4) C. Silius, designierter Consul im J. 47 und 48 n. Chr. C. Silius bei Tac. ann. XI 5. 12 (sonst ohne Pränomen an vielen Stellen), Suet. Claud. 26. DioLX 31. Zonar. XI 10.. Sen. ludus de morte Claudii XIII 4. Daß der im J. 24 angeklagte C. Silius A. Caecina Largus, Consul im J. 13 n. Chr., sein Vater war, bezeugen Dio a. a. O. und Tac. ann. XI 12. Die Familie stand, als S. heranwuchs, bereits in hohem Ansehen, was Tacitus öfter hervorhebt. Im J. 47 bezeichnet Tacitus den damals auf Betreiben der Messalina (Dio LX 31) zum Consul Designierten als iuvenis, es wäre daher nicht undenkbar, daß er in den ersten Jahren des Aufenthaltes seines Vaters in Germania superior [70] (14-21) geboren sei, denn der Legat hatte seine Frau Sosia Galla in die Provinz mitgenommen (ann. IV 19f., vgl. I 40). Er trat den Consulat nicht an (wird deshalb in allen Quellen als consul designatus angeführt, so bei Sen. a. a. O. Tac. ann. XI 5f.). Als solcher stellte er im erwähnten Jahre im Senate einen Antrag betreffs der Anwendung der Lex Cincia (ne quis ob causum orandam pecuniam donumve accipiat ann. XI 5) auf die damals überaus häufigen Fälle von unrechtmäßigen Forderungen der Rechtsanwälte. Der a. a. O. auszugsweise angeführte Inhalt der Rede, die er zur Begründung des Antrages hielt, läßt auf oratorische Begabung schließen, auch sonst wird gelegentlich auf seine vis mentis angespielt, so ann. XI 29. Dem Antrage widersetzte sich eine starke Gruppe von Senatoren, an ihrer Spitze P. Suillius; trotzdem wäre der Antrag infolge der starken Wirkung der Rede des Antragstellers angenommen worden, wenn nicht die Gegner die Einsprache des Kaisers Claudius für sich gewonnen hätten. Die Entscheidung lautete endlich dahin, daß Wiedererstattung nur dann zu leisten sei, wenn die Honorarforderung mehr als 10000 Sesterzen betragen habe, ann. XI 7.
Im nächsten Jahre war S. noch immer designierter Consul. Messallina, des Claudius sittenlose Gemahlin, entbrannte in heftiger Leidenschaft zu dem schönen jungen Manne (iuventutis Romanae pulcherrimum, ann. XI 12: optimus hic et formosissimus gentis patriciae, Iuv. X 331; pulcra haec et candida cervix, ebd.). Ihr zu Gefallen trennte er sich von seiner Frau Iunia Silana (nobilis femina, ann. XI 12), vielleicht auch angelockt durch die Aussicht auf den Thron. Die Kaiserin überschüttete ihn mit Geschenken und Ehren und dachte offenbar daran, ihn zum Prinzipate zu bringen. In dem ihm gleichfalls geschenkten Hause umgab sie ihn mit zahlreichem Gesinde aus der kaiserlichen Familia, mit dem im Kaiserhause üblichen Prunke (paralus principis), [71] darunter altem Erbgut der Nerones und Drusi (Dio a. a. O. Tac. ann. 30. 35),velut translata iam fortuna. S. scheint von Anfang an die Gefahr dieser Situation erkannt zu haben, ohne die Kraft oder die Möglichkeit, ihr zu entrinnen, gefunden zu haben (Tac. ann. XI 12), während die wachsende Feindseligkeit von Claudius’ Hofstaat den zwei Schuldigen das Verderben immer näher brachte (Dio a. a. O.). Als endlich S., als caelebs und orbus, sich zur Ehe mit der Kaiserin und zur Adoption von Claudius’ und Messallinas Sohn Britannicus bereit erklärte, benützte diese im Oktober 48 eine Reise des Kaisers nach Ostia, um während seiner Abwesenheit in aller Form die Ehe mit S. zu schließen (cuncta nuptiarum sollemnia celebrat Tac. ann. XI 26; dote inter auspices consignata Suet. Claud. 26f. 29; adhibitis qui obsignarent usw. Tac. ann. XI 27. Iuv. X 335ff.). In Ostia erfuhr Claudius von Narcissus diese Geschehnisse, die der hohe Rang, der bevorstehende Consulat, die gesellschaftliche Stellung, die körperlichen und geistigen Vorzüge des Schuldigen besonders bedenklich machten: matrimonium Silii vidit populus et senatus et miles; ac ni propere agis, tenet urbem maritus, Tac. ann. XI 30. Während eines in wilder Ausgelassenheit gefeierten Weinlesefestes traf die Nachricht ein, daß Claudius zur Bestrafung am Heimweg sei, worauf S., um seine Furcht zu verbergen, sich auf das Forum begab. Die Leute des Kaisers drangen mit diesem gewaltsam in das Haus des S. ein und zeigten ihm als Beweise für dessen Schuld das widerrechtlich aufgestellte Bild des verurteilten Vaters und die von Messallina hergeschafften Gegenstände aus kaiserlichem Besitz. S. wurde gefangen und in das Prätorianerlager geführt, wo der verängstigte Claudius an die Soldaten einige Worte über die Vergehungen des Angeklagten richtete, worauf sie stürmisch dessen Tod forderten. S. bat nur um ein rasches Ende (non defensionem, non moram temptavit) und wurde mit Titius Proculus, den er Messallina zum Kammerherrn (custos) bestimmt hatte, und mehreren andern zumeist ritterlichen Standes hingerichtet (Tac. ann. XI 35). Noch an demselben Tage erfolgte Messallinas Selbstmord. Die Ruchlosigkeit dieses mit einer politischen Intrige verquickten Liebesabenteuers hat auf die Zeitgenossen tiefen Eindruck gemacht; das zeigt die wiederholte Anführung desselben bei Tac. ann. XI 36. XII 65, bei Suet. Claud. 29. Aurel. Vict. Caes. 4, 11 und auch die offene oder versteckte Anspielung bei Iuv. X 330 ff. (vgl. die Scholien z. St.), bei Iuv. X 330ff. (vgl. Groag o. Bd. III S. 2805f.) Bei Sen. lud. d. m. Claudii XIII 4 schreitet S. an der Spitze des Zuges, der im Himmel den Kaiser empfängt: cum plausu procedunt cantantes: εὑρήκαμεν, συγχαίρωμεν, Hic erat C. Silius cos. designatus, Iunius praetorius und die sieben Ritter, quos Narcissus duci iusserat, eine bittere Ironie auf das Geschehene.
[Nagl.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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