.
3) Ὁ νεώτερος, Grammatiker der augusteischen Zeit.
1. Leben (nach Suid.). Er hieß von Haus aus Diokles, war Sohn eines Artemidoros und Phoiniker von Geburt. Er geriet im Kriege zwischen Antonius und Caesar (Octavianus) in Kriegsgefangenschaft, wurde von einem Freigelassenen Octavians namens Dymas angekauft und Ciceros Witwe Terentia geschenkt. Nachdem diese ihn frei gelassen hatte, wurde er ein Schüler des berühmten T. (Nr. 2) und begann auch selbst in Rom zu lehren. Man nannte ihn nach seinem Lehrer T. (vgl. T. Nr. 2 Abs. 4 a. E.). Wer die Lebenszeit des älteren T. höher hinaufrückt, als wir es getan haben, muß daran Anstoß nehmen, daß der jüngere T. jenen erst nach dem J. 30 in Rom gehört haben soll. Bernhardy vermutete deshalb in dem Namen des Antonius einen Gedächtnisfehler, und Daub (104) sprach es deutlich aus, daß nur der Krieg zwischen Pompeius und (Iulius) Caesar gemeint sein könne. Dann wäre T. bald nach der Schlacht von Pharsalos nach Rom gekommen und der Gattin Ciceros – wenn nicht nach dessen Tode so doch nach Trennung der Ehe (J. 46) – zum Geschenk gemacht worden. Unter Anerkennung des überlieferten Zeitpunktes beanstandete Hillscher (Jahrb. f. Philol. Suppl. XVIII 375), daß es die greise Witwe Ciceros sein soll, der man geglaubt habe mit dem begabten jungen Griechen eine Freude machen zu können. Es sei vielmehr in der Quelle die schöngeistige Gattin des Maecenas gemeint gewesen, und erst ein Späterer habe mit dem Zusatz τῇ τοῦ Κικέρωνος γυναικί sein billiges Wissen zeigen wollen. Wir lehnen alle willkürlichen Änderungen ab und bleiben bei dem überlieferten Text, der nichts Unmögliches enthält.
2. Schriften. Über das von Suid. gebotene Schriften-Verzeichnis vgl. T. Nr. 2 Abs. 2. Hillscher (376) zieht aus der Tatsache, daß in der antiken Literatur nur ein Grammatiker T. ohne Zusatz erwähnt wird und mit dieser Erwähnung immer der ältere gemeint ist, den Schluß, daß der jüngere nicht unter dem Namen T., sondern unter seinem ursprünglichen Namen Diokles geschrieben habe. Das trifft unbedingt auf die unter 1) genannte Schrift zu und kann deshalb auch für seine übrigen Schriften nicht rundweg in Abrede gestellt werden. Auch der Diokles der Homer-Scholien, der nach Schol. A Genav. Il. XIII 103 zwischen Aristarchos, den er bekämpft, und Didymos, der ihn zitiert, gelebt haben muß, kann sehr wohl mit ihm gleichzusetzen sein. Er ist dann auch mit einem Homer-Kommentar, der Sacherklärungen (Schol. B T Il. XXII 208), Worterklärungen (Schol. Od. XIX 457), [1820] Athetesen (Schol. Od. XIV 132) und prosodische Bemerkungen (Schol. A Genav. Il. XIII 103) in sich vereinigte, dem Vorbild seines Lehrers T. gefolgt (mit Hillscher gegen Martini o. Bd. V S. 801 Nr. 51 und Cohn ebd. S. 812 Nr. 54). Da wir keinen anderen Grammatiker dieses Namens kennen, stehe ich nicht an, auch die Traumgeschichte, die Artemidoros (Onirocr. IV 70) von Διοκλῆς ὁ γραμματικός erzählt, auf ihn zu beziehen; daß er darin um sein Geld bangt, mag ein Zeichen des Wohlstandes sein, dessen sich der angesehene Lehrer in Rom erfreute. Von den Schriften, die Suid. aufführt, haben wir folgende dem jüngeren T. vorbehalten: 1) Ἐξήγησις τoῦ Τυραννίωνος μερισμοῦ. Es leuchtet ein, daß die Verfasserangabe vor diesem Titel unmöglich Τυραννίωνος, sondern nur Διοκλέους gelautet haben kann. Inhaltlich bildete das Werk einen Kommentar zu der o. unter Abs. 3 Z. 5 genannten Grammatik des älteren T. 2) Περὶ τῆς Ῥωμαϊκῆς διαλέκτου. Der Inhalt wird charakterisiert durch den Zusatz ὅτι ἔστιν ἐκ τῆς Ἐλληνικής † ἐκ τοῦ ἀντιγένους ὅτι ἀντιγένης † ἡ Ῥωμαϊκὴ διάλεκτος. Über den Sinn der verderbten Worte kann ein Zweifel nicht bestehen, von den vorgeschlagenen Besserungen befriedigt am ehesten die Planers (29), der auch Rohde (Kl. Schr. I 364) zustimmt: κούκ αὐθιγενής (die überschießenden Worte müssen durch Dittographie entstanden sein). Die Anschauung, daß die römische Sprache aus dem Griechischen, speziell dem Aiolischen, entstanden sei, ist um jene Zeit verbreitet. Sie könnte auch von dem älteren T. ausgesprochen sein, da sie schon dessen Zeitgenosse Philoxenos vertritt, der ihm in seiner ganzen Schriftstellerei nahe kommt (s. daselbst). 3) Ὅ, τι (so Adler, früher ὄτι) διαφωνοῦσιν οἱ νεώτεροι ποιηταὶ πρὸς Ὅμηρον. Die mannigfachen Abweichungen der jüngeren Dichter von Homer, die sich auf Grammatik, Wortbedeutungen, Mythologie u. a. beziehen, werden in den Homer-Scholien häufig angemerkt (vgl. die Ausgabe Bekkers S. 827 c); man kann sich danach eine Vorstellung von dem Inhalt dieses Buches bilden. 4) Ὀρθογραφία. Das Thema war um die Zeitwende außerordentlich beliebt (vgl. d. Art Orthographie Abs. 3).
Die Literatur über T. Nr. 3 ist die gleiche wie die unter T. Nr. 2 angeführte.
[Carl Wendel.]
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