101) C. Fulvius Plautianus, der allmächtige Gardepraefect unter Septimius Severus.
I. Quellen.
a) Die wenigen Autoren, die Plautian erwähnen, sind 1) die auf Dio zurückgehenden Exzerpte (der Kürze halber hier als Dio zitiert, und zwar aus praktischen Gründen nach der alten Buchzählung, nicht nach der Boissevainschen; hierher gehört auch Zonar. XII 10 p. 103f. Dind. III), 2) Herodians Geschichtswerk, breitspurig, aber phrasenreich und oft sehr unverläßlich, 3) die Historia Augusta mit wenigen knappen und unzusammenhängenden, aber mitunter recht wertvollen Notizen.
b) Eine beträchtliche Anzahl von Inschriften nennt Plautian und gibt Aufschlüsse über seine Laufbahn. Außer denjenigen, welche nach seinem Consulate datiert sind, gibt es Ehreninschriften zu Statuen, die ihm gesetzt waren: CIL V 2821[1] (Patavium). XI 1337 = Dessau 1328 (Luna). XIII 1681 = Dessau 1328 a (Lyon). IG III 633 = Ἐφημ. ἀρχ. 1894, 183, 27. Not. d. scavi 1893, 135 (Tuficum). Comptes rendus de l’acad. des inscr. et belles lettres 1905, 472 (Bulla Regia); vielleicht auch Österr. Jahresh. I Beibl. 99 (Pola). Außerdem finden wir seinen Namen in Weihungen stadtrömischer Soldaten für das Kaiserhaus, CIL VI 221–227[2] (auch 30720. Dessau 427), in der Widmungsinschrift des Bogens der Argentarii auf dem Forum boarium, CIL VI 1035[3] = 31232 = Dessau 426, auf Ziegelstempeln, CIL XV 47.[4] 160. 184 (= Dessau 8662). 185. 197. 206. 240. 241. 406. Not. d. scavi 1893, 69, und Wasserleitungsröhren. Bull. com. 1902, 63. Not. d. scavi 1903, 20 = Dessau 8689, auf Inschriften seiner Tochter, CIL VI 1074[5] = Dessau 456. VIII 2368 = 17872, und seines Sohnes, Comptes rendus 1905, 474 (Timgad), sowie eines Mannes der ritterlichen Laufbahn, CIL III 6075[6] [271] = Dessau 1366 (Ephesus); in nicht erkennbarem Zusammenhang Österr. Jahresh. VI Beibl. 15 (Viminacium).
II. Name.
Seinen vollen Namen C. Fulvius C. f. Quir(ina) Plautianus bieten einige Inschriften: CIL XI 1337.[7] Not. d. scavi 1893, 135. Comptes rendus 1905, 472. 474. In den meisten andern Inschriften fehlt die Vaters- und Tribusangabe, in einigen auch der Vorname. In CIL VI 1035[3] glaubte Bormann (Bull. d. Inst. 1867, 218) unter der Rasur seinen Vornamen P. zu lesen, was wohl irrig ist; ebenso ist in CIL VIII 17872[8] fälschlich dieser Vorname ergänzt. Bei den Autoren und meist auch in den Consulatsangaben wird er kurz Plautianus genannt, einmal (Hist. aug. Pesc. Nig. 5, 2) nur Fulvius.
III. Leben.
Er stammte aus Afrika, war ein Landsmann des Kaisers Septimius Severus (Herodian. III 10, 6), wahrscheinlich gleich diesem aus Leptis maior gebürtig; denn eine Ehreninschrift seiner Tochter Fulvia Plautilla hat sich in Leptis gefunden. Rev. arch. VIII (1906) 206, 34; die Zugehörigkeit zur Tribus Quirina ist bei der großen Zahl afrikanischer Städte in dieser Tribus kein ausreichender Beweis, vgl. Kubitschek Imp. Rom. trib. discr. 150. 271. Daß er von Haus aus mit dem Kaiser verwandt gewesen sei, indem dessen Mutter Fulvia Pia derselben Familie wie F. angehört habe, ist nicht, wie Waddington zu Borghesi Oeuvres X 84, 2 meint, aus der Bezeichnung adfinis des Kaisers zu schließen, weil dieses Wort die Verwandtschaft durch Verschwägerung bezeichnet und F. auch wirklich erst nach der Vermählung seiner Tochter Plautilla mit Caracalla so genannt wird (s. u.), ist aber an sich nicht unmöglich. Sein Vorleben scheint mit manchem dunklen Fleck behaftet gewesen zu sein (Herodian. a. a. O.); doch läßt sich nicht feststellen, wieviel von diesen Gerüchten erst aus der Zeit nach seinem Sturze stammt. Jedenfalls ist Severus schon frühzeitig auf ihn aufmerksam geworden und hat sich seiner in den Kämpfen gegen seinen Rivalen Pescennius Niger bedient, indem Plautian die Aufgabe erhielt und durchführte, sich der erwachsenen Söhne Nigers zu bemächtigen (Hist. aug. Pesc. 5, 2; Sever. 6. 10; das muß noch 193 oder zu Anfang 194, sicher vor der Schlacht bei Kyzikos geschehen sein; denn Severus verbannte erst nach dieser Schlacht die Familie seines Gegners, die er anfangs ehrenvoll behandelt hatte, Sever. 9, 2; Pesc. 6, 2, und noch später, erst auf die Nachricht von Clodius Albinus' Erhebung ließ er sie töten, Sever. 10, 1; Pesc. 6, 1). Wahrscheinlich zur Belohnung dafür durfte sich Plautian mit konfiszierten Gütern der Anhänger Nigers bereichern, so daß die Nachricht Herodians a. a. O., F. sei von Severus mit Reichtümern überhäuft worden, indem er die Besitzungen der Getöteten erhielt, darauf zu beziehen sein wird. Auch später noch, während des Partherkrieges, veranlaßte er den Kaiser, die wirklichen oder vermeintlichen Parteigänger Nigers zu verfolgen (Sever. 15, 4). Darauf geht auch wohl die Nachricht in einem sonst wenig vertrauenerweckenden Milieu, Geta 4, 4, daß Plautian als Gardepraefect und (sein Kollege Flavius) Iuvenalis gegen Getas (des damals 10–12jährigen Knaben!) Meinung auf den [272] Proskriptionen der Gegner bestanden hätten, wodurch sie sich bereicherten. Praefectus praetorio war Plautian spätestens im J. 197 (und zwar bereits am 9. Juni dieses Jahres) geworden (CIL VI 224);[9] damals hatte er auch schon die ornamenta consularia erhalten, so daß er a. a. O. c(larissimus) v(ir) (ebenso CIL VI 226[10] vom 13. Sept. 202, also noch vor seinem wirklichen Consulat; vielleicht aus ungefähr derselben Zeit sind CIL III 6075.[6] VI 227.[11] Österr. Jahresh. VI Beibl. 15. Dessau 8689 [zwischen 179 und 202]. Comptes rendus 1905, 472), sein Sohn c(larissimus) p(uer) genannt wird (Comptes rendus 1905, 474). Bei dieser Karriere ist es völlig ausgeschlossen, daß er, wie v. Premerstein Arch.-epigr. Mitt. XII (1888) 131–137 beweisen zu können glaubte, noch im Herbst des J. 196 Tribun der Praetorianercohorte gewesen sei: CIL III 4037[12] (vgl. 10868) ist eine Votivara für Iuppiter praestes, gesetzt zu Poetovio iussu principis von einem tribunus coh. X praet., dessen Name eradiert ist und der ad opprimendam factionem Gallicanam marschiert. Wie richtig auch v. Premerstein erschlossen hat, daß damit nur der Aufstand des Clodius Albinus gemeint sein könne, irrt er doch in der Einsetzung des Namens C. Fulvius Plautianus, dessen Spuren er zu lesen glaubt, während Hirschfeld zu nr. 10868 (s. auch Hist. Ztschr. LXXIX 1897, 471) nur das F erkennt und erklärt, daß der Raum für den vollen Namen nicht ausreiche. Auch wenn v. Domaszewskis ziemlich unsichere Vermutung (Philol. LXVI 1907, 171f.) richtig wäre, daß die Inschrift aus Capua, von der ein Fragment Ephem. epigr. VIII 478, Plautian genannt habe, würde sich v. Premersteins Ansicht nicht bestätigen; denn v. Domaszewski kommt zu dem Schluß, daß Plautian die ungewöhnliche Karriere (vom Cohortentribun zum Praefectus praetorio) im Krieg gegen Niger gemacht habe, also noch vor 195. Dann könnte in der eben genannten Inschrift auch nicht, wie v. Domaszewski will, necessarius Augg. gestanden haben, s. u. Der hier in Frage kommende Offizier hat unter anderen Dekorationen die [coronae] aurea, vallaris und mura[lis] erhalten und ist dann nach v. Domaszewski als Verwalter der Sy]ria utraque cum iu[re gladii] eingesetzt wordeu. Als Gardepraefect wird Plautian auch bei Herodian. III 10, 5 und bei Dio LXXV 14, 1 genannt; nach Herodian. III 11, 2 hat er das ius gladii gehabt (vgl. Mommsen St.-R. II³ 968f.). Dio a. a. O. 14, 2 nennt als seinen Kollegen (also wohl Nachfolger des Flavius Iuvenalis) den Aemilius Saturninus, den Plautian dann töten ließ, um alleiniger oder erster Praefect zu werden. Schon im J. 200 scheint er diese bevorzugte Stellung innegehabt zu haben, denn CIL VI 225[13] (vom 1. April 200) wird er in die Weihungen für die kaiserliche Familie eingeschlossen (pro salute itu reditu et victoria der beiden Kaiser, der Iulia und des Praetorianerpraefecten Plautian; vgl. damit Dios allerdings gehässig übertreibende Worte ὑπὲρ τῆς σωτηρίας αὐτοῦ ... ηὔχοντο), also zu einer Zeit, da er noch nicht mit dem Kaiserhaus verschwägert war. Daß er zuletzt eine Zeitlang alleiniger Praefect der Praetorianer war, geht aus Herodian. III 13, 1 hervor, wonach Severus nach dem Tode [273] Plautians wieder zwei Gardekommandanten einsetzte. Wir kennen diese beiden, es sind Aemilius Papinianus und Maecius Laetus (CIL VI 228).[14] Als Befehlshaber der Leibwache und entschiedener Günstling des Kaisers wußte er sich einen immer weiter gehenden Einfluß auf den Hof und auf alle Staatsangelegenheiten zu verschaffen, und seine gewaltige Tatkraft, aber auch sein unersättlicher Ehrgeiz und seine furchtbare Rücksichtslosigkeit, die vor keinem Verbrechen zurückbebte, trieben ihn zu immer höheren Zielen. So wie er sich eine dominierende Stellung im Kommando der Garde errungen hatte, so wußte er bald auch eine fast dämonische Gewalt über den Kaiser zu erlangen und von seiner Macht auch so ausgedehnten Gebrauch zu machen, daß er bald mehr geehrt und mehr gefürchtet war als der Kaiser selbst, so daß sein Zeitgenosse Dio, der diesen übermächtigen Einfluß des verhaßten Gegners in beweglichen Worten schildert (LXXV 15. LXXVI 2, 2. 3. 4, 5; vgl. auch Ammian. XXVI 6, 8), ihn mit Seian vergleichen konnte (LVIII 14, 1). Und wie bei Seian ließ der Ehrgeiz auch in ihm den Wunsch rege werden, mit der regierenden Dynastie durch die Bande der Verwandtschaft verknüpft zu werden. Er fand darin endlich auch das Entgegenkommen des Kaisers Severus, der Plautians Tochter Plautilla seinem jugendlichen Sohn und Mitkaiser Caracalla als Gemahlin bestimmte, obwohl dieser ihr nur widerwillig die Hand reichte und sie zeitlebens redlich haßte (Dio LXXV 14, 5. 15, 2. Herodian. III 10, 5. 7. Hist. aug. Sever. 14, 8; aus der Zeit, in welcher Plautilla mit Caracalla verlobt war, stammen CIL XI 1336[15] und Rev. arch. VIII 1906, 206, 34, wo sie sponsa des jungen Kaisers genannt wird). Die Vermählung fand nach Dio LXXVI 1, 2 zur Zeit der Dezennalien des Kaisers Septimius Severus statt (10. Dez. 201–9. Dez. 202), aber vor dem 17. September 202, weil damals Plautilla schon den Titel Augusta führt, CIL VI 226.[10] Offiziell wird Plautian nunmehr auch als Verwandter der Kaiser bezeichnet, necessarius Augg., CIL VI 227.[11] 1074. XI 1337. Österr. Jahresh. VI Beibl. 15. Not. d. scavi 1893, 135. Comptes rendus 1905, 472. 474; adfinis Augg. CIL III 6075.[6] V 2821.[1] Vielleicht ist es damit auch zu erklären, daß er als nobilissimus pr(aefectus) pr(aetario) bezeichnet wird (CIL VI 1074),[5] ein ganz singulärer Gebrauch, während späterhin (zuerst bei Geta) nobilissimus Caesar das ständige Prädikat des Thronfolgers ist. Jedenfalls gehörten er und seine Tochter von nun an dem Kaiserhause an (vgl. z. B. CIL VI 226.[10] IGR I 828). Dem entspricht es auch, daß Plautian nun wirklich in den Senat aufgenommen wurde, indem er sogleich zum Consul designiert wurde (Dio LXXV 15, 2) und am 1. Januar 203 den ordentlichen Consulat zugleich mit des Kaisers Bruder P. Septimius Geta antrat, der damals consul II war. Da Plautian früher schon die ornamenta consularia erhalten hatte (s. o.), so bezeichnete er sich in seinem Amtsjahre als consul iterum (Dio XLVI 46. LXXVIII 13, 1. Herodian. III 11, 2; vgl. Mommsen St.-R. I³ 457) und wird so überall in den Consularfasten und auf Inschriften genannt (Ziegelstempel CIL XV 47.[4] 160. 184. 185. 197. 206. 240. 241. 406; außerdem Not. d. scavi 1893, 135. [274] Bull. com. 1902, 68. IG III 633: δὶς ὕπατον; Datierungen nach seinem Consulat CIL III 5802.[16] VI 220[17] = Dessau 2163. CIL VIII 2557[18] [22. Aug.]. 2655. XIV 324 [24. März]. XV 7242. Dig. XXXVIII 17, 2, 47 [12. April]; vielleicht auch Not. d. scavi 1898, 406). Dabei blieb er weiter in seinem Amt als Befehlshaber der Praetorianer, weil sich ja darauf seine Machtstellung gründete; auch in dieser Hinsicht erinnert er an Seian (vgl. Mommsen St.-R. II³ 866, 3). Auch Plautian erhielt ein Priesteramt, er wurde Pontifex (CIL VI 1074).[5] Er durfte ferner den Titel eines comes Augusti führen (ebd. comitis per omnes expeditiones eorum., sc. Augg.; vgl. auch Mommsen St.-R. II3 835f.), und wirklich hat er, wie wir gesehen haben, Severus auf seinen Feldzügen gegen Niger und in den Partherkrieg begleitet; zu den angeführten Tatsachen kommt als Zeugnis hinzu die von Dio erzählte Begebenheit in Tyana (LXXV 15, 4. LXXVI 4, 2) und die in Nicaea (Dio LXXV 15, 3); außerdem sind CIL VI 226.[10] 227 geweiht für die Rückkehr der Kaiser und der Kaiserin, sowie des Plautianus aus dem Partherkrieg. So konnte seine Machtfülle kaum mehr gesteigert werden. Nach wie vor wurde er in die öffentlichen Gebete und Weihungen eingeschlossen (CIL VI 224–227;[9] s. o.). Der Kaiser soll ihn sogar sich als seinen Nachfolger gewünscht haben (Dio LXXV 15, 2); so ist es kaum Übertreibung, wenn Dio LXXV 15, 2a berichtet, daß jemand an Plautian als an den vierten Kaiser geschrieben habe. Überall wurde neben den Bildsäulen der Kaiser auch die seine aufgestellt, ja die ihm gewidmeten Statuen übertrafen an Zahl die des Kaisers (Dio LXXV 14, 6. Hist aug. Sever. 14, 5; mehrere Statuenbasen mit seinem Namen haben sich gefunden, Comptes rendus 1905, 472. CIL V 2821.[1] XI 1337.[7] XIII 1681.[19] IG III 633, vielleicht auch Österr. Jahresh. I Beibl. 99; die Inschrift Not. d. scavi 1893, 135 preist ihn mit der fast formelhaft gewordenen Wendung omnium praecedentium praef. excellentissimo). Das führte endlich zu einer Verstimmung des Kaisers Severus, dem sein Bruder P. Septimius Geta, der Mitconsul Plautians, als er schon auf dem Sterbebett lag, die Augen über dessen ehrgeizige Absichten zu öffnen versuchte (Dio LXXVI 2, 4). Severus ließ einige von Plautians Bildsäulen vernichten (Dio LXXV 16, 2. Hist. aug. Sever. 14, 5; vgl. auch Herodian. III 11, 3); doch versöhnte er sich bald wieder mit seinem Günstling (Hist. aug. Sever. 14, 7), und mancher, der zu früh über Plautians Sturz gejubelt hatte, mußte seine Voreiligkeit büßen (Sever. 14, 9; Dio nennt einen solchen, den Statthalter von Sardinien, Racius Constans). Gleich wohl war noch vor Ablauf eines Jahres das Ende des gefürchteten Machthabers wirklich gekommen (Dio a. a. O. 16, 4).
IV. Sein Tod.
Daß er sich mit der Kaiserin Iulia Domna und mit Caracalla verfeindete, führte schließlich die Katastrophe herbei, Dio LXXVI 2, 5; vgl. 7, 1 [hier und in Hist. aug. Geta 4, 4 ist auch die Gegnerschaft Getas erwähnt]. Hist. aug. Carac. 1, 7. Herodian III 10, 8. 12, 3). Seit Caracallas gewalttätige und jähzornige Natur dem verhaßten und übermächtigen Mann den Untergang beschlossen hatte, war Plautian verloren. [275] Die Vorgänge, die sich vor seiner Tötung abspielten, werden verschieden erzählt. Nach Herodian (III 11. 12) hätte Plautian wirklich nach der Herrschaft gestrebt, teils um seine große Macht auszunützen, teils auch, um den Drohungen Caracallas, die er sehr fürchtete, zuvorzukommen, und seinem Untergebenen, dem Tribunen Saturninus, den Befehl zur Ermordung der Kaiser, und zwar sogar schriftlich, gegeben, Saturninus aber die Sache den Kaisern verraten und durch einen andern Tribunen den Plautian überlistet, in den Palast zu kommen, wo er dann vor den beiden Kaisern seines Verbrechens überführt und auf Befehl Caracallas niedergemacht worden sei. Eine ähnliche Version ist auf Ammianus Marcellinus gekommen, soweit wir aus der stark verkürzten beiläufigen Erwähnung erkennen können (XXIX 1, 17; nach der hier überlieferten Fassung hätte Saturninus den Auftrag ausführen wollen, und der Kaiser sei nur durch Caracalla gerettet worden). Hiergegen verwirft Dio (LXXVI 3, 4), der doch sonst Plautian so gehässig ist, ausdrücklich die Möglichkeit, daß Plautian dem Saturninus einen solchen Befehl, noch dazu unter so ungeeigneten Umständen, schriftlich zu erteilen gewagt haben sollte, und stellt das Ende Plautians vielmehr als Racheakt Caracallas hin, indem dieser durch seinen Erzieher Euodus den Saturninus (er ist nach Dio nur Centurio) dazu habe überreden lassen, einen fingierten schriftlichen Mordbefehl Plautians, der angeblich zehn Centurionen ausgefolgt worden sei, dem Kaiser Severus zu überbringen (3, 1–3). Auch die Szene, wie Plautian im Palast erscheint (nach Dio auf Befehl der Kaiser, nach Herodian, weil er, durch Saturninus getäuscht, geglaubt habe, die Tat sei schon gelungen), wie er sich dann vor den Kaisern rechtfertigt und endlich getötet wird, ist bei Dio (4, 1–4) in wesentlichen Zügen anders vorgetragen. Den Leichnam des gefallenen Günstlings ließ Caracalla auf die Straße schleudern (Herodian. III 12, 12), Severus aber später bestatten (Dio 4, 5). Die Tötung Plautians ist kurz erwähnt Hist. aug. Sever. 14, 7. Herodian. III 13, 2. Ammian. XXVI 6, 8. Der Zeitpunkt dieses Ereignisses wird im Chron. Pasch, (ed. Dind. bei Migne Patrol. Gr. XCII 652) irrig in das Jahr von Plautians Consulat angesetzt, und zwar am 22. Januar dieses Jahres (203). Aber noch am 22. August 203 ist CIL VIII 2557 nach Plautian und seinem Mitconsul datiert, deren Namen hier erst nachträglich eradiert worden sind. Auch wird von (Aelius) Coeranus gesagt (Dio LXXVI 5, 5), daß er nach dem Sturze Plautians wegen der Freundschaft mit ihm auf eine Insel verbannt wurde und von dort erst nach siebenjährigem Aufenthalt zurückkehren durfte; die Rückkehr der auf Inseln Verbannten erfolgte aber (Dio LXXVII 3, 3) gleich nach der Ermordung Getas (Febr. 212), also fällt, wie Bormann Bull. d. Inst. 1867, 218f. überzeugend dargelegt hat, die Katastrophe Plautians in den Anfang des J. 205, und zwar, wenn wir an dem genannten Tage festhalten, auf den 22. Januar 205, jedenfalls aber vor den 28. Mai dieses Jahres, an welchem wir bereits Plautians Nachfolger, Maecius Laetus und Aemilius Papinianus, als Praefecti praetorio im Amte [276] sehen, CIL VI 228.[14] Damit stimmt, daß der im J. 204 in den Acta ludorum saecularium, CIL VI 32329[20] Z. 5, erwähnte pr(aefectus) pr(aetorio) nur Plautian sein kann, weil nur er alleiniger Praefect war; vgl. Mommsen Ephem. epigr. VIII p. 295. Hingegen ist die Angabe Dios (LXXV 16, 4), daß nach der Wiederversöhnung des Kaisers mit Plautian nicht einmal ein Jahr bis zu dessen Untergange verstrichen sei, nicht zu gebrauchen, da die vorübergehende Ungnade des Kaisers gegen Plautian nicht zu datieren ist. Zwar erzählt Dio dies vor der erwähnten Dezennalienfeier, die im J. 202 stattfand, aber in demselben früheren Zusammenhang sind ja auch die Vermählung Plautilias und die Designierung Plautians zum Consul erwähnt, also außerhalb der zeitlichen Reihenfolge.
V. Damnatio memoriae; Verfolgung seiner Verwandten und Freunde.
Mit der Tötung Plautians war die gegen ihn gerichtete Aktion nicht abgeschlossen. Nunmehr erst fand in vollem Maße statt, was früher vorübergehend geschehen war: alle ihm gesetzten Statuen wurden zerstört (Dio LXXV 16, 4), sein Name auf allen Denkmälern getilgt. In der Tat finden wir auf den uns erhaltenen Inschriften seinen Namen eradiert, ganz wenige ausgenommen (CIL XI 1337.[7] XIII 1681.[19] Not. d. scavi 1893, 135, selbstverständlich auch die Bleiröhren und die Ziegelstempel, doch s. CIL XV 206;[21] in CIL VI 1035[3] sind über der Rasur andere Wörter eingemeißelt, Bormann a. a. O.; ähnlich CIL VIII 17872;[8] wahrscheinlich hat auch in CIL VI 643[22] Z. 4. 32326 Z. 4 und 5 [vgl. Mommsen Ephem. epigr. VIII p. 295] und XIII 1755 Z. 4 und 5, die gänzlich getilgt sind, sein Name gestanden). Die Freigebigkeit, mit der Severus seinen Günstling von Anfang an überschüttet hatte (Herodian. III 10, 5), und die oft bis zur Raubsucht gesteigerte Habgier Plautians (Dio LXXV 14, 3. 4; vgl. Hist. aug. Geta 4, 4), der sich insbesondere in den Prätendentenkämpfen mit dem Besitz der Geächteten und Getöteten bereicherte, hatten ihm schließlich unerhörte Reichtümer verschafft, Herodian. III 11, 2. So z. B. erfahren wir aus Dio (LXXVI 1, 2), eine wie ungeheure Mitgift Plautian seiner Tochter gab und welch fürstliche Pracht und Freigebigkeit er anläßlich der Hochzeitfeier entfaltete. Von der Größe seiner Güter erhält man auch eine Vorstellung durch die vielen Ziegelstempel (s. o.), auf denen seine pr(aedia) erwähnt sind; sie stammen alle aus der Zeit nach dem Antritt seines Consulats. Nach dem Fundort der Ziegel zu schließen, befanden sich diese Besitzungen, die Plautian offenbar erst in seinen letzten Jahren erwarb, in Rom und dessen nächster Umgebung; die Ziegeleien, die dabei genannt sind, fig(ilinae) Bucconia(nae), Domitianae, Genian(ae), (Domitianae?) Novae, Pont(iculanae) und (Domitianae?) Veteres, gehörten früher ausnahmslos dem Kaiserhaus; vgl. Dressel a. a. O. S. 22. Auch zwei Bleiröhren von der Wasserleitung, die zu seinem Haus am Quirinal (vgl. Hülsen-Jordan Topogr. I 3, 424) geführt wurde, sind gefunden worden, Bull. com. 1902, 63 und Dessau 8689; die letzte aus der Zeit vor seinem Consulat. Recht annehmbar ist auch die Konjektur Hirschfelds (Prosop. Imp. Rom. [277] 44 nr. 340) zu Hist. aug. Elag. 8, 6 (lavacrum) ... Plauti(a)ni, so daß er eine Badeanstalt errichtet hätte, die Elagabal (nachdem sie infolge der Konfiskation kaiserlicher Besitz geworden war) dem Volke eröffnete. Die Aufsicht über sein Vermögen hatte er dem M. Opellius Macrinus, dem späteren Kaiser, anvertraut, dessen geschäftliche Tüchtigkeit er kennen gelernt hatte, Dio LXXVIII 11, 2. So ist es begreiflich, daß sein großer Besitz, der nach der Damnatio memoriae der Ratio privata anheim fiel, auch von einem eigenen Procurator ritterlichen Standes verwaltet wurde; es ist Ulpius ..., der bis dahin Tribun der (von Severus gegründeten und auf dem Albanerberg stationierten) Legio II Parthica gewesen war und der in seiner neuen Stellung proc(urator) ad bona Plautiani heißt (CIL III 1464;[23] vgl. p. 1407 = Dessau 1370).
Der Haß gegen den gestürzten Gewalthaber machte, wie in diesen Fällen immer üblich war, auch vor der Person seiner Verwandten und Freunde nicht halt. Sein Sohn, C. Fulvius Plautus Hortensianus (Comptes rendus 1905, 474; wir erfahren hieraus erst seinen vollen Namen; man könnte aus dem Namen schließen, daß seine Mutter, die uns sonst unbekannte Gemahlin Plautians, eine Hortensia war), und seine Tochter Fulvia Plautilla wurden nach Lipara verbannt (Dio LXXVI 6, 3; Herodian. III 13, 3 und IV 6, 3 sagt ungenau Sicilia) und später von Caracalla gleich nach dessen Thronbesteigung getötet (Dio LXXVII 1, 2). Gar manche von denen, welche in den Tagen des Glücks sich der Freundschaft Plautians gerühmt hatten, wollten nach seinem Untergange das Geschehene vergessen machen. Doch war es meist zu spät für sie, da die erzürnten Kaiser auch gegen Plautians Vertraute wüteten. (Aelius) Coeranus, der überdies einen Traum als Omen imperii für Plautian gedeutet hatte, wurde wie erwähnt auf eine Insel verbannt (Dio LXXVI 5, 3–5). Caecilius Agricola, einer der Hauptschmeichler Plautians, wurde zum Tode verurteilt und öffnete sich selbst die Adern (Dio 5, 6; in den Exc. Vat. wird er Priscus genannt, daher hält Boissevain in seiner Dio-Ausgabe III p. 361 diesen für eine andere Persönlichkeit). Domitius Florus hatte von seiner Freundschaft mit Plautian nur den Schaden, daß er in seiner Karriere stark zurückblieb (Dio LXXVIII 22, 2). Dem M. Opellius Macrinus, dem späteren Kaiser, hätte das Vertrauen, das ihm Plautian schenkte (s. o.), das Leben gekostet, wenn er nicht unerwartet durch die Fürsprache des (L. Fabius) Cilo gerettet worden wäre, Dio LXXVIII 11, 2.
VI. Sein Wesen.
Plautian war eine Kraftnatur, in der sich eine souveräne Verachtung aller Begriffe von Ehre und Anstand mit wilder Herrschsucht, unersättliche Habgier und Leidenschaftlichkeit in den sinnlichsten Begierden zu einem abstoßenden Gemisch vereinigten. Diesen üblen Eindruck gewinnen wir, auch wenn wir von dem starken Haß absehen, den ein solcher Charakter bei seinen Mitmenschen erzeugen mußte und der sich in den Berichten der Autoren widerspiegelt. Das Leben und das Glück von Tausenden opferte er unbedenklich, um seinem krankhaften Ehrgeiz zu frönen, und was Dio LXXV 14. 15 über seine wahnwitzige [278] Grausamkeit (vgl. auch Hist. aug. Carac. 1, 7. Herodian. III 10, 7) und sein wüstes Lotterleben erzählt, ist, auch wenn seine Erzählung übertrieben ist, furchtbar genug. Während aber Severus in blinder Voreingenommenheit für seinen Jugendfreund (vgl. z. B. Herodian. III 12, 3. Dio LXXV 15, 1. LXXVI 5, 2) und tüchtigen Helfer in allen Kämpfen diesem Treiben teils aus Kurzsichtigkeit, teils aus Schwäche lange Zeit nachsichtig zusah, machten Plautians Schwiegersohn Caracalla und die Kaiserin Iulia Domna kein Hehl aus ihrer Abneigung gegen den Gardepraefecten. Der junge Kaiser war ihm schon wegen seiner anmaßenden Bevormundung feindlich gesinnt, und sein Haß steigerte sich noch nach der ihm aufgezwungenen Ehe, so daß er seiner Gemahlin öfters drohte, er werde als Alleinherrscher sie und ihren Vater töten lassen (Herodian. III 10, 8. 11, 1). Schwerer aber hatte Iulia unter der Feindschaft des mächtigen Mannes zu leiden (Dio LXXV 15, 6. LXXVIII 24, 1; vgl. LXXVI 4, 4). Hingegen soll Plautian bei seinen Truppen beliebt gewesen sein (Herodian. III 11, 2. 4), womit freilich im Widerspruch steht, daß ihm schließlich das Verderben durch die ihm unterstehenden Offiziere bereitet wurde. Jedenfalls muß man ihm das Verdienst gelten lassen, daß er in seiner Stellung als militärischer Führer sowohl wie als staatsmännischer Berater seines kaiserlichen Herrn Tüchtiges geleistet hat und daß er durch seine überragende Persönlichkeit auch das Amt des Gardepraefecten zu einer höheren Bedeutung zu erheben verstanden hat.
Literatur: Dessau Prosop. imp. Rom. II 96f. nr. 379. Borghesi Oeuvres X 80–85.
[Stein.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum V, 2821.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 221.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1035.
Corpus Inscriptionum Latinarum XV, 47.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1074.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 6075.
Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 1337.
Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 17872.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 224.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 226.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 227.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 4037.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 225.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 228.
Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 1336.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 5802.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 220.
Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 2557.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1681.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 32329.
Corpus Inscriptionum Latinarum XV, 206.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 643.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 1464.
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Antikes Griechenland
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