ART

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S. 2192, 27 zum Art. Statilius:

19a) Statilius Flaccus (in der Anth. Pal. stets Στατύλλιος Φλάκκος genannt, doch s. Reitzenstein Rh. Mus. LXXIX 67, 2), Dichter der Anthologie aus Philippos’ Kranze, entweder gleichzeitig mit Ciceros Freigelassenem Tullius Laurea anzusetzen (Reitzenstein 67, der sich mit Recht über Christ-Schmids II 1⁶, 328 Identifizierung mit Bianor wundert), oder meines Erachtens bald nach ihm lebend. Ihm gehören in der Anthologie sicher die Epigramme V 5. VI 196. VII 290. 542. IX 45. 98. 117. XII 25–27. XVI 211. Auszuscheiden sind VI 193, wo der Korrektor des Palatinus fälschlich φλάκ[κ]ου schreibt, und man schon früh Φαλαίκου hergestellt hat, worauf auch die Verwendung der Hendekasyllaboi führt; desgleichen ist VII 650 mit dem Korrektor Φαλαίκου zu verbessern, wie seit langem erkannt ist. – Statilius Flaccus ist ein durchweg von der Variierung lebender Poetaster; er steht ungefähr auf der Höhe des Antiocheners Archias. So variiert er, freilich nicht ganz ohne Kunst, sich selbst: XII 25–27, wo er zudem wohl Tullius Laurea nachahmt (XII 24: s. Reitzenstein; es handelt sich um das Motiv vom verreisten ἐρώμενος, der nun zum Schreck des liebenden Dichters mit dem Bartflaum wiederkehrt); IX 45 scheint ebenfalls eine Selbstkopie von IX 44, wo der Schreiber des Palatinus und auch Planudes S. nennen, während der Korrektor, der aus Diog. Laert. III 33 schöpft (vgl. Reitzenstein Gött. Gel. Nachr. 1921, 54), das Lemma Πλάτωνος τοῦ μεγάλου bietet. Hier hat nun Reitzenstein Epigramm und Skolion 184 an ein Epigramm des jüngeren Platon gedacht. Dies müßte dann von S. variiert sein. Aber ich halte das nicht für wahrscheinlich; ich glaube eher an eine doppelte Behandlung desselben Vorwurfs durch S. Es handelt sich um die epideiktische Zuspitzung eines Falles aus dem menschlichen Leben: jemand findet und entwendet einen vergrabenen Schatz und läßt einen Strick zurück, mit dem sich der ursprüngliche Besitzer bei der Rückkehr zu seinem [994] früheren Hab und Gut erdrosselt. Das hat wenig mit dem Wesen des späten Epigrammatikers Platon zu tun, ist vielmehr ganz und gar ‚lukillischen‘ Stiles. Selbstvariierung unter Nachahmung fremden Eigentums würde somit hier in einem zweiten Beispiel wiederkehren. Freilich müßte sich dann die Zeit des S. über die des Tullius Laurea hinausschieben und in Philippos’ unmittelbare Nähe kommen. Dafür scheint auch noch anderes zu sprechen. Eine Reihe von Autoren aus philippischem Kranze variiert dieselben Motive: Antipater von Thessalonike (aus Horaz’ Zeit) behandelt VII 289 den Fall eines aus dem Schiffbruch geretteten, aber danach gleich von einem Wolfe getöteten Mannes; Leonidas von Alexandreia kopiert ebd. 550 dies Epigramm, S. variiert und erweitert es 290. XVI 211 fürchtet der Autor auch den schlafenden Eros, ein Gedanke, dem wir ebd. 212 bei Alpheios, Augustus’ Zeitgenossen, begegnen. IX 56 erzählt Philippos von Thessalonike, voll von der Vorliebe jener Zeit für sonderbare Begebnisse, von einem Manne, dem die von ihm betretene, berstende Eisfläche den Kopf abgetrennt habe; dieser sei begraben, der Rumpf im Wasser verschwunden; welcher Jammer für die Mutter des Toten, in dessen Leib sich nun Feuer und Wasser teilen mußten! Diese ausgeklügelte Pointe (das Motiv wird übrigens öfters behandelt, Leonid. Tar. VII 506. Hegesipp. 276. Antipat. Thess. 287) erscheint in erheblicher Erweiterung bei S. VII 542, der auch die direkten Worte der trauernden Mutter anführt. So schwierig es nun, so unmöglich es oft bleibt, bei gleichzeitigen oder chronologisch nicht bestimmbaren Autoren Original und Nachahmung festzustellen, so nahe legt uns doch der sonstige unselbständige Charakter des Epigrammatikers, in den genannten Fällen nur in ihm den Kopisten zu sehen. Denn zweifellos ist auch S.s Anathematikon V 5, das den συνίστωρ der Liebesszenen, den Leuchter, reden läßt, eine Widerspiegelung Meleagers (V 7), der seinerseits von Asklepiades abhängig ist (V 6; s. auch Philodem. V 3); zweifellos bewegt sich der Dichter in den ausgefahrenen Geleisen des Tarentiners Leonidas, wenn er VI 196 einen gefangenen Meerkrebs, der übrigens gut gekennzeichnet wird, dem Pan geweiht werden läßt, und auch Sophokles’ Preis (IX 98) erinnert unmittelbar an Dioskorides VII 37. Darf man noch viel von IX 117 reden, einer Antithesenspielerei (der lebende Achilleus mordete Hektor, der tote Polyxeine), die wieder der jammernden Mutter in den Mund gelegt wird! Sollte nun das Verhältnis von Original und Variation in diesen Fällen richtig erkannt sein, so würde S. auch den Philippos kopiert haben, der ja sehr wohl seinem Nachahmer die ehrenvolle Aufnahme in seinen Kranz verschaffen konnte. – So ist S. zwar nicht besser als seine Genossen, doch auch nicht schlechter als diese ganze Kumpanei von Literaten.


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