.
Sarmatae. 1) In dieser Form allgemein bei den römischen Autoren, bei den Griechen: Σαρμάται; bei letzteren weit häufiger aber und besonders bei den älteren Σαυρομάται. Eine nur vereinzelt auftretende Nebenform ist Συρμάται bei Scyl. c. 68. Die Emendation in Σαυρομάται an dieser Stelle durch Fabricius scheint mir nicht gerechtfertigt, da auch Stephanos Byz. bemerkt: Συρμάται, οἱ Σαυρομάται, ὡς Εὔδοξος πρώτῳ· ποταμὸν τοῦ Τανάϊδος Συρμάτας κατοικεῖν. Alle diese Benennungen sind jedenfalls identisch und auf denselben Volksstamm zu beziehen. Dies hat freilich manchen nicht gehindert, die Namenvarianten im unterschiedlichen Sinne zu behandeln, als ob es verschiedene Völkerschaften seien. Derselbe Skylax stellt einige Zeilen später den Συρμάται diesseits des Tanais die Σαυρομάται jenseits desselben in Asien gegenüber. Ähnlich macht auch der anonyme Periplusschreiber (vulgo Scymnus Chius) v. 876–881 einen Unterschied zwischen S. und Sauromaten, wenn er sagt: πρῶτον νέμονται Σαρμάται . . . εἶται μετὰ τούτους Μαιωτῶν γένος Ἰαζαματῶν, λεγομενόν. . , ὡς δ’ Ἔφορος λέγει Σαθροματῶν λέγεται ἔθνος. Ebenso Plin. VI 16: Epageritae, Sarmatarum populus in Caucasi iugis, post quem Sauromatae. VI 19: Tanaim amnem [2543] . . . incolunt Sarmatae ... et ipsi in multa genera divisi. primi Sauromatae. Im Widerspruch hiemit stellt er an anderer Stelle IV 80 wieder beide als gleichbedeutend hin: Sarmatae, Graecis Sauromatae. Andere (Mela) verwenden S. und Sauromatae unterschiedslos nebeneinander.
Über die ethnische Stellung der S. kann heute ein Zweifel nicht mehr bestehen. Sie sind ein skythisches Volk, worüber der Art. Scythae zu vergleichen ist; sie sind also eranischer Herkunft und somit Indogermanen. Zuweilen werden sie von Späteren ungenau den Skythen gleichgesetzt, wozu auch die wechselnde Benennung von Skythia und Sarmatia beigetragen haben mag; aber Scythae im engeren Sinne, d. h. die skythischen Skoloten und S. sind zu trennen. Das Verhältnis ist dasselbe etwa wie bei den Finnen, zu denen außer den Finnen im engeren Sinne noch die ganze Folge der baltischen und Wolgafinnen gehört. So sind auch die S. zur skythischen Völkergruppe zu stellen. Die enge Verwandtschaft gibt sich nicht so in den Kulturverhältnissen zu erkennen, die bei den Steppenvölkern meist gleichartig sind, als vielmehr in der Sprache. Denn die S. sprachen nach Herodot. (IV 117) und Ovid (ex Ponto III 2, 40. IV 13, 17. V 12, 57) skythisch, wobei Herodot allerdings den Zusatz macht, daß sie es von alters her nicht rein sprechen (σολοικίζοντες); er bringt dies mit der Amazonenfabel in Verbindung. In Wahrheit scheint die Sache so zu liegen, daß die S. einen skythischen Dialekt sprachen.
Zur Zeit Herodots saßen die S. noch östlich des Tanais, also nach damaliger Auffassung in Asien, die Skythen westlich von ihm in Europa. Über ihre Vorgeschichte oder auch nur ihren früheren Aufenthalt in diesem Gebiete sind wir wenig unterrichtet. Beachtung verdient hier nur die Notiz bei Diodor. II 43, daß die Sauromaten aus Medien gekommen wären, und desgleichen bei Plin. VI 19, der sie Medorum suboles nennt, was sich mit ihrer eranischen Abkunft verträgt. Auch erzählt Herodot von der unfreiwilligen Fahrt der Amazonen in das skythische Land (IV 110); sie gelangten nach Kremnoi und traten dort nach anfänglich feindlicher Haltung mit den Skythen in Beziehung. Sie bestimmten die skythischen Jünglinge, mit ihnen über den Tanais zu ziehen, was jene auch taten. Drei Tagereisen vom Tanais und drei von der Maiotis nach Norden zu ließen sie sich nieder, und aus ihnen erwuchs dort angeblich ein eigener Volksstamm (vgl. auch Avien. v. 855. Dionys. perieg. 654–657). Daher, sagt Herodot (IV 116), haben die Weiber der Sauromaten noch ihre alten Sitten und gehen zu Pferde auf die Jagd aus mit den Männern und ohne die Männer, und gehen in den Krieg und haben dieselbe Kleidung wie die Männer. Ähnlich Hippocrat. de aere, locis et aquis 89. 91. Diodor. II 44. Die hervorragende Stellung der Frau bei den S. hatte ihnen deshalb den Beinamen γυναικοκρατούμενοι eingetragen. So Scyl. 70. 71, der dies von Sauromaten und Maioten berichtet; ferner Ephoros im anonymen Periplus (Scymn.) v. 885. Plin. VI 19. Mela I 116. III 39: Amazones, sed quas Sauromatidas appellant. Dies alles weist augenscheinlich auf ein gynäkokratisches Regiment [2544] hin oder mindestens auf einen Rechtszustand, der der Frau eine bevorrechtete Sonderstellung einräumte, wie sie auch bei anderen Völkern (Lykiern, Lydern, Karern, Tyrrhenern) zu finden ist. Wenn bei einigen auch nur ein matriarchalisches Prinzip in den familienrechtlichen Zuständen beobachtet wurde, so spricht doch Diodor von Frauen, die bei den Skythen (d. h. S.) den Thron bestiegen hätten. In solchen Zuständen sind zweifelsohne aber auch die Wurzeln der Amazonensagen zu suchen, die an verschiedenen Stellen der alten Welt auftauchen. S. den Art. Amazones o. Bd. I S. 1754.
Bei den späteren Quellenschriftstellern finden wir die S. und ihre Teilstämme in einer ganz anderen Position als vordem. Denn sie treten nunmehr diesseits des Tanais auf. Ihr Übergang über diesen Fluß ist die Folge einer allgemeinen Völkerschiebung, die in der Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. sich vollzog. Die Völkerkarte erfuhr eine durchgreifende Änderung, um so mehr als auch neue bis dahin nicht genannte Stämme auf der Bildfläche erscheinen. Es ist vornehmlich Strabon, der gestützt auf die Darstellungen des Poseidonios und Apollonides den veränderten Zustand erkennen läßt. Die Ursachen, die zu dieser Völkerbewegung geführt haben, mögen vom inneren Hochasien ausgegangen sein (Müllenhoff Deutsche Altertumsk. III 41); sie hatten ca. 130 v. Chr. den Sturz des baktrischen Reiches und die Niederlassung von Saken in Arachosien und Drangiane zur Folge, – und sie wirkten weiter nach Westen bis nach Südrußland hinein. Diesseits des Tanais werden von Ptolemaios bereits Chunoi (= Hunnen) genannt. Man hat allgemein in Abrede gestellt, daß sie mit den Hunnen des 4. Jhdts. irgend etwas zu tun hätten. Neuerdings meint man aber, daß damals tatsächlich ein erstmaliger Vorstoß der Hunnen stattgefunden hätte. S. den Art. Hunni o. Bd. VIII S. 2591f.
S. hatten also den Tanais überschritten und die skythischen Skoloten zum großen Teil verdrängt. Nach Diodor. II 43 hätten sie weite Strecken in Skythien verwüstet, die Einwohner in den eroberten Gebieten vertilgt und den größten Teil des Landes zur Einöde gemacht (s. den Art. Scythae). Die erste Nachricht von ihrer Anwesenheit westlich des Tanais liegt uns bei Polybios (XXVI 6, 13) vor in dem Friedenstraktat zwischen Eumenes und Pharnakes, dem ersten pontischen Könige; in diesem wird unter den europäischen Partnern ein Γάταλος ὁ Σαρμάτης genannt. Eine zweite Nachricht findet sich bei Polyaen. (VIII, 56), für den wohl Poseidonios die Quelle bildete. Ihr zufolge saßen die S. damals bereits am Nordufer des Pontus, als ihre Königin Amage an Stelle ihres unfähigen Gatten Medosakes die Cherronesiten gegen die Skythen (Taurer) erfolgreich unterstützte. Einen gleichen Dienst leistete ihnen nachher Mithradates, der bei dieser Gelegenheit sein bosporanisches Reich erweiterte. Es konnte nicht ausbleiben, daß Mithradates im Laufe der Zeit auch mit den S. zusammenstoßen mußte (Strab. VII 306). Als die S. den Tanais überschritten hatten, wurden sie den Griechen erst näher bekannt mitsamt den Einzelstämmen, in die sie geteilt [2545] waren. Hierüber scheint zuerst Poseidonios zuverlässige Mitteilungen gemacht zu haben, später Strabon, während Plinius, Mela, Marinos-Ptolemaios u. a. vielfach ältere Darstellungen mit jüngeren zusammenwürfeln. Ganz abgesehen von der Unsicherheit der Quellen unterliegt die geographische Lokalisierung der einzelnen Stämme großen Schwierigkeiten, da die eingeleitete Völkerbewegung von Osten nach Westen jene an ganz verschiedenen Stellen wieder auftauchen läßt. Westlich vom Tanais traten die S. unter neuen Stammesnamen auf. Zu den bedeutendsten Völkerschaften gehören die Roxolani, Ῥωξολανοί, und die Iazygen. Jene am nördlichsten sitzend (Strab. II 14. VII 306) hatten die Ebenen zwischen dem Tanais und Borysthenes inne; ob nördlich von ihnen noch andere Stämme hausen, weiß er nicht, da er die älteren Mitteilungen sämtlich für erlogen und konfus hält (VII 294). Und dennoch darf nicht jede veränderte Lokalität eines Stammes sogleich als Beweis einer erneuten Wanderung angesehen werden. Vorsicht ist hier doppelt geboten. Denn die alten Autoren haben augenscheinlich manche Verwirrung angerichtet und die Reihenfolge bei der Aufzählung der Völker kann nicht immer ausschlaggebend sein. Wir müssen jedenfalls annehmen, daß hierbei oftmals dieselben Konfusionen zustande kamen, wie bei der Beschreibung der Flüsse, für die man doch nicht auf den Ausweg einer Wanderung verfallen kann. So ist auch auf die Notiz des Geographus Ravennas I 12, der die patria Roxolanorum an der nördlichen Ozeanküste ansetzt, nichts zu geben. Sie ist die Folge einer fehlerhaften kartographischen Darstellung, auf die er sich stützte. Gegen die Roxolanen kämpfte Mithradates Eupator. An 50 000 Mann stellten sie zur Schlacht, in der sie aber der wohl disziplinierten Phalanx der Gegner erlagen (vgl. auch Strab. VII 309). Ihre Wohnsitze gibt Ptolemaios an derselben Stelle noch an (III 5, 7. 10) wie Strabon; doch waren mindestens größere Teile von ihnen zu seiner Zeit schon erheblich westlich vorgedrungen. Um 69 n. Chr. hatten sie die untere Donau überschritten, waren aber von den Römern zurückgeschlagen worden (Tac. hist. I 79). Auch Hadrian hatte mit ihnen zu schaffen, schloß aber mit ihrem Könige Frieden (Hist. aug. Hadr. 6). Neue Verschwörungen hatte Marc Aurel zu bestehen (Hist. aug. M. Anton, phil. c. 22) und ebenso Aurelian, der sie im Triumphzug neben Goten und Alanen mit sich führte (Hist. aug. Aurel. c. 35). – Die Iazyges (Ἰάζυγες) saßen anfangs südlich von den Roxolanen an der Maiotis (Ptol. III 5. 7) und fluteten ebenfalls nach Westen bis an die Karpaten und über diese hinweg nach Ungarn hinein, wo sie als Iazyges Metanastai in der späteren Woiwodina, dem ungarischen Mesopotamien zwischen Donau und Theiss an Stelle der verdrängten Daker sich niederließen. Hiedurch kamen sie in innigere Berührung mit Westeuropa und werden bei den Kämpfen des Suevenkönigs Vannius (Tac. ann. XII 29) in den Markomannenkriegen (Cass. Dio LXXI) und bei ihren wiederholten Raubzügen in das römische Reich im 3. und 4. Jhdt. mehrfach genannt.
[2546] Außer diesen werden noch einige andere als sarmatische Stämme genannt, während von anderen dies nicht ausdrücklich betont wird. In den späteren Völkerverzeichnissen dürfen die meisten westlich des Tanais angegebenen Völkerschaften dazu gerechnet werden. Skythische Skoloten waren dort nur in Resten noch vorhanden und spielten eine untergeordnete Rolle (s. jedoch u.). Ptolemaios führt im südlichen Rußland mehrere Stämme auf, die in seiner Zeit dort schon nicht mehr vollzählig saßen, ebenso wie die Roxolanen und Iazygen, deren Hauptmassen nach Westen gezogen waren. Westlich von der Maiotis bis zum Borysthenes (Dnjepr) werden die Navaroi genannt, deren Hauptort Navarum ist (Plin. IV 84). Nördlich von ihnen die Exobygitai, Rheukanaloi, Sargatioi, unter denen wohl die Sargetae bei Ammian. XXII 8, 38 begriffen werden können. Plinius (VI 22) nennt als Anwohner des Tanais ferner die Satarchei Hertichei, Spondolici, Synhietae, Anasi, Issi, Cataeetae, Tagorae, Caroni, Neripi, Agandei, Meandaraei und Satarchei Spalaei. Die Namen sind zumeist heillos verderbt, wie die verschiedenen Handschriften beweisen, und außer den Namen wissen wir nichts über sie. Die Hamaxobioi des Ptolemaios III 5, 10 sind kein Stammesname, sondern ein Beiwort für die nomadisierenden Horden.
Am oberen Tyras (Dnjestr) saßen die Tagroi, die vermutlich den Iazygen nahestehen, die dort noch im 1. Jhdt. n. Chr. sich vorfanden (hiezu vgl. C. Müller Ptol. III 5, 11). Ferner die Tyragetai (Τυραγέται, Τυρεγέται Strab.) in verschiedenen Varianten, südlich von jenen. Aber auch in dem alten Heimatlande östlich des Tanais waren viele Sarmatenstämme zurückgeblieben, wie die Epageritae (Plin. VI 5), wahrscheinlich die Agoritai des Ptolem. V 8, 12 am nördlichen Kaukasus, die Siraci (Σίρακες) und Aorsi (Ἄορσοι), die nach Strab. XI 507 Flüchtlinge aus nördlicheren Gegenden sein sollen. Die Aorsi wohnen am Tanais, die Siraci am Achardeos, der vom Kaukasus herab in die Maiotis fließt. Zu den S. gehörten auch die Iazamatai oder Iaxamatai, Iazabatai, Ixamatae, die vermutlich als Iazyges im Westen an der Donau wiederauftauchen (Müllenhoff D. A. III 39]. – Östlich der Maiotis saßen die Μαιῆται (Herod. IV 123) oder Μαῖται, Maeotici (Mela) ebenfalls mit amazonischen Bräuchen, in mehrere Einzelstämme zerfallend. Sie werden meist von den eigentlichen S. unterschieden, scheinen ethnisch ihnen aber verwandt zu sein. Plin. VI 19 führt mehrere Teilstämme auf. – Auch sonst dürften manche der anderswo genannten Volksstämme den S. zuzurechnen sein. Mit Bestimmtheit läßt es sich nicht immer entscheiden. Eine lange Liste von Völkerstämmen, die zwischen Don, Wolga und Kaukasus saßen, führen Plin. VI 19–22 und Ptolem. V 8, 10. 12. 13 auf; sie sind zumeist sarmatischer Abkunft mit Ausnahme vielleicht einiger am Kaukasus ansässiger Stämme. Die nördlichsten sind die hyperboreischen S. (Ptol. X 8, 10), dann die königlichen S. (Βασιλικοὶ Σαρμάται), Modocae (Μοδόκαι) und Hippophagi S. Ἱπποφάγοι Σ.), offenbar kein Name, sondern nur Epitheton, wie Hamaxobioi. [2547] Südlich von ihnen die Zacatae, vielleicht die Cezetae des Plinius, die Suardeni, wohl gleich den Sardatae der Tabula Peuting. und die Asaei; am nördlichen Tanaisbogen die Perierbidi (Περιέρβιδοι), am südlichen die schon genannten Iazamaten. An die Suardeni schließen sich die Chaenides (Choanitai bei Strabon, Cannatae der Tabula Peut.), Phthirophagi (auch nur Beiname, = Läusefresser, wie auch die Budinen an der Wolga hießen) und Materi. Zu den Kaukasusvölkern gehören ferner die Siraceni (Σιρακηνοί V 8, 12, Siraci Tac. ann. XII 16, Σίρακες Strab. XI 506, Serachi Mela, Saracoe Tab. Peut.) in dem Flachland nördlich vom Kaukasus, die Psessii, Thatae Maeotes, ein Stamm der Maieten, Thyrambae, Aspurgiani, Arichi, Zinchi, Conapseni, Metibi und Agoritai. Plinius führt hier noch andere Stämme auf, VI 19: Naevazae, Coitae, Cizici, Messeniani usw. In dem Raum zwischen Kaukasus und Wolga saßen nach Ptolem. V 8, 13 ferner die Melanchlaeni (zu unterscheiden von dem bei Herod. IV 20 genannten Volk), die Scymnitae, Amazones, Suani, Sacani, Orinei (Orani Plin.), Vali Udae, Olondae, Isondae und Gerrhi; und andere 28 Stämme bei Plin. VI 21. – Aber schon bei den Alten ist S. und Sauromatae besonders in den späteren Jahrhunderten ein Sammelbegriff geworden, in den auch einige nichtsarmatische Stämme irrtümlich mit aufgenommen wurden. Seit dem 1. Jhdt. n. Chr. gewann der Name der Alanen, für die die Siraken und Aorsen den Grundstock bildeten, eine ähnliche Bedeutung. – Über die Einzelstämme der S. vgl. die einschlägigen Artikel, die freilich von verschiedenen Verfassern herrühren und stellenweise verschiedene Auffassungen durchblicken lassen.
Während der Völkerwanderung werden die S. noch mehrfach genannt, besonders in Verbindung mit germanischen Stämmen. In der Theissebene hatten sie nach Abzug der Vandalen auf das rechte Donauufer sich zu alleinigen Herren aufgeschwungen. Manche der unterworfenen Völkerbestandteile mögen schon damals in ihnen aufgegangen sein, und überdies lebte eine zahlreiche Sklavenbevölkerung unter ihnen, zu der wohl auch die Reste der skythischen Skoloten gehörten. Sie sollte ihnen gerade verhängnisvoll werden. Denn jene Sklaven, die als S. Limigantes fortan bezeichnet wurden, überwältigten ihre Herren und drängten sie ins römische Gebiet hinüber. Hieron. Chron. ad a. 337: Sarmatae Limigantes dominos suos, qui nunc Acaragantes vocantur, facta manu in Romanum solum expulerunt. Kaiser Konstantin nahm sie auf und verteilte an 300 000 über verschiedene Länder des römischen Reiches. Anonym. Valesii (im Anhang von Ammian): Servi Sarmatarum adversus omnes dominos rebellarunt; quos pulsos Constantinus libenter accepit et amplius trecenta milia hominum mixtae aetatis et sexus per Thraciam, Scythiam, Macedoniam Italiamque divisit. Selbst im Hunsrück hatten einige Zuflucht gefunden (Auson. Mos. im Anf.). Im Theisslande dauerte der Streit zwischen den S. liberi und S. Limigantes an (Ammian. XVII 12. XIX 11), und Constantius bot jenen hilfreich die Hand, indem er einen Teil [2548] von ihnen in die alte Heimat zurückführte. Der Hunnensturm verschlang auch sie zumeist. Noch einmal erheben sie sich unter ihren Königen Peuga und Babai gegen die Goten, und nachher findet sich eine Abteilung noch in Illyrien. Singidunum wurde ihnen von Theoderich abgenommen. Zuletzt werden sie noch von Paulus Diacon. II 26 unter den Scharen genannt, die Alboin mit seinen Langobarden nach Italien brachte und dort in verschiedenen Städten ansiedelte. Seitdem verschwinden sie aus der Geschichte.
Sitte und Brauch der S. wurzelten im Nomadenleben. Sie bringen auf Wagen und Pferden ihr Leben zu, sagt Tac. Germ. 46, und sie leben nicht in Städten, ja nicht einmal in festen Ansiedelungen, wie Mela III 33 bemerkt. Fette Weidetriften sind für ihren Aufenthalt bestimmend, und daher führen sie ihre Habe mit sich und kampieren in Lagern (Mela a. a. O.). Ihre von Rindern gezogenen Wagen sind mit dichten Zeltdecken überspannt; daher Hamaxobioi genannt. Strab. VII 307. Plin. IV 80. Mela II 2. Ovid. Trist. III 10, 33. 12, 30. Auch die Peutingersche Karte nennt Amaxobii Sarmate an der mittleren Donau. ,Um ihre Zeltwagen weiden die Herden, von deren Milch, Käse und Fleisch sie leben. Sie ziehen den Weideplätzen nach, indem sie sich immer grasreiche Gegenden aussuchen.‘ (Strab. a. a. O.) Vieh- und Pferdezucht scheinen die Hauptbeschäftigung der S. gewesen zu sein. Sie verschneiden die Pferde, damit sie sanfter werden. Letztere sind zwar klein, aber sehr schnell (Strab. VII 312). – Strabon (VII 302) bemerkt auch, daß die Lebensart der S. von der der übrigen Skythen verschieden sei; denn letztere seien roh, so daß sie sogar Menschen fressen, jene enthielten sich alles Lebenden. Indessen wurden sie keineswegs als Gemütsmenschen angesehen, vielmehr als kriegerisch und wild geschildert, von unbändiger Leidenschaftlichkeit. Was Mela II 12. 13. III 34 alles von ihnen berichtet, stammt von Herodot, der dies von den Skythen allgemein erzählt. Aber von ähnlicher Unbändigkeit mögen auch die S. gewesen sein. Die Teilnahme der Frauen an Krieg, Jagd und ähnlichen Beschäftigungen der Männer fiel am meisten auf. Bogenspannen, Reiten und Jagen ist Tätigkeit der Mädchen; einen Feind erschlagen, Aufgabe herangereifter Frauen, andernfalls sie zur Ehelosigkeit verurteilt sind, Mela III 34. Diodor. II 44. Mit Vorliebe führten sie den Guerillakrieg. Tacitus hist. I 79 schildert die Kampfesweise der S. bei ihrem Einbruch in Mösien: ihre Tapferkeit ist nicht die Eigenschaft des einzelnen; im Fußkampf sind sie feig, rücken sie aber in Geschwadern heran, so kann auch eine Schlachtreihe schwer widerstehen. Aber bei feuchtem Wetter und im aufgetauten Eis waren ihre Spieße und langen Schwerter, die sie mit beiden Händen führen, nichts nütze wegen des Ausgleitens der Pferde und des Gewichtes ihrer Panzer. Dies ist die Rüstung ihrer Fürsten und überhaupt der Vornehmen. Sie sind aus Eisenblech oder dickem Leder verfertigt und dem Hieb zwar undurchdringbar, aber am Aufstehen hinderlich, wenn einer beim Andrang des Feindes niedergestürzt ist. Nach Strab. VII 307 haben sie [2549] Helme von ungegerbtem Ochsenleder und Panzer und geflochtene Schilde, sowie Lanze, Schwert und Bogen. Von der Wildheit des Angriffs der S. Limigantes unter dem Schlachtruf Marah-Marah! (= Hurrah) berichtet Ammian. XIX 11. Ihre Bewaffnung ist die angegebene: Wurfspieße, Schwerter, Lanzen, Bogen und Pfeile. Pausanias (I 21, 8) erwähnt, daß Eisen bei ihnen nicht bekannt ist, infolgedessen stellen sie die Speer- und Pfeilspitzen aus Weidenholz her. Sie bedienen sich aber auch großer Fangleinen, Lassos (σειρά), die sie den Pferden der Feinde aus der Ferne überwerfen und sie so einfangen; vgl. auch Mela I 114. Alle diese Bräuche werden uns ausdrücklich von den S. berichtet. Zur Ergänzung müssen im übrigen die Schilderungen der Skythen dienen; [2550] denn in der Lebensweise haben alle Nomaden viele Züge miteinander gemein.
Literatur s. unter Sarmatia.
[K. Kretschmer.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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