Marcus Antistius Labeo

Marcus Antistius Labeo († vor 22 n. Chr.) war ein römischer Jurist zu Zeiten des Kaisers Augustus.

Er war ein Sohn des Juristen Pacuvius Antistius Labeo und entstammte einer samnitischen Familie aus Unteritalien. Unter Augustus zählte Antistius Labeo zur senatorischen Opposition gegen den Prinzipat, konnte aber dennoch mit der Prätur das zweithöchste Amt der traditionellen politischen Ämterlaufbahn erreichen. Augustus bot ihm sogar ein Suffektkonsulat an, das er jedoch ablehnte.

Antistius Labeo gilt neben Ateius Capito als der wichtigste Vertreter der Frühklassik des römischen Rechts. Während er im öffentlichen Recht konservative Ansichten vertrat, regte er im Privatrecht zahlreiche Neuerungen an, vertrat aber nur punktuell weitreichendere Reformvorschläge. Bei späteren Juristen genoss Labeo großes Ansehen und übte damit einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Rechtsgeschichte der Antike aus.

Von Labeos einst umfangreichen Werk, das über 400 Bücher umfasst haben soll, sind nur wenige Fragmente aus Zitaten späterer juristischer Texte erhalten. An Titeln sind bekannt:

• Libri de iure pontificio ('Bücher über das Pontifikalrecht') in mindestens 15 Büchern
  
• Ein mindestens 2 Bücher umfassender Kommentar zum Zwölftafelgesetz
  
• Responsa ('Antworten'), d.h. Rechtsgutachten zu konkreten Einzelfällen
  
• Epistulae ('Briefe'), vermutlich zu juristischen Fragen
  
• Pithana (gr., dt. 'Wahrscheinlichkeiten'), trotz des griechischen Titels wohl in lateinischer Sprache
  
• Mindestens 20 Bücher Kommentare zu einzelnen Edikten
  
• Mindestens 40 Bücher Posteriora, d.h. postum veröffentlichte Werke zu unterschiedlichen juristischen Fragen
  

Aus dem Kreis seiner Schüler ging die Proculianische Rechtsschule hervor, die nach ihrem ersten Haupt Proculus benannt ist. Einige Forscher vermuten, dass möglicherweise Labeo selbst die Schule begründet hat, was sich jedoch bisher nicht nachweisen lässt.