Circus (,Ring‘) dicitur omnis ambitus vel gyrus, cuius deminutivum est circulus (Nonius, p. 20; vgl. Varro de l. l. V 153, wo ich mit Pomponius Laetus für das überlieferte Mecinus Maximus lese. Cassiod. var. III 51, 10. Tertull. spect. 8), aber im besonderen und gewöhnlich bezeichnet das Wort die in erster Linie für die Wagenrennen bestimmte römische Rennbahn. Während die Amphitheater eine speciell italische Erfindung sind, scheint es, dass sich die Römer bei Anlage ihrer Rennbahnen die griechischen, wahrscheinlich durch die Vermittlung der Etrusker (vgl. Liv. I 35 mit Tac. ann. XIV 21), zum Muster genommen haben, wenn sie auch in manchen Stücken, so namentlich in der Einrichtung der Carceres, von ihrem Vorbilde abgewichen sind. Der C. zerfällt in drei Hauptteile: 1) die offene Bahn (s. Arena), 2) den Startplatz (s. Carceres und Oppidum) und 3) den Zuschauerraum (s. Gradus, Spectacula, Cuneus, Praecinctiones). [2572] Aus der Vogelperspective betrachtet, hat die Arena und damit der C. überhaupt etwa die Gestalt eines romanischen Rundbogenfensters (s. nebenstehenden Grundriss). An den beiden Langseiten und an dem Rundbogen steigen die amphitheatralischen Sitzreihen empor, während die schmale, in etwas schräger Richtung gelegte Basis von den Ablaufständen besetzt ist. Die Arena ist der Länge nach durch eine breite, etwas schräg verlaufende Mauer in zwei Hälften geteilt (s. Spina). Diese mannigfaltigen architektonischen Schmuck (s. Ovaria, Delphines, Fala, Obelisci) tragende Mauer ist jedoch kürzer als die Längsachse und mit ihren Enden, deren jedem eine Meta (s. d.) vorgelagert ist, sowohl von dem Kreisbogen als auch von den Carceres um ein gutes Stück entfernt. Über die einzelnen Teile des C. vgl. die betreffenden Artikel, z. B. Calx (die weisse Siegeslinie), Portae (die in die Arena führenden Thore), Euripus, Podium u. s. w. Über die verschiedenen im C. abgehaltenen Spiele und Schaustellungen s. den Artikel Ludi circenses.
Die C. gehören zu den grossartigsten Schauanlagen aller Zeiten. Sie waren die besuchtesten und glänzendsten Sammelplätze für Schaulustige aller Art. Ovid, selbst ein eifriger Besucher der Rennen, empfiehlt den jungen Römern den C. wiederholt als passenden Platz, um mit den Schönen in Berührung zu kommen (ars am. I 96–164 vgl. mit amor. III 2), wie auch Catull (55, 4), Tibull und Properz des C. in dieser Beziehung gedenken. Denn nach diesen Schauplätzen strömte die lebensfrohe männliche und weibliche Jugend in vollem Festesglanze. Der C. wurde auch zu festlichen Aufzügen, namentlich bei Triumphen, zu Volksversammlungen und ähnlichen Zwecken benützt (Liv. IX 42. XXVII 21. Plut. Lucull. 37). Im C. Flaminius hielt Augustus seine Leichenrede auf den Drusus (Cass. Dio LV 2). Diese Plätze waren zugleich den Göttern geweiht, und die circensischen Spiele hatten ihre religiöse Bedeutung, wie die Festspiele der Alten überhaupt (Dion. Hal. ant. Rom. VII 66. Liv. II 37).
[Pollack.]
Die stadtrömischen C.-Anlagen.
Circus Maximus (häufig Circus schlechtweg; bei den Griechen ἱππόδρομος μέγιστος oder einfach ἱππόδρομος). In dem sumpfigen, von der Marrana durchflossenen Thale zwischen Palatin und Aventin (Länge ca. 600, Breite kaum 150, Meereshöhe 12–15 m.) schuf sich das älteste Rom seinen Platz für Spiele und Wettrennen; ursprünglich gewiss nur eine geebnete und eingehegte Bahn, um die herum die bevorzugten Zuschauer auf primitiven Gerüsten, das Volk stehend den Rennen zuschauten; eine ,Benützung der Hügelabhänge‘ für Sitzreihen schon in alter Zeit ist durch die Beschaffenheit der Örtlichkeit ausgeschlossen. Was Liv. I 35, 8. 56, 2. Dionys. III 68. IV 44. Aurel. Vict. vir. ill. 8. Eutrop. I 6 u. a. über angebliche stabile Bauten des Tarquinius Priscus und Superbus berichten, ist ohne Gewähr; die Vervollkommnung der Anlage geht zusammen mit der Entwicklung der ludi Romani. welche in der Decemviralzeit noch dreitägig und nicht statar, seit 388 = 366 v. Chr. viertägig und auf den September fixiert wurden (Mommsen Röm. Forsch. II 42f). Erst von da an erhalten wir positive Angaben [2573]
[2575] über die Baulichkeiten des C., die gleichzeitig ersichtlich machen, wie primitiv bis dahin die ganze Anlage gewesen sein muss. Im J. 363 v. Chr. überschwemmte der Tiber, als gerade die (kurz vorher eingesetzten) ludi scaenici gefeiert wurden, den C. und zwang zur Unterbrechung des Schauspiels (Liv. VII 3, 2). Im J. 425 = 329 v. Chr. wurden zum erstenmale feste Carceres errichtet (Liv. VIII 20, 1), die aus Holz und bunt bemalt waren (Ennius bei Cic. de div. I 108 = frg. LVII Vahlen. Valmaggi Rivista di filologia XXVI 114). Eine feste spina gab es in dieser Zeit natürlich noch nicht; man wird durch Seile oder hölzerne Barrieren die in der Mittellinie des Feldes, an der Marrana, gelegenen Heiligtümer der landwirtschaftlichen Gottheiten (wie die sacella der Seia Segetia Tutilina und den Altar des Consus am Südende der Mittellinie, s. d.) miteinander verbunden und dadurch die ganze Arena in zwei parallele Bahnen geschieden haben; am Nord- und Südende der Scheidelinie standen die gleichfalls hölzernen metae. Die Marrana selbst, in der Mitte unbedeckt und zur notwendigen Sprengung des Rennplatzes dienend, wird nur an den Carceres und gegenüber am Wendepunkt auf eine längere Strecke überdeckt gewesen sein. Von mannigfachen Ausschmückungen hören wir nach dem hannibalischen Kriege: 196 v. Chr. baut L. Stertinius einen mit vergoldeten Statuen geschmückten Bogen, vielleicht das Thor für die Pompa in der südlichen Rundung (Liv. XXXIII 27, 4); von Statuen im C. ist 186 und 182 v. Chr. die Rede (Liv. XXXIX 7, 9. XL 2, 1); 174 v. Chr. erneuerten die Censoren die Carceres und die metae, stellten Gerüste mit Holzeiern (s. Ovaria) als Zählapparate für die missus auf, beschafften eiserne Käfige für wilde Tiere bei den venationes und trafen noch andere Verbesserungen, über die wir bei der Lückenhaftigkeit der Stelle (Liv. XLI 27, 6) leider nicht klar werden. Bei den grossen Triumphalspielen des Pompeius im J. 55 v. Chr. wird erwähnt, dass der Zuschauerraum mit Eisengittern gegen die Arena abgeschlossen gewesen sei, in welcher zwanzig Elefanten auftraten (Plin. VIII 20). Da diese Vorrichtung sich jedoch nicht bewährte, umzog Caesar bei seinen Triumphalspielen im J. 46 die Arena, die er ,nach beiden Seiten‘ erweiterte, mit einem Wassergraben (Plin. a. a. O. Suet. Caes. 39 spatio circi ab utraque parte producto et in gyrum euripo addito). Doch hatte auch damals die Arena noch keine feste gemauerte Spina, sondern konnte durch Wegnahme der metae (und der sie vermutlich verbindenden Barrieren) in einen einfachen Platz verwandelt werden (Suet. a. a. O.). Agrippa stellte, behufs leichteren Zählens der Umläufe, ausser den alten ovaria auch ein Gerüst mit hölzernen Delphinen auf (Cass. Dio XLIX 43). Nachdem ein Brand im J. 31 v. Chr. den C. arg beschädigt hatte (Cass. Dio L 10), stellte Augustus ihn wieder her, und obwohl er im Mon. Ancyr. 4, 4 nur die Errichtung der Kaiserloge, des pulvinar (s. d.), erwähnt, scheint er doch im wesentlichen dem C. die Gestalt gegeben zu haben, die er in der ganzen Kaiserzeit behielt (direct sagt dies Cassiod. var. III 51; Plin. n. h. XXXVI 102: Circum Maximum a Caesare dictatore extructum ist wohl so damit zu vereinigen, dass Augustus. wie häufig, der [2576] Ausführer eines caesarischen Planes war). Er ersetzte höchst wahrscheinlich die hölzernen Carceres durch einen Quaderbau aus Tuff, und die Aufstellung des grossen Obelisken in Mitte der spina (10 v. Chr.) muss eine feste Anlage derselben, wahrscheinlich auch Überwölbung der Marrana, herbeigeführt haben. Die Metae freilich blieben auch jetzt noch hölzern.
Nach der ausführlichen Beschreibung bei Dionys. III 68 hatte der Zuschauerraum drei Ränge, einen mit steinernen Stufen, zwei mit Holzgerüsten. Dass es noch kein sehr hoher Bau war, ergiebt sich auch daraus, dass das Zuschauen aus den Oberstockwerken benachbarter Häuser auch jetzt noch gewöhnlich blieb; sogar Augustus selbst liebte es (Suet. Aug. 45). Die Aussenhalle war einstöckig und enthielt, ausser den Eingängen und Treppen zur cavea, Tabernen und Zimmer darüber (ἐργαστήρια καὶ οἰκήσεις ὑπὲρ αὐτά; letzteres vielleicht pergulae, s. Mau Röm. Mitt. 1887, 220f.), den Sitz von Kneipen und schmutzigen Gewerben (popa de c. Cic. pro Mil. 24; astrologi de c. de divin. I 158, vgl. Hor. sat. I 6, 141; ein pomarius de c. maximo ante pulvinar CIL VI 9822; Bordelle im C. Iuv. III 65. Priap. 25. Anth. Lat. I 190 Riese. Hist. Aug. Elagab. 26. Cypr. de spect. 5; vgl. Friedländer S.-G.⁶ II 325). Die Carceres bestanden aus einer Halle von wahrscheinlich zwölf gewölbten Bogen (und einem grösseren Mittelportal); um die Arena lief der zehn Fuss breite Euripus. Augustus begann auch die Sonderung der Stände, Senatoren und Ritter, vom übrigen Volke, die Claudius und Nero vollends durchführten (Cass. Dio LV 22. LX 7. Suet. Claud. 21; Nero 11. Tac. ann. XV 32. Plin. n. h. VIII 21; vgl. Mommsen St.-R. III 520. 893). Obwohl unter Tiberius im J. 36 wiederum ein grosser Brand an der aventinischen Seite des C. berichtet wird (Tac. ann. VI 51. Cass. Dio LVIII 26), gab Caligula wieder Spiele darin mit verschwenderischer Pracht (Suet. Calig. 18. Plin. XXXIII 27). Claudius verschönte den C. durch marmorne Carceres und vergoldete (wohl bronzene) Metae (Suet, Claud. 21); Nero liess im J. 63 den von Caesar angelegten Euripus zuwerfen, um mehr Platz für die Sitze der Ritter zu gewinnen (Plin. VIII 21. Tac. ann. XV 32); zur Sicherung der Zuschauer wurden bei Venationen Walzen mit Stacheln an der Grenze der Arena aufgestellt (Calpurn. ecl. VII 48f.). Bei dem grossen Brande des folgenden Jahres, der bekanntlich an der Südostseite des C. ausbrach (Tac. ann. XV 38), muss derselbe stark beschädigt, aber bald wieder hergestellt sein, da er schon im J. 68 bei dem kitharödischen Triumph des Kaisers als Festlocal benützt wird (Suet. Nero 25. Cass. Dio LXIII 20. 21). Im J. 81 wurde die Porta pompae in der südlichen Rundung zu einem dreithorigen Ehrenbogen für Titus (wegen der Einnahme von Jerusalem) umgestaltet (Inschr. CIL VI 944, nur beim Anon. Einsidlensis erhalten; den Grundriss giebt FUR frg. 35 Jordan). Domitian, dessen Vorliebe für C.-Spiele bekannt ist (Suet. Domit. 4. 5. 7), erbaute sich eine mit dem Kaiserpalaste in Verbindung stehende prachtvolle Loge, die Traian wieder beseitigen liess (Plin. panegyr. 51; aber die Schlussworte licebit ergo civibus tuis te invicem contueri: dabitur [2577] non cubiculum principis, sed ipsum principem cernere in publico, in populo sedentem, populo cui locorum quinque milia adiecisti, beziehen sich, wie das folgende und c. 28 zeigt, nicht auf eine Vermehrung der Sitzreihen, sondern der plebs frumentaria; vgl. Mommsen St.-R. III 446, 3). Vielleicht hängt damit und mit einem Brande, der beide Seiten des C. beschädigte (Suet. Domit. 5), zusammen, was Pausanias von Traian berichtet, er habe dem C. einen Anbau von zwei Stadien Länge hinzugefügt (Paus. V 12, 4: so wird man οἰκοδόμημα ἐς ἵππων δρόμους προῆκον ἐς δύο σταδίων μῆκος verstehen müssen); nach Cass. Dio LXVIII 7 waren die Anbauten des Traian so bedeutend, dass er in der Dedicationsinschrift sich rühmte, ,den C. für das römische Volk geräumig genug gemacht zu haben‘. Unter Antoninus Pius stürzte bei den ludi Apollinares eine Säule der partecta ein, wobei 1112 Menschen ums Leben kamen (Chronogr. a. 354 bei Mommsen Chron. min. I 146; vgl. Hist. Aug. Pius 9); von Caracalla meldet der Chronograph (a. a. O. 147): hoc imperatore ianuae Circi ampliatae sunt. Ungefähr gleichzeitig überliefern uns die Fragmente 38. 39. 40 der Forma U. R. einen Teil des Grundrisses des C., während wir Tertullian de spect, 8 eine ausführliche Schilderung mit Hervorhebung der darin existierenden Cultstätten verdanken. Alexander Severus bestimmte das vectigal lenocinii zur Ausbesserung des C. und der übrigen Schaugebäude (Hist. Aug. Alex. 24). Philippus Arabs feierte im J. 247 das tausendste Jahr der Stadt mit grossartigen Spielen, die auch durch eine Münze mit detaillierter Abbildung des C. verewigt wurden (Cohen² V 138 nr. 12. 13. Friedländer Abh. Akad. Berl. 1873, 67–71); auch Probus gab eine grossartige venatio (Hist. Aug. Prob. 19). Unter Diocletian passierte ein ähnliches Unglück wie unter Pius (Chronogr. a. 354 p. 148 M.: partectorum podius ruit et oppressit homines XIII). Nachdem die Decoration des C. unter Constantin prächtig erneuert war (Aur. Vict. Caes. 40. Nazar. panegyr. 35), erhielt er unter Constantius im J. 337 einen alles überragenden Schmuck, einen zweiten aus Heliopolis herbeigebrachten Obelisken, der gleich dem augustischen auf der spina aufgestellt der grösste aller damals und jetzt in Rom existierenden ist (Ammian. Marc. XVII 4. 12–16. CIL VI 1163). Wie sehr noch im 4. und 5. Jhdt. der C. im Mittelpunkt der Interessen der hauptstädtischen Bevölkerung stand, beweist sowohl die Schilderung des Ammian (XXVIII 4, 28ff.) wie die Correspondenz des Symmachus und endlich die Strafpredigt Leos d Gr. (Sermo in octava Petri et Pauli, gehalten im J. 453, LXXXI). Im 6. Jhdt. wandte Theoderich dem C. seine Sorgfalt zu; das ausführliche Schreiben bei Cassiod. var. III 51 (vgl. noch I 20. 27) ist für Geschichte und Anlage des C. wichtig, die zum Teil abenteuerlichen Erklärungen für die Benennungen der einzelnen Teile finden Parallelen bei dem zeitgenössischen Io. Lydus (de mens. I 12). Die letzten Spiele gab Totila 549 in dem verödeten Gebäude (Procop. b. Goth. III 37), dessen Zerstörung bald in grossem Massstabe begonnen haben muss; waren doch auch die unendlichen Reihen zugeschnittener Marmorstufen zu Neubauten so bequem verwendbar. [2578] Im 8. Jhdt. stand noch, wie wir aus dem Anon. Einsidlensis erfahren, das äussere Ambulacrum der Ostseite (porticus a Septem viis usque S. Anastasiam: Jordan II 660. Lanciani Monum. dei Lincei I 515) aufrecht; ebenso der Triumphbogen des Titus am Südende mit seiner Inschrift; letzterer wird noch im 12. Jhdt. erwähnt (turris de arco ... in capite circli, Urk. v. 1145 bei Mittarelli Annal. Camaldol. III app. 417, vgl. Mirabil. c. 25 b. Jordan Top. II 637); aber schon in der Renaissance war, wie Zeichnungen und Stiche des 16. Jhdts. (am besten Dupérac Vestigj di Roma 1625, Taf. 11 [= Sadeler ed. 1606 Taf. 11]; vgl. auch Alò Giovannoli f. 2 ed. 1616) beweisen, von dem grössten Gebäude Roms kaum mehr übrig, als die kümmerlichen noch heut vorhandenen Reste.
Aus diesen Resten (Unterbauten der südlichen Rundung bei der sog. Moletta, Substructionen der ambulacra nach der Palatin- und Aventinseite, Pflaster der umgebenden Strassen) lässt sich von den Massen und der Disposition des Ganzen, besonders da die Fragmente der Forma Urbis über einige Hauptpunkte Licht geben, wenigstens eine allgemeine Vorstellung gewinnen. Eine Discussion im Detail kann hier ebenso wenig gegeben werden (ich verweise auf § 7 des demnächst erscheinenden Schlussbandes von Jordans Topographie) wie eine Widerlegung der Versuche Jordans in den Prolegomena zu seiner Forma Urbis Romae, welche von teilweise falschen Messungen ausgehen und infolge von Rechenfehlern zu ganz irrigen Resultaten kommen. Durch Vergleichung der bestehenden Reste mit dem severischen Plan (ein Reductionsverhältnis von 1:250 für denselben vorausgesetzt) lässt sich folgendes ermitteln: die Breite des C. mit den ursprünglichen Gebäuden (des Augustus) betrug 150 m.; die Breite der Arena 80 m., die der Gebäude rechts und links je 35 m. Die Länge der Bahn war 2000 röm. Fuss = 590 m., die des Gebäudes incl. der Carceres und der südlichen Rundung 635 m. (3½ Stadien, Dionys. III 68); der Gesamtumfang 1480 m. (8 Stadien, Dionys. a. a. O.; genau eine römische Meile). Die Breitenangabe des Dionysios (4 πλέθρα = 110 m.) ist für die Gesamtbreite zu gering, für die Arena (wenigstens der severianischen Zeit) zu gross (auch durch die Zuschüttung des Euripus erklärt sich die Differenz nicht vollkommen); ganz unmöglich ist seine Angabe, der C. habe für 150 000 Menschen Platz geboten. Denn wenn am Ende des 4. Jhdts. die Notitia dem Namen C. Maximus die Capacitätsziffer 385 000 (in einigen Hss. sogar 485 000) hinzufügt, so sind darunter wie Bull. com. 1894, 321 gezeigt ist, nicht Personen zu verstehen, sondern laufende Fusse der Sitzstufen, so dass also selbst in constantinischer Zeit, nach allen Erweiterungen des Zuschauerraums, höchstens 180–190 000 Zuschauer im C. Platz gehabt haben können. Für das Gebäude des Augustus können wir höchstens auf eine Stufenlänge von 110–120 000 Fuss, eine Personenzahl von 55–60 000 kommen. Die Anbauten der traianischen und der Folgezeit erweiterten die Reihen der Sitzstufen über die ursprünglichen Grenzstrassen, die nun als überbrückte, aber immer noch öffentliche Strassen weiter existieren. Nach der palatinischen Seite, wo ein grosser Teil der [2579] Substructionen noch erhalten ist und die Kaiserpaläste eine unüberschreitbare Grenze bilden, lässt sich der Zuwachs an Sitzstufen auf höchstens 90–95 000 römische Fuss berechnen; auf der Aventinseite muss man einen Anbau von etwa gleicher Ausdehnung annehmen, um auf die Ziffer der constantinischen Regionsbeschreibung zu kommen. Ganz aus dem Spiele gelassen ist absichtlich die viel erörterte Angabe des Plinius XXXVI 102: Circum maximum a Caesare dictatore extructum longitudine stadiorum trium, latitudine unius, sed cum aedificiis iugerum quaternum, ad sedem CCL. Schon das Missverhältnis zwischen Länge und Breite (3 : 1 statt 6 oder 7 : 1) zeigt, dass hier, sei es durch Schuld der Abschreiber, sei es des Autors, etwas nicht in Ordnung ist; zur Emendation bietet die Überlieferung keine Handhabe, und es ist ziemlich gleichgültig, dass die Länge Stad. 3 = 555 m. von der oben aus besseren Quellen ermittelten nicht sehr stark abweicht, und dass sich aus ad sedem CCL durch die Änderung ad sedem p(edum) CL eine verständige Ziffer gewinnen lässt. Die verzweifelten Versuche Früherer, das cum aedificiis iugerum quaternum zu deuten, mag man bei Jordan FUR proleg. p. 21 nachsehen.
Unsere Kenntnis der inneren Ausschmückung des C. schöpfen wir hauptsächlich aus den bildlichen Darstellungen, unter denen mit Sicherheit auf den C. Maximus freilich nur die Münzbilder (Friedländer Abh. Akad. Berl. 1873, 67ff., s. o.), sowie die in Rom und Mittelitalien gefundenen Sarkophage zu beziehen sind (wichtigste: Relief von Foligno, herausgegeben von Zangemeister Ann. d. Inst. 1870 tav. d’agg. LM und p. 232–261, wo ein reichhaltiges Verzeichnis anderer Bildwerke; verlorenes Relief, um 1560 in der Sammlung des Agostino Maffei, schlecht gestochen bei Panvinius De ludis circ. Tf. CII ed. 1642, gute Zeichnung im Cod. Vat. 3439 f. 58; Relief aus Rom, jetzt in den Uffizien in Florenz, Dütschke III 145, 86; zwei im Vatican, Museo Pio-Clem. V Taf. 40 und 43; eins in Neapel, Mus. Borbon. VIII 28, ebd. aus Rom ein Fragment mit genauster Darstellung der Carceres, s. Zangemeister a. a. O. tav. d’agg. N 2). Von provinciellen Mosaiken wird man z. B. das Barcelloneser (Hübner Ann. d. Inst. 1863, 135–172), welches bis in die Details mit den angeführten Abbildungen des C. Maximus stimmt, heranziehen dürfen, während andere, z. B. das von Artaud publicierte Lyoner, zu wesentliche Abweichungen zeigen, als dass man sie auf den römischen C. beziehen dürfte. Die Abbildungen auf Lampen, Gemmen und andern kleinen Kunstwerken (Verzeichnisse bei Hübner und Zangemeister a. a. O.) sind fast durchweg zu klein, um für das individuelle Bild des C. Maximus Wesentliches zu bieten. Da, was für Einrichtung des C. im allgemeinen wichtig ist, unter den betreffenden Artikeln (Carceres, Metae u. s. w.) zur Sprache kommt, ist hier nur der für den C. Maximus charakteristischen Heiligtümer und Kunstwerke auf der Spina zu gedenken, welche namentlich auf den Reliefs von Foligno und dem Maffeischen, sowie auf dem Mosaik von Barcellona sehr detailliert dargestellt sind. Da alle älter sind als das 4. Jhdt., erscheint der Obelisk des [2580] Constantius auf keinem, wohl aber regelmässig in der Mitte der des Augustus; neben ihm die Magna Mater auf dem Löwen (deren Heiligtum im C. auch erwähnt wird in der Not. reg. XI und von Tertull. de spect. 8); ein Postament mit drei Figuren und daneben ein grosser Altar mit Opferflamme (ob die Seia Segetia Tutilina und der Altar der samothrakischen Kabiren? s. Tertull. a. a. O. Plin. n. h. XVIII 8); mehrere Victorien auf Säulen, am Ende der Spina, den Metae zunächst. Die von Cassiod. var. III 51 erwähnten Trophaeen mit Statuen gefesselter Gefangener darunter zeigt nur das Diptychon des Consuls Lampadius aus dem 5. oder 6. Jhdt. (Gori Thes. diptych. II 16. W. Meyer Abh. Akad. München XV 1879, 78 nr. 42). Nicht zu identificieren sind mehrere kleine Säulen- und Kuppelbauten, die nicht auf allen genannten Darstellungen wiederkehren; aus der Litteratur sind noch bekannt der am Südende der Meta gelegene unterirdische Altar des Consus, sowie das wahrscheinlich auf der Spina gelegene Heiligtum des Iuppiter arborator (Not. reg. XI; vgl. Hülsen Dissertazioni dell’ Accad. pontif. ser. II vol. VI 259. 267). Im Bereich des C. Maximus, aber nicht auf der Spina, lag ferner ein kleines altes Heiligtum der Venus Murtia oder Murcia (vielleicht abgebildet auf dem Relief von Foligno, s. Zangemeister a. a. O. 245f.), sowie ein alter Tempel des Sol (Tac. hist. XV 74, vgl. Not. reg. XL Tertull. de spect. 8. Hülsen a. a. O. 267), letzterer vielleicht ursprünglich ausserhalb des Gebäudes, aber durch die Erweiterung nach der aventinischen Seite hin mit in dasselbe einbegriffen. In der Nähe des C., auf einem locus lapide alba constratus lag auch das rätselhafte Monument der novem tribuni combusti, s. Festus 174 M.
Vgl. über den Circus, ausser den angeführten Aufsätzen von Jordan und Zangemeister: Sachse Geschichte der Stadt Rom II 225–240. Nibby Roma antica I 618–632. Canina Edifizj IV tav. 183–187. Reber Ruinen Roms 351–372. Friedländer Sittengesch. II⁶ 322ff. Gilbert Top. II 454f. III 313–316. Ältere Ausgrabungen im C.: Flaminio Vacca Mem. 5; neuere Not. d. scavi 1876, 101. 138. 184. 1877, 8. 110. 204. 1884, 154. 1888, 191. 227.
Der Circus Flaminius ist gegründet 221 v. Chr. von C. Flaminius, nahe dem Punkte, wo die von ihm erbaute Via Flaminia die Stadt (durch die Porta Fontinalis am Fusse des Capitols) verliess (Liv. epit. 20. Cassiod. chron. z. d. J. Paul. p. 89: wogegen die Ableitung von dem campus Flaminius bei Varro de l. l. V 154. vgl. Plutarch. q. Rom. 66, nicht in Betracht kommt: hat wirklich in der Nähe des C. ein Grundstück campus Flaminius oder prata Flaminia, Liv. III 54, 15. geheissen, so muss das locale Zusammentreffen zufällig sein). Er diente hauptsächlich zur Abhaltung der ludi plebei und taurii (Val. Max. I 7, 4. Varro de l. l. V 154), aber auch zu Volksversammlungen (Liv. XXVII 21. 1. Cic. ad Att. I 14, 1; pro Sest. 33; cum senat. grat. ag. 17; vgl. Mommsen St.-R. III 381) und beim Triumph (Liv. XXXIX 5, 17. Plutarch. Lucull. 37, 2; vgl. auch Joseph. bell. Iud. VII 5, 4). Obwohl er in der Kaiserzeit nicht häufig erwähnt [2581] wird (Cass. Dio LV 2. 10: Krokodiljagd in dem zur Naumachie umgestalteten C. Flaminius. Ascon. in Cic. in toga cand. p. 81 K.-S.), ergiebt sich seine Wichtigkeit doch schon daraus, dass die neunte Region des Augustus nach ihm und nicht nach dem Campus Martius benannt ist, was übrigens manchmal die Entscheidung darüber erschwert, ob bei dem Ausdrucke in circo Flaminio an das Gebäude oder an die Region zu denken ist (so ist z. B. das theatrum quod est in circo Flaminio in den Acta ludor. saec. August. Z. 158 das Marcellustheater; die Region zu verstehen bei Seneca de benef. V 16, 5: [Caesar dictator] castra in circo Flaminio posuit propius quam Porsena fecerat. Martial. XII 74, 2: accipe de circo pocula Flaminio, d. h. aus den Bazaren im Marsfelde; auch vielleicht CIL VI 9713: M. S]alvio M. l. Secundo [nu]mmulario de circo Flaminio). Die Forma Urbis Romae hat frg. 27 nur einen Teil der Namensbeischrift erhalten, die Regionarier haben den Namen in der Überschrift zu reg. IX, aber ohne Capacitätsziffer. Dies ist die letzte Erwähnung des C. Flaminius im Altertum (die Beziehung der Inschrift CIL VI 1676 aus der Zeit des Arcadius und Honorius auf das Gebäude ist zweifelhaft). Der Anon. Einsidlensis überträgt den Namen C. Flaminius falsch auf das Stadium (Piazza Narona), während Mirabilien und Ordo Benedicti ihn richtig ansetzen (Jordan Top. II 339. 383. Lanciani Mon. dei Lincei I 521). Bedeutende Reste, welche im 12. (Bulle Coelestins III. v. J. 1192, Bullar. Vatic. I 74) und 15. Jhdt. (Flav. Blondus Roma instaur. III 109) noch sichtbar lagen, sind durch grosse Palast- und Kirchenbauten des 16. und 17. Jhdts. überdeckt worden; an die Gewölbe des äusseren Umgangs erinnert noch der moderne Strassenname Via delle botteghe oscure; an die Seiler, welche in der langen Bahn des C. ihr Gewerbe trieben, die Kirche S. Caterina dei Funari und die Via dei Funari. Die Carceres lagen nach dem Capitol zu, westlich von Piazza Margana, die Rundung ist zum Teil erhalten unter Palazzo Mattei-Caetani an Piazza Paganica. Über die Reste vgl. Canina Edif. tav. 7. 186. 187, der aber den C. (wie Lanciani Bull. d. Inst. 1870, 48f. nachweist) viel zu weit nach Westen ausdehnt. Nibby Roma ant. II 613. Lanciani Ruins and excavations 453ff.
Ausser diesen beiden Circi besass Rom nur noch ein ähnliches Schaugebäude, das in den Gärten der Agrippina lag und, weil nicht öffentlich, in den Breviaria des constantinischen Regionenbuchs nicht erwähnt wird. Dieses nennt Plinius XVI 101. XXXVI 74. wo er des von Caligula dort aufgestellten Obelisken Erwähnung thut, circus Gai et Neronis principum in Vaticano. Dieser inschriftlose Obelisk ist der einzige, der durch das ganze Mittelalter nie von seiner Basis gestürzt wurde; bis 1586, wo ihn Sixtus V. in die Mitte des Petersplatzes versetzte, bezeichnete er die spina des circus Gaianus. Andere Reste von Substructionen des Gebäudes sind beim Bau der neuen Peterskirche gefunden, die einzige Beschreibung, die wir von denselben besitzen. Giac. Grimaldis (cod. Barb. 34, 50 f. 206, wonach im Auszug Martinelli Roma ex ethn. sacra [1650] [2582] p. 343f.), ist leider hinsichtlich der Masse widersprechend und lässt nicht einmal sichere Entscheidung darüber zu, ob die Carceres auf der der Stadt zugewandten (dies nimmt Canina an, wahrscheinlich mit Recht) oder abgewandten Seite (so, abgesehen von älteren Topographen, Lanciani Pagan and christian Rome 129. FUR frg. 13) gelegen haben. Die Breite des Gebäudes lässt sich auf ca. 100 m. (die der Arena auf 60), die Gesamtlänge auf 350 m. berechnen. Ob die mehrfachen Erwähnungen von Pferderennen in Vaticano sich alle auf dieses Gebäude beziehen, ist zweifelhaft (sicher z. B. Sueton. Claud. 21: circenses frequenter etiam in Vaticano commisit; dagegen ist Sueton. Calig. 54 aurigabat extructo plurifariam circo offenbar nicht von stabilen Anlagen die Rede; ebenso unsicher Tac. ann. XIV 14 clausum valle Vaticana spatium in quo equos regeret (Nero) haud promiscuo spectaculo, vgl. Sueton. Nero 22. Hist. Aug. Eleg. 23 elephantorum quattuor quadrigas in Vaticano agitasse fertur dirutis sepulcris quae obstabant). Irrig ist auch die Identification mit dem Γαϊανόν bei Cass. Dio LIX 14 und dem Gaianum der Regionarien (s. Gaianum und Lanciani Bull. com. 1896, 248). Der C. muss anfangs des 4. Jhdts. zerstört sein, als Constantin die Basilica des Apostels Petrus, welcher der Tradition nach hier den Märtyrertod gefunden hatte, auf den Mauern der nördlichen Cavea und mit den Materialien derselben erbaute (Duchesne Lib. pontif. I 193ff.); Anfang des 5. Jhdts. liess Honorius auf der Spina, wenig nördlich des auf seinem Platze belassenen Obelisken, ein Mausoleum für sich und seine Familie errichten (Lanciani Pagan and christian Rome 200ff.). Dass das στάδιον μέγα ἐν Νέρωνος πεδίῳ, welches Procop. bell. Goth. II 1 erwähnt, nicht mit diesem C., sondern mit dem sog. C. Hadriani neben dem Mausoleum des Hadrian identisch sein kann, ergiebt sich sowohl hieraus, wie aus dem Zusammenhang der Ereignisse bei Prokop. Vgl. Beschreibung Roms II 1, 14–17. Canina Edifizj IV 7f. 190. Jordan Topogr. II 429. Letarouilly Le Vatican I Taf. 1–4.
Dass der Circus Florae nur aus dem Missverständnis einer Kalendernotiz (der Fasti Venusini) zum 3. Mai hervorgegangen ist, und dass ein Circus Sallustii niemals existiert hat, ist bereits von Becker Top. 674 überzeugend nachgewiesen worden; da wo Canina u. a. einen Circus Varianus oder Elagabali hinversetzen, lag in Wahrheit das Kenotaph des Antinous (Röm. Mitt. 1896, 122ff.); dass der sog. Circus Hadriani in Wirklichkeit eine Naumachie gewesen ist, soll anderswo gezeigt werden. Dagegen haben wir in unmittelbarer Nähe von Rom noch mehrere Circi, nämlich
1. den Circus der Arvalen. Am zweiten Tage des Maifestes der Dea Dia wurden bei dem heiligen Haine derselben am 5. Meilenstein der Via Portuensis Wagenrennen abgehalten. Dass dafür ein eigenes C.-Gebäude bestand, ergiebt sich aus den häufigen Erwähnungen der Carceres und der darüber liegenden Loge, von der aus der Magister das Zeichen zum Beginn der Spiele gab (Henzen Acta Arval. p. 36ff. u. o. Bd. II S. 1477). Reste sind nicht nachzuweisen; unwahrscheinlich ist es, wenn ihn Pellegrini (Edifizi dei fratelli [2583] Arvali, Roma 1865) am Bergabhange rechts der Strasse sucht, viel eher ist die Ebene am Fluss links der Strasse in der Vigna Stefano Ceccarelli (s. den Plan Ephem. epigr. VIII p. 341) dazu geeignet. Inschrift eines cursor prasini, der ad deam Diam II vicit, Not. d. scavi 1894, 280.
2. Der Circus des Maxentius an der Via Appia zwischen dem zweiten und dritten Meilenstein, links von der Strasse unweit des Grabes der Caecilia Metella gelegen, ist der am besten erhaltene unter allen. Den Namen seines Erbauers hat eine im J. 1825 an der Porta triumphalis gefundene Inschrift, nach der er 309 n. Chr. dem jung verstorbenen Sohne des Maxentius Romulus (dessen Grab vielleicht der grosse, hallenumgebene Rundbau zwischen der Strasse und den Carceres ist) geweiht war (bis dahin war er von den Topographen meist C. des Caracalla genannt; über mittelalterliche Benennungen vgl. Jordan Top. II 407). Litterarisch wird er nur erwähnt vom Chronographen von 354 (Mommsen Chron. min. I 148): (Maxentius) circum in catecumbas (s. o. S. 1782f.) fecit. Das Gebäude hat eine Gesamtlänge von 520, eine Breite von 108 m.; die Arena ist 485 m. lang, 84 m. breit. Die 285 m. lange Spina trug in der Mitte einen ursprünglich für Domitian errichteten Obelisken, welcher im J. 1650 von hier auf Piazza Navona versetzt worden ist (Cancellieri Piazza Navona, Rom 1811, 42f. Beschr. Roms III 3, 375. Marucchi Obelischi di Roma, Rom 1898, 125–131). Von den Metae ist eine Kegelsäule im J. 1825 ausgegraben, jetzt in Villa Albani (Visconti V. A. 58 nr. 344). Der Zuschauerraum ist schmal und kann nicht mehr als 9–10 Stufen gehabt haben, die für ca. 23000 Personen Platz boten. Die Treppen zu den Sitzen (auf jeder Langseite 21 im Abstande von 20 m.) sind wohl erhalten; zur Erleichterung des die Sitze tragenden Gewölbes sind in das Gusswerk zahlreiche Thongefässe eingebettet. Kenntlich sind noch zwei pulvinaria, eines an der Nordseite, in der Gegend der calx, wohl für die Preisrichter bestimmt, ein zweites in der Mitte der Südseite. Besonders wohl erhalten sind die Carceres mit zwei Türmen (s. Oppidum), einem grossen Mittelportal und, beiderseits zwischen diesem und den Türmen, je sechs Bogen für die Wagen. Vgl. Bianconi Descrizione dei circhi particolarmente di quello di Caracalla, herausg. v. Fea Rom 1789 fol. Nibby Del Circo di Romolo volgarmente detto di Caracalla, Rom 1825. Burgess Description of the Circus on the Via Appia near Rome. London 1828. Beschreibung Roms III 1. 624. Canina Edifizj di Roma antica IV tav. 194–196.
3. Der Circus von Bovillae. 1823ff. ausgegraben; das Gebäude hat 335 m. Länge. 70 m. Breite, die Arena 320 bezw. 60 m. Die zur Hälfte wohl erhaltenen (12) Carceres bestanden aus einer segmentförmigen Bogenreihe aus Tuffquadern mit 61 vorgestellten Halbsäulen. Der Zuschauerraum hatte nur etwa sechs Stufen, konnte also etwa 8000 Menschen fassen. Inschrift eines cursor prasini, der Bovillis vicit, Not. d. scavi 1894, 280. Vgl. Tambroni und Poletti Atti dell’ Accad. pontificia III (1829) 119–183. de Romanis Effem. romane 1823. Angelini e Fea Monumenti del Lazio I (1828). Nibby Dintorni [2584] di Roma² I. Canina Via Appia I 213 und Taf. 48; Edifizj VI Taf. 51.
[Hülsen.]
Bei der grossen Vorliebe für circensische Spiele ist anzunehmen, dass auch sonst in Italien und in den römischen Provinzen eine Menge C. vorhanden gewesen sein müssen. Freilich scheinen die Amphitheater, nach der Zahl der erhaltenen Reste und Zeugnisse zu urteilen, häufiger gewesen zu sein. Eine erschöpfende Zusammenstellung der nachweisbaren C. nach Art der von Friedländer S.-G. II Anh. 13 für die Amphitheater gegebenen fehlt noch; vgl. Ruggiero Dizion. II 239ff. Im J. 306 v. Chr. hielten die Bürger von Anagnia (s. d.) in circo quem Maritimum vocant eine Bundesversammlung der Herniker ab, in welcher die Kriegserklärung an die Römer beschlossen wurde, Liv. IX 42, 11. Es ist freilich sehr fraglich, ob hier unter C. ein Rennplatz zu verstehen sei. Für Mediolanum wird ein C. durch Auson. de clar. urb. V 5 (populique voluptas circus) bezeugt. Theodosius der Grosse veranstaltete darin am Tage vor seinem Tode (17. Jan. 395) circensische Spiele, Socrat. hist. eccl. V 26. Sozom. VII 29. Für Trebula Mutuesca im Sabinerlande CIL IX 4907, für Asisium XI 5390 (für Aletrium wird CIL X 5807 ein campus ubei ludunt genannt). Die im J. 353 n. Chr. in Arelate veranstalteten circensischen Spiele berechtigen zu der Voraussetzung, dass dort ein C. gewesen sei. Ammian. Marc. XIV 5, 1. CIL XII 670. Ähnliches gilt für Trier (Treveri), August. confess. VIII 6. Salvian. de gubern. Dei VI 8, 39 sagt, dass in Magontiacum, Massilia, Colonia Agrippinae, Treveri vor der Abfassungszeit (zwischen 439–451 n. Chr.) der Schrift circensische Spiele stattgefunden haben. Für Lugudunum s. Boissieu Inscr. de Lyon 466. Für Arausio s. Caristie Mon. ant. à Orange (Paris 1856) Taf. 51. De Rossi Inscr. christ. II p. 46 ein spätes barbarisches Gedicht aus Gallien über die Verwandlung eines C. in eine christliche Kirche. Für Karthago, wo Reste einer Spina noch heutzutage westlich von der Byrsa, dicht an der Eisenbahnlinie La Goulette-Malga, zu erkennen sind (Tissot Prov. Rom. d’Afrique I 645. Sal. Reinach ebd. II 799) wird durch den oben genannten Salvianus XII 69 bezeugt: ecclesia Carthaginiensis insaniebat in circis, s. auch Augustin. conf. VI 7. Auzia CIL VIII 9052. 9065 (227 n. Chr.), Saldae ebd. 8936, Thugga (Dougga) mit Ruinen, Carton Thugga p. 152, vgl. CIL VIII 15 524. 15 525. Caesarea Mauretaniae (Cherchel), Ruinen beschr. von Vaille De Caesareae monumentis quae supersunt, Algier 1891. Hadrumetum Tissot a. a. O. II 157. Gafsa (Capsa), Grosses Mosaik mit C.-Spielen. Theveste, CIL VIII 16 566, Inschrift eines Wagenlenkers, der in trigario (s. d.) begraben ist, vgl. Rh. Mus. XLIV 485ff. Lafaye bei de la Blanchère Collect. du Musée Alaoui I 125f. In Hispania Baetica nennen uns die Inschriften zwei C., einen in Urso (CIL II 5439 II 1, 20 vgl. mit IV 2. 12) und einen in Zafra (984). Ausserdem wird die Abhaltung circensischer Spiele, die also in den meisten Fällen das Vorhandensein eines C. voraussetzen, für folgende Orte dieses Landes durch die Steine bezeugt: Arunda (ebd. 1360), Astigi (1471. 1479), Balsa II 5165f. (vgl. Podium), Burguillos (5334). Castulo (3265. 3270), [2585] Corduba (5523), Emerita (478), Illipula (954), Murgi (5490), Oretum (6339 = 3221), Ossigi (2100), Ostippo (1441), Tucci (1663. 1685), Ulia (1532). Diese Zusammenstellung für das eine Land, in dem die inschriftliche Ausbeute in dieser Hinsicht besonders günstig, aber gewiss noch nicht einmal vollständig gewesen ist, zeigt deutlich, dass selbst unbedeutende Orte ihre circensischen Spiele gehabt haben, und lässt auf ihre Verbreitung auch in den übrigen Teilen des römischen Reiches schliessen. Über die entsprechenden griechischen Anlagen s. den Art. Hippodromos. Vgl. auch Corp. gloss. lat. II 101, 1 (für ενῶν lies ἐν ὧ). 322, 51. 58. 573, 16 (lies equestris). III 10, 58. 84, 32 (lies circenses). 146, 35. 173, 46. 240, 64. 302, 53. 372, 7. 468, 18. 484, 8. V 276, 57 (62 ist dagegen für circum zu lesen cirsum, vgl. IV 218, 42 und 46. V 351, 54).
Litteratur (ausser der schon angeführten): Onuphr. Panvinius De ludis circensibus, Paris 1600 und Venedig 1602 mit Anmerkungen von Argoli und einem Anhange von Pinelli. J. C. Bulengerus De Circo Romano ludisque circ. (beide in Graevii Thes. ant. Rom. IX. Patav. 1699. Index!). Salmasius Exerc. Plin. ad Solinum p. 635f. Artaud Descript. d’une mosaique représent. des jeux du cirque. Lyon 1806. De Laborde Descripción de un pavimento en mosayco descubierto en la antigua Itálica. En Madrid und Paris 1806. Hirt Gesch. d. Baukunst II und III mit Taf. Visconti Museo Pio-Clement. V 216ff. Bähr in d. Encycl. v. Ersch und Gruber XVII 288 unter Circus mit Litteraturangaben. Daremberg et Saglio Dictionnaire des antiqu. I 1187–1201 mit Taf. 1515–1539 (I. l’édifice p. 1187–1192 von J. L. Pascal. II. les jeux p. 1192–1201 von Bussemaker und Saglio). L. Friedländer S.-G II⁶ 322ff. und bei Marquardt-Wissowa Röm. St.-V. III² 504ff. Baumeister Denkm. I 692ff. Schulze Die Schauspiele z. Unterh. d. röm. Volkes, 1895 (Gymn.-Bibl. XXIII). Für die stadtrömischen C. Kiepert und Hülsen Formae urb. Rom. antiqu. (Berlin 1896) Nomenclator S. 19.
[Pollack.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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