.
Δικασταί. Die Gerichtshoheit kommt ursprünglich, und so noch im homerischen Staate, dem Könige zu (Il. XVI 542; Od. XIX 109f. Arist. Pol. III 10, 1), wenn er sich auch, wie die Gerichtsscene Il. XVIII 497f. zeigt, zur Urteilsfindung der Geronten bedient, welche ihre Ansicht der Reihe nach kundgeben. Die Entscheidung steht bei dem ἴστωρ, worunter mit Fanta Staat der Ilias und Odyssee 84 der König zu verstehen ist, der natürlich für gewisse Fälle auch einzelnen andern diese Gewalt übertragen kann, Od. XII 440.
In der weiteren Entwicklung wird dies letztere Regel, die Gerichtsbarkeit geht zunächst an Beamte und Ratsversammlungen über. In Sparta urteilte über Blutprocesse die Gerusia, über Privatstreitigkeiten die Ephoren als Einzelrichter, Arist. Pol. III 1, 7, während die Könige nur über Familien- und Wegerecht zu entscheiden hatten, Herodot VI 57. In Athen richteten neben den Archonten der Areopag und die Epheten, Arist. resp. Ath. 3, 5. Δικαστῆρες werden in Opus erwähnt, Cauer Del.² 229 B 8. Zu den Beamten werden ferner ausdrücklich die ξενοδίκαι gerechnet in Medeon, Dittenberger Syll.² 426, 39, solche giebt es auch in Chaleion und Oianthea, Cauer Del.² 230 B 1. Hierher gehören auch noch in Attika die δικασταὶ κατὰ δήμους (s. d.).
[566] In Gortyn giebt es Einzelrichter (δικαστάς), über deren Bestellungsart nichts bekannt ist, mit einem Merker (μνάμων) zur Seite. Die Processe werden nach dem Gegenstande unter sie verteilt, VI 30. IX 23. Mon. ant. III nr. 153 kennt einen δικαστὰς τᾶν ἑταιρηιᾶν und ὃς κα τῶν ἐνεκύρων δικάδηι. Ebenda wird angeordnet, dass diese Genossenschafts- und Pfandrichter spätestens am zweiten Tage das Urteil sprechen sollen, während bei Grenzstreitigkeiten eine Frist von 15 Tagen gewährt ist. Ob die Richter ständig waren oder jährlich wechselten, ist fraglich; doch spricht schon eine derartige Verteilung der Processe unter sie für die Dauer, ebenso müssen die Merker der Natur der Sache nach dauernd in Thätigkeit gewesen sein. Die Thätigkeit des Richters ist entweder ein δικάζειν auf Grund äusserer Beweise, wie Eide der Zeugen oder Parteien, oder ein κρίνειν nach Pflicht und Gewissen, letzteres immer mit Eid verbunden (ὀμνύντα κρίνειν) XI 26f.
Den Übergang von den beamteten Richtern zu den geschwornen Volksrichtern hat wohl zuerst Solon gemacht, und er zog bei ihnen von Anfang an auch die Bürger der letzten Vermögensclasse zu (Arist. resp. Ath. 7, 3). Solon übertrug diesen Volksgerichten sowohl die Entscheidung bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten als die von Berufungen gegen die Bescheide der Beamten (Arist. a. O. 9, 2). Ausser dem Bürgerrecht musste ein gewisses Alter für die Richter gefordert sein, und es ist kein Grund anzunehmen, dass nicht die später üblichen Vorbedingungen gleich von Anfang erfordert waren, nämlich ein Alter von 30 Jahren, keine Schuld an den Staat und Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte. Der Zuwiderhandelnde unterlag strengen Strafen (Arist. 63, 3), ja es. wird in einem Falle von Todesstrafe berichtet (Demosth. XXI 182).
Über Zahl und Gliederung der Richter ist aus den frühesten Zeiten nichts bekannt. Als Perikles den Richtersold (s. Δικαστικος μισθός) einführte, wurden sie erlost (Arist. 27, 3f.). Wenn nun auch die wohlhabenden Bürger sich von den Gerichten nicht ganz fernhielten, so überwogen doch darin die niederen Classen, denen der geringe Lohn eine Entschädigung für die aufgewandte Zeit, oft geradezu eine Quelle des Erwerbs, war (Isokr. VII 54. VIII 130. Demosth. XXIV 123. Bruck Philol. LII 308f.). Dagegen geht aus zahlreichen Stellen hervor, dass die Richter im allgemeinen nicht in so hohem Alter standen, wie Aristophanes in seinen Wespen es darstellt (Bruck a. O. 312).
Die Zahl der Richter war im 5. Jhdt. allmählich bis auf 6000 vermehrt worden (Ar. Vesp. 661 mit der Erklärung in Berl. Phil. Woch. 1888, 1313). Diese Zahl bestand nach Arist. resp. Ath. 24, 3 schon um 463, und 415 sassen im Process des Leogoras nach And. I 17 6000 Richter. Sie wurden nach voraufgegangener Meldung erlost (Arist. resp. Ath. 27, 4), jedenfalls alljährlich. Ihr Verzeichnis war nach Phylen geordnet (CIA IV 1 p. 64f. nr. 356), sie waren daher voraussichtlich auch phylenweise erlost, Schoell S.-Ber. Akad. Münch. 1887, 6. Über ihre sonstige Gliederung ist nichts überliefert. Die einzelnen Behörden haben ständig dieselbe Gerichtsstätte, Harpocr. s. παράβυστον. Teusch De sortit. iudicum 60. [567] Da die Richter vorher wissen, in welchem Processe sie urteilen werden, so müssen den einzelnen Behörden auch bestimmte Richterabteilungen ständig zugewiesen sein, Ar. Vesp. 303f. 156f. 240. 286f. v. Bamberg Herm. XIII 508. An dem von den Thesmotheten angekündigten Gerichtstage begeben sich die Richter möglichst früh zu ihrer Gerichtsstatt, Ar. Vesp. 122f. 550f. Dort finden sie Einlass, bis die verlangte Zahl von Richtern vorhanden ist, was durch ein Zeichen äusserlich kenntlich gemacht wird, Ar. Vesp. 689. Von einer Losung ist nirgends die Rede. Wenn nun sonst aus jener Zeit Gerichtshöfe von 1000, Poll. VIII 53, 1500 Plut. Per. 32, 2000 Richtern, Lys. XIII 35, erwähnt werden, bei denen augenscheinlich mehrere Abteilungen vereinigt waren, so führt dies auf Abteilungen von mindestens 500. Denn auch hier konnten Verspätete zurückgewiesen werden, und so ist das Natürlichste eine Einteilung nach Phylen, zumal die spätere Einrichtung der Ersatzgeschworenen durch den Gerichtshof der 6000 bei And. I 17 ausgeschlossen scheint, Teusch a. O. 59. Jedenfalls ist der von Fränkel Geschworenengerichte 95 auf Ar. Vesp. 233 gebaute Schluss, dass in den Abteilungen Angehörige verschiedener Phylen gesessen hätten, ganz unsicher. Gerichtstage rechnet Ar. Vesp. 661 im Jahre dreihundert, und diese Zahl kann nicht um viel zu hoch gegriffen sein. vgl. Berl. Phil. Woch. 1888, 1313 und [Xen.] resp. 3 Ath. 3, 6. Auch die Volksversammlungstage waren noch nicht gerichtsfrei, doch wurden an ihnen in der Regel die Gerichtssitzungen nach Erledigung einer Sache aufgehoben, Ar. Vesp. 594. v. Bamberg Herm. XIII 506.
Nach dem peloponnesischen Kriege drängte sowohl die verminderte Zahl der Processe, als die gelichteten Reihen der Bürgerschaft, sowie endlich hervorgetretene Bestechungsversuche (Arist. resp. Ath. 27, 5) zu Änderungen. Wir finden die Richter eingeteilt in Abteilungen (γράμματα von Α bis Κ), welche auf die Gerichtsstätten verlost wurden, Ar. Plut. 277; Eccl. 682. Einzelne Abteilungen wurden dabei nicht gebraucht und blieben unthätig, und da die Zahl der sich meldenden Richter nicht ausreichte, die Abteilungen zu füllen, so liessen sich diejenigen, welche oft zu Gericht sitzen wollten, in mehrere Abteilungen einschreiben (Ar. Plut. 1166), wahrscheinlich so, dass sie einer ständig zugehörten, in andre als Ersatzmänner eintraten. Diese Einrichtungen sind mit einer jährlichen Erlosung der Richter, wie sie im 5. Jhdt. bestand, unvereinbar. Wahrscheinlich wurde daher jeder Bürger, der sich meldete und den Vorbedingungen entsprach, unter die Richter eingereiht. Eine Höchstzahl der Mitglieder eines γράμμα musste hierbei bestimmt sein, sonst hätte jeder Richter in allen Abteilungen eingeschrieben sein können. Diese Zahl war mindestens 500, vgl. Demosth. XXIV 9, so viele Richter bilden auch den Gerichtshof bei Isai. V 20, wahrscheinlich auch im Process des Sokrates, Plat. ap. 36 a. Diog. Laert. II 41. In diese Zeit gehören voraussichtlich zwei Bronzetäfelchen (Ztschr. Num. III 383. Παρνασσ. 1883, 131), beide mit der Inschrift θεσμοθετῶν, dann das eine mit Ε, das andere mit Α, wahrscheinlich benützt zur Erlosung der Richterabteilungen, die danach den [568] Thesmotheten oblag. Ein σύμβολον, das an der Gerichtsstätte ausgegeben wurde, berechtigte zur Erhebung der Gebühren, Ar. Plut. 277. Bezüglich der übrigen Punkte, als jährlicher Meldung, Bildung der γράμματ, Bildung kleinerer Gerichtshöfe aus der Abteilung, erfahren wir aus den Schriftstellern nichts. Doch gehören in die Zeit nach Eukleides die bronzenen Richtertäfelchen (s. Πινάκιον. Bruck Philol. LIV 64), welche neben Namen und Demotikon einen der Buchstaben von Α bis Κ aufweisen, und da die drei Paare, die derselben Person zugehörten (CIA II 885. 885 a. 914. 915. 917. 918), denselben Buchstaben führen, so verblieb wohl der Heliast dauernd in derselben Abteilung, die Richter wurden also nicht jährlich auf die γράμματα verteilt. Und wenn auch diese Täfelchen von einer Thätigkeit als Ersatzmänner in andern Abteilungen keine Andeutung enthalten, so schliessen sie eine solche doch auch nicht aus. Jedenfalls waren die Unterschiede von dem späteren bei Aristoteles beschriebenen Verfahren erheblich. Zur Zeit des Aristoteles nämlich (resp. Ath. 63, 4) galt von den Richtern: νενέμηνται κατὰ φυλὰς δέκα μέρη, παραπλησίως ἴσοι ἐν ἑκάστῳ τῷ γράμματι, d. i. die Richter jeder Phyle waren ziemlich gleichmässig auf die 10 γράμματα verteilt. Daraus folgt mit Wahrscheinlichkeit einmalige Meldung und dauernder Verbleib des Heliasten in derselben Abteilung, so dass jährlich nur die Neuzutretenden zu verteilen waren (Bruck Philol. LII 303. 397). Die Bestimmung der Gerichtstage und Überweisung der Gerichtshöfe an die Behörden war Sache der Thesmotheten (Arist. 59, 1). Die Auslosung der Richter am Gerichtstage aber erfolgte phylenweise auf einem geräumigen Platze in der Nähe der Gerichtsstätten, also wohl auf der ἀγορά, durch die Archonten und ihren Schreiber (Arist. 59, 7. 63). Der Platz war dazu in zehn Abteilungen geteilt, jede mit besonderem Eingang, vor dem sich die Richter jeder Phyle versammelten. Am Zugang standen zehn Kästen, mit den γράμματα Α bis Κ bezeichnet, und jeder Richter warf sein Buchsbaumtäfeichen in den Kasten seines Buchstaben. Unterdessen verlost ein Thesmothet die Buchstaben von Α ab, so viele Gerichtshöfe gebraucht wurden, auf die Gerichtsstätten und lässt an einer jeden den erlosten Buchstaben anbringen. Ein aus jedem Buchstaben (innerhalb der Phyle) erloster Richter (ἐμπήκτης) befestigt dann die sämtlichen Richtertafeln seines Buchstabens an einer dazu vorgerichteten Leiste, derart, dass nun die Richtertafeln jeder Phyle auf zehn Leisten befestigt sind, auf deren jeder der entsprechende Buchstabe Α bis Κ angebracht ist. Jetzt wirft der Archon behufs Auswahl der Richter des Tages weisse und schwarze Würfel in die Urne, so dass auf je fünf an dem Tage erforderliche Richter ein weisser und auf je fünf überschüssige ein schwarzer Würfel kommt. Darauf werden die Richter eingelassen und die Losung beginnt. Ein weisser Würfel bestimmt je fünf Richter zur Verwendung, ein schwarzer zum Verzicht. Den ἐμπήκτης lässt man stets an der Gerichtssitzung teilnehmen, augenscheinlich, um ihn nicht zum Betrug zu verleiten. Nun folgt die Verlosung der Richter auf die Gerichtsstätten. Dazu werden die erlosten Richter einzeln vom Herold aufgerufen, [569] und ein jeder zieht aus einer zweiten Urne, in der sich Marken mit den Buchstaben (von Α ab) der Gerichtsstätten dieses Tages befanden (ein Zehntel soviel als überhaupt Richter gebraucht wurden), eine Marke, hält sie hoch und zeigt dem Archon den Buchstaben. Bei diesem stehen nun so viele Kästen, als Gerichtsstätten gebraucht werden, mit den ihnen an diesem Tage zugelosten Buchstaben bezeichnet, und der Archon wirft darauf das Buchsbaumtäfelchen des Richters in den Kasten des Buchstaben, den die Marke aufwies. Der Richter seinerseits erhält einen Stab mit der Farbe der betreffenden Gerichtsstätte. Sind nun so zunächst die Richter des Tages erlost und auf die Gerichtsstätten verteilt, so werden jetzt erst diese Stätten ebenfalls durch das Los den einzelnen Behörden zugewiesen. Dies Verfahren setzt für jeden Tag Gerichtshöfe gleicher Grösse voraus, und das war dadurch ermöglicht, dass man an jedem Gerichtstage nur entweder private oder nur öffentliche Processe vornahm. Übrigens war es jederzeit möglich, zur Bildung grosser Gerichtshöfe einer Gerichtsstätte mehrere Buchstaben zuzulosen und diese Gerichtsstätte dann einer bestimmten Behörde ohne Losung zuzuweisen (Arist. resp. Ath. XXXI und die Erklärer bezw. die Handbücher, dazu Teusch a. O.).
Zu dieser Darstellung stimmen im wesentlichen auch die Rednerstellen demosthenischer Zeit. Isokr. VII 54 verlegt die Erlosung der Richter des Tages πρὸ τῶν δικαστηρίων, vgl. Arist. resp. Ath. 63, 2. Nach Demosth. XXXIX 10 werden die erlosten Richter namentlich aufgerufen, in [Demosth.] XXV 27 ὅτι ἐλάχετε εἶτ’ ἀπεκληρώθητε bezeichnet das erste Wort die Auslosung der Richter, das zweite ihre Verteilung auf die Gerichtsstätten. Aus Demosth. XXIV 9 ergiebt sich für öffentliche Processe als Zahl des einfachen Gerichtshofes 500, doch finden sich aus dieser Zeit auch Gerichtshöfe von 2500 und 1500 Richtern (Deinarch. I 52. 107). Für Privatprocesse bestand der kleinste, aber sicher häufigste Gerichtshof aus 200, Demosth. XXI 223. Arist. resp. Ath. 53, 3. CIA II 809. 213. Nach Isokr. XV 21. Schol. Aisch. I 64 schworen sämtliche Richter alljährlich auf dem Ardettos den Richtereid (Teusch a. O. 57 gegen Bruck Philol. LII 303), aber hierdurch erscheint eine jährlich erneute Meldung nicht notwendig gefordert. Der bei Demosth. XXIV 149f. eingelegte Heliasteneid ist der Hauptsache nach echt, vgl. W. Hofmann De iurandi apud Ath. formulis 1886, 3f. gegen Westermann Comm. de iuris iurandi iudicum Ath. formula I/III. Fränkel Herm. XIII 452. Ott Beiträge zur Kenntnis des griechischen Eides 97f. Doch fehlt darin am Anfang hinter πεντακοσίων der Satz: περὶ ὧν δ’ ἂν νόμοι μὴ ὦσι, γνώμῳ τῇ δικαιοτάτῃ καὶ οὔτε χάριτος ἕνεκ’ οὔτ’ ἔχθρας nach Demosth. XX 118. XXXIX 40. LVII 63.
Für manche Processe waren jedoch bei den Richtern besondere Eigenschaften erforderlich, es mussten daher besondere Gerichtshöfe gebildet werden. So urteilten über Mysterienfrevel und was damit zusammenhing nur Eingeweihte, And. I 28. 31. Poll. VIII 123, über Militärvergehen die Kriegsgefährten des Angeschuldigten, Lys. XIV 5. Schoemann Op. I 217, über Handelsklagen Sachverständige, [Demosth.] XXXV 43. 46. Andrerseits [570] aber wurden die Heliasten auch über die Thätigkeit des Richtens hinaus verwandt und zwar stets bei der Gesetzgebung als νομοθέται. (s. d. Demosth. XXIV 27. Schoell S.-Ber. Akad. Münch. 1886, 119), aber auch als ἱεροποιοί (s. d. CIA IV 1 p. 64 nr. 35 b. Schoell a. O. 1887, 5). Endlich beschwören sie CIA IV 27 a = Dittenberger Syll.² 17, 4 mit dem Rate als Vertreter des ganzen Volkes im J. 445 den Vertrag mit Chalkis.
Ausserhalb Athens hören wir von Geschworenengerichten in Chios, IGA 381 = Cauer Del.² 496 B 20, wo für einen bestimmten Fall ein Gericht von nicht unter 300 Richtern verlangt wird. Geschworenengerichte mit geheimer Abstimmung finden sich in Opus, IGA 321 = Cauer Del.² 229 B 7. 20, vgl. IGA 322 = Cauer Del.² 230 B 9. In Eresos wird bei Cauer Del.² 430 A 30 zu einem Hochverratsprocess gesetzmässig ein Gerichtshof von 883 Richtern bestellt, welcher für diesen Fall vereidigt wird. Ein Gericht Inscr. Brit. Mus. II 299 wahrscheinlich aus Knidos bestand aus 204 Geschworenen, die gleichfalls für den besonderen Fall einen besonderen Eid leisteten. In dem Vertrage zwischen Medeon und Stiris bei Dittenberger Syll.² 426 werden die Richter erlost und ist für sie ein gewisses Alter gefordert. In Miletos betrug der gesetzlich grösste Gerichtshof, aus dem ganzen Volke erlost, 600 Richter, Dittenberger a. O.² 314, 47. In Zeleia sollen für einen bestimmten Fall elf Richter vom Volke gewählt und für diesen Process vereidet werden, Dittenberger² 154, 27. In Halikarnassos sollen die Richter gleichfalls für einen bestimmten Rechtsstreit vereidigt werden, Dittenberger² 10, 21. In Rhodos ehrt man einen Mann κλαρωτὰν γενόμενον δικατῶν, IGIns. I 55. Der Ausdruck μηδὲ οἱ εἰσαγωγ[εῖ]ς συ[λλεγέ]τωσαν [δικ]αστ[ήρι[ον zu Lampsakos deutet gleichfalls auf Geschworenengerichte.
Als δ. werden vom 3. Jhdt. ab auch allgemein die Richter bezeichnet, welche man sich aus Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Einheimischen aus der Fremde kommen liess, obwohl sie mehr den Charakter von Schiedsrichtern tragen, da sie nicht ipso iure, sondern auf Grund von Übereinkunft zuständig sind. Dieses Verhältnis brachte in älterer Zeit auch die Bezeichnung zum Ausdruck; Herodot. IV 161 nennt den Demonax ) καταριστήρ. vgl. V 28, Diod. VIII 30, 2 διαιτητής, Plut. Pelop. 26 den Pelopidas διαλλακτὴς καὶ δικαστής. Solche fremde Richter entscheiden sowohl Streitigkeiten zwischen Staaten wie zwischen Bürgern verschiedener oder auch eines und desselben Staates Die Beispiele sind gesammelt von Sonne De arbitris externis, quos Graeci adhibuerunt ad lites et intestinas et peregrinas componendas, quaestiones epigr., Gott. 1888. In den ersten beiden Fällen werden im allgemeinen die Formen des privaten Schiedsgerichts beobachtet (s. Διαιτηταί). Für den vorhergehenden Vertrag ist bezeichnend IGS I 4130: ἐπειδὴ ὑπαρχουσῶν ἡμῖν πρὸς τοὺς ἀστυγείτωνας τῶν ἐν Βοιωτίᾳ πόλεων δικῶν οὐκ ὂλίγων ἐκ πλειόνων χρόνων, περὶ ὧν συνθέμενοι γραττὸν πρὸς αὐτοὺς καὶ συνελόμενοι κριτήριον κατὰ κοινὸν ἐκ τῆς Λαρισαίων πόλεως. In demselben versprachen die Parteien sich dem Urteil zu fügen, vgl. Cauer Del.² 58, [571] setzen auch wohl eine Conventionalstrafe fest, Cauer a. O. 120, 32. Die Zahl der entsandten Richter ist sehr verschieden, am häufigsten einer bis drei, doch finden sich auch 151 Richter aus Megara zur Schlichtung eines Streites zwischen Epidauros und Korinthos, Inscr. iur. gr. 342. Sehr oft wird ihnen ein Schreiber beigegeben, mitunter werden sie von einem besonderen Beamten (δικασταγωγός, s. d.) geleitet. Auch wenn sie zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Bürgern einer und derselben Stadt berufen werden, geht ihr Bestreben zunächst auf gütliche Vereinigung der Streitenden (CIG 2671 = Cauer Del.² 157, 40f. aus Iasos, Cauer a. O. 431, 25). Die Entscheidung erfolgt nach den Gesetzen der berufenden Stadt, Inscr. Brit. Mus. III 421, 11. Auch solche Gerichte waren Bestechungsversuchen ausgesetzt, [Demosth.] VII 7. Bull. hell V 102 Z. 4 aus Mylasa. Nach Vollendung ihres Geschäfts werden den Richtern, mitunter auch ihrer Stadt, von dem berufenden Staate Ehren erwiesen, und diesem Umstande haben wir die meisten Nachrichten über die Sitte zu verdanken. Vgl. auch ξενικὸν δικαστήριον im Art. Δικαστήρια Nr. 2.
[Thalheim.]
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