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85) M. Aurelius Cleander (so Dessau 1737), der Günstling des Commodus 185–189 n. Chr. Von Geburt ein Phrygier (Herod. I 12, 3), war er als Sclave verkauft und nach Rom gebracht worden, wo er in den Palast des Kaisers kam (Dio LXXII 12, 1. 10, 2. Herod. I 12, 3). Im Laufe der Zeit rückte er als Freigelassener zum ersten Kammerdiener oder Oberkämmerer des Kaisers auf (a cubiculo, Dessau 1737. Dio LXXII 12, 1. Herod. I 12, 3. Hist. Aug. Comm. 6, 3). Unter vielen anderen tötete er auch den (Aelius) Saoterus, der vor ihm Kämmerer gewesen war (Dio LXXII 12, 2). Zum Sturz des allmächtigen Gardepraefecten (Tigidius) Perennis trug er bei (Dio LXXII 9, 3), und nach dessen Tode fühlte er sich wie von einem Herrn befreit, 185 n. Chr. (Dio LXXII 10, 2). Cleander trat nun an die Stelle des Perennis in der Gunst des Commodus und als allmächtiger Minister.
Amtlich blieb er zunächst in seiner Kämmererstellung, bald aber (nicht vor dem J. 186, vgl. Comm. 14, 8) übernahm er mit zwei anderen von ihm selbst Ausgewählten die Gardepraefectur (Comm. 6, 12–13). Natürlich hatte Cleander alleine die Gewalt, wie er denn auch alleine den Degen als das Abzeichen des militärischen Commandos führte (libertinus qui a pugione appellatus est, Comm. 6, 13; vgl. Mommsen St.-R. I³ 435, 1. Hirschfeld V.-G. I 229. Friedländer S.-G. I⁶ 117, 3). Es begann nun ein tolles Treiben am Hofe. Cleander verkaufte alles, auch Senatorensitze und Beamtenstellen (Dio LXXII 10, 2. 12, 3. Hist. Aug. Comm. 6, 9–10), und häufte einen solchen Reichtum bei sich an, wie kein Kämmerer zuvor (Dio LXXII 12, 5). Von diesen Schätzen gab er vieles dem Commodus selbst und dessen Kebsweibern, vieles verwandte er aber auch auf Bauten und andere nützliche Dinge (Dio LXXII 12, 5). So erbaute er in Rom eine öffentliche Badeanstalt (Herod. 112, 4), aber nicht in seinem Namen, sondern im Namen des Commodus (Hist. Aug. Comm. 17, 5). Dies werden die Thermae Commodianae sein, deren Bau von den Chronisten freilich zu früh angesetzt wird (Hieron. [2464] Chron. a. Abr. 2199. Prosper Chron. min. I 432. Cassiod. Chron. min. II 144 Mommsen).
Als der Schwager des Commodus, Antistius Burrus, dem Kaiser von dem unerhörten Treiben des Cleander Mitteilung machte, wurde er von diesem mit vielen anderen getötet (um 186 n. Chr., Comm. 6, 11–12). So wurde Cleander allgemein verhasst (vgl. auch Ammian. Marcell. XXVI 6, 8). Der Hass steigerte sich ins Masslose, als auch der allgemein beliebte und ehrwürdige Arrius Antoninus (oben Arrius Nr. 13) dem Cleander zum Opfer fiel (um 188 n. Chr., Hist. Aug. Comm. 7, 1; Pert. 3, 7). Trotzdem hielt sich Cleander bis zum J. 189 im Besitz der Macht. Denn noch in diesem Jahre ernannte er 25 Consuln auf einmal, darunter auch den späteren Kaiser Septimius Severus (Dio LXXII 12, 4. Hist. Aug. Comm. 6, 9; über das J. 189 als Consulatsjahr des Severus s. A. Wirth Quaest. Sever., Bonn. Diss. 1888, 23). Der Sturz des Cleander geschah auf folgende Weise. Es herrschte im J. 189 n. Chr. grosser Getreidemangel, und der damalige Praefectus annonae M. Aurelius Papirius Dionysius (u. Nr. 184) vermehrte absichtlich die Not, um das Volk gegen Cleander als den Urheber aufzureizen (Dio LXXII 13, 1–2. Herod. I 12, 3. 5. Hist. Aug. Comm. 14, 1–2). In der Tat kam die Wut des Volkes gegen Cleander bei einem Wettrennen zum Ausbruch. Unter Verwünschungen gegen ihn stürmte man nach der Wohnung des Commodus, der sich gerade in der quinctilischen Vorstadt befand, und vergebens versuchte die Garde, die Menge zurückzudrängen. Dem ahnungslosen Commodus zeigte seine Concubine Marcia den Aufruhr an, und der feige Kaiser liess aus Angst vor dem Volke sofort den Cleander hinrichten. Sein Kopf wurde auf einer Lanze umhergetragen, sein Körper geschleift und geschändet (Dio LXXII 13. Comm. 7, 1; etwas abweichend Herod. I 12–13).
Cleander stand in intimen Beziehungen zu Commodus. Er heiratete dessen Concubine Damostratia (Dio LXII 12, 2) und soll auch andere Concubinen des Kaisers missbraucht haben (vielleicht auf Befehl des Commodus selbst, vgl. Hist Aug. Comm. 5, 10), von denen er sogar Kinder hatte, die nach seinem Sturze mit ihren Müttern getötet wurden (Comm. 7, 3). Auch Herodian (I 13, 6) spricht von zwei Söhnen des Cleander, die bei seinem Sturze getötet wurden. Dio (LXXII 113, 6) erzählt dagegen nur von einem Kinde des Cleander, das ,in den Händen‘ des Kaisers selbst erzogen, von diesem aber auch der Wut des Volkes preisgegeben wurde; vgl. Friedländer Sittengesch. I⁶ 98. 117.
[P. v. Rohden.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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