ART

1) L. aus Mytilene, Philosoph, Vater des Rhetors Potamon. Letzterer kam – laut inschriftlichen Zeugnissen aus Lesbos – an der Spitze einer für Lesbos bei Caesar Begnadigung erbittenden Gesandtschaft in den J. 47 und 45 v. Chr. und noch einmal mit einer Gesandtschaft, um für Lesbos bei Octavian ein Bündnis zu erwirken, im J. 25 v. Chr. nach Rom; vgl. Cichorius a. a. O.; S.-Ber. Akad. Berl. 1889, 953f. Mommsen ebd. 1895, 887ff. Newton [2103] Greek Inscr. Brit. Mus. II nr. 211 S. 47. nr. 212 S. 48. Bull. hell. 1880, 426. Kaibel Ephem. epigr. II S. 11 nr. 7. Rohde a. a. O. Er lebte bis in die Zeit des Tiberius und soll 90 Jahre alt geworden sein (Luk. macrob. 23). Demnach dürfte die Blütezeit seines Vaters, des Philosophen L., beiläufig um 65 v. Chr. anzunehmen sein, womit sich die Notiz bei Suidas (Λ. Μυτιληναῖος φιλόσοφος, γεγονὼς ἐπὶ Αὐγούστου, πατὴρ Ποτάμωνος τοῦ φιλοσόφου • ἔγραψε πλεῖστα φιλόσοφα), insofern sie L. unter Augustus leben läßt, als irrtümlich erweist. Der Gewährsmann des Suidas dürfte, wie Cichorius mit Recht vermutet, diese Ansetzung aus der des Sohnes in die Regierungszeit des Tiberius erschlossen haben. Auch die Bezeichnung des Potamon als Philosophen statt als Rhetor, wie er bei Suidas selbst s. Ποτάμων richtig genannt wird, ist ein Irrtum, vielleicht (nach Rohdes Vermutung) eine Verwechslung mit dem Philosophen Potamon aus Alexandria, den Begründer einer eklektischen Schule, der wohl unter Augustus lebte, vielleicht auch, wie Wachsmuth bei Cichorius die Sache plausibel erklärt, ein bloßer Schreibfehler. Der Philosoph L. und sein Sohn, der Rhetor Potamon, standen lange Zeit in hohem Ansehen, was außer Inschriften (s. o.) auch Münzaufschriften bezeugen (vgl. Mionnet III S. 48 nr. 116 und Suppl. VI nr. 84. 85. Λεσβῶναξ ἥρως νέος Head HN² 563). Noch in einer frühestens aus dem Ende des 2. Jhdts. nach Christus stammenden Inschrift (Kaibel a. a. O. wird von der Priesterin Artemisia rühmend hervorgehoben, sie sei ἀπύγονος Ποτάμωνος τῶ νομοθέτα καὶ Σεσβώνακτος τῶ φιλοσόφω). Über die Tätigkeit des L. als Philosoph und. Schriftsteller haben wir außer der unbestimmten Angabe des Suidas keine Nachricht.
[Aulitzky.]

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