter Andronikos III. im 14. Jhdt. Chartophylax von Bulgarien war. Durch Muetzell De emend. Theog. Hesiod, Leipzig 1833, 295 wurde wahrscheinlich gemacht, daß er nicht, wie man früher meinte, mit dem Ioannes Diakonos Galenos, unter dessen Namen die Allegorien zur Theogonie überliefert sind, [1229] identisch sei; vgl. auch Krumbacher Gesch. der byzant. Litter.² 557, 3. Für die Aspisscholien kommen außer den von Ranke herangezogenen Handschriften noch in Betracht Mntinensis α Τ 9, 14 (saec. XV), Ambrosianus C 222 inf. (saec. XIII) und Laurent. conv. soppr. 158 (saec. XV).
Über den Wert der bisher publizierten Scholiensammlungen belehrt Schultz a. a. O. 1ff. Die erste Ausgabe ist die des Trincavelli, erschienen zu Venedig 1537, worin nebst den Scholien des ‚Proklos‘, Tzetzes und Moschopulos zu den Erga, weiter Ioannes Protospatharios’ Exegese zu den Ἡμέραι, die alten Scholien zur Theogonie nebst den Allegorien des Ioannes Diakonos Galenos und die oben erwähnten Scholien zur Aspis enthalten sind. Die kurz darnach erschienene Baseler Ausgabe von 1542 umfaßt die alten Scholien zur Theogonie, die des Tzetzes zu den Erga und Scholien zur Aspis, und zwar auf Grund einer verlorenen Handschrift in Cambridge. Nach diesen beiden ältesten Editionen ließ dann Heinsius die Scholien in seiner Ausgabe von 1603 abdrucken. Barauf beruhte dann die Gaisfords in den Poetae minores Graeci, Oxford 1814–1820 und der Leipziger Druck von 1823. Seither sind bloß Einzelausgaben von Scholien erschienen, und zwar legte, nachdem Heinrich in seinem Hesiodi scutum Herculis, Breslau 1802, 37 die Aspisscholien hatte abdrucken lassen, diese in verbesserter Gestalt Ranke in seiner Spezialedition des Schildes, Quedlinburg und Leipzig 1840 vor. Hierauf erschienen in Vollbehrs Edition der Erga die Proklosscholien, hauptsächlich nach dem Pariser Codex 2771 und Gaisford. Im J. 1876 publizierte dann Flach seine Glossen und Scholien zur hesiodischen Theogonie mit Prolegomena (Leipzig). Von Arbeiten zu den Scholien wären außer den erwähnten noch etwa zu nennen Schoemann De schol. Theogoniae (1848), Opusc. II 510; ders. De veterum criticorum notis ad Hes. Opera et Dies (1855), Opusc. III 47ff. Flach Die alexandrin. Fragm. in den Schol. zur hes. Theog., Jahrb. f. Phil. 1874, 815ff.; ders. Zu den Schol. der hes. Theog. ebd. 248. 432. 711ff. Sittl Zur ältesten H.-Überlieferung, S.-Ber. Akad. München 1889, 362f,; Mitteilung über die auf zwei Blättern vorliegenden Schol. zur Theog. u. zu den Erga aus Cod. Paris. suppl. gr. 679. Dimitrijevič Stud. Hesiod. Cap. II 14ff.
Handschriften
Handschriften. Da wir von den Arbeiten der alexandrinischen Kritiker nur spärliche Trümmer besitzen und demnach bislang nicht in der Lage sind, mit ihrer Hilfe den Text der Hesiodea festzustellen, so bildet die Hauptgrundlage der Texteskonstitution der Bestand an Handschriften und die Nebenüberlieferung, welche die sehr zahlreichen Zitate bei alten Schriftstellern und die Imitationen von Stellen bei Dichtern und in einigen Inschriften umfaßt. Die Auffindung einer Reihe von Überresten von Papyrusrollen hat uns eine erfreuliche Tatsache gebracht: es eröffnet sich uns der Ausblick auf den Zustand des Textes in der römischen Kaiserzeit, etwa sieben Jahrhunderte vor unseren ältesten Pergamentcodices. Ein Vergleich lehrt uns alsbald, daß unsere mittelalterliche Tradition mit der des Altertums in direktem Zusammenhange steht, insofern in jener der Text, wenn auch an einzelnen Stellen etwas getrübter, doch im [1230] ganzen ohne wesentliche Veränderung zutage tritt. Es hat sich ferner besonders glücklich gefügt, daß sich mit Hilfe der Papyri unsere Kenntnis des antiken Texteszustandes über größere Partien der Hesiodea erstreckt. So besitzen wir gegenwärtig aus der kostbaren dem 4. Jhdt. entstammenden Papyrushandschrift Erzherzog Rainer Fragmente aller drei Gedichte des Hesiodischen Corpus aus ganz verschiedenen Teilen des Textes, sodaß Wessely sogar eine Rekonstruktion dieses Papyrus unternehmen konnte: Hesiodi carm. fragm. antiquissima, Stud. z. Paläogr. u. Papyruskunde Ι p. III–XXIII, Leipzig 1901, mit Tafeln in Faksimiles. Erfreulich ist es, daß in neuerer Zeit auch für den vorher bloß aus Zitaten bekannten Katalog nunmehr gleich mehrere und umfangreichere Überreste von Papyrushandschriften aus Ägypten ans Licht traten.
Erga kai Hemerai
I. Erga. a) Antike Überreste auf Papyrus: 1. Papyrus Erzh. Rainer, jetzt in der Wiener Hofbibliothek L. P. 21–29 aus dem 4. Jhdt. = A. Näheres über diese höchst wertvolle Quelle gibt Wessely Literarische Fragm. aus El-Faijûm I. Hesiod. Mitt. a. d. Samml. der Papyr. Erzh. Rainer I 73ff., Wien. Rzach Die neuen Papyrusfragm. d. Hesiod, Wien. Stud. X 261ff. Rzach Symbol. Prägens. 1893, 190ff. Neue Bruchstücke bei Wessely in der oben erwähnten Publikation, vgl. Rzach Zu d. neugefundenen Bruchstücken des Hesiodpap. Erzh. Rainer, Stud. z. Paläogr. u. Papymsk. v. Wessely, Leipzig 1901, 11ff. Ein Faksimile mit den v. 780ff. ist der großen kritischen Ausgabe von Rzach beigegeben; 2. Papyrus Naville, jetzt in der Bibl. zu Genf Pap. 94 (= B), public. von Nicole Fragments d’Hésiode sur papyrus d’Egypte, Rev. de Phil. XII 113, von Naville in Ägypten erworben; aus einer Rolle des 5. Jhdts. Von Wichtigkeit ist das zweite Bruchstück, da hier, wie schon erwähnt, Reste von vier bislang unbekannten Versen vorliegen, die mit dem aus den Scholien erhaltenen v. 169, wie Weil Fragm. d’Hésiode sur papyr. d’Egypte, Rev. d. Phil. XII 173ff. erkannte, von der antiken Kritik ausgeschieden wurden. Über die Rekonstruktion der Verse vgl. außer Weil, Peppmüller Philol. LII 593ff. Kuiper Sert. Naberic., Leyden 1908, 213ff.; 3. Berliner Papyrus 7784 mit Resten der v. 199–204 und 241–246 ohne Varianten (= E), vgl. Schubart-v. Wilamowitz Berlin. Klassikertexte V 1 p. 46; 4. Papyrus Oxyrhynchia 1090 aus dem 1. Jhdt. mit den v. 257–289 (= S), ed. von Hunt The Oxyrhynchus Papyri VIII (1911) mit einigen interessanten Lesungen, so 263 Β⟨α⟩ϹΙΛΗϹ mit Kontraktion, 264 ϹΚΟΠΙΕω⟨ν δε δ⟩ΙΚΕωΝ, 278 METAV⟨τοις wie Pap. Α und Plutarch u. a.
b) Handschriften des Mittelalters. Die erste Stelle nehmen ein Cod. Paris. 2771, die älteste aller unserer vollständigen H.-Handschriften, aus dem 11. (nach dem Katalog dem 10. Jhdt.), C bei Rzach, und Cod. Laurent. XXXI 39 des 12. Jhdts. = D. Sie sind die wichtigsten Vertreter von zwei Familien Ω und Ψ, vgl. über ihre Bedeutung Rzach Zur ältesten Überlieferung der Erga des Hesiod. Symbol. Prägens., Wien 1893, 165ff., wo auch zwei Faksimiles des Paris. 2771 beigegeben sind. Für den Verlust einiger Blätter in C bietet Ersatz der Consensus der dieser Sippe angehörigen Handschriften Vatic. 38 (F), Venet. Marcian. IX 6 [1231] (G) und Laurent. XXXI 37 (H), die alle aus dem 14. Jhdt. stammen. Unter den Sprossen der andern Familie Ψ ist neben D die älteste und bemerkenswerteste Handschrift der Laurent. XXXII 16 (J) des 13. Jhdts. Über die jüngeren Vertreter beider Sippen vgl. Rzach Neue handschriftliche Studien zu Hesiods Erga, Wien. Stud. XX 91ff. Eine dritte Gruppe bilden jene Handschriften welche die Rezension, wie es scheint, eines byzantinischen Grammatikers enthalten, die einige gute alte Lesarten bewahrte, im ganzen aber an Wert den oben genannten zwei nachsteht; vgl. darüber Rzach Die Sippe des Cod. Messanius der hesiod. Erga, Serta Hartel., Wien 1896, 209ff. Der wichtigste Repräsentant dieser Familie ist eine Handschrift der Universitätsbibliothek zu Messina, der cod. preesistente 11 des ausgehenden 12. oder wohl erst des 13. Jhdts. (E). Da sie einige Blattverluste erlitten hat, so sind die Lücken mit Hilfe der dieser Gruppe angehörigen jüngeren Codices auszufüllen und besonders des cod. Ambros. J 15 sup. (N) des 14. Jhdts. Von eigenem Werte ist der Cod. Ambros. C 222 inf. aus dem 13. Jhdt., obgleich er einen gemischten Test enthält. Fast wertlos ist die Rezension des Grammatikers Demetrios Triklinios (t), die er in dem von seiner eigenen Hand in den Jahren 1316–1320 geschriebenen cod. Venet. Marcian. 464 niedergelegt hat. Im allgemeinen folgte er einem Exemplar der Sippe Ω.
Der Text der Erga ist somit vornehmlich auf den Codices C, D, Ε mit Beihilfe der Papyri aufzubauen.
Theogonie
II. Theogonie. a) Papyrusüberreste: 1. der Pariser Papyrus supplem. gr. 1099 des 4.–5. Jhdts. (A), aus Achmim (dem alten Panopolis) stammend, publiziert von Wilcken S.-Ber. Akad. Berl., phil-hist. Gl. 1887, 807ff.; er umfaßt die v. 75–145. Das Fragment stammt aus einer Rolle, welche, wie der vorgefundene Titel bezeugt, Theogonie, Erga und Aspis enthielt, wie der Papyrus Rainer. Über die Bedeutung für die Texteskonstitution vgl. Rzach Wien. Stud. X 261ff.; 2. Bruchstück des Papyrus CLIX des Britischen Museums in London, etwa des 4. Jhdts. (B), ed. von Kenyon Rev. de Phil. XVI 181ff. mit Resten der v. 210–238 und 260–270; 3. die nachträglich ans Licht getretenen Fragmente des Papyr. Rainer (R), s. Wessely und Rzach a. a. O.; 4. Oxyrhynchos-Pap. 873, 3. Jhdt., Reste von V. 930–939 und 994–1004, ed. von Grenfell-Hunt B. VI 1908 (O); 5. Überreste der v. 643–656 im Catalogue of the Greek Papyri in the John Rylands Library, Manchester I nr. 54, herausg. von Hunt 1911 (M), Ende des 1. Jhdts. v. oder Anfang des 1. n. Chr.
b) Mittelalterliche Handschriften. Für die Theogonie besitzen wir keine so alte und gute vollständige Handschrift wie für die Erga. Alle maßgebenden Codices flossen aus einem Archetyp, dessen Text in zwei Sippen sich fortpflanzte, vgl. Rzach Die handschriftliche Überlieferung der Hesiodischen Theogonie, Wien. Stud. XIX 15ff. Die wichtigste Handschrift ist der Laurent. XXXII 16 (D) aus dem J. 1281; von einem älteren im 12. Jhdt. in einer verwilderten byzantinischen Orthographie geschriebenen Codex, der vom Athos stammt, besitzen wir Bruchstücke mit den v. 72–145 und 450–504 im cod. Paris, supplem. gr. 663 (C), vgl. Sittl Zur ältesten Hesiodüberlieferung. S.-Ber. [1232] Akad. München, phil-hist. Cl. 1889, 351ff. Peppmüller Die neueste Bereicherung der hesiod. Textesüberlieferung, Jahrb. f. Phil. 1889, 667ff. Zur selben Sippe Ω gehören noch mehrere Handschriften des 14. und 15. Jhdts. Eine zweite Klasse Ψ, die etwas geringwertiger ist, aber nicht entbehrt werden kann, umfaßt die zwei engverwandten Codices Venet. Marcian. IX 6 aus dem 14. Jhdt. (K) und Paris. 2708, aus dem 15. Jhdt. (L). Außerdem gibt es von der Theogonie zwei Rezensionen byzantinischer Gelehrter, und zwar die des Triklinios in seinem obenerwähnten Codex (t) und eine anonyme, die durch den Consensus des cod. Romanus Casanatensis 356 (14. Jhdt.), des Vatic. 1392 und Laurent. LXXXXI sup. 10 (beide des 15. Jhdts.) repräsentiert wird (Rezension x).
Aspis
III. Aspis. Auch für dies Gedicht besitzen wir einige Papyrusfragmente und zwar im Papyr. Rainer (A); ferner im Papyr. v. Oxyrhynchos 689. aus dem Ende des 2. Jhdts. (P), ed. von Grenfell und Hunt The Oxyrhynchus Papyri IV (1904); letzterer enthält den Schluß der Aspis. Hiezu kommt noch ein kleines Exzerpt in dem Berliner Homerpapyrus 9774 aus dem 1. Jhdt. v. Chr. (Q). vgl. Schubart und v. Wilamowitz Berlin. Klassikert. V 1, p. 18ff. und Ludwich Berl. phil. Wochenschr. 1907, 486. Die mittelalterlichen Handschriften zerfallen in zwei Klassen: die eine Ω, deren Hauptvertreter der Ambros. C 222 inf. des 14. Jhdts. (D) ist, wird durch zwei Familien repräsentiert, und zwar Ωα, zu der nebst D zwei Bruchstücke von Codices des 12. Jhdts. (B und C), die jetzt in der Pariser Handschrift supplem. gr. 663 vorliegen, und der vollständige cod. Paris. 2773 des 14. Jhdts. (F) gehören; weiter üb, welche drei Handschriften des 14. und 15. Jhdts. umfaßt. Die zweite Klasse Ψ wird vor allem durch den Laurent. XXXII 16 vom J. 1281 repräsentiert (E), weiters durch zwei codd. des 14. Jhdts., Laurent. conv. soppr. 158 und den römischen Casanatensis 356, dann durch den Paris. 2833 aus dem 15. Jhdt. Einen gemischten Text bieten der Venet. Marcian. IX 6 des 14. Jhdts. und der ihm nahestehende Parisin. 2708 des 15. Jhdts. Auch von der Aspis existiert eine Triklinianische Rezension im Cod. Venet. Marcian, 464. Über die maßgebenden Handschriften des Gedichts vgl. Rzach Die handschriftliche Tradition der ps.-hesiodischen Aspis, Herm. XXXIII 591ff.
Katalog
IV. Katalog. In unseren Tagen erst sind, während früher bloß aus Zitaten Stücke und Verse dieses Werkes bekannt waren, auch Überreste von Papyrushandschriften ans Licht getreten, die einige umfangreichere Abschnitte enthalten. Sie betreffen folgende Mythen: 1. Bellerophontes, Papyr. Berol. 7497 des 2. Jhdts., zuerst bekannt gemacht durch Schubart und v. Wilamowitz Berlin. Klassikertexte V 1, 45; frg. 7b bei Rzach Ed. min.² (1908); 2. Atalante: Flinders Petrie Papyri, herausgeg. von Mahaffy, R. Irish Acad. Cunningham Mem. VIII, Dublin 1891 tab. III 3; vgl. Hopfner Zu den Flinders Petrie Papyri, Wien. Stud. XIV 154ff. = frg. 21; 3. Peleus und Thetis, Straßburger gr. Papyr. 55 des 2. Jhdts., zuerst publiziert von Reitzenstein Die Hochzeit des Peleus und der Thetis, Herm. XXXV 78ff., dann von v. Wilamowitz mit Faksimile (Taf. V), S.-Ber. Akad. [1233] Berl. 1900, 849ff. = frg. 81; 4. Zwei größere Stücke, welche den Katalog der Freier Helenes betreffen, und zwar Berliner Papyr. 9739 des 2. Jhdts., zuerst publiziert von v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. 1900, 839ff., mit Faksimile (Taf. IV), dann nochmals Berlin. Klassikertexte V 1, 28ff. = frg. 94. Den Schluß jenes Katalogs und eine weitere Partie enthält der Papyr. Berolin. 10560 aus dem 3. Jhdt. (Faksimile auf Taf.l II), herausgeg. von Schubart und v. Wilamowitz Berliner Klassikertexte V 1, 31ff. = frg. 96; 5. Meleagros, Berlin. Papyr. 9777 des 4. Jhdts., zuerst ebd. publiziert V 1, 22 = frg. 135. Eine Revision der Lesungen gab Crönert Nachprüfg. der Berliner Reste der hesiod. Kataloge, Herm. XLII 608ff. Beiträge zur Kritik der neuen Stücke Blaß Herm. XXXVI 157ff. und Archiv f. Papyrusf. III 625ff. Ludwich Berl. philol. Wochenschr. 1907, 486ff., ein Ungenannter (C.) im Literar. Centr.-Bl. 1907, 443. Robert Herm. XLII 508. Reinach Rev. des études grecques XXI 90. K. F. W. Schmidt Wochenschr. f. cl. Phil. 1908, 28ff. Franz Progr. Teschen 1911 u. a.
Zweifelhaft ist es, ob den Hesiodea, wie Grenfell-Hunt und Blaß angenommen haben, zuzurechnen sei ein Bruchstück im Papyr. Oxyrhynch. 421 aus dem 2. Jhdt. (Fragm. dub. 245 bei Rzach ed. min.²), welches sich auf Bellerophontes bezieht.
Nächst den Handschriften und Scholien kommen für die Textüberlieferung in Betracht die sehr zahlreichen Zitate bei den Schriftstellern, welche mit Akusilaos beginnend bis in die byzantinische Spätzeit hinein zu verfolgen sind. Sie sind in Rzachs großer kritischer Ausgabe (1902) unter dem Texte zusammengefaßt.
Rezeption
Nicht minder sind die vielen Nachahmungen Hesiodischer Gedanken, Verse und einzelner Wendungen bei griechischen und römischen Dichtern öfters von Wert für die Texteskonstitution, was an Beispielen bei Rzach Zu den Nachklängen Hesiodischer Poesie, Wien. Stud. XXI 210 gezeigt wird. Aus diesen Imitationen, die gleichfalls in der erwähnten großen Ausgabe verzeichnet sind, ersieht man zugleich, über wie weite Strecken der poetischen Literatur sich der Einfluß der Hesiodischen Dichtungen geltend machte. Es sei hier mit einigen Worten darauf hingewiesen. Schon früher wurde erwähnt, in welcher Weise die ältesten Iambographen, Archilochos und Semonides von Amorgos, auf H. Bezug nahmen, vgl. auch Laeger De veterum epicorum studio in Archilochi Simonidis Solonis Hipponactis reliquiis conspicuo, Halle 1885. Ebenso finden wir bei den Melikern Sappho und Alkaios mehrfache Anklänge. Unter den chorischen Dichtern haben namentlich Stesichoros und Pindar viel aus H. geschöpft, vgl. Luebbert De Pindari studiis Hesiodeis et Homericis dissert., Bonn 1881. Scott Α comparative study of Hesiod and Pindar, Chicago 1898. Von den Elegikern sind besonders eifrige Nachahmer Theognis und dann Solon, was in Anbetracht der reichen gnomischen Partien der Erga begreiflich ist. Ähnlich haben die Verfasser mehrerer Homerischer Hymnen, hauptsächlich der größeren Hymnen auf Demeter, Hermes und Aphrodite, aber auch einiger kleinerer (X, XVIII, XIX, XXI, XXV, XXVII, XXVIII, XXXII) Hesiodische Stellen vor Augen gehabt. Selbst in den wenigen Fragmenten [1234] des ‚Epimenides‘ (frg. 1 D.–Theog. 26) und Aristeas (frg. 4, 1 K.–Theog. 145) sind Imitationen nachzuweisen. Mehrfach haben die Dichterphilosophen Parmenides und besonders Empedokles (vgl. z. B. frg. 115, 4–12 D. und Theog. 793ff.) auf unsern Dichter Bezug genommen. Dies gilt auch von den Dramatikern: so haben Aischylos und Euripides nicht bloß stofflich Motive entlehnt, sondern sich auch im einzelnen, wie gelegentlich auch Sophokles, an H. angeschlossen. Nicht minder tut dies Aristophanes und andere Vertreter der Komödie. Desgleichen schöpften die Bukoliker Theokrit und Moschos manche Anregung aus den Hesiodea. In besonderem Umfange macht sich deren Einwirkung in der alexandrinischen Poesie geltend. Vgl. Scheidweiler Euphor. Fragm. Bonn 1908, 9f. Wie sehr Aratos sich Hesiodischer Art befliß, ist bekannt, vgl. bes. Maass Aratea. Berl. 1892, 249–278. Kaibel Herm. XXIX 91. Pasquali Das Proömium des Arat, Χάριτες zu Leos 60. Geburtstag, Berlin 1911, 112ff. Von den Elegikern Hermesianax und Phanokles ward schon oben gesprochen. Manches schöpften Kallimachos und Apollonios Rhodios aus der alten Hesiodischen Poesie, und selbst in den wenigen Bruchstücken des Rhianos und bei Nikandros können wir Spuren ihres Einflusses verfolgen. Ältere und jüngere Epigrammatiker der Anthologie lassen solche ebenfalls erkennen, nicht minder die Didaktiker Maximos, der Astrolog, Dionysios Periegetes, der Geograph (vgl. Schneider De Dionys. Perieg. arte metr. et gramm. cap. sel., Leipzig 1882), die beiden Oppiane sowie die Manethoniana. Selbst der Fabeldichter Babrios bezieht sich auf verschiedene Stellen H.s. Sehr eifrig haben Hesiodisches Gut neu verwendet die Orphiker, wie sowohl die älteren Fragmente, als auch die orphischen Argonautika und Lithika, sowie die Hymnen zeigen; vgl. Scheer Miscellanea crit., Ploen 1880, 8. Rosenboom Quaest. de Orph. Argonaut. elocut. 1888. Rzach Wiener Stud. XVI 225ff.. Ebenso griffen die Sibyllisten oft zu H., namentlich der Verfasser des I. Buches bei seiner Schilderung der Weltalter; aber sogar in dem späten Produkt Buch XIV ist das Hemistichion εἰς ἄφενον σηεύδοντι aus Erg. 24 entnommen (vgl. im einzelnen die Nachweise Orac. Sibyll. ed. Rzach 240ff.). Noch im Epos des Quintus Smyrnaeus sind mancherlei Imitationen zu finden, und auch Nonnos nahm wiederholt Bezug auf Η., selten die Nonnianer Triphiodoros (138 ἑὸν κακὸν ἀμφαγαπῶντες aus Erg. 58) und Musaios. Endlich haben auch christliche Dichter aus der ehrwürdigen Hesiodischen Poesie geschöpft: in erster Linie Gregor von Nazianz, dessen Gedichte ehrendes Zeugnis von seinen intensiven Studien in dieser Richtung geben, worüber zu vgl. Rzach Zu den Nachklängen hesiod. Poesie, Wien. Stud. XXI 198ff. Selbst in der Psaltermetaphrase des Apollinarios und in dem von der Kaiserin Eudokia, Gattin Theodosios’ II., verfaßten Gedichte vom hl. Kyprian begegnen Anklänge an Hesiodische Verse.
Auch in metrischen Inschriften sind solche mehrfach vorhanden. So z. Β. stehen die Verse Erg. 197–200 (mit einigen besseren Lesarten) auf der Inschrift von Acharnai, Epigr. gr. ex lap. conl. ed. Kaibel 1110, 1–4 (2. Jhdt), doch mit [1235] der Variante Αἰδὼς Εὐνομίη τε (für Αἰδὼς καὶ Νέμεσις); Erg. 91 erscheint mit geringer Abweichung ebd. 1023, 10 νόσφιν ἄτερ ⟨ν⟩ο⟨ύ⟩σου καὶ ⟨ἄ⟩τερ χαλεποῖ⟨ο πό⟩νοιο; auf einer Grabstele, Archiv f. Papyrusf. V 166, liest man nach Theog. 408 und 407 μειλείχιον πάντ⟨εσσ⟩ι καὶ ἤπιον ἀνθρώποισι u. a.
Von den römischen Dichtern hat zunächst Lucretius, dann Catullus (z. Β. carm. 64, 86–88 – Erg. 519ff. oder 68, 49 – Erg. 777) einiges nachgebildet. Wie bedeutsam das Studium H.s für Vergil gewesen, braucht nicht ausgeführt zu werden (vgl. neuestens auch Schultz Χάριτες zu Leos 60. Geburtstag, Berlin 1911, 357ff.). Der Verfasser der Dirae 76ff. nimmt Bezug auf Erg. 174. Recht zahlreich sind die Erinnerungen an H. bei Ovid. Der ihm gleichzeitige Cornelius Severus ahmt frg. 2 die berühmte Stelle der Erg. 289 nach, die später Silius in den Punica II 578 und XV 101 ff. vor Augen hatte. Ja auch Nemesianus hat sich Ekl. III 41 an die Verse Asp. 292ff. angeschlossen.
Ausgaben
Ausgaben. Von den zahlreichen Editionen sollen hier nur die wichtigeren angeführt werden, welche jeweils einen Fortschritt in der Forschung darstellen. Nur bibliographisch und historisch von Wert ist die Ed. princeps, welche sich auf die Erga beschränkte (nebst 18 theokrit. Idyllen), in Folio, ohne Angabe des Druckorts, des Jahrs und des Herausgebers; wie man jedoch aus bibliographischen Merkzeichen (gleiches Papier und Typen mit einer Isokratesausgabe von 1493) entnehmen kann, gedruckt in der Offizin des Demetrios Chalkondylas zu Mailand um 1493.
Gesamtausgaben
1. Gesamtausgaben. Die erste ist die Aldina (Venedig) von 1495 in Folio mit dem Titel: Hesiodi Theogonia. Eiusdem Scutum Herculis. Eiusdem Georgicon libri duo, vgl. Rzach Hesiods Theogonie in der Aldina, Wien. Stud. XIX 146ff. Die Edition Trincavellis, Venedig 1537, hat wegen der hier zum erstenmale publizierten Scholien Wert. Nach einer längeren Reihe unbedeutender Ausgaben folgte die von Dan. Heinsius mit zahlreichen Noten und Observationen, Leyden 1603, weiters die Wintertons, Cambridge 1635. Von Wert ist die Edition von Graevius, da hier nebst den Lectiones des Graevius notae ineditae des Joseph Scaliger und Franz Guyet enthalten sind, Amsterdam bei Dan. Elzevir, 1667. Weiter folgte die Edition Robinsons, Oxford 1737. In die Sammlung der Poetae graeci minores nahm H. mit den Scholien auf Gaisford, Oxford 1814ff., ein Leipziger Druck folgte 1823. Einen Hesiodus cum brevi annotatione gab dann L. Dindorf zu Leipzig 1825 heraus. Epochemachend durch den Kommentar ward die Ausgabe Goettlings, zuerst 1831 zu Gotha und Erfurt erschienen, bedeutend verbessert (mit vermehrten Fragmenten) in der zweiten Auflage, Gotha 1843; eine dritte besorgt von Flach mit vielfachen Änderungen, Leipzig 1878. Einen englischen Kommentar enthält die Ausgabe Paleys (ohne Fragmente), London 1861 (wovon dann noch ein zweiter Abdruck), The epics of Hesiod. Es folgte die Ausgabe Schoemanns Hesiodi quae feruntur carminum reliquiae mit einer commentatio critica, Berlin 1869 (nebst Auswahl der Fragmente). Von der Rezension Koechlys [1236] und Kinkels Hesiodea quae feruntur carmina, worin die Recensio (mit dem Texte nach der Überlieferung) von Koechly, die varietas lectionis von Kinkel besorgt war, ist bloß der I. Band erschienen, Leipzig 1870 (daneben kleine Ausgabe Hesiodea quae feruntur carmina von Koechly, Leipzig 1870). ‚Die hesiodischen Gedichte‘ von Flach ediert, Berlin 1874. Es folgte dann Hesiodi quae feruntur omnia, nebst dem Agon, kritische Ausgabe mit den Fragmenten von Rzach, Leipzig u. Prag 1884. Weiter Fick Hesiods Gedichte in ihrer urspr. Fassung und Sprachform wieder hergestellt, Göttingen 1887 (ohne Fragmente). Mit exegetisch-kritischem Kommentar in griechischer Sprache gab Sittl Ἡσιόδου τὰ ἅπαντα heraus zu Athen 1889, die Fragmente hauptsächlich in mythologisch-genealogischer Anordnung. Im J. 1902 erschien zu Leipzig die große kritische Ausgabe von Rzach Hesiodi carmina. Accedit Certamen Hom. et Hes. Mit einer Praefatio über die Überlieferung und kritischem Apparat, der die Parallelstellen aus Homer, die Imitationen der griechischen und lateinischen Dichter, die Testirnonia und die ausführliche Varia lectio enthält. Daneben erschien im selben Jahre eine Editio minor mit ausgewähltem kritischen Apparate. Von letzterer eine zweite Auflage mit den mittlerweile neu gefundenen Papyrusüberresten des Katalogs und dem Agon, Leipzig 1908.
Einzelausgaben
2. Einzelausgaben. Außer der Ed. princeps (Erga) sind folgende hervorzuheben:
a) Erga. Brunck edierte diese in den Poetae gnomici Straßburg 1784. Lanzi Hes. Opera et Dies, Florenz 1808. Spohn Hes. Opera et Dies, Leipzig 1819. Eine größere Ausgabe Spohns ist im Druck nicht zu Ende geführt worden. Vollbehr Hesiodi Opera et Dies, mit Scholien, Kiel 1844. Lennep Hes. Opera et Dies, Amsterdam 1847. Kirchhoff Hesiodos’ Mahnlieder an Perses mit Zergliederung des Gedichts, Berlin 1889 Waltz Hésiode, Les Travaux et les Jours, mit Einleitung, Noten und französischer Übersetzung, Paris 1909.
b) Theogonie. Theogonia Hesiodea von Fr A. Wolf, Halle 1783, Text und Observationes. Lennep Hes. Theogonia, Amsterd. 1843. Gerhard Die Theogonie, Berlin 1856. Welcker Die hesiodische Theogonie, Elberfeld 1865. Schoemann Die hesiod. Theogonie ausgelegt und beurteilt, Berlin 1868, wichtige exegetische Edition. Flach Die hesiod. Theogonie mit Prolegomena, Berlin 1873.
c) Aspis: Heinrich Hesiodi scutum Herc. mit Schotten, Breslau 1802. Ranke Hesiodi quod fertur scutum Herc. ex recognitione et cum animad-versionibus Fr. Aug. Wolfii, Quedlinburg und Leipzig 1840 (mit Scholien). Lennep Hes. scutum herausgeg. von Hullemann, mit Vorrede von Geel, Amsterdam 1855.
d) Fragmente: Nach früheren Versuchen ist zum erstenmal eine umfassende kritische Sammlung veranstaltet worden von Marckscheffel Hesiodi, Eumeli, Cinaethonis, Asii et carminis Naupactii fragmenta, Leipzig 1840. Vgl auch Düntzer Die Fragmente der epischen Poesie der Griechen usw., Köln 1840 S. 30–57. Kinkel Epicorum Graecorum fragmenta, Leipz. 1877. Die H.-Fragmente stehen auf S. 78–185 und 313. Die [1237] Reste der Astronomie auch bei Diels Fragm. d. Vorsokratiker² II 499ff.
Übersetzungen
Von Übersetzungen sind hervorzuheben: J. H. Voß Hesiods Werke und Orpheus der Argonaut, Heidelberg 1806, neu herausgeg. von Β. Κern-v. Hartmann, Tübingen 1911. Gebhardt Hesiods Werke übers., Stuttg. 1861. Eyth Hesiods Werke, deutsch im Versmaße der Urschrift, 3. Aufl. von Bayer, Berlin (o. J., ersch. 1908). Peppmüller Hesiods Werke und Tage, Halle 1881; ders. Hesiodos, Übersetzung der drei vollständig erhaltenen Gedichte mit Erläuterungen und Einleitung, Halle 1896, die beste deutsche Übertragung seit Voß. Eine neue englische mit Einleitung und Darstellung des Lebens H.s bietet Mair Hesiod the poems and fragments done into english prose, Oxford 1908.
Sonstige Literatur
Sonstige Literatur. Zu vergleichen sind die ausführlicheren Referate über H. im Jahresbericht für Altertumswissenschaft für die 31 Jahre von 1878–1908 von Rzach, Bd. XXI 66–69 für das J. 1878, p. 91–95 für 1879, Bd. XXVI 139–151 für 1880 und 1881, Bd. XXVIII 1–11 für 1882 und 1883, Bd. C 92–170 für 1884–1898, Bd. CLII 1–75 für 1899–1908.
Die schon früher erwähnten Publikationen werden hier meist nicht nochmals angeführt. Auch kann nur eine Auswahl der wichtigeren, meist neueren Arbeiten gegeben werden.
Zur Kritik und Exegese
A. Zur Kritik und Exegese: 1. Im allgemeinen: Nauck Mélanges Gréco-Romains, St. Petersburg. Kritische Bemerkungen, namentlich tom. III 23. 210. 213. 263. 269–274, IV 138. 154. 442. 483. 487. 490f. 498. 579. 612. 617. 624–627, V 133–151. Peppmüller Zu Hesiodos, Philol. XXXIX 385ff.; ders. Zu Hesiod, Philol. XLI 1ff. Rzach Zu Hesiodos, Wien. Stud. IV 317ff.; ders. Beiträge zu Hesiod., Wien. Stud. V 175ff. Stadtmüller Emend. in poetis Graecis, Festschr. der Phil.-Vers. in Karlsruhe 1882, 65ff. Peppmüller Hesiodea, Rh. Mus. XL 462ff.; ders. Zu Hesiodos, Philol. Rundschau V 385ff. W. Schulze Miscellen, Kuhns Ztschr. f. vergl. Sprachf. XXIX 260ff., ders. Quaest. epicae, Gütersloh 1892. v. Leeuwen Enchiridium dictionis epicae, Leyden 1894. Allen Hesiodea, Class. Review XI 396ff. v. Herwerden Observatiunculae, Rh. Mus. LIX 141ff.
2. Zu den Erga: Nauck De loco Hesiod. Oper. 589, Philol. V 364f. Berg Testimonia Script. antiq. quid conferant ad prior. partem Hes. Operum et Dier. recensendam quaeritur, Halle 1885 (unvollständig). Peppmüller Zwei Hesiodea, Philol. LII 593. Danielsson Hesiodea. Eranos, Acta phil. Suecana, Upsala 1896, 1ff. Peppmüller Textkritisches zu Hesiods Erga, Philol. LVI 217ff. Dimitrijevič Hesiods Oper. v. 641–662, Phil.-hist. Beitr. für C. Wachsmuth 208ff., Leipz. 1897. Waltz Note sur la compos. de deux passages des Travaux et des Jours 504–535 et 765–778, Revue des études anciennes VI 205ff. Lagercrantz De Hes. Op. 465–469, Comment. phil. in honor. J. Paulson, Gothenburg 1905, 190ff. Blaß Varia, Rh. Mus. LXII 266ff. Arfelli Hes. Op. et D. 179–181, Riv. di fil. 1907, 583ff.
3. Zur Theogonie: Muetzell De emend. Theog. Hesiod., Leipzig 1833. Schoemann De falsis indiciis lacunarum in Theog. Hesiod. 1843, [1238] Opusc. II 393ff. Wieseler Observ. in Theog.. Hesiod. I Göttingen 1864. II Göttingen 1872. Scheer Zur hesiod. Theog., Rh. Mus. XXIII 684ff. und XXIV 623ff. Bergk Zu Hesiodos, Jahrb. f. Phil. 1878, 33ff. Scheer Miscell. crit., Ploen 1880. Egger Esquisse d’un examen critique de la Théog. d’Hésiode, Annuaire pour l’encouragement des études grecques en France XVIII 79ff., Paris 1884. Peppmüller Zu Hesiods Theogon. 820–825, Philol. XLIX 645ff. Gimborn Bemerk. zum Proöm. der Theog. d. Hesiod., Sigmaringen 1893. Rzach Zu Hesiodos’ Theogon., Wien. Stud. XVI 218ff. Peppmüller Textkritisches z. Theogonie Hesiods, Philol. LXVII 368ff. Macalister Α dis-puted passage in the Theog., Academy 1896, 530. Terzaghi Ad Hes. Theog. 535ff., Studi ital. di fil. class. XII 139ff. Friederichs Die Bedeutung d. Titanomachie f. d. Theog., Rostock 1907.
4. Zur Aspis: v. Wilamowitz ΑΛΕΚΤΡΩΝΑ, Herm. XIV 457ff. Fleckeisen Ἠλέκτρων, Jahrb. f. Phil. 1880, 605ff. Peppmüller Zu Homer und Hesiod, Philol. L 651ff. Allen Μυρμιδόνων πόλις, Class. Review XIX 193.
5. Zu den Fragmenten: Hug Hesiodi Ἔργα μεγάλα, Freiburg 1835. ν. Wilamowitz Comment. gramm. IV (frg. 14), Göttingen 1890. Ludwich Zu Hesiodos (frg. 70), Jahrb. f. Phil. 1888, 241; ders. Zu Hesiodos (frg. 14), Berlin. Phil. Wochenschr. 1890, 875. Immisch Klares (frg. 160). Jahrb. f. Philol. Suppl.-Bd. XVII 161ff. Roßbach Epica (frg. 117 und 161). Jahrb. f. Philol. 1891, 83. Reitzenstein Leukarion bei Hesiod (frg. 115), Philol. LV 193ff. Usener Zu den Sintflutsagen (frg. 115), Rh. Mus. LVI 483. v. Wilamowitz Lesefrüchte (frg. 24 und frg. falsa 16 und 17), Herm. XXXIV 609ff. und 603. Rzach Zu den Nachklängen hes. Poesie (frg. 110), Wien. Stud. XXI 215. Danielsson Zur i-Epenthese im Griech. (frg. 110), Indogerman. Forsch. XIV 392. Ellis Adversaria (frg. 76 und 103). Journ. of Philol. XXVIII 16; ders. Fulgentiana (frg. fals. 15), ebd. ΧΧIΧ 67ff. Ludwich Zu Hesiod (frg. 70), Berlin. phil. Wochenschr. 1905, 684f. Allen The ancient name of Gla (frg. 38), Class. Review XVII 239; ders. Varia Graeca (frg. 48); ebd. XX 291; ders. (frg. 96) Class. Quart. III 83. Leaf (frg. 96) Class. Rev. XXIV 179. Schroeder Hyperboreer (frg. 209), Archiv f. Religionswiss. VLII 69ff. Franz Über drei Fragm. Hesiods (135, 7b, Freierkatal.), Teschen 1911.
Zur Sprache und zum Dialekt
B. Zur Sprache und zum Dialekt: Paulson Index Hesiodeus. Lund 1890 (Sprachschatz auf Grund d. Ausgabe Rzachs von 1884). Foerstemann De dial. Hesiodea, Halle 1863. Fietkau De carm. Hesiodeorum atque hymn. quattuor magnonun vocabulis non homericis, Königsb. 1866. Rzach Der Dialekt des Hesiod, Leipzig 1876. Betke De Hes. Op. et Dier. fine compos. et dictionis proprietate in comparationem vocatis Homericis ceterisque Hesiod. carminibus, Münster 1872. Knös De digammo Homerico quaest., Upsala 1873. Flach Das dialekt. Digamma d. Hesiod, Berl. 1876. Clemm Krit. Beitr. z. Lehre vom Digamma mit besond. Berücks. seiner Einführung bei Hesiod, Curt. Stud. z. griech. u. lat. Gramm. IX 409ff.; ders. Quaest. Hesiod. part. prima, Gießen 1877. Devantier Die Spuren des anlaut. Digamma bei Hesiod, I Jever 1878, II Eutin 1894, III Eutin 1897. [1239] Eulenburg Zur Vocalcontract. im ion.-att. Dial., Indogerm. Forsch. XV 170ff. Stolz Die zusammenges. Nomina in d. Homer, u. Hesiod. Gedichten, Klagenfurt 1874. Solmsen Eigennamen als Zeugen der Namensmischung im Boot., Rh. Mus. LIX 500f. Wilhelm Zur Motion der Adject. dreier Endungen im Griech. insbes. bei Hom. u. Hesiod, Coburg 1886. Prodinger Die Menschen- u. Götterepitheta bei Homer in ihrer Beziehung auf die hellen. Personennamen II (betrifft H.), Kaaden 1904. Klinghardt De genet. usu Hom. et Hesiod., Halle 1879. Scott The vocative in Homer and Hesiod, Americ. Journ. of Phil. XXIV 192ff. Illek Zur Syntax des Hesiod, Brünn 1890 (betrifft nebst einigen Präpositionen den Dativ); ders. Der Dual bei Hesiod, Ztschr. f. d. österr. Gymn. 1888, 97ff.; ders. Über den Gebrauch d. Präposit. bei Hesiod, I. Mähr. Trübau 1888, II. Brünn 1889, Neumann De primariis optandi iubendi vetandi enuntiatis apud Homerum comparato usu Hesiodeo, Varel 1883 (imperat. Gebr. des Infin.). Savelsberg De modorum usu Hesiod., Aachen 1886. Steinacher Die Syntax des Hesiod. Infinitivs mit stetem vergl. Rückblick auf Homer, Landskron i. Böhm. 1885. Seip De partic. et infin. apud Hesiod. usu, Gießen 1886. Ogden De infin. final, vel consecutivi constr. apud priscos poetas Graec., Newyork 1909, 46ff. Βοlling The participle in Hesiod, Diss. d. John Hopkinsuniv., Washington 1897.
Zur Prosodie und Metrik
C. Zur Prosodie und Metrik: Rzach Studien zur Technik des nachhomer. heroischen Verses, S.-Ber. Akad. Wien 1880; ders. Beitr. z. Technik des nachhom. Hexameters, S.-Ber. Akad. Wien 1882. Paulson Studia Hesiodea, I de re metrica, Lund 1887. La Roche Untersuch. über d. Vers bei Hesiod u. d. hom. Hymn., Wien. Stud, XX 70ff. Solmsen Die metrischen Wirkungen anlaut. Consonantengruppen bei Homer u. Hesiod, Rh. Mus. LX 492ff. Sommer Zur griech. Prosodie II, Glotta I 198ff.
Zur Mythologie und Archäologie
D. Zur Mythologie und Archäologie: Flach Das System der hesiodischen Kosmogonie, Leipz. 1874. Martin Traditions homér. et hésiod. sur le séjour des morts, Annuaire pour l’encouragement des études grecques en France, Paris 1878. Robert Die Phaethonsage bei Hesiod, Herm. XVIII 434ff. v. Wilamowitz Phaethon, Herm. XVIII 416ff.; ders. Die beiden Elektren, Herm. XVIII 251. Knaack Quaest. Phaethonteae, Phil. Unters. VIII, Berlin 1886. Haas Der Zug zum Monotheismus in d. hom. Epen u. d. Dichtungen des Hesiod, Pindar u. Aeschylos, Archiv f. Religionswiss. III 52ff. und 153ff. Hirzel Der Eid, Leipzig 1902 (Dämon Ὅρκος in d. Erga und Eid der Götter in d. Theog.). Friedländer Argolica, Berlin 1905 (Mythos der Proitiden, Melampodie u. a.); ders. Herakles, Berlin 1907 (Geryoneusmythos, Aiginaehoie). Malten Kyrene (darin der Mythos), Berlin 1911. Thraemer Die Form d. hesiod. Wagens, Straßb. Festschr. zur 46. Philol.-Vers. 1901, 299ff. H. Schenkl Zu ἅμαξα, Kuhns Ztschr. f. vgl. Sprachf. XL 234ff. (über d. hesiod. Wagen). Waltz Hésiode charron et géomètre, Rev. des études anciennes XIV (1912) 225ff. Bonner Administr. of justice in the age of Hesiod, Class. Phil. VII (1912) I7ff.
Allgemeines
E. Allgemeines: Schwartz Charakterköpfe [1240] aus der antiken Literatur, I. Hesiod u. Pindar, 4. Aufl., Leipzig 1912. Setti Esiodo, Bologna-Modena 1909.
[Rzach.]
Anmerkungen des Originals
↑ Gelegentlich kann man auch anderswo einen gewissen Parallelismus im Ausdruck beobachten, wie 629. 631. 630, wo erst der Papyrus Rainer die richtige Versfolge aufweist, und 646–648.
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