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Rasiermesser (ξυρόν novacula), schon sehr früh bei den Griechen im Gebrauch, wie das sprichwörtlich gewordene ἐπὶ ξυροῦ ἀκμῆς beweist (Hom. Il. X 173; vgl. Herod. VI 11. Theog. 55. Aisch. Choëph. 883. Soph. Antig. 996. Eurip. Herak. 630. Theocr. XXII 6. Simon. Epigr. 99 (Bergk). Aelian. frg. 84. 129. Cass. Dio XXXIX 41, 1. Appian. bell. civ. II 75. Anth. Pal. IX 475, 2. Luk. II 645). Das ξυρόν diente nicht bloß zum Rasieren (ξύρειν) des Bartes (s. o. Bd. III S. 3f. 30ff.; vgl. Athen. XIII 565 A. Arist. Thesm. 219; Ekkl. 65), sondern auch zum Rasieren des Haupthaares z. B. bei Trauer (Eurip. El. 241). Bei den Römern wird die novaeula schon in der Sage vom Augur Attus Navius zur Zeit des Tarquinius Priscus (Liv. I 36, 4. Cic. div. I 32. Val. Max. I 4, 1) und sonst sehr oft als Werkzeug zum Rasieren (radere) erwähnt (Petron. 103, 1. Mart. II 66, 7. VII 61, 7. XI 58, 5. Plin. n. h. VII 211. XXIX 107. Cels. VI 4. Hist. Aug. Heliog. 31, 7). Desgleichen bezeichnet cultellus (Dig. IX 2, 11 pr. und culter tonsorius (Plaut. Capt. 266. Cic. off. II 25. Plin. n. h. VII 209. Petron 108, 11) oft ein R. Zur literarischen Überlieferung (vgl. noch Plut. Herod. mal. 39, 9. Ant. 1. Stob. III 508. Poll. VII 95) treten Funde von Messern, die man mit größter Wahrscheinlichkeit für R. hält. Die eine Art fand sich nicht bloß schon in sehr frühen Gräbern Oberitaliens, Etruriens und in Rom, sondern auch in Attika, Boeotien, auf den griechischen Inseln usw. Diese Messer aus Bronze sind ziemlich breit und halbmondförmig, mit einem Ring zum Aufhängen. Der äußere konvexe Rand diente als Schneide, während man es an der konkaven Seite mit der Hand faßte. Man sah diese Bronzemesser aus prähistorischer Zeit zuerst als Instrumente für Schuster und Lederarbeiter an (Friederichs Berl. ant. Bildw. II 254); ihre richtige Bedeutung erkannte zuerst Helbig Im neuen Reich I 14; Italiker in der Poebene 248 (mit Abbild, u. Angabe der Fundstellen; vgl. Gozzadini Intorno agli scavi fatti dal Sig. Arn. Veli 59ff. Brizio Mon. dei Lincei V 248 pl. 8, 9. 10, 5 u. 37. Lafaye bei Daremberg-Saglio IV 108, Fig. 5333, mit Angabe der reichhaltigen Literatur). Ähnliche, mit Bildern verzierte Messer werden in Sizilien (Guide to the Exhib. illustr. Greek and Rom. life 137, Fig. 127) und in Karthago gefunden, die phönizischen Ursprungs sind (Daremberg-Saglio a. a. O. Fig. 5335. Delattre Charthage Nécropole punique I 21 Fig. 45. II Fig. 29ff. Compt. rendus de l’Académie des inscript. 1901, 583. Fig. 8–17). Daß auch in späterer Zeit diese rundliche Form noch bestand, zeigt vielleicht der Ausdruck curva theca (Mart. XI 58, 9) für Etui (ξυροδόκη Arist. Thesm. 220 oder ξυροθήκη Poll. II 32) und die Darstellung des Kairos auf einem römischen Relief, der die Wage auf einem solchen Messer trägt (Arch. Zeit. XXXIII 6 Taf. 12. Roscher [255] Myth. Lex. II 899). Neben den halbmondförmigen sind noch andere Messer gefunden worden, die wegen ihrer Dünne für R. gelten. Sie weisen mannigfaltige Formen auf, sind zum Teil zweischneidig. Eine Klassifikation gibt Petersen Rh. Mus. XIV 285ff. (vgl. Not. d. scav. 1892, 439. 1897, 186. 1902, 86f. 189ff. 1907, 233ff. Quagliotti Mon. dei Linc. XVI 87ff.). Ein R. mit gradliniger Schneide ist auf einem Grabrelief aus frühchristlicher Zeit neben andern Barbierwerkaeugen dargestellt (Garucci Storia dell’ arte Christ. tav. 488, 6–8 u. p. 288ff. Daremberg-Saglio Fig. 5334), Messer und Schere auf dem Grabstein eines Barbiers CIL XII 4517. Auch einige Schriftsteller, die von Tötung mittelst des Rasiermessers sprechen (Suet. Calig. 23. Petron. 108, 10f. Apul. met. V 20. 22), weisen notwendig auf eine von jener ältern verschiedene Form hin. Das R. diente bisweilen auch zum Schneiden der Nägel (Val. Max. III 2, 15), wozu man sonst eigene Nagelmesser hatte (Mart. XIV 36). Daremberg-Saglio IV 108. Blümner Röm. Privataltert.³ 267ff. Hermann-Blümner Griech. Privataltert.³ 208f.
[Hug.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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