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Inhaltsverzeichnis
Persönliches.
Schriften.
70) Q. Terentius Scaurus, lateinischer Grammatiker der ersten Hälfte des 2. Jhdts. n. Chr.
Persönliches. Gellius Noct. Att. XV 3 Terentius Scaurus divi Hadriani temporibus grammaticus vel nobilissimus; Capitol. Ver. 2, 5 audivit (Verus, gest. 169) Scaurinum ... grammaticum latinum, Scauri filium, qui grammaticus Hadriani fuit. Neben anderen berühmten Grammatikern führen ihn Arnob. I 59 und Auson. Epist. 18, 27; Opusc. 3, 20 an.
Schriften. 1. Ars grammatica, von Iulius Romanus bei Charisius zweimal zitiert: GL I 133, 1 (= 169. 20 B.) Sc. in arte grammatica und 136, 16 (= 173, 4 B.) Sc. artis grammaticae libris, was auf ein umfangreiches Werk hindeutet, das die übliche Anlage der römischen Grammatiken gehabt haben wird: zuerst waren die Elemente der Sprache behandelt (aus diesem Teil Diomedes GL I 421, 16 über littera': Sc. sic. eam definit ,littera – forma’ und 300, 19 über oratio: Sc. sic ,oratio – oris ratio’ = Charis. 152, 11 [= 193, 4 B.]. An. Bob. GL I 533, 2. Dosith. GL VII 389, 8, letztere drei ohne Sc. zu nennen), dann die Redeteile (nomen Diom. 309, 27 und 320, 14 Sc. separat a nomine appellalionem et vocabulum mit folgender Definition [bis 25 appellationi], vgl. An. Bob. 533, 4. Dos. 389, 10. Donat. GL IV 373, 5; pronomen Roman. a. O.; adverbium Diom. 403, 20 Sc. ita definit ,adverbium – 32 ostium ostiatim’, vgl. Don. 385, 12. Cominian. b. Charis. 180. 29. Dos. 408, 22 u. s.), zum Schluß die vitia et virtutes orationis (daraus über hypoxeuxis, Diom. 444, 29 h. est, ut Sc. ait usw. = Don. 397, 19 macrologia Diom. 449, 21 Sc. ita definit usw., tropus Diom. 456, 27 tr. est, ut ait Sc., modus ornatae orationis), s. Barwick Remm. Palaemon, Lpz. 1922, 238f., der die sonst noch bei den Artigraphen vorkommenden Scauruszitate (S. 86f.) einem jüngeren Grammatiker Sc. zuweist. Es handelt sich um Explan. in Don. I GL IV 486, 9 Sc. hinc coepit ,ars est – suscepta’ (vgl. Audax GL VII 320, 5. Victorin. GL VI 187, 2; aber auch Diom. 421, 4); Explan. II das. 535, 6 unde Sc. ,initium a quo sumitur incrementum’ (vgl. Aud. 321, 15 vollständiger, ebenso auch Diom. 421, 18 [vgl. dazu 436, 10]); 560, 19–28 Sc. hoc ordine posuit coniunctiones usw. (vgl. Vict. 203, 3); 562, 1 Sc. praepositiones ... sic posuit usw. (vgl. Vict. 203, 21); dazu 552, 32 Donatus ...vel Scaurus. Diesen jüngeren S., den Diomedes neben dem älteren (diesen vielleicht nur mittelbar) benutzt haben müßte, setzt Barwick dem in der Überschrift der Ars des Audax genannten gleich: s. darüber o. Bd. XIV S. 1845. Frühere Versuche, das Eigentum des T. Sc. in den erhaltenen grammatischen Werken zu ermitteln, bei Kummrow Symbola crit. in gramm. lat., Greifsw. 1880; und P. E. Meyer Quaest. gramm. ad Scauri [673] artem restituendam spectantes, Jena 1885 (über beide s. Goetz Bursian LXVIII 141 f., bes. Barwick 40, 2. 44, 3. 238, 1); vgl. auch Jeep Z. Gesch. d. Lehre v. d. Redeteilen b. d. lat. Gramm., Lpz. 1893 (die Stellen S. 306 verzeichnet) und Tolkiehn Cominianus, Lpz. 1910, bes. 161ff., der u. a. Diom. 318, 14 (ut Scaurus retulit, dafür An. Bob. 534, 39 ut Asprus r.) behandelt. Es darf wohl angenommen werden, daß noch mehr, als bis jetzt erkennbar, in die späteren Schulgrammatiken aus dem Werke des T. Sc. übergegangen ist (vgl. auch Froehde De C. Iul. Rom., Lpz. 1892, 634f.); es sei nur noch erwähnt, daß Charis. 149, 28 (= 190, 18 B.) den Namen des Scaurus als Paradigma verwendet.
2. De Caeselli erroribus: Gell. a. O. T. Sc. ... inter alia quae de Caeselli erroribus conscripsit, vgl. § 5 Scaurum commentario Caeselli criminantem. Scaurus tadelte die Erklärung, die Caes. Vindex (in seinem Stromateus) für die Wörter auf -bundus gegeben hatte, wird aber von Gellius (bzw. seinem Gewährsmann Sulpicius Apollinaris; s. o. Bd. IV A S. 737) getadelt, weil er die betreffenden Formen selbst falsch erklärt habe. Literatur über dieses Gelliuskapitel bei Hosius Ausg. XLIV.
3. De orthographia: unter diesem Titel ist eine kleine Schrift des T. Sc. im Cod. Bern. 330 (10. Jhdt.) und Cod. Vatic. Palat. 1741 (14. Jhdt.), die beide wohl auf eine alte Hs. von Lorsch zurückgehen (vgl. im Vorwort des Joh. Sichard zur Ed. princ. Basel 1527 ,ex vetustissimo codice Laurissano’), erhalten, ferner der Anfang in verschiedenen anderen Hss. (Paris. 1180, nov. acq. 763, Monac. 14252, Sangall. 249, alle 11. Jhdt., Leid. Voss. Q. 33, 10. Jhdt.), die anscheinend auch auf jene alte Quelle (mit insularer Schrift nach Keil) zurückgehen, und gemeinsam haben, daß sie mit Orthographia igitur est ratio in syllabis recte scribendi beginnen, während die beiden erstgenannten mit dem darauf folgenden scribendi autem ratio quattuor modis vitiatur einsetzen. Das Werkchen ist gut gegliedert: ,vitiorum modi’ (per adiectionem detractionem adnexionem), ,emendationis regula’ (historia originatione [= ἐτυμολογ.] proportione [=ἀναλογ.]), ,cognatio litterarum’ und dann, wie bei solchen Traktaten üblich, ,quaestiones’, Besprechung von Einzelfällen nach dem vierteiligen Schema mit kräftiger Kritik an den Fachgenossen. Am Schlusse heißt es (28, 17): Haec sunt quae urgenti tempore complecti tibi in praesentia potui. si quid exemplis defecerit vel quaestionibus, subiungetur, nam quod ad rem maxime pertinet, regulam vides. Tatsächlich folgt in den beiden vollständigeren Hss. noch ein Nachtrag (29, 3–33, 13) über cum: quom, über den Gebrauch der ,adverbia localia’ ex in ad ab, insbesondere auch ex e, ab a (an der Spitze Varro genannt, dem Funaioli GRF 286 das ganze Stück 29, 3–32, 18 zuweist: Literatur daselbst 288. Ein eng verwandtes Stück auch im Paris. 7520 [11. Jhdt] bei Keil 34, 5–21), nochmals über ex, dann über Schreibungen wie docilis sg.: docileis pl., über ,apices’, hierauf Brevitatem huius libelli, si tibi videtur, adglutinabis ei quem de litteris novis habes a me acceptum: quod ipse feci, quia huius pusillitas sub ipso decentius prodire [674] quam per se censeri poterit (danach im Vat. Pal. die Unterschrift finit Quinti Terrentii Scauri de orthographia). Ist dieser Schlußvermerk heil, so kann es sich nicht um die in Aussicht genommenen Nachträge zu De orth. handeln, zumal 29, 3–7 zu 28, 6–12 und 32, 21–33, 5 zu 18, 23–19, 12 nicht recht stimmen: es wäre also an ein Anhängsel zu einer anderen Schrift zu denken, die ,De litteris novis’, d. h. wohl über die besonders von Claudius versuchte Einführung neuer Buchstaben handelte; um die beiden überlieferten Stücke doch zusammenzubringen, hat man novissime für novis vorgeschlagen und de litteris auf De orthographia bezogen; eine sichere Entscheidung ist kaum möglich. Literatur: Brambach D. Neugestaltung d. lat. Orth., Lpz. 1868. 49. Keil 9f. Kummrow 4. Mackensen De Verrii Flacci libris orthogr., Comm. phil. Jen. VI 2, 10f. Goidanich Riv. di Fil. XXXIV 45. Eine wichtige Quelle für T. Sc. (wie für andere orthographische Schriften) scheint das Werk des Verrius gewesen zu sein, der auch Varros Lehre (Keil 8) den Späteren vermittelte: Mackensen 47ff. Im Vat. Pal. folgt noch ein kleines Stück mit der Überschrift Terrentius Scaurus de ordinatione partium orationis (Keil 33, 14–34, 4), das auch in einer Hs. von Valenciennes (M. 7.3 [9./10. Jhdt.]) und einer von Würzburg (Theol. F. 56 [9. Jhdt.]: Schepß ALL VI 253) steht, nach Keil (10) ,a vetere grammatico haud dubie alienum’. Ferner bietet der Paris. 7520 im Anschluß an das obenerwähnte Stück über die Praepositiones locorum ein kleines Fragment über die Imperfektendungen audiebam audibam audebam u. dgl.; es wird aus alter Quelle stammen, da ein ,Aufusti (abnesti fusti die Hs.: ,Aristi Fusci’ Haupt) grammatici liber ad Asinium Pollionem’ (s. GRF I 491) erwähnt wird; ob es etwa auf die Ars des T. Sc. zurückgeht, bleibt ungewiß. Zu 19, 14–20, 2 s. noch Aistermann De M. Val. Probo, Bonn 1910, 104.
4. Horazkommentar: Roman, b. Charis. 202, 26 (= 263, 9 B.) ,Impariter’ Horatius epistolarum (a. p. 75) ..., ubi Q. Terentius Scaurus in commentariis in artem poeticam libro X ,adverbium’ inquit ,figuravit’ und 210, 19 (= 272, 25 B.) ,Primus’ pro in primis, ut Maro (Aen. I 1)..., ubi Q. T. Sc. c. in a. p. l. X (wie oben) ,non qui ante omnes’ inquit ,sed ante quem nemo est’ et addit ,quo genere plures primi accipi possunt’: die Zitate führen so, wie sie dastehen, auf einen sehr umfänglichen Kommentar zur a. p. des Horaz, was Bedenken erregt hat, so daß Zangemeister De Hor. verbis singulis, Berl. 1862, 40 (vgl. Rh. Mus. XXXIX 684. XL 480) vermutet hat, gemeint sei das 10. Buch eines den ganzen Horaz umfassenden Kommentars, die Gedichte seien nach Büchern durchgezählt worden und die a. p. habe das 10. und letzte Buch gebildet. Dafür, daß Scaurus nicht nur dieses Gedicht erläuterte, scheint zu sprechen, daß Porphyrio zu sat. II 6, 92 eine Erklärung des Scaurus anführt (,obstipo’ ... Sc. inclinato dicit), während andererseits die Bezeichnung der Epoden als 5. Buch der Carmina in einer älteren Hs., selbst wenn sie so hoch hinaufreichte, nichts für die Durchzählung aller Gedichte beweist. Bedenken [675] gegen Zangemeisters Annahme bei Froehde 635 (mit sonstiger Literatur). Ablehnung bei Vollmer Philol. Suppl. X 278,29.
5. Sonstiges. Bei Roman.-Charis. 209, 12 (= 271, IG B.) wird Scaurus in Verbindung gebracht mit einer Erörterung Hadrians im 1. Buch seiner Sermones über ,obiter’ und bei Priscian GL II 547, 10ff. lehnt der Grammatiker Velius Celer in der Antwort auf eine briefliche Frage Hadrians die Ansicht des Scaurus, ,ambitus’ habe als Nomen und als Partizip die gleiche Betonung, mit Hinweis auf die verschiedene Deklination ab. Nach Kummrow 3 und anderen wäre das ein Hinweis darauf, daß Scaurus mit dem Kaiser in wissenschaftlichem Briefwechsel gestanden hätte, was jedoch keineswegs notwendig aus den beiden Stellen geschlossen werden muß, s. Froehde 635. – Ein paar Anführungen des Sc. finden sich in den Vergilscholien; bei Servius zu Aen. III 484 heißt es Sc. ... ,honore’ legit et intellegit ,honore tum cedit Heleno, qui patri eius vel avo donaverat multa’ (derselben Lesart folgen außer Silius XII 142 der Palat. und andere Vergil-Hss.); Schol. Veron. z. Aen. IV 146 führt Scaurus nach Phylarchos aus, weshalb die Kreter im Gefolge des Apollo aufgeführt werden (das. z. Aen. V 95), verweist er auf eine pythagoreische Lehre (vgl. Servius z. d. St.); eine dritte Anmerkung etwa z. Aen. X 701 ist so zerstört, daß nur eben der Name des Scaurus zu erkennen ist. Ribbeck Proleg. cr. ad Verg. 171f. hat, wie schon Suringar Hist. crit. schol. lat. II 188, aus diesen Stellen (zu denen er irrtümlich Schol. Bern. z. ecl. VIII 65 hinzunimmt, wo ,Terentius’ klärlich auf den Komödiendichter geht) den Schluß gezogen, Scaurus habe einen Vergilkommentar geschrieben, wenn er sich auch in anderen Schriften, wie z. B. im Komm. z. a. p. (s. o.), mit diesem Dichter befaßt haben werde (er verweist auch auf Schol. Dan. zu Aen. I 1, wo des Scaurus Erklärung von ,primus’ abgelehnt wird, während Philargyrius zu ecl. I 44 sie übernommen hat). Indessen reicht das geringe Material kaum aus, eine solche Annahme zu stützen, zumal nirgends von einem solchen Kommentar die Rede ist, und gerade die ebenerwähnte Stelle zeigt, daß aus anderen Schriften des Scaurus einzelnes in die Vergilscholien aufgenommen worden ist. Vgl. noch Wissowa Gött. Gel. Nachr. 1913, 229. – Noch schwächer ist es mit der Annahme bestellt, Scaurus habe einen Kommentar mindestens zum Poenulus, wahrscheinlich aber zu mehreren oder gar allen Stücken des Plautus geschrieben: Ritschl Parerga 375. Die einzige Stütze ist eine Stelle bei Rufinus Antioch. GL VI 561, 2, wo es zwischen Zitaten aus Sisenna heißt Sc. in eadem fabula (Poen.) sic: ,nunciam’ ,iam’ divisit in duas syllabas (metri causa setzt Keil mit älteren Ausgaben zu); demgemäß führt Ruf. den Scaurus auch 565, 2 unter seinen Zeugen für die ,mensura in fabulis Terentii et Plauti’ mit auf. Jedoch kann Scaurus seine Bemerkung über das dreisilbige ,nunciam’ der Komödiendichter ebensogut etwa in seiner Ars gemacht haben (z. B. gelegentlich der Behandlung des vokalischen und konsonantischen i). – Endlich finden sich im cod. Einsidl. 32 (10./11.Jhdt.) eine Anzahl Differentien, wie zwischen invoco provoco voco evoco [676] revoco convoco oder contingunt accidunt eveniunt, abgedruckt bei Hagen Anecd. Helv. CXXXIII, mit der Überschrift ,Terentius de verbo tractaris hanc differentiam dicit’; Gleiches oder Ahnliches findet sich auch sonst (s. Hagen im App. cr. und CXXXIV). Sollten diese Unterscheidungen wirklich auf T. Sc. zurückgehen, so müßten sie aus der Ars ausgezogen sein, worauf das de verbo tractans hinzudeuten scheint. Doch bleibt ungewiß, welchen Wert das späte Zeugnis hat. Vgl. J. W. Beck De differ. scriptor. lat., Groningen 1883, 16. – Im allgemeinen s. Schanz RLG § 595. Teuffel RLG § 352, 2, wo weitere Literatur verzeichnet ist; s. auch Bursian CLXXXVIII 94f.
[P. Wessner.]
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