77) Comes rei militaris ist ein Titel, der selten in dieser Vollständigkeit gebraucht wird (Cod. Theod. VI 14 Überschrift. Not. dign. or. I 35. XXVIII 13. XXIX 6; occ. I 30), gewöhnlich sagt man dafür comes schlechthin ohne weiteren Zusatz (Cod. Theod. VII 1, 9. 4, 32. VIII 7, 11. Ammian. XXVII 1, 2. XXIX 1, 2. Dessau 790 u. sonst). Er bezeichnet einen Mann, der die Würde der Comitiva besitzt und zugleich Truppenführer ist, innerhalb dieser Grenzen aber kann er auf Leute des allerhöchsten und eines recht niedrigen Ranges angewandt werden. Deshalb unterscheiden zwei Gesetze (Cod Theod. VII 11, 1. 2) die comites minores oder inferiores von den viri inlustres comites et magistri militum; denn auch diese fallen ohne Zweifel unter den Begriff der comites rei militaris, doch werden wir sie unter dem Worte Magister militum besprechen und uns hier nur an jene comites minores halten. Auch unter diesen giebt es mannigfache Verschiedenheiten. So redet Ammian. XXVII 1. 2 von einem Charietto tunc per utramque Germaniam [663] comes, der gegen die Alamannen zieht adscito in societatem laboris Severiano itidem comite invalido et longaevo, qui apud Cabillona Divitensibus praesidebat et Tungrecanis. Also der eine Comes rei militaris befehligt die Heere beider Germanien, der andere nur die Besatzung einer gallischen Stadt, die aus zwei Truppenkörpern besteht. Dieses Beispiel zeigt uns auch die beiden Hauptgruppen, die unter den C. rei militaris bestehen.
a) Der Comes rei militaris bekleidet ein ordentliches und ständiges Commando, d. h. er erfüllt in irgend einer Militärprovinz die Obliegenheiten des Dux. Dieser Art sind die sämtlichen C. rei militaris, denen die Notitia dignitatum gesonderte Capitel widmet (or. XXVIII. XXIX; occ. XXIV–XXIX). Ihr Rang bestimmt sich dadurch, dass sie zwischen die Vicarii und die gewöhnlichen Duces gestellt sind, die beide in der gleichen Rangclasse stehen (Cod. Theod. VI 16). Sie besitzen also, abgesehen von einzelnen Ausnahmen (Cod. Theod. VI 13, 1. 14, 3), keinen höheren Rang als diese und führen demgemäss gleich ihnen den Titel vir spectabilis, ja mitunter werden sie unter dem Namen der Duces mit inbegriffen (Cod. Theod. VI 14, 3; vgl. 13, 1). Gleichwohl gilt die Verleihung des Comestitels bei ihnen als Vorzug, wenn er auch keine eigentliche Rangerhöhung bewirkt. Wahrscheinlich waren sie alle comites primi ordinis (CIL VIII 10937. VI 1674); in ostgothischer Zeit sind sie sogar viri inlustres (Cassiod. var. I 40. III 23. 24, 2. 26. IV 9. 13, 1). Vgl. Comes Aegypti (Nr. 1), Africae (Nr. 3), Argentoratensis (Nr. 7), Armeniae (Nr. 8), Britanniarum (Nr. 12), Dalmatiarum (Nr. 20), Galatiae primae (Nr. 34), Germaniarum (Nr. 36), Isauriae (Nr. 45), Italiae (Nr. 46), Lycaoniae (Nr. 55), Mauretaniae (Nr. 59), Pamphyliae (Nr. 65), Pannoniae Sirmiensis (Nr. 66), Phrygiae Pacatianae (Nr. 69), Pisidiae (Nr. 70), Ponticae dioeceseos (Nr. 71), Tingitaniae (Nr. 100), Tripolitanae (Nr. 102).
Unter diesen C. rei militaris lassen sich zwei Gruppen unterscheiden:
α) Sie sind Duces, denen nur als persönliche Ehre der Comestitel verliehen ist. In diesem Falle lautet ihr voller Titel comes et dux (Cod. Theod. XI 36, 33. CIL VI 1674. Revue archéol. 1868, 425), doch wird dies in der Regel zu Comes abgekürzt. S. Comes Armeniae (Nr. 8), Isauriae (Nr. 45), Mauretaniae (Nr. 59), Tripolitanae (Nr. 102).
β) Der Comestitel ist mit der Verwaltung der betreffenden Militärprovinz regelmässig verbunden, wie dies z. B. bei dem Comes Africae der Fall war (CIL VI 1674). Doch ist die Scheidung zwischen diesen beiden Classen nicht ganz streng durchzuführen, da sie häufig in der Weise ineinander übergehen, dass der Comestitel anfangs ausserordentlich ist, aber immer häufiger verliehen wird und so zuletzt regelmässig wird. S. Comes Armeniae (Nr. 8). Comes Isauriae (Nr. 45).
Wie der Dux durch die Ernennung zum Comes eine Auszeichnung erfährt, so kann man umgekehrt auch mit dem einfachen Comestitel die Functionen eines Magister militum erfüllen, ohne [664] doch dessen Würde in vollem Masse zu besitzen (Ammian. XXVI 5, 3. Cod. Theod. VI 14, 3). Es ist das ungefähr dasselbe, wie wenn heutzutage ein Oberst die Dienste eines Brigadegenerals leistet. Auch dies ist ein ordentliches Commando, aber mit ausserordentlichem und zwar niedrigerem Titel, und bildet so den Übergang zu der zweiten Hauptgruppe der C. rei militaris.
b) Der Comes rei militaris wird nur für einen einzelnen Feldzug ernannt (Cod. Theod. VI 14, 1) oder sonst mit einer ausserordentlichen Aufgabe betraut, wie sie jenes Commando von Chalons bei Ammian. XXVII 1, 2 gewesen zu sein scheint. In solchen besonderen Fällen kann er leitender Feldherr sein, aber auch einen ganz kleinen Truppenkörper befehligen. Da diese für einzelne, vorübergehende Zwecke bestellten C. rei militaris also manchmal auch recht bescheidene Dienste leisten, kommt bei ihnen neben der comitiva primi ordinis (Cod. Theod. VI 14, 1. 3) auch die comitiva secundi ordinis vor (Cod. Theod. VI 14, 2). Haben sie die erstere erhalten, so werden sie den C. rei militaris der ersten Gruppe an Rang gleichgestellt; in beiden Fällen aber sind sie von allen municipalen Pflichten befreit (Cod. Theod. VI 14). Grossi-Gondi bei Ruggiero Dizionario epigrafico II 516.
[Seeck.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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