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Aisymnetes (Αἰσνμνήτης) oder Aisimnetes (Αἰσιμνάτας Dittenberger Syll. 218, 1. Röhl IGA 514; vgl. CIG 3794. Dittenberger Syll. 369, 14). 1) Ein Wort von unklarer Etymologie, gewöhnlich als αἴσια νέμων gefasst (vgl. G. Curtins Griech. Etymol. 761), bei Homer Od. VIII 258 in der Bedeutung ‚Kampfrichterʻ, bezeichnet eine bei den älteren Griechen häufig vorkommende obrigkeitliche mit monarchischer Gewalt bekleidete Würde, welche mit Königtum und Tyrannis nahe verwandt ist, nur mit dem Unterschiede, dass sie auf freier Wahl des Volkes beruht (αἰσυμνητεία ἐστὶν αἱρετὴ τυραννίς Arist. Pol. III p. 1285 a; oἱ αἰσυμνῆται αἱρετοί τινες ἦσαν τύραννοι Theophrast. bei Dion. Halic. Ant. Rom. V 73) und zur Wiederherstellung oder Sicherung der gestörten oder gefährdeten gesetzlichen Ordnung sei es auf Lebenszeit oder nur auf bestimmte Zeit und bis zur Vollziehung eines bestimmten Auftrags erteilt ward (Aristot. Polit. III p. 1285 a ἦρχον δ' οἳ μὲν διὰ βίου τὴν ἀρχὴν ταύτην, οἳ δὲ μέχρι τινῶν ὡρισμένων χρόνων ἢ πράξεων. Theophrast. bei Dion. Hal. Ant. Rom. V 73 ᾑροῦντο δ’αὐτοὺς (τοὺς αἰσυμνήτας) αἱ πόλεις, οὐτ’ εἰς ἀόριστον χρόνον, οὔτε συνεχῶς, ἀλλὰ πρὸς τοὺς καιρούς, ὁπότε δόξειε συμφέρειν, καὶ εἰς πόσον χρόνον). Die Wahl eines Α. geschah gewöhnlich durch eine Art von Compromiss einander feindlich gegenüberstehender Parteien, durch deren Kämpfe die Sicherheit des Staates gefährdet war, mit dem Auftrage, die zur Versöhnung der streitenden Interessen und zur Wiederherstellung eines geordneten Zustandes erforderlichen Massregeln zu ergreifen. Zu diesem Zwecke wurde demselben nicht nur die höchste vollziehende, sondern auch die gesetzgebende Gewalt übertragen. Die Parallele, welche Dionys. Halic. Ant. Rom. V 75 zwischen dem A. und dem römischen Dictator zieht, trifft daher nicht ganz zu; vgl. Arist. Polit. VI 1295 a τὸ παλαιὸν ἐν τοῖς ἀρχαίοις Ἕλλησιν ἐγίνοντό τινες μονάρχαι τὸν τρόπον τοῦτον, οὓς ἐκάλουν αἰσυμνήτας· ἔχουσι δέ τινας πρὸς ἀλλήλας αὗται διαφοράς, ἦσαν δὲ διὰ μὲν τὸ κατὰ νόμον βασιλικαὶ καὶ διὰ τὸ μοναρχεῖν ἑκόντων, τυραννικαὶ δὲ διὰ τὸ δεσποτικῶς ἄρχειν κατὰ τὴν αὑτῶν γνώμην. Mit der Neuordnung der Verfassung war in den meisten Fällen eine schriftliche Fixierung des Gewohnheitsrechtes verbunden. Vgl. G. Gilbert Griech. Staatsaltert. II 280. Busolt Griech. Gesch. I 438. Die Erklärungen des Wortes αἰσυμνήτης bei den Lexikographen (Hesych. Etym. Magn.) basieren auf der Odysseestelle (VIII 258). Die bekanntesten Aisymneten des Altertums sind folgende: Pittakos von Mytilene, der unter den heftigen Kämpfen der Aristokraten und Demokraten in Mytilene zum A. ernannt, nach zehnjähriger Amtsführung seine Würde niedergelegt haben und ins Privatleben zurückgetreten sein soll. Aristot. Pol. III 1285 a. Diog. Laert. I 74. Strab. XIII 617. Vgl. d. Art. Pittakos. Sein Gegner Alkaios nennt ihn an der angeführten Stelle des Aristoteles einen Tyrannen, doch unterscheidet Aristoteles selbst scharf zwischen Tyrannen und Aisymneten. Vgl. Busolt Gr. Gesch. [1089] Ι 439. Epimenes von Milet, der nach dem Sturze des Neleidenkönigtums die Herrschaft in Milet erlangte; der letzte König aus dem Stamme des Neleus und unmittelbare Vorgänger des Epimenes Amphitres stritt mit seinem Bruder Leodamas um die Königswürde und wurde, als er dieselbe erlangt hatte, von den Söhnen des ermordeten Leodamas getötet. Nikolaos von Damaskos fr. 54 (FHG III 389). Tynnondas in Euboia, von Plutarch Sol. 14 mit Pittakos von Mytilene zusammengestellt. Vgl. Posidippos FHG IV 482 u. Anm. H. Heinze De rebus Eretriensium (Göttg. 1869) 28. Zaleukos in Lokroi, dessen Gesetze nach Ephoros (Strab. VI 259. Ps.-Skymn. 315) die ersten gewesen sein sollen, welche aufgezeichnet wurden; auf dieser Notiz beruht wohl der Zeitansatz desselben bei Euseb. Ol. 29, 3 = 662/1, d. h. er wurde 40 Jahre nach Drakon (Hieronymos Ol. 39, 3) gesetzt. Die Gesetze des Zaleukos genossen im Altertum grossen Ruf. Vgl. Demosth. XXIV 140. Herakleides b. Müller FHG II 220. Ephoros b. Strab. VI 260. Polyb. XII 16. Zeller Philos. d. Griech. I 403ff. Busolt Gr. G. I 276; Gr. Altert. in Müllers Handb. d. Altertumswiss. IV 38. Charondas von Katana, der das Stadtrecht seiner Vaterstadt redigierte. Er wandte besondere Aufmerksamkeit der Fixierung des Familienrechtes zu. Diod. XII 11. Seine Gesetzgebung wurde namentlich von den chalkidischen Colonien im Westen angenommen. Plat Pol. X 599 e. Vgl. Busolt Gr. G. I 279. Ausser den Genannten werden uns noch von Theodoros Metoch. Miscell. c. 101 Φοίβιος auf Samos und Χαιρήμων in Apollonia als Aisymneten namhaft gemacht, aber die sonst nichts bekannt ist.

In einzelnen Städten entwickelte sich aus dem ausserordentlichen Amt der Aisymnetie ein ständiger Magistrat. Nach Aristoteles beim Schol. Eurip. Med. 19 haben die Kymaier ihre Archonten Aisymnetai genannt (ἰδίως δέ φησιν Ἀριστοτέλης ὑπὸ Κυμαίων αἰσυμνήτην τὸν ἄρχοντα λέγεσθαι). Die Angabe im Argum. Soph. Oed. Tyr. ὁ δὲ Ἀριστοτέλης ἐν Κυμαίων πολιτείᾳ τοὺς τυράννους φησὶ τὸ πρότερον αἰσυμνήτας προσαγορεύεσθαι beruht auf einem Missverständnis. G. Gilbert Griech. Staatsaltert. II 157. Busolt Gr. Gesch. I 439. In Teos bildeten die Aisymnetai eine ständige Behörde, wie die εὔθυνοι und τιμοῦχοι, welche mit ihnen zusammen erwähnt werden (IGA 497 ὅστις Τηΐων ε(ὐθ)ύνῳ ἢ αἰσυ(μ)νῆτῃ (ἀπειθοί)η ἢ ἐπανισταῖτο (τῶ)ι αἰ(συμ)νήτῃ, ἀπόλλυσθαι καὶ αὐτὸν καὶ γένος τοῦ κείνου. ὅστις τοῦ λοιποῦ αἰσυμνῶ(ν) ἐν Τἐῳ ἢ γῇ τῇ Τηΐῃ). Scheffler de rebus Teiorum (Leipz. 1882) 54ff. Auf der Insel Naxos waren die αἰσυμνῶντες eponyme Beamte des Staates. Nach einer epigraphischen Urkunde aus dem 2. Jhdt. v. Chr. dürften sie zwei an Zahl gewesen sein; Kumanudes Bull. hell. VIII (1884) 23: ἐν Νάξῳ αἰσυμνώντ(ων … ένους καὶ Σωστράτου. In Megara und den megarischen Colonien scheint die Form αἰσιμνᾶται üblich gewesen zu sein; Inschrift aus Megara bei Le Bas Voyage arch. Meg. et Pélop. 35 a: Συναρχίαι προεβουλεύσαντο ποτί τε τοὺς αἰσιμνάτας, τὰν βονλὰν καὶ τὸν δᾶμον· ἐπειδὲ κ. τ. λ. Vgl. Vischer Kleine Schriften II 64. Dittenberger Syll. 218. Das Amtslocal [1090] der αἰσιμνᾶται in Megara war wohl das Αἰσύμνιον, dessen Gründungssage Pausanias (I 43, 2ff.) mitteilt. Er nennt dasselbe ein Heroenmal (τὸ δὲ Αἰσύμνιον καλούμενον μνῆμα ἦν ἡρώων) und scheint es zugleich mit dem βουλευτήριον zu identifizieren, an dem ebenfalls eine Grabsage haftete (vgl. I 42, 4 Μεγαρεῦσι δὲ ἔστι μὲν βουλευτήριον, Τιμάλκου δὲ ἦν ποτέ, ὡς λέγουσι, τάφος). Der Bericht Aber die Entstehungsursache des Αἰσύμνιον und der Αἰσυμνῆται ist ziemlich confuse. Sie knüpft an den Tod des letzten megarischen Königs Hyperion an, der wegen seines Frevelmutes (διὰ πλεονεξίαν καὶ ὕβριν) von einem Manne Namens Sandion ermordet worden sein soll. Darnach beschließen die Megarer Abschaffung des Königtums, denn sie wollen nicht mehr von einem Einzelnen regiert werden (I 43, 3 βασιλεύεσθαι μὲν οὐκέτι ὑπὸ ἑνὸς ἐδόκει σφίσιν). An die Stelle des Königs sollen fortan wählbare Archonten treten (εἶναι δὲ ἄρχοντας αἱρετούς καὶ ἀνὰ μέρος ἀκούειν ἀλλήλων). Aisymnos, ein vornehmer Megarer, begiebt sich nach Delphi und fragt den Gott um Auskunft über die Wohlfahrt des Staates. Es wird ihm die Antwort, dass es den Megarern wohl ergehen werde, wenn sie sich mit der Mehrheit beraten würden. Die Megarer verstehen unter der Mehrheit die Toten und erbauen in deren Bezirk ihr Rathaus (τοῦτο τὸ ἔπος ἐς τοὺς τεθνεῶτας ἔχειν νομίζοντες βουλευτήριον ἐνταῦθα ᾠκοδόμησαν, ἵνα σφίσιν ὁ τάφος τῶν ἡρώων ἐντὸς τοῦ βουλευτηρίου γένηται). Die Entstehung dieser Sage hängt wohl mit der altgriechischen Sitte zusammen, die Toten innerhalb der Stadt zu begraben. Aisymnos ist als der Eponymos der neuen Institution zu fassen und genoss wahrscheinlich im Αἰσύμνιον Heroenkult. Das Vorhandensein der Αἰσιμνᾶται in den megarischen Colonien zeigt, dass der Ursprung dieser Institution im Mutterlande in frühe Zeit hinaufreicht. Die Form αἰσιμνᾶται findet sich auch in Selinus, das von den Megarern im J. 628 gegründet wurde (IGA 514). In Chalkedon, der megarischen Colonie, gab es ein Collegium von acht αἰσιμνῶντες: CIG 3794. Die Inschrift bildet ein Ehrendecret der αἰσιμνῶντες für den ἁγεμὺν βουλᾶς. Auf die Worte αἰσιμνῶντες μῆνα Διονύσιον ἐστεφάνωσαν ἁγεμόνα folgen die Namen der acht αἰσιμνῶντες mit Hinzufügung ihrer Phvlenherkunft. Die αἰσιμνῶντες bildeten hier wohl einen monatlich wechselnden Magistrat, der sich mit den athenischen Prytanen vergleichen lässt. Dieses Collegium wurde, wie es scheint, durch den γραμματεὺς βουλᾶς καὶ δάμσυ und den ἁγεμὼν βουλᾶς completiert. In einer aus der Wende des 3. und 2. vorchristlichen Jhdts. stammenden Inschrift unbekannten Fundorts, deren chalkedonischen Ursprung W. Dittenberger (Hermes XVI 164ff.) nachgewiesen hat, werden die Bedingungen namhaft gemacht, unter denen das Asklepiospriestertum verkauft werden soll. Es heisst hier: ἐ]ξέστω δὲ καὶ [π]αιδὶ ὠνεῖσθαι, ἄ[λλῳ] δὲ μηθενὶ ἐξέστω τὰν ἱερωτεία[ν ἢ ἑαυτ]ῶι· ὃς δέ κ[α] εἴπηι ἢ προαισιμνάσηι [ἢ προθῆι] ἢ ἐν δάμωι ἢ ἄλλει καὶ χ’ ὁπειοῦν [ὡς δεῖ ἀφε]λέσθαι τὸν πριάμενον τὰν ἱερω[τείαν χιλ]ίας δραχμὰς ἀποτεισάτω ἱερὰ[ς τοῦ Ἀσ]κλαπιοῦ (Dittenberger Syll. 369). Vergleichen wir diese [1091] Urkunde mit dem Schluss einer Inschrift aus Chersonasos (Dittenberger Syll. 252 ταῦτ’ ἔδοξε βουλᾶι καὶ δάμωι, μηνὸς Διονυσίου ἐννεακαιδεκάται, βασιλεύοντος Ἀγέλα τοῦ Α … ορίνου, προαισυμνῶντος Μήνιος τοῦ Ἡρακλείου, γραμματεύοντος Δαμ …. σιος τοῦ Ἀθηναίου), so ergiebt sich, dass der προαισυμνῶν dem athenischen Epistates der Prytanen entspricht. Vgl. Latyscheff Journ. d. Minist. d. Volksaufklärung. (St. Petersburg) 1882, 243ff.; Bull. hell. IX (1885) 265ff. Die Stadt Chersonesos war eine Gründung des pontischen Herakleia. Aus dem προαισυμνῶν dürfen wir auf αἰσυμνῶντες schliessen. Im allgemeinen vgl. Welcker Nachtrag zur Tril. Prom. 252. O. Müller Dorier II 169. K. F. Hermann Griech. Altert. I § 63 A. 9. G. Gilbert Griech. Staatsaltert. II 279. 327. Μ. Thamm De republica ac magistratibus Megarensium (Halle 1885) 15ff. Busolt Gr. G. I 438; Gr. Altert. in Müllers Handb. d. Altertumsw. IV 36ff. W. Dittenberger Hermes XVI 164; Syll. 218 A. 2. 252 A. 25. 369 A. 8. Kumanudes Bull. hell. VIII (1884) 23. Latyscheff Bull. hell. IX (1885) 265ff.
[Toepffer.]

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