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Danaos (Δαναός), 1) Der Heros eponymos der Danaer (s. u.). Etymologie unsicher: D. im Zusammenhang mit der Deutung der Danaïdensage erklärt (s. Danaïdes), vgl. Wecklein S.-Ber. Akad. Münch. 1893 II 398f.; mit skr. dânu zusammengebracht, Henry Rev. des ét. gr. V 1892, 284ff. Usener Göttern. 206. Sohn des Belos (s. d.) und der Neilostochter Anchinoë (Apollod. im Schol. Il. I 42 und bibl. II 11 W.) oder eher Anchirrhoe (Schol. Plat. Tim. 25 B, falsch Ἀχιρόη bei Tzetz. Chil. VII 353, vgl. Tzetz. Lyk. 583); Zwillingsbruder des Aigyptos (s. d.), wozu nach Eur. frg. 873 N. als Söhne des Belos noch Kepheus und Phineus kommen (nach Apollod. II 11), bezw. Phoinix, Phineus und Agenor (nach Schol. Aisch. Suppl. 317). Nach Herod. II 91 (vgl. FHG V 56) ist D. (wie Lynkeus) Ägypter aus Chemmis, vgl. auch VII 94. Isokr. X 68. XII 80. Plat. Menex. 245 D. Hekataios aus Abdera (FHG II 392, 13) bei Diod. XL 3; vgl. Ed. Meyer Forschungen z. a. Gesch. I 99ff.; D. galt als der [2095] Gründer des Ammoneion (s. d.). Diod. XVII 50; ja man suchte ihn in der ägyptischen Geschichte nachzuweisen als Armais oder Hermaios, als Bruder des Sethos oder Sethosis (Sesostris) oder Rhameses, der Aigyptos sein musste. Manethos bei Ioseph. c. Ap. I 15. 26 (FHG II 573 [50]). Euseb. bei Synkellos chron. p. 135f. 293 Dind., vgl. Wiedemann Herodots zw. B. 417f. (616). Als seine Frauen, von denen er fünfzig Töchter hatte, nennt uns Apollod. II 16–20: Elephantis, Europe, die Hamadryaden Atlanteie und Phoibe, Aithiopis, Memphis, die Naiade Polyxo, Piereia, Herse und Krino; ausserdem bietet Pherekydes (FHG I 83. 40) Melia; Hippostratos (FHG IV 432, 1) lässt als Mutter aller Danaïden nur die bei Apollodor als βασιλὶς γυνή bezeichnete Europe gelten. Des D. zahlreiche Nachkommenschaft sprichwörtlich, Cic. parad. VI 1, wozu Plut. de am. prol. 4 p. 497.
Mit der Gestalt des D. wurden wichtige Culturfortschritte und Erfindungen verknüpft. Nach dem echten Apollodor (im Schol. Il. I 42; vgl. auch Eustath. z. St. [p. 37, 25ff.]. Marm. Par. 15 [ep. 9, FHG I 543]) rüstete D. auf der Athena Rat als erster ein nach der Zahl seiner Töchter Πεντηκόντορος genanntes Schiff aus; er, der Vater von fünfzig Töchtern, galt als der Erfinder des Fünfzigruderers; vgl. Apollod. bibl. II 12, wo es allgemein heisst, D. habe zuerst ein Schiff gebaut; nach dem Schol. Apoll. Rhod. I 4 hiess es Δαναΐς als Vorläuferin der Ἀργώ; vgl. noch Schol. Eur. Med. 1. ferner Plin. VII 206. Hyg. fab. 168. 277 (p. 31. 13ff. 153, 15f. Sch.); der Erbauer der Argo wird als Sohn des D. bezeichnet, Hyg. fab. 14 (p. 48. 3 und 49, 8 Sch.), ja das Schiff selbst Argo (bezw. Argos) genannt, Schol. Strozz. z. Germ. Aratea 172, 7 Breys. Lact. z. Stat. Theb. II 222. Myth. Vat. I 134. II 103. P. habe vor Kadmos die Buchstaben nach Griechenland gebracht, FHG II 5. 1 (vgl. auch II 67, 2. IV 476, 1 und 649, 175a) ,König D. galt als der eigentliche Schöpfer aller auf künstliche Landesbewässerung bezüglichen Einrichtungen‘ (ὑδρεῖα: Polyb. bei Strab. I 23 [Eustath. zu Il. p. 461, 12]): E. Curtius Ges. Abh. I 125, vgl. Plin. VII 195, auch Nonn. Dion. IV 254ff.; die Danaïden sollen das Brunnengraben erfunden und gelehrt haben, weshalb ihnen vier der Brunnen des Landes geweiht waren, Strab. VIII 371. Schol. und Eustath. (p. 461, 5) zu Il. IV 171. Als es sich darum handelte, die Danaïden (s. d.) neu zu vermählen, habe D. den Wettlauf erfunden, Paus. III 12, 2: jedenfalls galt er als einer der ersten, die Wettspiele veranstalteten, vgl. Pindaros 2 Pyth. IX 112ff.; bei Aristoteles (FHG II 189, 282) erscheint er an dritter, bei Hyg. fab. 273 (p. 146, 8f. Sch.) an fünfter Stelle: es sei hiebei der erste Hymenaios gesungen worden. Auch für den Stifter der sog. Sthenien wurde D. angesehen, Plut. de mus. 26.
Der ursprünglichen Sage dürfte in verschiedenen Punkten am nächsten kommen der Bericht im Schol. Eur. Hek. 886; danach waren Aigyptos und D. direct Söhne der argivischen Io, der Tochter des Inachos (vgl Ed. Meyer Forsch. z. a. G. I 77). Aigyptos erhielt fünfzig Söhne, desgleichen D. fünfzig Töchter. Aus Neid auf die männliche Nachkommenschaft des Bruders und aus Furcht vor ihr vertrieb D. den Aigyptos samt seinen [2096] Söhnen in das Land, das nach Aigyptos benannt wurde. Später, wie die Söhne Männer geworden, kehrte Aigyptos im Vertrauen auf seiner Söhne-Stärke nach Argos zurück, und es erfolgte die Bluthochzeit der Aigyptiaden (s. Danaïdes). Der einzig gerettete Lynkeus rächte seine Brüder, indem er die Töchter des D. und ihn zugleich ermordete. Indem dem D. ein Rächer erstand in Lynkeus (vgl. auch Archilochos frg. 150 Bgk.), erfüllte sich ein Orakelspruch, von dem wir in andern Berichten hören; D. erfährt vom Orakel, aus der geschlossenen Ehe drohe ihm Gefahr, und lässt die Eidame morden, Schol. Eur. Or. 872;. genauer berichtet Apollod. im Schol. Il. I 42: D. wusste aus einem Orakel, dass er von einem der Aigyptiaden werde getötet werden. Durch den Namen Αἴγυπτος ist Ägypten in die Sage hineingekommen, und weiterhin wurde auch D. dahin versetzt. So heisst es hier: den D. siedelte sein Vater Belos in Libyen an, den Aigyptos in Arabien; wie sie aber mit einander in Zwist gerieten wegen der Herrschaft, liess D. (infolge des Orakelspruches) des Aigyptos Söhne bis auf einen oder zwei (s. Danaïdes) durch seine Töchter umbringen, entfloh dann mit diesen und kam über Rhodos nach Argos, wo ihm der damalige König Hellanor (Verschreibung für Gelanor) die Herrschaft übergab.
Diese Form der Sage, nach der die Hauptsache nach Ägypten verlegt ist, darf man vielleicht als die Darstellung der ,Danaïs‘ betrachten (vgl. frg. 1). Teilweise gleichen Wortlaut wie der echte Apollodor bietet Apollod. bibl. II 11–13, doch wird als Grund der Flucht aus Ägypten einfach die Furcht vor den Aigyptiaden angegeben und die Ermordung (wohl im Hinblick auf Aischylos) nach Argos zurückversetzt, desgleichen bei Eustath. Il. I 42 (p. 37, 20ff.), wo als Grund der Flucht wieder das Orakel erscheint. Nach Phryn. frg. 1 und Eur. frg. 229 (aus Aristoph. Frö. 1206ff.) (vgl. auch Eustath. Il. I 42. Ovid. Her. XIV 24 [111]) sei Aigyptos mit seinen Söhnen nach Argos gekommen; Pausanias sah noch in dem einen Sarapisheiligtum zu Patrai ein Grabmal des Aigyptos; dieser sei nach der Ermordung seiner Söhne aus Furcht vor D. hieher nach Aroë geflohen, Paus. VII 21, 13. Andere sagen, Aigyptos sei gekommen, den Mord zu rächen: durch Vermittlung des Lynkeus aber habe sich D. vor einem aus den Edelsten der Ägypter und Argiver bestellten Schiedsgericht auf dem Pron bei Argos verantwortet, vgl. Eur. Or. 871ff. mit den Scholien. Ed. Meyer a. a. O. 183, 4. 101ff. Andere stellten in Abrede, dass Aigyptos nach Argos gekommen sei, Hekataios im Schol. Eur. Or. 872 (FHG III 24. 3); er scheint die Rache dem Lynkeus überlassen zu haben; s. o. und vgl. noch Serv. Aen. X 497. Myth. Vat. II 103 mit Hinweis auf das Orakel, das sich somit erfüllte: hier taucht für Aigyptos Egestus auf, eine offenbare Verschreibung.
Auf der Flucht aus Ägypten landete D. bei Rhodos und errichtete da der Athena Lindia ein Standbild, Apollod. im Schol. Il. I 42 und bibl. II 13. Plut. bei Euseb. praep. ev. III 8. Ausführlicher finden wir bei Diod. V 58, dass D. von den Einheimischen aufgenommen den Tempel der Athena gründete und ihr Standbild weihte, dass [2097] während des Aufenthaltes auf Rhodos drei seiner Töchter starben, die übrigen mit dem Vater nach Argos segelten. Vielleicht hängt damit zusammen, was Strab. XIV 654 (Eustath. Il. p. 315, 14f.) berichtet, dass nach einigen Tlepolemos die Städte Lindos, Ialysos und Kameiros gegründet und nach gleichnamigen Töchtern des D. benannt habe (so soll auch der Hafen Side, unweit des lakonischen Vorgebirges Malea, nach einer D.-Tochter den Namen führen, Paus. III 22, 11). So galt der hochberühmte Tempel der Athena Lindia entweder als eine Stiftung des D. (Kleobulos habe ihn wieder hergestellt, Diog. Laert. I 89) oder der Danaïden, Herod. II 182. Strab. XIV 655. Eustath. Il. p. 315, 16; auch im Marm. Par. 16. 17 (ep. 9, FHG I 545) waren Danaïden genannt (erhalten die Namen Helike und Archedike), die auf der Fahrt nach Argos in Lindos geopfert haben. Vgl. Arch. Anz. VIII 1893, 131f.* Über die Beziehungen von Rhodos zu Argos vgl. Gruppe Gr. Myth. 169. 267ff.
Ausführlich berichtet Pausanias über die Ankunft des D. in Argos und sein Verhältnis zu Apollon Lykios. Nach Paus. II 38, 4 habe D. mit seinen Töchtern den Boden von Argolis bei Apobathmoi betreten, am östlichen Fuss des Pontinos; bei Plut. Pyrrh. 32 heisst die Gegend ,Pyramia in der Thyreatis‘ (vgl. E. Curtius Pelop. II 371f.). D. habe auch das Heiligtum der Athena Saïtis (?θηνᾶ Σαῗτις) auf dem Pontinos erstellt, seine Töchter hätten am Meer ein marmornes Standbild der Aphrodite geweiht, Paus. II 37, 2. D. machte der Herrschaft der Nachkommen des Agenor ein Ende bei Gelanor, dem Sohn des Sthenelas, Paus. II 16, 1 (bei Aisch. Hik. 250f. [vgl. Ovid. Her. XIV 23] heisst der argivische König, den D. vorfindet, Pelasgos, ein Sohn des Palaichthon). Nachdem nach des D. Ankunft in Argos von beiden Parteien viel hin- und hergeredet worden, verschob das Volk die Entscheidung auf den folgenden Tag. Bei Anbruch desselben fiel ein Wolf in eine vor der Stadtmauer weidende Rinderherde und kämpfte mit dem Stier, dem Führer der Herde. Da verglichen die Argiver Gelanor mit dem Stier und D. mit dem Wolf; wie der Wolf nicht unter Menschen lebe, so habe auch D. bis zu diesem Zeitpunkt nicht unter ihnen gelebt; und da der Wolf den Stier überwältigte, erhielt D. die Herrschaft. Im Glauben, Apollon habe den Wolf gegen die Rinderherde getrieben, erbaute D. dem Apollon Lykios ein Heiligtum mit dem Holzschnitzbild des Gottes, Paus. II 19, 3. 4, vgl. Plut. a. a. O. Imhoof-Blumer and Gardner Num. comm. on Paus. 36, 10. Head HN 368. Anders giebt Serv. Aen. IV 377 die Veranlassung zum Bau des Apollontempels; Poseidon wollte sich rächen dafür, dass, wie es sich um die Gründung Athens handelte, der Flussgott Inachos sein Urteil gegen ihn und zu Gunsten der Athene abgegeben; durch seinen Zorn also wurde der Boden von Argos von dauernder Dürre versengt. Deshalb sandte D. seine Tochter Amymone (s. d.) aus, um Wasser zu holen; diese fand auch eine Quelle, die aber, vor ihren Augen von der Erde verschlungen, versiegte. Dem D. wurde vom Orakel des Apollon der Bescheid: wo er einen Stier und einen Wolf mit einander im Kampf finde, solle er auf den Ausgang achten, und wenn der Stier siege, dem [2098] Poseidon, wenn der Wolf, dem Apollon einen Tempel bauen. Als D. den Wolf siegen sah, weihte er den Tempel dem Apollon Lykios. Im Tempel war noch zu Pausanias Zeit ein Thron des D. aufgestellt, ferner barg er ein Xoanon der Aphrodite, von Hypermestra geweiht. Denn sie, die allein das Gebot des Vaters unbeachtet gelassen, zog dieser vor Gericht, da er in des Lynkeus Rettung für seine Person eine nicht geringe Gefahr sah, anderseits Hypermestra, dadurch, dass sie nicht an der That der Schwestern teilgenommen, für ihn, den Anstifter, die Schmach erhöht hatte. Vor dem Gericht der Argiver (über die Örtlichkeit Paus. II 20, 7. Ed. Meyer a. a. O. I 85. 101ff.) freigesprochen, weihte Hypermestra eine Aphrodite Nikephoros, sowie (nach Paus. II 21, 1) ein Heiligtum der Artemis Peitho. Vor dem Apollontempel stand ein Fussgestell, das im Relief den Kampf des Stieres mit dem Wolfe darstellte (vgl. Plut. Pyrrh. 32), und dabei eine Jungfrau, die einen Felsen auf den Stier schleudert; man glaubte, es sei das Artemis; D. weihte ja in der Nähe auch ein Xoanon dieser Göttin, der ständigen Gefährtin des Bruders; vgl. Paus. II 19, 5ff. Berühmt war später der Schild des D., den dieser in den Heratempel zu Argos geweiht hatte; Hyg. fab. 170. 273 (p. 34, 6f. 146, 14f. Sch.), s. u. Abas Nr. 3. D. soll der Begründer der Akropolis von Argos sein, überhaupt alle frühern Herrscher so sehr überragt haben (vgl. auch Paus. X 10, 5), dass (nach Eur. frg. 230 N.) die vordem Pelasgioten genannten Bewohner der Argolis nach ihm Δανναοί hiessen, Strab. VIII 371 (vgl. auch V 221). vgl. Paus. VII 1, 7. Schol. und Eustath. zu Il. I 42; Δαναΐδαι Eur. Or. 876. 933. Steph. Byz. s. Ἄργος; Argos als die Stadt des D. Pind. Nem. X 1. Anth. Plan. 295, 5, der Δαναΐδαι Eur. Or. 876. Des D. Grabmal, mitten auf dem Markt zu Argos, sah noch Pausanias (II 20, 6, vgl. auch Strab. VIII 371), ebenso sein Standbild zu Delphi, von den Argivern gestiftet mit den Standbildern der Hypermestra und des Lynkeus und des ganzen Geschlechtes bis hinunter auf Perseus und Herakles, Paus. X 10, 5.
Über Danaos und die Danaïden Waser Arch. f. Religionsw. II 1899, 47–63, wozu Fourrière Rev. d’exégèse myth. VII nr. 39, 313–318. Für Kunstdarstellungen s. Danaïdes.
[Waser.]
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