Die Aktivität wechselt zwischen
langen (u. U. mehrere Jahrhunderte währenden) Ruhephasen,
Phasen geringer Aktivität, in der Eruptionen vom Stromboli-Typ abwechseln mit Lava-Ausfluss (effusive Ausbrüche)
und den katastrophalen plinianischen Eruptionen, die gekennzeichnet sind durch ungeheure Mengen von ausgeworfenem Material (mehrere Milliarden Tonnen) und das Auftreten pyroklastischer Ströme.
Die Aktivität wird gespeist durch eine Magmakammer, die sich in ca. 5 bis 7 km Tiefe befindet.
Chronik
Jahr | Ereignis |
---|---|
ca. -25000 | Beginn der Aktivität des Monte Somma |
ca. -18000 | Beginn des Einsturzes der Monte Somma-Caldera |
-8000 | Ottaviano-Eruption |
-3700 (ca. 1740 v. Chr.) |
Avellino-Eruption: Zerstörung bronzezeitlicher Siedlungen |
24. August 79 n. Chr. | Plinianische Eruption: Untergang von Pompeji und Herculaneum |
472 n. Chr. | Subplinianische Eruption |
16.12.1631 | Ausbruch tötet 4000 Menschen |
1638 | Athanasius Kircher besteigt den Vesuv |
16.6.1794 | Lavastrom zerstört Torre del Greco |
1764 - 1800 | Sir William Hamilton, britischer Gesandter am neapolitanischen Hof, betreibt intensive Studien des Vesuv. |
1822 | erneuter Ausbruch, protokolliert von dem englischen Geologen George Julius Scrope |
1841 | Macedonio Melloni eröffnet das Osservatorio Vesuviano, das erste vulkanologische Institut der Welt |
1872 | Zerstörung der Dörfer Massa und San Sebastiano |
1880 | Eröffnung der Standseilbahn zum Gipfel |
ab 1904 | Ständige Schlackeneruptionen. |
1905 | Höhe des Gipfels erreicht 1335m. |
1906 | Gegend von Ottaviano durch Schlammströme verwüstet; in Neapel fordert der Einsturz einer Markthalle viele Opfer; Seilbahn zerstört |
1911 | Immanuel Friedlaender gründet das Institut für Vulkanologie mit Sitz in Vomero bei Neapel |
4.4.1944 | Letzter großer Ausbruch: Massa und San Sebastiano werden zerstört. |
Avellino-Eruption um 1740 v. Chr.
Durch eine ganze Reihe archäologischer Funde ist die sogenannte Avellino-Eruption mittlerweile zweifelsfrei belegt. Sie fand ungefähr 1740 v. Chr. ± 150 Jahre statt, also irgendwann zwischen 1890 v. Chr. und 1590 v. Chr., und verlief in nordöstliche Richtung über die heutigen Ortschaften Avellino, Nola und das Dorf San Paolo Bel Sito hinweg. Das Gebiet von Avellino, etwa 35 km vom Vulkan entfernt, wurde mit einer ca. 50 cm dicken Ascheschicht bedeckt. In unmittelbarer Umgebung des Vesuvs betrug die Dicke der Ascheschicht sogar mehrere Meter. Beim Fundamentaushub für eine neue Autobahn nahe Avellino wurde 1972 erstmalig unter alten Schichten von Vulkanauswurf bronzezeitliche Keramik gefunden. Beim Bau eines Supermarktes in Nola 2001 entdeckte man einen verschütteten Schmelzofen aus der selben Epoche. Weitere Grabungen legten bedeutende Reste eines kleinen Dorfes frei. Alle Häuser waren von dicken Ascheschichten aus eben dieser Zeit begraben und wurden, nach den Befunden des englischen Bronzezeit-Archäologen Simon Stoddart und des Italieners Giuseppe Vecchio von der Archäologiebehörde Neapel, von den damaligen Bewohnern in aller Eile verlassen. Denn viele Reste von Gebrauchsgegenständen sowie die Skelette der Haus- und Nutztiere fanden sich in unmittelberer Nähe. Weil dieses Dorf damals im Angesicht des Vesuvausbruch überstürzt verlassen und kurz darauf von dicken Asche- und Lavaschichten verschüttet und damit "konserviert" wurde, ist es in einem – für bronzezeitliche Siedlungen dieser Gegend – einmaligen Erhaltungszustand. Es ermöglicht einen tiefen Einblick in den Alltag der damals dort siedelnden Bauern, aber auch in die Sozialstrukturen und Eigentumsverhältnisse dieser Siedlung. Im nahen San Paolo Bel Sito entdeckten Archäologen schon 1970 zwei Skelette (ein ca. 45-jähriger Mann mit arthritischen Knochendeformationen und eine ca. 20 Jahre jüngere Frau), die von dem italienischen Anthropologen B.P. Petrone als Opfer dieser Eruptionskatastrophe erkannt wurden. Sie konnten – vermutlich aufgrund des für damalige Verhältnisse vergleichsweise hohen Alters des Mannes und der körperlichen Schäden, die die harte Landarbeit für beide mit sich brachte – keinen langen Fluchtweg mehr schnell genug zurücklegen, der sie vor den nahenden Lava- oder Steinmassen gerettet hätte.
Der Vesuv von Neapel aus gesehen
Der Ausbruch von 79 n. Chr.
Der erste dokumentierte Ausbruch fand am 24. August des Jahres 79 n. Chr. statt. Dabei wurden die Orte Pompeji, Herculaneum, Oplontis und das ca. 12 km entfernte Stabiae unter Staub- und Aschemassen vollständig begraben.
Dass wir über den Ausbruch so gut unterrichtet sind, verdanken wir
dem römischen Schriftsteller Plinius dem Jüngeren. Als Augenzeuge (aus der Ferne: er befand sich in Misenum an der Westspitze des Golfs von Neapel) gibt er z. T. mit Zeitangaben darüber Auskunft, was zu sehen war und wie dann sein Onkel Plinius der Ältere bei der Katastrophe ums Leben kam.
den Ausgrabungen im Vesuvgebiet selbst, wobei die Zusammensetzung der Ablagerungen und die Art der Zerstörungen Aufschlüsse über den Ausbruch erlauben.
Vorher hatte der Vulkan jahrhundertelang geruht und galt als erloschen bzw. man wusste nicht einmal, dass es sich um einen Vulkan handelte. So waren die fruchtbaren Abhänge des Vesuv dicht besiedelt.
Dass sich eine neue Phase von Aktivität ankündigte, bezeugt ein schweres Erdbeben am 5. Februar 62 (das Datum ergibt sich aus der abgebrochenen Buchführung des Bankiers L. Caecilius Iucundus)), doch wurde die Gefahr einer kommenden Eruption nicht erkannt. Als der Vesuv dann im Jahre 79 ausbrach, waren die Wiederherstellungsarbeiten in Pompeji und anderswo noch nicht beendet.
In der ersten Eruptionsphase (ab Mittag des 24. August 79) wurde die Spitze des Vulkans (ähnlich wie beim Mount St. Helens 1980) weggesprengt. Während der folgenden Stunden stieg eine Eruptionssäule bis in die Stratosphäre, aus der auf die südlich des Vesuvs gelegenen Orte (Pompeji, Stabiae, Oplontis) ein immer dichterer Aschenregen fiel. Durch das Gewicht der Asche und Lapilli-Bruchstücke brachen in den betroffenen Orten die Hausdächer ein und erschlugen die Bewohner.
In der zweiten Eruptionsphase begann die Eruptionssäule zusammenzubrechen. Bis dahin war Herculaneum nur wenig betroffen, doch jetzt rasten mehrere pyroklastische Ströme mit etwa 100 Kilometern pro Stunde und einer Temperatur von über 400°C durch Herculaneum. Wer noch nicht geflüchtet war, starb jetzt binnen Sekunden (dazu gehörten auch jene ca. 300 Menschen, die sich in die Gewölbe der Bootshäuser von Herculaneum geflüchtet hatten). Der Zusammenbruch der Wolke erfolgte mehrfach und erzeugte dabei auch mit schwerem Material stark gesättigte Ströme, deren gewaltige Wucht die aus den Fallablagerungen herausragenden Häuser zerstörte (weshalb die Ausgräber in Pompeji und Herculaneum weitgehend intakte Erdgeschosse, aber zerstörte Obergeschosse vorfanden). Insgesamt häuften Ascheregen und pyroklastische Flüsse eine Schicht von bis zu 20 Metern über den zerstörten Ortschaften auf. Das vulkanische Material verfestigte sich im Laufe der Zeit zu einer harten, durchgehenden Masse von Tuffstein.
Diese spezielle Art von vulkanischer Eruption wird heute nach ihrem Beobachter plinianische Eruption genannt. Schätzungsweise 2500 Menschen kamen damals ums Leben. Im 18. Jahrhundert wurde Pompeji wiederentdeckt und teilweise ausgegraben. Der im Jahre 79 entstandene Krater ist zu einer Caldera eingestürzt, die heute noch sichtbar ist.
Johann Wolfgang Goethe hat auf seiner Italienischen Reise während seines Aufenthalts in Neapel, bei dem auch die Ausgrabungen in Pompeji und Herculanuem besucht wurden, im März 1787 den Vesuv mehrfach bestiegen, wobei er sogar in ungemütliche Nähe eines aus dem Krater dringenden Lavaflusses vordrang:
Wir versuchten noch ein paar Dutzend Schritte, aber der Boden ward immer glühender; sonneverfinsternd und erstickend wirbelte ein unüberwindlicher Qualm. Der vorausgegangene Führer kehrte bald um, ergriff mich, und wir entwanden uns diesem Höllenbrudel. (20. März 1787) Sein Begleiter Christoph Heinrich Kniep zeichnete die Bucht von Neapel mit dem Vesuv im Hintergrund.
Weitere Ausbrüche
Weitere Ausbrüche des Vesuv ereigneten sich in den Jahren 202, 472 und 512. Insgesamt gab es zwischen 202 und 1139 11 Eruptionen. Für die folgenden 500 Jahre gibt es keine sicheren Berichte über Ausbrüche, der Vulkan war etwas zur Ruhe gekommen. Am 16. Dezember 1631 erwachte er wieder mit einer gewaltigen Eruption, die 4000 Menschen tötete. Bis zu seinem bislang letzten großen Ausbruch am 4. April 1944 folgten rund 20 weitere Eruptionen, die heftigste davon in der Nacht vom 7. auf den 8. April 1906, wobei der Berg etwa 200 Meter niedriger wurde. Beim Ausbruch von 1944 wurden die Städtchen Massa di Somma und San Sebastiano nahezu vollständig zerstört.
Seit 1944 ist der Vesuv ruhig, aber nicht erloschen und bleibt gefährlich. Es gibt zwar Evakuierungspläne für die mehr als eine Million Einwohner, die im Falle eines Ausbruchs wie im Jahr 79 unmittelbar bedroht wären, doch leider sind bis heute Vorwarnungen der Vulkanologen weder zuverlässig noch frühzeitig genug (die Pläne gehen von der bislang unerreichten Vorwarnungszeit von 2 Wochen aus!). Dichtestbesiedelte Siedlungen befinden sich heute selbst an den Hängen des Vesuv, auch im Bereich des antiken Herculaneum. Das Stadtzentrum von Neapel und die neuen Hochhäuser im Bahnhofsviertel liegen gleich weit entfernt wie einst das zerstörte Stabiae, sind aber durch den Sommawall einigermaßen geschützt. Der aktuelle Evakuierungsplan Vesuvia (ital. via "weg", also: "weg vom Vesuv") der Regionalregierung von Kampanien hat das Ziel, die Bevölkerung in der am meisten gefährdeten "roten Zone" des Vulkans sehr stark zu reduzieren: 150.000 Menschen sollen in den nächsten 15 Jahren umgesiedelt werden. Mit Prämien in Höhe von 30.000€ pro Familie sollen die gefährdeten Bewohner zum Wegzug motiviert werden, jedoch bisher ohne durchschlagenden Erfolg. So sind im Gegenteil laut der Umweltorganisation "Legambiente" in den letzten 20 Jahren allein in der "roten Zone" illegal 50.000 Häuser neu gebaut worden. Neuere Erkenntnisse weisen daraufhin, dass die Magma-Kammer des Vesuvs wieder erwacht. Weitere aktive Vulkane in Italien sind der Ätna und der Stromboli.
Vesuv, Aufnahme von Bord des Satelliten QuickBird
Trivia
Das bekannte Volkslied Funiculì, Funiculà wurde anlässlich der Einweihung der ersten Seilbahn der Firma Thomas Cook auf den Vesuv im Jahr 1880 von Peppino Turco (Text) und Luigi Denza (Melodie) komponiert. Während das Lied heute weltbekannt ist, gibt es die Seilbahn nicht mehr. Sie wurde beim Ausbruch des Vesuvs von 1906 zerstört, lediglich am Kraterrand sind noch ein paar Metallreste von ihr zu sehen. 1977 gab es einen vorläufig letzten, vergeblichen Versuch, die Standseilbahn wieder aufzubauen. Der aus Südtirol stammende Architekt Kuno Krissler plante einen Neubau, mit einer Gipfelstation, die ein luxuriöses Hotel, ein Vesuvmuseum und ein Restaurant mit Blick in den Krater erhalten sollte.
Siehe auch
Literatur
Giovanni Battista Alfano & Immanuel Friedlaender: Die Geschichte des Vesuv. Berlin: D. Reimer 1929
Robert Etienne: Pompeji. 5. Aufl. Leipzig: Reclam 1998. ISBN 3-15-010370-3
J. P. Grattan & M. Brayshay: "Modelling the Impact of the Vesuvius/Avellino Eruption upon the Bronze Age Settlement of the Palma Campania", in: Albore Livadie (Hg.), L'Eruzione Vesuviana delle <Pomici di Avellino> e la Facies di Palma Campania. CUEBC, 1999, S. 125-132.
Giuseppe Mastrolorenzo: "Der Zorn des Vesuv. Die Katastrophe des Jahres 79 n. Chr.", in: Verschüttet vom Vesuv - Die letzten Stunden von Herculaneum, hg. Josef Mühlenbrock & Dieter Richter, Mainz 2006. ISBN 3-8053-3445-1
Hans Pichler: Italienische Vulkan-Gebiete I: Somma-Vesuv, Latium, Toskana. Berlin, Borntraeger 1990
Dieter Richter: Der Vesuv. Geschichten und Gedichte über den brennenden Berg. Frankfurt 1990.
Joachim Schüring: "Pompeji: Ende mit Schrecken", in: Abenteuer Archäologie 2/2004, S. 62-69. Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., Heidelberg. ISSN 16129954
Wagner, Horst-Günter: Die Kulturlandschaft am Vesuv. Eine agrargeographische Strukturanalyse mit Berücksichtigung der jungen Wandlungen. Hannover 1967, 243 S., 43 Abb., 39 Fig. = Jahrbuch der Geogr. Gesellschaft Hannover für 1966.
Wagner, Horst-Günter: "Innovative Wandlungen der Agrarstruktur am Golf von Neapel 1965-1989", in: Erdkunde, Band 44, 1992, S. 180-194.
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