4) N. II. von Bithynien, Sohn des Prusias II. und der Apame (Steph. Byz. s. Ἀπάμεια), auf den Münzen Head HN² 519f. βασιλεως Ν. ἐπιφανους oder βασ. ἐπιφ. Ν., kam gegen den Vater in die Höhe. 167 v. Chr. soll ihn nach Liv. XLV 44 sein Vater mit nach Rom genommen und ihn dem Senat empfohlen haben, der dann N. Gastgeschenke überreichen ließ; doch bezweifelt Niese III 201, 2 diese Angabe, weil die Notiz ihm auch sonst stark verdächtig erscheint. Da Prusias den Kindern aus zweiter Ehe die Thronfolge zuwenden wollte, war ihm N. unbequem: Iustin XXXIV 4, 1. Ob dieser daraufhin freiwillig nach Rom gegangen ist oder von seinem Vater dazu gezwungen wurde, läßt sich nicht sicher ausmachen. Appian. Mithr. 4 betont den Haß der Untertanen gegen Prusias und die Hoffnungen, die sie auf N. setzten, und schließt daraus auf den Zwang, während es nach Polyb. XXXII l6, 4 so aussieht, als ob N. 156 v. Chr. als Gesandter seines Vaters in Rom weilte. Auch sprechen seine Bemühungen für Prusias gegen eine Verbannung, zumal er nach Appian. a. O. in Rom beliebt war, also sich nicht für seinen Vater zu verwenden brauchte. Die letzte Annahme legt auch der Bericht Appians über die Sendung des Menas nahe: Prusias beauftragte seinen Sohn, für den Erlaß des dem Attalos noch geschuldeten Geldes einzutreten, und sandte zu seiner Unterstützung Menas mit dem Befehl, im Falle des [495] Mißlingens ihres Auftrags N. umzubringen. Zu diesem Zweck erhielt er einige Briggs (κερκούρους) und 2000 Soldaten mit. Daß Menas nicht wagen konnte, N. in Rom selbst zu töten, ist klar; es konnte sich nur darum handeln, N. unter irgendeinem Vorwande an Bord zu locken. Im Senat erreichte man nichts, da der Gesandte des Attalos nachwies, daß die Strafsumme geringer sei als der Raub; aber statt den Befehl auszuführen, trat Menas mit N. in Beratungen über die Beseitigung des Prusias ein und zog den Gesandten des Attalos, Andronikos, hinzu; man hoffte, Attalos zur Rückführung des N. zu veranlassen. In Berenike in Epeiros, wo sich die drei trafen, trat N. zuerst in königlicher Tracht auf, wurde von Andronikos als König begrüßt und dann von Menas seinen Soldaten vorgestellt, die aus ihrem Haß gegen Prusias kein Hehl machten. Attalos empfing N. bereitwillig und forderte Prusias auf, seinem Sohne einige Städte ἐς ἐνοίκησιν und Land ἐς ἐφόδια zu geben. Die Antwort des Bithyners war eine deutliche Drohung und die Sendung einer Gesandtschaft nach Rom, um gegen N. und Attalos Anklage zu erheben. Nun rückte Attalos in Bithynien ein, und die Bithyner fielen ihm mit wenigen Ausnahmen zu. Da Prusias allen mißtraute, erbat er sich von seinem Schwager, dem thrakischen Fürsten Diëgylis (vgl. o. Bd. V S. 475), 500 Thraker und zog sich mit diesen auf die Burg von Nikaia zurück. Seine Hoffnung auf römische Hilfe ging nicht in Erfüllung, da seine Angelegenheit in Rom von dem ihm feindlich gesinnten Stadtpraetor in die Länge gezogen wurde und die etwa 150 v. Chr. eintreffende römische Gesandtschaft aus wenig geeigneten Personen bestand: Appian. Mithr. 4-6. Polyb. XXXVI 14, 1. Plut. Cato mai. 9: Diod. XXXII 20. Trotzdem den Römern an der Beilegung des Zwistes lag, erreichten die Gesandten nichts; zwar waren N. und Attalos sofort zur Einstellung der Feindseligkeiten bereit, aber die Bithyner erklärten, daß sie die Roheit des Prusias nicht länger ertragen könnten. Darauf kehrten die Gesandten zum Bericht nach Rom zurück. Jetzt entschloß sich Prusias zum Widerstand und besetzte Nikomedeia. Aber als N. vor den Toren der Stadt erschien, ergab sie sich ihm, und Prusias mußte sich in das Heiligtum des Zeus flüchten, wo er auf Befehl seines Sohnes getötet wurde: Appian. Mithr. 7. Iustin. XXXIV 4, 4. 5. Diod. XXXII 21. Vgl. zu dem Ganzen: Zonar. IX 28, 1. So wurde N. 149 v. Chr. König. – Das Emporkommen des N. gegen Prusias war den Römern nicht angenehm; um so mehr mußte N. daran liegen, sich durch unbedingte Unterordnung ihr Wohlwollen zu erwerben. Als er aber nach der Niederwerfung des Aufstandes des Aristonikos (133-129), gegen den er Hilfe geleistet hatte, Ansprüche auf Großphrygien anmeldete, mußte er erleben, daß in Rom dem Meistbietenden‚ d. h. in diesem Falle Mithridates V. von Pontos, das Land zugesprochen wurde: Iustin. XXXVII 1, 2. XXXVIII 5, 3. Strab. XIV 646. Eutrop. IV 20. Gell. noct. att. XI 10. Oros. V 10, 2. Vgl. Appian. Mithr. 11. – Während noch Ed. Meyer o. Bd. III S. 521 die in Delos und Kos erhaltenen Inschriften N. II. zuschrieb, ist durch Reinach L’histoire par les monnaies (Paris 1902) 167ff. [496] nachgewiesen worden, daß sie einem bisher nicht benannten N. III. gehören. Nur die athenische Weihinschrift Österr. Jahresh. XI 75ff. gehört N. II.; zugleich geht aus dieser hervor, daß die Mutter N.’ III.‚ wie schon Steph. Byz. s. Ἀπάμεια behauptete, Apame war, gegen Strab. XII 563, nach dem die Gemahlin des Prusias I. Apame geheißen haben soll. So ist auch die Gründung von Apameia nach Steph. Byz. (vgl. auch s. Μύρλεια) auf N. II. zurückzuführen. – Regiert hat N. bis 128 v. Chr., da Inschrift von Priene 55 aus dem J. 128 N. II. noch erwähnt wird und nach Plassart die Inschrift Syll. or. 346, die schon aus der Regierung N.’ III. Euergetes stammt (s. u.)‚ in das J. 127/26 gehört: Bull. hell. XXXVI 408. – Münzen: Head HN² 519f.
[Fritz Geyer.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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