Im Römischen Reich waren Tierhetzen (venationes) neben den Gladiatorenkämpfen die große Attraktion der Unterhaltungskultur. Von den ersten überlieferten Hetzen im Jahre 186 v. Chr. wurden vor allem in der Hauptstadt selbst, nämlich im Kolosseum und im Circus Maximus, bis ins 6. Jahrhundert hinein hunderttausende Tiere zur Unterhaltung der Masse getötet.
Die Tiere und die Geschichte der Spiele
Schon von Anfang an wurden zu den Hetzen vor allem möglichst exotische und fremde Tiere nach Rom gebracht; so traten schon bei den ersten überlieferten venationes Löwen und Panther gegeneinander an. Das Angebot für die enorm hohe Nachfrage wurde sowohl vom Staat als auch von freien Händlern bereitgestellt. Aus den entlegensten Winkeln des Reichs und darüber hinaus wurden vor allem aus Afrika, dem Nahen Osten und Indien die Tiere nach Rom geschafft.
Mit der Zeit wurden die Hetzen immer größer und kostspieliger: Schon unter Sulla wurden 100 Löwen in die Arena gelassen, um dort von afrikanischen Bogenschützen getötet zu werden. Pompeius schickte innerhalb von fünf Tagen über 700 Tiere in den Kampf.
In der Kaiserzeit erreichten diese Hetzen einen Höhepunkt: Schon Augustus ließ in seiner gesamten, 41 Jahre währenden Herrschaft 3500 Tiere auftreten. Titus schickte zur Einweihungsfeier des Kolosseums 5000 Tiere los, und Domitian sowie später Commodus beteiligten sich selbst an den Tötungen. Den Gipfel erreichte Trajan, der 106 zur Feier des Sieges über die Daker angeblich 11.000 Tiere in die Arena schicken ließ. Tierhetzen fanden dabei sowohl als Begleitprogramm einer "Gladiatur" (Gladiatorenkampf) als auch unabhängig davon statt.
Mit dem Aufkommen des Christentums verloren die Tierhetzen an Bedeutung. Zwar feierte Probus seinen Triumph noch 281 mit rund 600 Tieren, doch bereits wenige Jahrzehnte später, nämlich 325, erließ Konstantin I. das erste Edikt gegen die Tierhetzen. Zwar zögerte die Politik lange, dieses und andere folgende Gesetze gegen den Widerstand des Volkes durchzusetzen – noch 404 wurde angeblich ein Mönch, der gegen die Spiele protestierte, gesteinigt – doch der Zusammenbruch des Weströmischen Reiches während der Völkerwanderung, die daraus folgende Notsituation und das aufkommende Christentum ließen die Tierhetzen langsam zu einer Randerscheinung werden. Dennoch waren Wagenrennen (ludi circensis) und Tierhetzen bis ins 6. Jahrhundert wichtige öffentliche Ereignisse, die der Selbstdarstellung der Herrschenden dienten. In Rom selbst fand die letzte bekannte Tierhatz 523 unter Theoderich dem Großen statt, die letzten Wagenrennen sind für 550 bezeugt.
Im weiterbestehenden Ostteil des Reiches kamen Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe ebenfalls zunehmend aus der Mode, die Wagenrennen dagegen blieben bis weit in die mittelbyzantinische Zeit hinein sehr populär.
Das Geschehen in der Arena
Die erste überlieferte Tierhetze fand 186 v. Chr. statt, als Marcus Fulvius Nobilior Tiere zu einer Triumphfeier aufeinanderhetzte. Diese Idee stammte aus dem alten Griechenland, wo diese Form der Unterhaltung bereits bekannt war. Der Unterhaltungscharakter steht aber gegenüber der politischen Bedeutung der Spiele hintenan. Die patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen führten zu einer regelrechten Wetteiferungen um die Gunst der niederen Bürger. So verschuldeten sich die Veranstalter, wie z.B. die Magistrate, insbesondere seit dem 2. Jahrhundert teilweise in ruinöser Weise, um in der Popularität der Öffentlichkeit, die genau die Zahlungsbereitschaft der einzelnen Veranstalter unterschied, aufzusteigen. Durch die Beliebtheitssteigerung konnte der Magistrat in der Karriereleiter z.B. zum Prätor oder sogar zum Konsul aufsteigen. Durch die dann zu erzielenden Mehreinnahmen erfolgt dann sozusagen die Refinanzierung.
Die Römer fanden daran Gefallen und ließen die Tierhetzen zunächst im Circus austragen, verlagerten sie aber später in Amphitheater wie das Kolosseum. Auch in zahlreichen kleineren Städten wurden derartige Spiele von lokalen Wohltätern (Euergeten) veranstaltet; in der Spätantike allerdings kam dies dann nur noch dem Kaiser und hohen staatlichen Würdenträgern zu, und die Veranstaltungen wurden nun nur noch in den größten und wichtigsten Orten abgehalten.
Die Vorstellungsarten waren mannigfaltig: Neben dem ursprünglichen Kampf Tier gegen Tier kamen zunächst Dompteurvorstellungen und Zurschaustellungen von in irgendeiner Weise besonderen Tieren (wie im heutigen Zirkus) ins Spiel. Charakteristisch war aber trotzallem eine "gerechte" Ausstattung von Gegnern. So wurden die Kämpfer mit Waffen ausgestattet, die der gegnerischen Waffenausstattung gleichwertig in ihren Vor- und Nachteilen war. In der späten Republik und in der Kaiserzeit kamen dann auch organisierte Jagden auf; so ließ Nero etwa Elitekavalleristen gegen hunderte Bären und Löwen vorgehen. Zuletzt – und später immer beliebter – gab es noch die Todesstrafe, Damnatio ad bestias genannt. Später wurden parallel zu den Gladiatorenspielen auch Kriegsgefangene in die Arenen und damit in den Tod geschickt. Allerdings gab es – wie bei den Gladiatoren – auch hier Freiwillige, die sich durch den Kampf mit wilden Tieren Prestigegewinn erhofften.
Diptychon, Louvre OA9062, Scheinbar fliesst das Blut eines von einem Speer getroffenen Bären in Strömen.
Literatur
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P. Veyne: Brot und Spiele - Gesellschaftliche Macht und politische Herrschaft in der Antike, Frankfurt/Main, 1988
F. Bernstein: Ludi publici - Untersuchung zur Entstehung und Entwicklung der öffentlichen Spiele im republikanischen Rom, Stuttgart, 1998
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Eckart Köhne (Hrsg.): Gladiatoren und Caesaren: die Macht der Unterhaltung im antiken Rom. Zabern, Mainz 2000. ISBN 3-8053-2614-9
Fik Meijer: Gladiatoren - Das Spiel um Leben und Tod, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7608-2303-3
Thomas Wiedemann: Kaiser und Gladiatoren: die Macht der Spiele im antiken Rom. WBG, Darmstadt 2001. ISBN 3-534-14473-2
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