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529) L. Iulius Vestinus. Quellen, a) Inschriften: 1. CIL XIII 1668 = Dessau I 212 (Bronzetafel aus Lyon), Rede des Kaisers Claudius über das Ius honorum der Gallier. 2. Bronzegewicht aus Koptos, jetzt in Kairo, IGR I 1379. 3. Bronzegewicht, wahrscheinlich aus Alexandria, jetzt in Paris, IGR I 1374. 4. CIG III 4957 add. p. 1236 = Dittenberger Or. Gr. II 669 = IGR I 1263 (Edikt des Praefecten von Ägypten Ti. Iulius Alexander an dem Tempel der Stadt Khargeh in der Großen Oase). 5. Dittenberger a. a. O. 668 = IGR I 1124 = de Ricci Arch. f. Papyr. II 434, 24 (gefunden zu Talit im Arsinoitischen Gau), gesetzt von Ptolemais, wahrscheinlich dem oberägyptischen, s. Plaumann Ptolemais in Oberägypten (1910) 70–78. 6. Das Fragment einer gleichlautenden Inschrift unbekannten Fundortes, IGR I 1125 = Breccia Iscr. Gr. e Lat. 56, vgl. Plaumann a. a. O. 71f., 2; 76, 1. 7. Dittenberger 667 = IGR I 1119 (Karanis). Andere, die nicht sicher auf ihn zu beziehen sind, s. u. – b) Papyri. 1. BGU I 112 = Mitteis Chrest. n. 214. 2. P. Amh. II 68 (= Wilcken Chrest. n. 374) Z. 20f. 3. P. Oxy. II 250. - c) Tac. hist. IV 53.
Name. Der volle Name ist zu lesen auf den beiden Gewichtinschriften, ferner IGR I 1125 und in allen Papyrusurkunden; das Kognomen ist nicht erhalten in der Inschrift aus Talit, der Vorname nicht angegeben in der aus Karanis; bei Tacitus und in der Rede des Claudius wird er L. Vestinus genannt, im Edikt des Ti. Alexander bloß Vestinus.
Aus der Rede des Kaisers Claudius (col. II Z. 10–14), die im J. 48 n. Chr. gehalten wurde, erfahren wir, daß er aus der Colonia Viennensium stammte und dem Ritterstand angehörte, als dessen besondere Zierde ihn der Kaiser bezeichnete (inter paucos equestris ordinis ornamentum; auch Tac. a. a. O. sagt equestris ordinis [871] virum, sed auctoritate famaque inter proceres), der ihn auch als seinen Freund erklärt (familiarissime diligo) und ihn damals in seinen Diensten beschäftigte (in rebus meis detineo); seine Söhne sollen Priestertümer erhalten und zu immer höherer Würde emporsteigen. Begreiflich, daß I. nach wenigen Jahren die hohe Stellung eines Praefecten von Ägypten bekleidete. Als solcher ist er in den zitierten Inschriften aus Ägypten und in den Papyri genannt. Datiert sind die beiden Gewichtinschriften nach dem sechsten Jahr Neros, d. i. 30. Aug. 59 – 28. Aug. 60, ebenso P. Amh., aus dem siebten Jahr (29. Aug. 60 – 28. Aug. 61) ist die Inschrift aus Talit, genau datiert, und zwar vom 7. Juli 61, ist die Inschrift aus Karanis. Der Berliner und der Oxyrhynchos Papyrus sind Generalapographai (s. Mitteis Grundz. 105f.), die sich auf dieselbe Verordnung des Praefecten I. berufen; sie sind nicht datiert, aber nach Wilckens Vermutung (Herm. XXVIII 235) frühestens aus dem achten Jahr (61/62). Noch am 10. Oktober 59 war Ti. Claudius Balbillus im Amt (Preisigke Sammelb. 5797; die Jahreszahl ist freilich nicht ganz sicher gelesen), der als sein Vorgänger auch im Edikt des Ti. Alexander genannt ist, wo von seinen Verfügungen in betreff der Steuerermäßigungen die Rede ist. Das Rangprädikat κράτιστος wird ihm in der Inschrift aus Karanis und in einem Berliner Papyrus gegeben; es sind die ältesten Zeugnisse für die Anwendung dieses Rangtitels, s. Wiener Studien XXXIV (1912) 165.
Noch vor dem J. 66 verließ I. Ägypten (seine Nachfolger waren Caecina Tuscus und dann Ti. Iulius Alexander, s. d.); wir finden ihn im J. 70 in Rom wieder. Vespasian übertrug ihm die Aufgabe, das Capitol, das im Jahre vorher in Flammen aufgegangen war, wieder aufzubauen, eine Ehre, die für einen Mann des Ritterstandes ungewöhnlich war (vgl. Vespasian Kais. Verw.² 266), weshalb Tacitus zur Erklärung die rühmenden Worte hinzugefügt: auctoritate famaque inter proceres. Die Grundsteinlegung fand am 21. Juni 70 statt, Tac.
Da von seinen Kindern die Rede ist, die, wie erwähnt, für die höhere Ämterlaufbahn bestimmt waren, so wäre es möglich, daß sein Sohn der Consul ordinarius des J. 65, M. Vestinus Atticus, war, obwohl dessen Gentilname nicht überliefert ist. Hingegen dürfte L. Iulius Vestinus unter Hadrian (der Folgende) eher als Seitenverwandter anzusehen sein. Zwei stadtrömische Grabschriften, CIL VI 9520 (= Dessau II 7401) und 17 197, nennen Sklaven eines L. Iulius Vestinus; wenigstens die erste scheint sich auf I. zu beziehen, da die ausgeschriebene Formel Dis manibu[s] auf die frühere Kaiserzeit hinweist. Hingegen ist die von de Ricci Proceed. soc. of bibl. arch. 1902, 59f. und Pap. Arch. II 434f., 26 zweifelnd vermutete Ergänzung von I.s Namen in der Inschrift aus Ägypten IGR I 1323 ( = Breccia 55) ohne Anhalt und paßt auch kaum zu den erhaltenen Resten, s. Breccia tav. XIV 41. Vgl. auch Nr. 599.
Literatur. Dessau Prosop. imp. Rom. II 219f., 408. Dittenberger Or. Gr. II 667, 4. Friedländer Sittengesch. I⁸ 212f. Cantarelli [872] La serie dei prefetti di Egitto, Mem. accad. dei Lincei XII 1906, 31f., 22.
[Stein.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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