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89) C. Furius Sabinius Aquila Timesitheus, Praefectus praetorio unter Gordian. Seine vollständige Ämterlaufbahn ist in der Lyoner Inschrift CIL XIII 1807[1] = Dessau 1330 angegeben. Nur hieraus erfahren wir seinen vollständigen Namen. Bei den Autoren wird er nur mit seinem letzten Beinamen genannt, der aber mannigfache Verstümmelungen erfahren hat. Bei Zosim. I 17 heißt er Timesikles, bei Zonar. XII 18 p. 129 D. Timesokles, in der Historia Augusta Misitheus, was wohl eine absichtliche, zu seiner Verspottung gebildete Umänderung darstellen soll (Eckhel VII 319; vgl. Nöldeke bei v. Domaszewski Rh. Mus. 1903, 230). Auf einer stadtrömischen Inschrift, die nur in zwei Hss. überliefert ist, finden wir ...us Timisitheus in der einen (CIL VI 1611),[2] ...is Timesitheus in der andern Abschrift (Röm. Mitt. V 91; vgl. CIL VI 31831).[3] Daraus darf nun freilich nicht geschlossen werden, wie es v. Domaszewski a. a. O. 219 tut, daß F. damals noch nicht die Namen Sabinius Aquila geführt habe; denn daß Männer mit mehreren Gentil- und Beinamen diese bis auf je einen weglassen, kommt häufig genug vor. Ebensowenig trifft die Erklärung der zitierten stadtrömischen Inschrift zu, daß hier F. als Cornicularius der Praefecti praetorio genannt sei; sie beruht vor allem auf der irrigen Voraussetzung, daß der einzige Kaiser, der in der Zeit des F. fortissimus (und zwar in Verbindung mit felicissimus) genannt wurde, Caracalla sei. In Wahrheit hat auch Gordian, unter dem F. Gardepraefect war, dieses Prädikat geführt (z. B. CIL VIII 907[4] = 11169. 848 = Dessau 498. Comptes rendus de l'acad. des inscr. et belles-lettres 1895, 71. CIL VI 1090[5] optimus fortissimusque princeps. Dessau 2158 invictissimus et super omnes fortissimus imperator). Es ist daher kaum zu bezweifeln, daß jene Inschrift aus der Zeit Gordians stammt und die Gardepraefectur des F. bezeugt.

F. war zuerst praef(ectus) coh(ortis) (primae) Gallic(ae civium Romanorum) in Hispan(ia), [365] dann proc(urator) ration(is) privat(ae) per Belgic(am) et duas Germ(anias). Als proc. prov(inciae) Arabiae vertrat er auch zweimal (bis) den Statthalter, d. h. zwei aufeinander folgende Statthalter (vgl. v. Domaszewski a. a. O. 225f., der das Emporkommen der Sassaniden und die dadurch drohende Kriegsgefahr im J. 226 als Anlaß für diese Maßregel ansieht; einen Statthalter von Arabien unter Severus Alexander kennen wir, Caecilius Felix, CIL III 14149[6] 9. 14. 27. 45). Dann war er als logista thymelae Verwalter des kaiserlichen Bühnenwesens, sozusagen Hoftheaterintendant, hierauf proc. in urbe magister (vicesimae hereditatium vgl. Hirschfeld Kaiserl. Verwaltungsb.2 103f., 3), proc. prov. Syriae Palaestinae ibi exactor reliquor(um) annon(ae) sacrae expeditionis (das dürfte der Perserkrieg des Severus Alexander im J. 232 sein, Dessau Prosopogr. imp. Rom. II 101. v. Domaszewski a. a. O. 227. S. Krauss ebd. 627–629), vice proc. patrimon(i) prov. Belgic(ae) et duarum Germaniar(um) und auch hier vice praesid(is) von Niedergermanien, wo der Krieg bevorstand (v. Domaszewski 227), proc. prov. Bithyniae Ponti Paphlagon(iae) tam patrimoni quam rat(ionis) privatae (vgl. Hirschfeld Kais. Verw. 45), ibi vice proc. (quadragesimae portoriorum), proc. prov. Asiae, ibi vice (procuratoris vicesimae portoriorum; vgl. Hirschfeld a. a. O. 80) et (quadragesimae portoriorum) und auch hier Stellvertreter des Proconsuls, proc. prov. Lugud(unensis) et Aquit(anicae). In dieser Stellung wurde er in Lyon durch Aufstellung einer Statue geehrt, deren eben mitgeteilte Basisinschrift nichts über seine weitere Karriere enthält. Hier erst setzen die schriftstellerischen Quellen ein, die Historia Augusta in der Biographie Gordians; ferner Zosim. I 17f. und Zonar. XII 18 p. 129f. D. Wir erfahren daraus, daß der jugendliche und unerfahrene Kaiser Gordian, um eine sichere Stütze seiner Herrschaft zu haben, ihn zu seinem Gardepraefecten erhob, Gord. 23, 6. 24, 2. 25, 1. 27, 2, 4. 7. 10 (die Korruptel, mit der sich u. a. Hirschfeld Verwaltungsbeamt. I 237. Mommsen Herm. XXV 290f. Rühl Rh. Mus. 1907, 2–6 befaßt haben, ist noch nicht geheilt). 28, 1. 3. 29, 1. Um ihn enger an seine Person zu ketten, vermählte sich Gordian mit F.s Tochter Furia Sabinia Tranquillina (Zosim. a. a. O. Zonar. a. a. O. Hist. aug. Gord. a. a. O. Eutrop. IX 2, 2, der allein unter den Autoren die Tochter nennt, aber nicht den Vater; ihren vollen Namen erfahren wir nur aus Inschriften und Münzen, s. Nr. 98). Die stadtrömische Inschrift, die wohl eine Widmung für Gordian ist (s. o.), nennt ihn auch wahrscheinlich als Praefectus praetorio, und zwar nach der Hs., die Mommsen Röm. Mitt. V 91 widergibt, mit einem zweiten Praefecten (es könnte Domitius sein, der nach Cod. Iust. I 50, 1. VIII 30, 2 im J. 240 Praefectus praetorio war, kaum Felicio, Gord. 25, 2, der ja vom Kaiser getadelt wird). Sie führen beide die ihnen zukommende Rangbezeichnung em(inentissimi) v(iri). Übrigens finden wir auch durch Dessau 2159 (Ostia) bestätigt, daß in der Zeit zwischen 241 und 244 zwei Praefecti praetorio im Amt waren. Zu der Lesung [vices agens] praefectorum praetorio (Dessau Prosop. imp. Rom. II 101 nr. 405) [366] liegt keine Veranlassung vor; nach der eben zitierten Inschrift aus Ostia ist damals der praef(ectus) vigil(um) Valerius Valens v(ir) p(erfectissimus) zugleich v(ices) a(gens) praef(ectorum) praet(orio) em(inentissimorum) v(irorum). F. war also trotz seines überragenden Einflusses nicht alleiniger Gardekommandant. Die Hochzeit Gordians und die gleichzeitig erfolgte Erhebung des F. zum Gardekommandanten fällt in das J. 241 n. Chr. (Gord. 23, 5. 6; in der Biographie Gordians III., die auf sehr gute Quellen zurückzugehen scheint [vor allem Dexippus], ist die annalistische Anlage ganz deutlich zu erkennen; sie ist in ihren Hauptteilen, von den gefälschten Einlagen natürlich abgesehen, durchaus verläßlich; andere Eingaben zur Zeitbestimmung, s. Nr. 98). Zu diesem Schritt entschloß sich der junge Herrscher vor allem mit Rücksicht auf den bevorstehenden Perserkrieg, der gleich zu Beginn des nächsten Jahres, 242, unternommen wurde (Gord. 26, 3). Durch Moesien, Makedonien (über die Anwesenheit des Kaisers in Beroea im Spätherbst[?] 242 s. Gaebler Die antiken Münzen Nordgriechenlands III 1, 13f. 306ff.) und Thrakien (Gord. 26, 4) setzte das Heer über den Hellespont (vgl. Schiller I 799. v. Rohden o. Bd. I S. 2626) und zog durch Kleinasien nach Antiochia. Mesopotamien war schon unter Maximin verloren gegangen. Unter ihrem neuen Könige Sapor hatten die Perser sogar schon Antiochia erobert (Mommsen R. G. V 421, 2 bestreitet dies mit Unrecht; in den Quellenberichten ist dieser Zweifel nicht begründet). Nun begann die Rückeroberung durch den siegreichen Feldzug Gordians, an welchem F. das Hauptverdienst hatte (Gord. 27, 2). Der Verlauf des Krieges ist Gord. 26, 5. 6 summarisch erzählt; die Angaben in dem gefälschten Brief des Kaisers Gordian, 27, 5. 6, sind nichts als eine Paraphrasierung davon. Ergänzt wird dieser Bericht durch Zosim. I 18. Zonar. a. a. O. = Synkellos I 681 D. Io. Antioch., FHG IV 597, 147. Ammian. XXIII 5, 17. Eutrop. IX 2, 2 = Ruf. Fest. 22. Cassiodor. ed. Mommsen Chron. min. II 146. Vict. Caes. 27, 7. 8. Antiochia wurde von den Persern befreit, die dort unter der Führung des Artaxias (?) standen (Gord. 26, 6; vgl. Mommsen Herm. XXV 290), dann das Perserheer immer weiter zurückgeschlagen; in Edessa wurde wieder ein Fürst Abgar (XI. Phraates; vgl. v. Rohden Bd. I S. 95f. Nr. 11. Klebs Prosop. imp. Rom. I 4 nr. 9), als römischer Klientelkönig von Osrhoëne eingesetzt. Carrhae wurde zurückgewonnen, Sapor bei Resaina besiegt, Nisibis erobert und das fliehende Heer an den Tigris gedrängt. Wie rasch der Siegeszug Gordians vor sich ging, das zeigt sich am deutlichsten darin, daß in den Städten, die das römische Heer durchzog, in Samosata, Edessa, Carrhae, Nicephorium, Nisibis und Singara, sogleich Münzen Gordians und Tranquillinas geprägt wurden (S. Krauss Rh. Mus. 1903, 630f., bezieht auf diesen Feldzug den in der jüdischen Elia-Apokalypse als zweiten bezeichneten Perserkrieg; er glaubt, aus der verdorbenen Namensform des einen Feldherrn, Demetros, Sohn des Poripos, den Namen Timesitheus, Sohn des Furius, lesen zu können, aus der andern, Anpolipos, Sohn des Panpos, den Namen Philippus, Sohn des Philippus, und hält [367] diesen für den späteren Kaiser; das letzte ist gewiß falsch, denn der Vater des Kaisers hieß Marinus; die Deutung des ersten Namens höchst unwahrscheinlich, daher auch die Beziehung auf diesen Krieg überhaupt zweifelhaft). Schon waren die Römer auf dem Marsch nach Ctesiphon begriffen (vgl. Epit. de Caes. 27, 2. Gord. 3. 7; die angeblichen Ehren, die der Senat dem F. hierfür dekretierte, Gord. 28, 9. 10), da wurde F. im J. 243 (Gord. 29, 1) von einer ruhrartigen Krankheit dahingerafft (Gord. 28, 1. 5. 6. 31, 1; der Biograph weiß auch von einer anderen Version, wonach M. Iulius Philippus, der spätere Kaiser, im Einvernehmen mit den Ärzten seinen Tod auf verbrecherische Weise beschleunigte, um an seiner Stelle Praefectus praetorio zu werden, was ihm denn auch gelang, Gord. 29, 1; als solcher ist er erwähnt Ruf. Fest. 22. Epit. de Caes. 27, 2. Vict. Caes. 27, 8. Euseb. Hieron. a. Abr. 2257. Ammian. XXIII 5, 17. IGR III 1033; Zosimus und Zonaras, deren Bericht hier vertrauenerweckend ist, wissen nichts von dieser Hintertreppengeschichte; Philippus dürfte damals vice praef. praet. gewesen sein, und es ist nicht ausgeschlossen, daß der Praefectus vigilum im J. 241, der in CIL VI 1092[7] [überliefert nur durch zwei vielleicht von einander abhängige, aber freilich, wie mir Hülsen freundlich mitteilt, recht gute Kopien] ...ltius Philippus genannt wird, der spätere Kaiser M. Iulius Philippus ist, der also dieselbe Stellung einnahm wie Valerius Valens, s. o.).

F. hat das Amt des Gardepraefecten zu einer ähnlichen Bedeutung erhoben wie Seian und Plautian; doch hat ihm der gewalttätige, verbrecherische Sinn dieser beiden Vorgänger in seinem Amte gefehlt, das F. doch niemals mißbraucht hat. Maßgebend dafür, daß man ihn zum Berater und zur Stütze des jungen Kaisers wählte, der bisher ein Spielball in den Händen gewissenloser und verächtlicher Leute gewesen war (Gord. 23, 7. 24, 2. 25, 1), mußte vor allem sein Alter und die reiche Erfahrung sein, die er in so vielen verschiedenartigen Ämtern erworben hatte, dann seine ungewöhnliche Bildung und Beredsamkeit (Gord. 23, 6. Zosim. I 17). Der Erfolg rechtfertigte diese Wahl. F., der dann der eigentliche Herrscher war, hat sich als treuer Diener seines Herrn, als dessen unentbehrlicher Helfer und Ratgeber in allem (unter anderem hatte sich Gordian mit ihm z. B. auch über den Bau einer Thermenanlage beraten, 32, 7) und, wie gezeigt worden ist, auch als tüchtiger Heerführer erwiesen; vgl. Gord. 23, 7. 24. 25. Zosim. I 18. Zonar. a. a. O. 130. Besonders gerühmt wird seine Fürsorge für die Verpflegung der Truppen (Gord. 28, 2. 29, 2; in 28, 3. 4 wird seine Rührigkeit ein wenig schablonenhaft geschildert). Seinen Gemeinsinn soll er darin bekundet haben, daß er die Stadt Rom zum Erben seines Vermögens einsetzte, Gord. 28, 1; vgl. Hirschfeld Verwaltungsbeamt.² 17f., 3; dagegen v. Domaszewski a. a. O. 230, 2.

Literatur: Eckhel VII 318f. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 797–799. Mommsen R. G. V 421f. v. Rohden o. Bd. I S. 2626. Dessau Prosop. imp. Rom. II 100f. nr. 405. v. Domaszewski Rh. Mus. 1903, 218–230.
[Stein.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1807.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1611.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 31831.
Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 907.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1090.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 14149.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1092.

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