Publius Clodius Pulcher (* um 92 v. Chr., † 18. Januar 52 v. Chr.) (Pulcher, lat. „der Schöne“) war ein bekannter popularer römischer Politiker, an den man sich vor allem wegen seiner langjährigen Fehde mit Marcus Tullius Cicero erinnert. Er versuchte erfolgreich, die römische Plebs für seine Politik nutzbar zu machen, und griff dabei, wie seine politischen Gegner und Zeitgenossen, auch zu gewaltsamen Mitteln (Straßenkampf).
Leben
Als Sohn von Appius Claudius Pulcher (Konsul 79 v. Chr.) wurde er – unter dem Namen Claudius – in eine reiche patrizische Familie der römischen Republik hinein geboren. Wie seine drei Schwestern, die alle den Namen Clodia trugen, änderte er wohl schon zu Beginn seiner politischen Laufbahn die Schreibweise seines Namens in Clodius, die plebejische Version von Claudius.
Unter seinem Schwager Lucius Licinius Lucullus nahm er am Dritten Mithridatischen Krieg teil, zettelte dabei aber eine Revolte an, Plutarch zufolge, weil er der Ansicht war, nicht mit genügendem Respekt behandelt zu werden. Ein anderer Schwager, Quintus Marcius Rex, Prokonsul von Kilikien, übertrug ihm den Befehl über seine Flotte – woraufhin Clodius von Piraten entführt wurde. Nach seiner Befreiung zog er sich nach Syrien zurück, wo er bei einer von ihm angestifteten Revolte fast sein Leben verlor.
Nach seiner Rückkehr nach Rom im Jahr 65 v. Chr. klagte er Catilina wegen Erpressung an. Entgegen den Behauptungen Ciceros, der aus naheliegenden Gründen Clodius zum Erzschurken stilisierte, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Clodius später in Catilinas Verschwörung verwickelt war, nach Plutarch, (Cicero, 29) leistete er sogar Cicero jede Unterstützung und betätigte sich als einer seiner Leibwächter. Die Affäre um die Bona Dea-Mysterien führte dann zum Bruch zwischen den beiden: Clodius betrat im Dezember 62 v. Chr. in Frauenkleidern (Männer waren bei den Mysterien nicht zugelassen) das Haus Caesars (der Pontifex maximus war), wo die Mysterien gefeiert wurden, weil er angeblich ein Verhältnis mit Pompeia Sulla, Caesars Frau, hatte. Er wurde entdeckt und wegen incestum vor Gericht gestellt, entkam jedoch der Verurteilung, indem er die Geschworenen bestach. Ciceros belastende Aussagen dürften zum gespannten Verhältnis zwischen den beiden beigetragen haben. Die Anklage wegen incestum trug, wie in der Forschung vermutet wird, mit dazu bei, dass ihm später inzestuöse Beziehungen zu seinen Schwestern nachgesagt wurden.
Nach seiner Tätigkeit als Quaestor in Sizilien (61 v. Chr.) strebte Clodius an, auf seinen Rang als Patrizier zu verzichten, um Volkstribun werden zu können. Im März 59 v. Chr. ließ er sich – mit Duldung des Consuls und Pontifex Maximus Caesar – von einem gewissen Publius Fonteius adoptieren und wurde so zum Plebejer. Dadurch konnte er vom Volk zum Volkstribun gewählt werden, was Patriziern nicht erlaubt war. Seine erste Handlung im Amt, das er am 10. Dezember 59 v. Chr. antrat, war es, Gesetzesentwürfe vorzulegen, die ihm die Gunst des Volkes sichern sollten. Getreide sollte einmal im Monat anstatt zu niedrigem Preis verkauft kostenlos abgegeben werden; das Recht, an einem bestimmten Tag das Omen zu befragen und (wenn es ungünstig war) die Versammlung (Comitia) abzusagen, das jedem Magistrat aufgrund des Lex Aelia Fufia zustand (mit dieser Methode hatte Marcus Calpurnius Bibulus, Caesars optimatischer Kollege im Konsulat, im Jahr zuvor vergeblich versucht, Caesars populare Gesetzesvorhaben zu torpedieren), wurde abgeschafft; die Collegien (Berufs- und Kultvereine von Handwerkern) wurden wieder eingeführt; den Censoren wurde es untersagt, Bürger aus dem Senat auszuschließen oder sonstwie zu bestrafen, bis sie öffentlich angeklagt und verurteilt waren.
Er fand einen Weg, um Cicero und den jüngeren Cato loszuwerden, der als Praetor nach Zypern gesandt wurde, um die Insel und den königlichen Schatz zu übernehmen. Ciceros Besitz wurde auf Clodius’ Anweisung konfisziert, sein Haus auf dem Palatin niedergebrannt, das Grundstück zur Auktion ausgeschrieben, das Clodius dann selbst über einen Strohmann erwarb. Nach der Abreise Caesars nach Gallien wollte Clodius, gestützt auf seine Beliebtheit beim Volk und gewaltbereite Unterstützer, weiterhin eine eingeständige Politik zu betreiben. Im Jahr 57 v. Chr. schlug einer der Tribunen die Rückkehr Ciceros vor, woraufhin Clodius die Zustimmung zu diesem Dekret zu hintertreiben suchte, was Titus Annius Milo aber vereitelte, indem er eine ausreichend große bewaffnete Bande zusammenbrachte, der es gelang, Clodius in Schach zu halten. Clodius attackierte daraufhin die Arbeiter, die Ciceros Haus auf öffentliche Kosten wiederaufbauten, griff Cicero auf offener Straße an und setzte das Haus seines Bruders Quintus Tullius Cicero in Brand.
Im Jahr 56 v. Chr., als curulischer Aedil, störte er weiterhin selbst die öffentliche Ruhe durch eine bewaffnete Gruppe, die in seinem Dienst stand, und klagte Milo gleichzeitig wegen öffentlicher Gewalt (de vi) an, da dieser sein Haus gegen Clodius’ Attacken verteidigt hatte. Im Jahr 53 v. Chr., als Milo Kandidat für das Amt des Konsuls und Clodius für das Amt des Praetors waren, scharten die Rivalen bewaffnete Mannschaften um sich. Als sich Clodius und Milo am 18. Januar 52 auf der Via Appia trafen, brachen Kämpfe aus, bei denen Clodius in der Nähe von Bovillae erschlagen wurde. Seine Leiche wurde von seinen Anhängern in die Curia Hostilia geschafft und mit dieser verbrannt.
In der historischen Forschung ist bis heute umstritten, ob Clodius in seinem Kampf gegen die Optimaten ein ernst zu nehmendes politisches Anliegen hatte oder ob er lediglich ein politisierender Rowdy war, der „Prototyp des prinzipienlosen Agitators, ein Schmarotzer“ (Luciano Canfora).
Literatur
- Philiippe Moreau: Clodiana religio. Un procès politique en 61 av. J.-C. Les Belles Lettres, Paris, 1982, ISBN 2-251-33103-4
- Wilfried Nippel: Publius Clodius Pulcher – „der Achill der Straße“. In: Karl-Joachim Hölkeskamp, Elke Stein-Hölkeskamp (Hrsg.): Von Romulus zu Augustus. Große Gestalten der römischen Republik. Beck, München 2000. S. 279–291. ISBN 3-406-46697-4
- Jörg Spielvogel: P. Clodius Pulcher - eine politische Ausnahmeerscheinung der späten Republik? In: Hermes 125, 1997, S. 56-74
- W. Jeffrey Tatum: The patrician tribune: P. Clodius Pulcher. Univ. of North Carolina Press, Chapel Hill 1999, ISBN 0-8078-2480-1
Weblinks
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