Avitus auf einem Tremissis (http://www.cngcoins.com)
Eparchius Avitus (* um 400 in der Auvergne; † Anfang 457) war von 455 bis 456 weströmischer Kaiser.
Leben
Herkunft und politisches Wirken
Avitus wurde in der Auvergne um das Jahr 400 als Spross einer vornehmen, traditionsreichen gallorömischen Familie geboren. Um 420 arbeitete er für den späteren Kaiser Constantius III. und knüpfte erste Kontakte mit dem westgotischen Hof in Toulouse; sein Schwiegersohn war Sidonius Apollinaris, dem wir auch wichtiges Quellenmaterial für diese Zeit und bezüglich Avitus verdanken.
430 und 435 diente Avitus unter dem Feldherrn Aëtius, bevor er 437 das prestigeträchtige und einflussreiche Amt des Heermeisters übernahm. Dieses Amt benutzte er zwei Jahre später als Sprungbrett zur Präfektur über die gallischen Provinzen.
Obgleich Gallien zu dieser Zeit aufgrund der Völkerwanderung praktisch ständig Krisen- und Kriegsgebiet war, war es für Westrom nach dem Wegfall Nordafrikas und Englands sowie der weitgehenden Verwüstung Hispaniens das wichtigste Reichsgebiet neben Italien. Vor allem die gallischen Steuerzahlungen, die den gesamten römischen Staatshaushalt sicherten, waren extrem wichtig. Darum war eine Präfektur, wie Avitus sie besetzte, natürlich ein politisch äußerst hochrangiges Amt.
Avitus erzielte seine größten Erfolge als Präfekt, als er durch geschickte Verhandlungen die marodierenden Westgoten unter ihrem König Theoderich I. zu einem Friedensvertrag überreden konnte. Nach deren Rückzug aus Gallien zog sich Avitus, mittlerweile ein Freund der westgotischen Königsfamilie geworden, ins Privatleben zurück (um 440).
Diplomatie
Erst über zehn Jahre später sind uns wieder politische Aktivitäten seinerseits überliefert, als er auf Bitten des römischen Kaisers Valentinian III. hin seine Kontakte nützte und als römischer Diplomat die Westgoten dazu brachte, sich einer militärischen Allianz gegen die immer weiter vordringenden Hunnen anzuschließen. Er meisterte diese Aufgabe und Theoderich verbündete sich mit den Römern. Der Westgotenherrscher führte selbst eine Armee in die berühmte, alles entscheidende Schlacht auf den Katalaunischen Feldern, wobei er umkam.
455 wurde Petronius Maximus Kaiser. Er versuchte, seine instabile Herrschaft abzusichern und holte deshalb erfahrene Ruheständler in die Politik zurück. Auch Avitus wurde angesprochen. Er wurde, in den Rang des höchsten Heermeisters erhoben, römischer Chefdiplomat bei den Westgoten. Sein Schwiegersohn, der Dichter Sidonius Apollinaris, berichtete, durch die Vermittlung des Avitus habe sogar ein neuer Krieg mit den Westgoten verhindert werden können.
Doch nur kurz darauf überschlugen sich die Ereignisse: Petronius Maximus floh vor den gegen Rom marschierenden Wandalen sowie vor dem Mob, der ihn verachtete. Seine Flucht scheiterte jedoch; Petronius wurde erkannt und getötet. Der junge westgotische König Theoderich II., der vielleicht sogar sein Latein bei Avitus gelernt hatte, drängte diesen nun, sich zum Kaiser zu erheben und versprach die Unterstützung seines Volkes.
Kaiserherrschaft
Avitus zögerte nicht lange und nahm das Angebot an. Auf Forderung des westgotischen Königs wurde nun – was Bände aussagt über die Schwäche des Römischen Reiches – in Beaucaire eine außerordentliche Sitzung der römischen Statthalter einberufen, die Avitus am 9. Juli 455 Placet als Kaiser gaben. Auch die letzten verbliebenen möglichen Stolpersteine für Avitus wurden beseitigt, als der oströmische Kaiser Markian Avitus anerkannte und als schlussendlich auch die Zustimmung aus der fast mittlerweile fast völlig vernichteten Provinz Pannonien kam.
Zunächst schien die Herrschaft des Avitus nun abgesichert zu sein: Von Ostrom anerkannt und von den Westgoten gestützt schien es ihm an Zustimmung nicht zu mangeln. Doch sobald er sich nach Italien begab, erkannte er, dass die römische Oberschicht heftig opponierte und ihn mit Verleumdungen angriff, da sie seine gallische Herkunft kritisierte.
Doch zunächst drohte eine viel greifbarere Gefahr vom Vandalenkönig Geiserich, der mit einer Flotte von 60 Schiffen das Tyrrhenische Meer unsicher machte. Gleichzeitig wüteten die Sueben in Spanien, und den kümmerlichen Reste von Pannonien drohte nun auch die Vernichtung. Avitus setzte im Eindruck all dieser Gefahren auf Arbeitsteilung: Er bat seinen Freund Theoderich II. um Unterstützung in Spanien und ernannte Pannonien zur kaiserlichen Angelegenheit.
Um der maritimen Bedrohung durch Geiserich Herr zu werden, ernannte er einen germanisch-römischen Offizier zum obersten Heermeister: Flavius Ricimer. So schaffte es das gebeutelte Reich tatsächlich, die genannten Bedrohungen doch noch einmal zurückzuschlagen.
Abstieg und Ende
Gleichzeitig war jedoch in Rom eine schwere Hungersnot infolge der Kämpfe zu See ausgebrochen. Avitus erkannte, dass die kostenlosen Getreideausschenkungen des Staates mittlerweile überhand genommen hatten; so beanspruchten mittlerweile sogar bei Rom stationierte Germanen diese kostenlosen Leistungen. Der Kaiser entschied, diese Truppen zu entlassen, beging damit jedoch einen schwerwiegenden Fehler: Um die Entlassungen zu finanzieren, ließ er zahlreiche Bronzestatuen in und um Rom einschmelzen und versetzen, was die Bürger noch mehr anstachelte. Gleichzeitig verlor er mit den Entlassungen ein wichtiges Druckmittel gegenüber den Stadtrömern, die sich nun dem siegreichen Ricimer zuwandten.
Dieser nutzte nun die Situation und schloss ein politisches Bündnis mit einigen Senatoren und seinem Kollegen, dem Militär Majorian, um Avitus zu entmachten. Dieser erfuhr jedoch davon und versuchte, sich nach Gallien abzusetzen. Bei Piacenza wurde er jedoch mitsamt seiner verbliebenen Anhänger geschlagen und gezwungen, zurückzutreten. Zunächst sah der Senat vor, ihn als Gegenleistung zum Bischof zu machen, entschied dann aber, dass er doch sterben müsse.
Avitus verschwand wieder im Untergrund und starb schließlich im Januar 457 auf der Flucht. Die genaue Todesursache ist ungeklärt; vielleicht versuchte sein einstiger Rivale und späterer Nachfolger Majorian, mit seiner Ermordung die immer noch bestehende Unterstützung für Avitus zu beenden.
Literatur
- Alexander Demandt: Geschichte der Spätantike, Sonderausgabe, München 1998, S. 141f.
- John Drinkwater und Hugh Elton (Hgg.): Fifth-Century Gaul: A Crisis of Identity?, Cambridge 1992.
- Ernst Stein: Geschichte des spätrömischen Reiches, Bd. 1, Wien 1928, S. 543–551.
Weblinks
Vorgänger Petronius Maximus
Nachfolger Majorian
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