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484) C. Iulius Severus, vornehmer Galater und römischer Senator zur Zeit der Adoptivkaiser.

[812] a) Name. In der Inschrift CIG III 4033 io 4034, s. u.) las Hamilton vor dem Cognomen TI, v. Domaszewski (Arch.-epigr. Mitt. IX 1885, 118) II; es ist wahrscheinlich Γ. Ἰ(ούλιον) Σεουῆρον zu lesen (Mommsen S.-Ber. Akad. Berlin 1901 I 26. Dittenberger Or. gr. II 543, 1), nicht Τι(βέριον)) Σεουῆρον, wie Waddington (Mém. Acad. d. inscr. 1867, 218), Homolle (s. u.), Dessau Prosop. imp. R. II 215 n. 375 u. a. annahmen; diese Form der Namengebung wäre ungewöhnlich, überdies wird das Praenomen Gaius durch den Namen des Consuls 155, C. Iulius C. f. Fab(ia) Severus, empfohlen, in dem man füglich den Sohn unseres I. erblicken darf (Mommsen und Dittenberger a. a. O., s. Nr. 485); demnach ist dessen Tribus ebenfalls die Fabia gewesen. In der neugefundenen, von Mommsen a. a. O. publizierten Inschrift aus Angora (s. u.) ist nur … λ. Σεουῆρον erhalten; Ἰουλίου Σεουήρου bietet die Inschrift seiner Gemahlin (IGR III 190, s. u.). Dio-Xiphilin (LXIX 14, 4) und Aristides (or. XXVI Dind. = L 12. 71ff. K.) nennen ihn nur Σεουῆρος (ebenso die Unterschrift zu Aristid. or. XXXVII p. 312 K.).

b) Leben. Vier Inschriften aus Angora geben uns über Severus Nachricht. Die eine, die gleich nach der Auffindung im J. 1900 wieder verschüttet wurde, aber von dem Vicekonsul Pons noch kopiert werden konnte (Homolle Compt. rend. Ac. d. inscr. et b. l. 1900, 705 = Mommsen S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 25 = Cagnat IGR III 173 = Dittenberger Or. gr. II 544), ist ihm in den letzten Zeiten Traians vor seiner Aufnahme in den Senat von einer Phyle der Stadt Ankyra errichtet worden; sie zählt seine fürstlichen Vorfahren sowie seine consularischen Verwandten auf und verzeichnet die städtischen und provinzialen Würden (die chronologische Fixierung ergibt sich daraus, daß von dem Hinmarsch der Truppen in den Partherkrieg, 113/114 n. Chr. [s. u.], aber nicht von ihrem – wie IGR III 208 zeigt – gleichfalls Ankyra passierenden Heimzug unter Hadrians persönlicher Führung [im Nov. 117, vgl. Weber Unters. z. Gesch. Hadr. 56ff.] die Rede ist; die Bewirtung der Mannschaften wird als das letzte, demnach wohl auch zeitlich jüngste Verdienst des I. hervorgehoben, vgl. Homolle 707). Ungefähr 30 Jahre später wurde der zweite Stein von einem Privatmann M. Iulius Euschemon ,seinem Wohltäter‘ gesetzt; Severus war bereits bis zur Statthalterschaft in Untergermanien vorgerückt, seine senatorischen Ämter bis zu dieser zählt der Text auf (CIG III 4033 = Arch. epigr. Mitt. IX 1885, 118 = Cagnat IGR III 174 = Dittenberger Or. gr. II 543 = Dessau II 8826). Dieselbe (nach der gleichen Vorlage konzipierte) Ämterreihe, vermehrt durch den Proconsulat von Asia, enthält das dritte Denkmal, durch dessen Errichtung zwei Leute aus Savatra, Tantalos und sein Sohn Sokos, τὸν ἑαυτῶν εὐεργέτην καὶ φίλον ehrten (CIG III 4034 = Cagnat IGR III 175). Seiner Gemahlin ist eine fragmentarisch erhaltene Ehrenbasis in Angora dediziert (CIG III 4030 = Cagnat IGR III 190 = Dittenberger Or. gr. II 545, s. u.). Dio (-Xiph. LXIX 14, 4) erwähnt seine Amtstätigkeit in Bithynien; die vorhin zitierten Inschriften (und ebenso der Cursus honorum des Sex. Iulius Severus [813] CIL III 2830) lehren, daß hier nicht, wie der Zusammenhang bei Xiphilin besagt, von dem Besieger der Juden, Sex. Minicius Faustinus Iulius Severus, die Rede ist: ein Irrtum, der zuerst von Waddington (Mém. de l’inst., Ac. d. inscr. et b. l. XXVI 1867, 226ff.) richtig gestellt wurde (vgl. Nr. 486). Endlich gedenkt doch wohl Aristides in dem vierten der ἱεροὶ λόγοι (or. L K. = XXVI Dind.) seines Proconsulates von Asia. Allerdings ist die vor allem von Waddington (a. a. O. 218ff.) vertretene Gleichsetzung dieses Proconsuls Σεβῆρος mit unserem vielfach bestritten worden (so von Schmid Rh. Mus. XLVIII 1893 53ff. Mommsen a. a. O. 30. Dittenberger Or. gr. II 543, 2 u. a.), indes wohl mit Unrecht; denn die Zeit des Proconsulates stimmt überein mit jener, die wir für Severus’ Proconsulat gewinnen (Näheres s. u.), und ebenso entspricht die Charakterisierung durch Aristides der von Dio gegebenen. Wenn Mommsen und Dittenberger darauf hinweisen, daß Aristides Hochphrygien als Heimat des Severus nenne (L 12 K.), während I. seinen Inschriften zufolge Ankyraner gewesen sei, so ist dagegen einzuwenden, daß dies durch die epigraphischen Zeugnisse noch nicht bewiesen wird, da Ankyra die Metropole Galatiens war; ein Teil der galatischen Provinz (die ursprünglich großphrygisches Gebiet umfaßte) führte noch den Namen Φρυγία (s. Brandis o. Bd. VII S. 551ff.; Perrot De Gal. 159, 2 glaubt, daß Aristides mit Absicht den ,modernen‘ Namen Galatien vermieden habe). Überdies lassen sich nahe Beziehungen der Iulii Severi zu dem eigentlichen Phrygien in der Provinz Asia feststellen (vgl. u.).

Die älteste der ankyranischen Ehreninschriften (IGR III 173) bezeichnet Severus als [ἀπόγο]ωον βασιλέως [Δηι]ο[τ]άρου καὶ Ἀμύντου τοῦ Βριγάτου καὶ Ἀμύντου τοῦ Δυριάλου τετραρχῶν καὶ βασιλέως Ἀσίας Ἀττάλου (die Lesung der beiden keltischen Namen ist unsicher; die Abschrift bietet Βριρατου und Δυπαλου, Mommsen schlägt die oben angegebene Form vor; Reinach L’hist. p. l. monn. 1902, 156f. stellt zur Diskussion, daß der Steinmetz die Namen der aus der galatischen Geschichte bekannten Tetrarchen Brogitarus und Domnilaus verballhornt habe, doch führte der erstere später den Königstitel; Dittenberger Or. gr. II 544 will zweifelnd Δυ[τ]ι(λά)ον lesen, vgl. Holder Altcelt. Sprachschatz III 939; nicht ganz ausgeschlossen wäre vielleicht Δορύλαος;, ein allerdings griechischer Name, der indes in augusteischer Zeit bei einem vornehmen Galater begegnet, s. Dittenberger 533, 36). Die zweite Inschrift (IGR III 174) sagt abkürzend βασιλέων καὶ τετραρχῶν ἀπόγονος. Von den hier genannten Vorfahren ist Attalos entweder Attalos I. Soter, König von Pergamon 241–197 v. Chr., oder dessen Sohn Attalos II. Philadelphos, König von 159 bis 138 (Attalos III. war unvermählt; gegen Reinachs Annahme [Rev. celt. XXII 1901, 6f.], daß nur Attalos II. in Betracht komme, wendet sich mit Grund Dittenberger Or. gr. II 544, 5); eine Königstochter aus dem glorreichen Hause der Attaliden wird als Ahnmutter des Severus gegolten haben. Deiotarus ist zweifellos der bekannte Tetrarch der Tolistobogier und nachherige König, Freund des Pompeius und Cicero (Mommsen 27. [814] Reinach Rev. celt. 5. Dittenberger Or. gr. II 544, 2). Severus stammte wohl nicht von seinem Sohne Deiotarus II. (o. Bd. IV S. 2403 Nr. 3), sondern von einer sonst unbekannten Tochter ab, die mit einem der beiden im Stammbaum genannten Tetrarchen des Namens Amyntas vermählt gewesen sein wird (Reinach Rev. celt. a. a. O., anders L’hist. p. l. monn. 154f., wo er Brigates mit Brogitarus, dem Schwiegersohn Deiotarus’ I., gleichsetzt; s. jetzt auch Ath. Mitt. XXXVII 1912, 294f.). Die beiden Amyntas sind sonst nicht bezeugt (Reinach Rev. celt. a. a. O. nimmt an, daß der eine von väterlicher, der andere von Mutterseite Vorfahr des Severus gewesen sei). In dieser galatischen Häuptlingsfamilie führen Brigates und Dyrialus (?) noch keltische Namen, ihre Söhne bereits den makedonischen Amyntas, das römische Nomen (C. Iulius) zugleich mit dem römischen Bürgerrecht und der Einreihung in die fabische Tribus erhielten die Keltensprößlinge – wie viele andere Vasallenfürsten Roms – wohl von Augustus (Waddington Mém. 219), verloren aber die dynastischen Rechte. Ihre Verbindungen reichten gewiß bald über Galatien hinaus. Reiche und angesehene Iulii Severi begegnen in der oberphrygischen Stadt Akmonia: ein C. Iulius Severus, Sohn eines Artemidoros, (CIG 3860f. = Le Bas III 764) und eine Oberpriesterin Iulia Severa, die auf Münzen und Steinen aus neronischer Zeit häufig genannt wird (s. Nr. 594). Daß wir hier an Verwandte unseres Severus zu denken haben, dafür läßt sich nicht allein die Namensgleichheit geltend machen (Ramsay Cit. and bish. of Phrygia I 2, 648f. 673. Mommsen a. a. O. 26, 4): der Gemahl der Iulia Severa, L. Servenius Capito, entstammte einer Familie, die zugleich in Ankyra begütert war (Cagnat IGR III 192. IV 650. Ramsay 647f.); einer Dame aus diesem Hause wird in einer ankyranischen Inschrift – wie unserem Severus – königliche Herkunft zugeschrieben (IGR III 192); schon unter Nero gelangte Servenius Cornutus, der Sohn des Capito und der Severa, in den römischen Senat (IGR IV 644–650, eines von diesen Denkmälern ist dem Cornutus, wie es scheint, vom Koinon der Galater gesetzt, Ramsay 648). Daß Severa Patronin der jüdischen Gemeinde in Akmonia war, spricht nicht gegen die Verwandtschaft mit Severus; finden wir doch unter dessen Vettern den ,König‘ Alexander genannt, in dem man mit Recht einen (freilich längst dem Judentum abtrünnigen) Angehörigen der jüdischen Königsfamilie erblickt (s. u.; Ramsays Vermutung [a. a. O. 650f. 673f. und bei Reinach Chron. d’orient 1891, 503f.], daß auch die Iulii Severi von den Königen und Tetrarchen Palästinas abstammten, ist jetzt durch die genealogische Inschrift des I. widerlegt).

Zu den kleinasiatischen Familien, die im 1. Jhdt. in den Senat Aufnahme fanden, gehörten die Iulii Severi trotz ihrer Vornehmheit und ihres zweifellosen Reichtums nicht, doch Verwandten des Geschlechtes wurde der Sitz im hohen Hause zuteil (z. B. dem oben erwähnten Servenius Cornutus) und unter Traian finden wir die ,Vettern‘ des Severus in den höchsten Würden: [ἀν]ε[ψ]ιὸν ὑπατικῶν Ἰουλίου τε Κοδράτου καὶ βασιλέως Ἀλεξάνδρου καὶ Ἰουλίου Ἀκύλου καὶ Κ[λ(αυδίου)] Σεουήρου καὶ συγγενῆ συγκλητικῶν πλείστων, ἀδελφὸν [815] Ἰουλίου Ἀμυντιανοῦ (IGR III 173; Mommsen bezieht ὑπατικῶν mit Unrecht nur auf die beiden zuerst Genannten [vgl. Dittenberger Or. gr. 544, 10 und das über Claudius Severus Bemerkte]; dagegen ist ihm zuzustimmen, wenn er ἀνεψιός im weiteren Sinne – als ,Vettern‘ – faßt, sicher unzutreffend hält Dittenberger 544, 6. 8 [ähnlich Reinach Rev. celt. 3, 1] Quadratus und Aquila für fratres patrueles, Claudius Severus und Iul. Alexander für consobrini des I.). Von den vier Consularen ist der an erster Stelle (offenbar als der älteste) genannte auch am meisten bekannt: der fürstlich reiche Wohltäter von Pergamon C. Antius A. Iulius Quadratus, eponymer Consul II des J. 105, eine der angesehensten Persönlichkeiten der traianischen Zeit (s. Nr. 425). Der ,König‘ Alexander wird der Nachkommenschaft Herodes’ des Großen angehört haben (s. Nr. 57). Iulius Aquila ist wohl der Sohn des Sardianers oder Ephesiers Ti. Iulius Celsus Polemaeanus, Consuls im J. 92 (Nr. 83), Claudius Severus der erste Legat von Arabia, Consul im J. 111 oder bald nachher, der vermutlich aus Phrygien stammte und dessen Nachkommen sich unter Mark Aurel mit dem kaiserlichen Hause verschwägerten (s. o. Bd. III S. 2868f. Suppl. I S. 320f.). Man sieht, wie weit sich der Verwandtenkreis der Iulii Severi erstreckte, und zugleich, wie die vornehmsten hellenistisch-asiatischen Familien, die in den römischen Staatsdienst traten, untereinander Anschluß suchten.

Severus’ Geburt dürfte um 90 n. Chr. anzusetzen sein. Einerseits hatte er um 114 die provinziale Ehrenlaufbahn bereits im wesentlichen durchmessen, und wenngleich ihm diese dank seiner adeligen Geburt schon in jungen Jahren offenstand, muß sie sich dennoch über eine Reihe von Jahren erstreckt haben; andrerseits hat er zur Zeit seines Proconsulates von Asia (151/152) das 70. Lebensjahr doch wohl noch nicht erreicht; auch daß sein Sohn um 132 Militärtribun war (s. Nr. 485), führt ungefähr zu dem gleichen Zeitansatz.

Severus wird noch ein Jüngling gewesen sein, als ihm seine Mitbürger und Volksgenossen die ersten Ehrenämter übertrugen (sie sind in der Inschrift IGR III 173 wohl in absteigender Reihenfolge aufgezählt). Er war in der Stadt der Tektosagen Agoranom, Agonothet, Archon und versah die sacerdotalen Funktionen des Kaiserpriesters in Ankyra (Sebastophanten) und des obersten Priesters von Galatien (vgl. Mommsen 29; auf die Streitfrage, ob diese Würde mit der des Galatarchen zusammenfällt, kann hier nicht eingegangen werden, s. o. Bd. VII S. 515f.). Als Priester bewies er in dort und damals üblicher Weise seine Freigebigkeit: ἀρχιερασάμενο[ν] καὶ ὑπερβαλόντα ἐπιδόσεσιν καὶ ταῖς λοιπαῖς φιλοτιμίαις το[ὺς] πώποτε πεφιλοτιμημένους καὶ τῷ αὐτῷ ἔτει καὶ ἐλαιοθετήσαντα διηνεκῶς ἐν τῇ τῶν ὄχλων παρόδῳ usw. (die Bedeutung der πάροδος ist nicht aufgehellt, vgl. Mommsen 29; Dittenberger 544, 13 denkt an den – im folgenden erwähnten – Durchmarsch eines römischen Heeres, danach würde das Oberpriestertum in das J. 113/114 gehören). Auch seine Gattin bewies als Oberpriesterin große Munifizenz: καὶ τὴν γυναῖκα καταστήσαντα ἀρχιέρειαν καὶ αὐτὴν ὑπερβ[α]λοῦσαν [816] ἐπιδό[σε]σιν. Da dieser Ausdruck (nach Dittenbergers Ergänzung) auf einem unvollständig erhaltenen Ehrendekret aus Ankyra (CIG ΙΙΙ 4030 = CagnatIGR III 190 = Dittenberger Or. gr. II 545) wiederkehrt, gilt dieses der Gemahlin unseres Severus: Κλ(αυδίαν) Ἀκυλ(λ)ίαν, ἀρχιέρειαν, ἀπόγονον βασιλέων, θυγατέρα τῆς μητροπόλεως, γυναῖκα Ἰουλίου Σεουήρου τοῦ πρώτου τῶν Ἑλλήνων, ὑπερ(β)α[λοῦσαν ἐπιδόσεσι …] (Tournefort las Καρακυλαίαν, worin Mordtmann Marm. Ancyr. 1874, 19 mit Recht Κλ. Ἀκυλλίαν erkannte; verfehlt ist Reinachs Vermutung [Rev. celt. 1901, 7f.], daß sie Iulia Aquilia geheißen habe und die Tochter des Iulius Aquila [nach Reinach Aquilius] gewesen sei, der unter den consularischen Vettern des I. genannt wird, vgl. Dittenberger 545, 3, dessen Annahme – er hält den anderen ἀνεψιός, Claudius Severus, für ihren Vater – aber ebensowenig zutrifft). Claudia Aquillia war mutmaßlich eine Verwandte ihres Gemahls, da sie gleich diesem sich königlicher Herkunft rühmte. Aus ihrer Ehe mit Severus ging wohl C. Iulius Severus, der Consul des J. 155, hervor (s. Nr. 485; irrig sahen Perrot De Galat. 1867, 88, Klebs Pros. imp. R. I 303 n. 355 u. a. in ihr die Gattin des jüngeren Severus, vgl. Mommsen 26, 4. Homolle 708. Reinach und Dittenberger a. a. O.).

Der Titel πρῶτος Ἑλλήνων, den Severus in der Inschrift seiner Frau als einzigen führt, geht auf seinem eigenen Denkmal (IGR III 173) allen lokalen Würden voran. Nach der von Mommsen (S.-Ber. 28f.) und Keil-v. Premerstein (Denkschr. Akad. Wien, phil. hist. Kl. LIV 1911, 42) ausgesprochenen Ansicht bedeutet er dasselbe wie Ἑλλαδάρχης oder πρῶτος τἠς ἐπαρχείας, wurde vom Landtag der Provinz verliehen und bezeichnet einen ,Ehrenvorrang‘ und den Vorsitz bei provinzialen Festspielen (nach Mommsen R. G. V 317 und Stähelin o. Bd. VIII S. 98 waren die Helladarchen in Ankyra Vorsteher der dortigen griechischen Bevölkerung; Dittenberger Or. gr. 528, 7 sieht, kaum mit Recht, nur ein merum laudis honorisque vocabulum darin – ob nicht doch an eine panhellenische, vom griechischen Mutterland ausgehende Ehrung zu denken ist?). Auch nach der Zeit, da die 7. Phyle von Ankyra ihm ein Standbild setzte (um 114, s. o.), wird Severus in seinem Heimatland Ehrenstellungen übernommen haben; eine spätere Dedikationsinschrift rühmt ihm πάσας τὰς ἐν τῷ ἔθνει φιλοτιμίας (vor der Aufnahme in den Senat) nach (IGR III 174).

Dem römischen Staate konnte Severus zum erstenmal beim Beginne des Partherkrieges unter Traian Dienste erweisen: ἀποδεξάμεν[ό]ν τε, heißt es in der Inschrift (IGR III 173) nach der Aufzählung der Gemeindeämter, στρατεύματα τὰ παραχειμήσαντα ἐν τῇ πόλει καὶ προπέμψαντα [τὰ] παροδεύοντο ἐπὶ [τὸ]ν πρὸς Πά[ρ]θους πόλεμον. Der Aufenthalt der aus Europa abkommandierten Vexillationen in Ankyra wird in den Winter 113/114 fallen (Weber Hadr. 1907, 26, nicht 114/115, wie Homolle 708, Dittenberger 544, 17 u. a. annahmen). Zweifellos hat Severus durch die großartige Fürsorge, die er den Truppen erwies, auch die Aufmerksamkeit des Imperators auf sich gelenkt (diesen selbst führte sein Weg nicht über Ankyra). Bei dem Heimzug der Armee [817] im Spatherbst 117 (s. o.) und bei dem zweiten Besuch Hadrians in Ankyra im J. 123 (Weber Hadr. 23f.) wird Severus mit seinen reichen Mitteln ebensowenig gespart haben. Hadrian, der große Gönner des Hellenismus, erwies sich dem Gallograecus erkenntlich, indem er ihn – wahrscheinlich bald nach seinem zweiten Aufenthalte in Galatien – in den Senat, und zwar in die vorletzte senatorische Rangklasse aufnahm (καταταγέντα εἰ[ς] τοὺς δημαρχικοὺς ὑπὸ [θε]οῦ Ἂδριανοῦ IGR III 175, unrichtig εἰς τοὺ[ς] δημάρχους III 174); dies wollte um so mehr bedeuten, als dieser Kaiser sonst mit Adlektionen in den Senat sparsam war (vgl. Hist. Aug. Hadr. 8, 7). Die Praetur ist in beiden Inschriften übergangen; vielleicht führte er sie nur titular zugleich mit einem seiner nächstfolgenden Ämter (die Adlectio inter praetorios würde im Cursus honorum kaum fehlen). Um 130 n. Chr. oder nicht lange vorher fungierte er als Legat in Asia ἐξ ἀπιστολῆς κ[αὶ] κωδικίλλων θεοῦ Ἀδριανοῦ (die Legaten wurden vom Proconsul ernannt, doch mit Genehmigung des Princeps, vgl. Mommsen St.-R. II³ 254, 3; in unserem Falle mag die Initiative vom Kaiser ausgegangen sein und sich damit die volltönige Ausdrucksweise erklären, aus der Waddington Mém. 220 ohne zureichenden Grund auf ein außerordentliches kaiserliches Mandat schließt). Hadrian ernannte ihn hierauf – obwohl Severus, soviel wir wenigstens wissen, vorher noch nicht im römischen Heere Dienst getan hatte – zum Legaten der Legio IV. Scythica, die in Syrien lag. Da sein Sohn bei derselben Truppe als Militärtribun diente (s. Nr. 485), ist anzunehmen, daß ihn der Vater (nach einem in der Kaiserzeit vielfach geübten Brauche, vgl. Mommsen St.-R. II³ 266. Ritterling Österr. Jahresh. X 309) zum Offizier seiner Legion ernannt hat. Dem Legaten erwuchs eine über die normalen Befugnisse seiner Rangstufe weit hinausreichende Aufgabe: διοικήσαντα τὰ ἐν Συρίᾳ πράγματα, ἡνίκα Πουβλίκιος Μάρκελλος διὰ τὴν κίνησιν τὴν Ἰουδαϊκὴν μεταβεβήκει ἀπὸ Συρίας. Er wurde demnach, als der Statthalter von Syrien, C. Publicius Marcellus, wohl im J. 132 n. Chr. mit dem Hauptteil der Truppen nach Judaea zog, um den Aufstand der Juden niederzuwerfen, mit der provisorischen Verwaltung Syriens betraut (vgl. Waddington Mém. 221. Schiller G. d. r. Kaiserz. I 2, 613. Ritterling Rh. Mus. LIX 1904, 188f.; wir gewinnen dadurch einen Anhaltspunkt zur chronologischen Bestimmung seines Cursus honorum). Unbestimmt bleibt, wann Severus in der Leitung der Provinz abgelöst wurde; vielleicht war dies erst 134/135 der Fall, als der Besieger der Juden, Sex. Iulius Severus (mit dem ihn Xiphilin verwechselt, s. o.), die Statthalterschaft Syriens antrat (vgl. Schiller 614. Schürer Gesch. d. jüd. V. I⁴ 648. 695f.).

Um 135 erlangte er durch Losung den einjährigen (von der Praetur durch mindestens fünf Jahre getrennten) Proconsulat von Achaia. In seinen bisherigen Stellungen muß er Proben seines Verwaltungstalentes abgelegt haben, denn Hadrian übertrug ihm etwa im J. 136/137 eine besondere Vertrauensmission: πρὸς πέντε ῥάβδους πεμφθέντα εἰς Βειθυνίαν διορθωτὴν καὶ λογιστὴν ὑπὸ θεοῦ Ἀδριανοῦ (vgl. Dio LXIX 14, 4, aus dessen Worten zu folgern ist, daß von der zweifellos mehrjährigen [818] Amtsführung des I. mindestens ein wesentlicher Teil in Hadrians letzte Jahre fällt; daraus ergibt eich dann wieder der Zeitansatz für den Proconsulat von Achaia). Severus war also Legatus Augusti pro praetore ad corrigendum statum provinciae Ponti et Bithyniae mit dem Recht auf fünf Lictoren, d. h. dem gleichen Range wie die praetorischen Statthalter der kaiserlichen Provinzen (vgl. Mommsen St.-R. I³ 386. II³ 861. (Dittenberger Or. gr. II 543, 11. Brandis Herm. XXXI 161f. o. Bd. III S. 529. 538. v. Premerstein o. Bd. IV S. 1648f. Magie Rom. voc. in Gr. conv. 88). Er war dazu ausersehen, die zerfahrenen Zustände Bithyniens, die zerrütteten Finanzen seiner Städte (auch der ,freien‘) in Ordnung zu bringen (vgl. Dio LXIX 14, 4 und dazu Waddington Mém. 222ff. und v. Premerstein o. Bd. IV S. 1648, der zeigt, daß Mommsen und Brandis mit Unrecht seine Wirksamkeit als eine rein finanzielle, nur auf die Gemeinden beschränkte betrachten). Schon unter Traian hatten an dieser Aufgabe Plinius und Cornutus Tertullus (s. Nr. 196) ihr Können erprobt; was ihnen nicht gelungen war, glückte dem Severus: vielleicht, weil sie bei aller Tüchtigkeit und persönlichen Integrität doch zu sehr Römer waren, um die Kleinasiaten richtig behandeln zu können. Cassius Dio, selbst ein Bithynier, rühmt Severus nach, er habe die öffentlichen und privaten Angelegenheiten des Landes mit solchem Erfolge geordnet, daß seine Verwaltung in Bithynien unvergessen geblieben sei (LXIX 14, 4).

Severus’ nächstes und letztes praetorisches Amt war die (gewiß schon in Pius’ Regierung fallende) Praefectur des Staatsschatzes (c. 138–140), an die sich der Consulat unmittelbar anzuschließen pflegte. Wohl noch im J. 140 Consul suffectus (Waddington Mém. 229), wurde er dann in die erste Priesterschaft Roms, unter die Pontifices, aufgenommen. Den Consular betraute Kaiser Pius mit der Cura operum publicorum in Rom (c. 141–142; das Amt war eine der üblichen Zwischenstufen zwischen Consulat und Statthalterschaft) und übertrug ihm hierauf die Legation von Germania inferior. Da Pius tüchtige Legaten sieben bis neun Jahre lang auf ihren Posten ließ (Hist. Aug. Pius 5, 3), könnte Severus etwa von 143 bis 150 das Heereskommando am Niederrhein geführt haben. Zu seinen Truppen gehörte die Legio XXX. Ulpia victrix; sein Sohn war Legat dieser Legion (s. Nr. 485). wird demnach wieder unter dem Oberbefehl des Vaters gestanden haben (der jüngere Severus bekleidete nur noch eine praetorische Stellung außer und nach dem Legionskommando; auch daraus ließe sich schließen, daß dieses und noch mehr die Heeresleitung seines Vaters von längerer Dauer war). Schließlich kam Severus zur Losung um die beiden höchsten Proconsulate und erhielt den von Asia (IGR III 175). Wie bereits oben ausgeführt, wird er nicht verschieden sein von dem Proconsul Severus, der in den ,heiligen Geschichten‘ des Aelius Aristides eine Rolle spielt. Aristides, dessen Geburt – wie Egger Österr. Jahresh. Bbl. IX 1906, 72ff. nachgewiesen hat – in die Zeit zwischen 24. Februar und 24. April 117 gehört, war 35 Jahre und einen Monat alt, als er ἐπὶ Σευήρου ἡγεμόνος in Baris die Rede [819] Ἀθηνᾶ hielt (Unterschrift von or. XXXVII K. = II Dind.); der Rhetor selbst berichtet, daß Severus gegen Ende des zehnten Jahres seiner Krankheit, kurz nach der Wintersonnenwende, Landeschef war (or. L K. [= XXVI Dind.] 1. 12); endlich kann bei den Worten παρὰ τῶν βασιλέων, τοῦ τε αὐτοκράτορος αὐτοῦ καὶ τοῦ παιδός in demselben ἱερὸς λόγος (L 75 K. = XXVI p. 524 Dind.) nur an Kaiser Pius und den Caesar Marcus gedacht werden (vgl. Dessau Pros. III 232. Keil z. St. Corssen Ztschr. f. neutest. Wiss. III 1902, 70. Egger a. a. O. Egle Unters. üb. d. Echtheit d. Rede Ἀπελλᾶ γενεθλ. 1906, 37. 48). Aus diesen Angaben ergibt sich für Severus’ Proconsulat das J. 151/152 (Egger a. a. O.; Waddington Mém. 214ff., Fast. n. 143, der die Subscriptionen noch nicht verwertet hat, kam auf das J. 153/154; die Berechnungen Schmids Rh. Mus. XLVIII 1893, 72. 79 und Keils Herm. XXV 1890, 316, die auf das J. 164/165 bzw. 160/161 führten, machten die Gleichsetzung des Proconsuls mit Cn. Claudius Severus Arabianus cos. 146 [s. o. Bd. III S. 2868f. Nr. 350. Suppl. I S. 321 Nr. 350] notwendig, lassen sich aber nach Eggers Darlegung nicht mehr aufrechterhalten; Schwartz Abh. Ges. d. W. Gött. VIII 1905, 6, 131f. gelangt zu seiner Zeitbestimmung – 154/155 – dadurch, daß er für des Statius Quadratus Proconsulat das J. 155/156 berechnet, doch vgl. dazu Kubitschek in einer demnächst in den Schriften d. Wiener Akad. erscheinenden Arbeit, übrigens ist keineswegs ganz sicher, daß Quadratus der unmittelbare Nachfolger des I. war). Zum J. 151/152 würde sich der oben gewonnene Zeitansatz für Severus’ Consulat recht gut fügen, da die Frist zwischen diesem und dem Proconsulat damals ca. 13 Jahre, bei Vorhandensein von Kindern jedoch weniger betrug (der Vorgänger des I. war T. Pomponius Proculus Vitrasius Pollio, Consul zwischen 138 und 140 [Arist. L 94 K. Pros. imp. S. III 78]; über den vielbehandelten Proconsulat des Statius Quadratus s. Statius).

Vielleicht war es also unser Severus, der in seinem Amtsjahre in persönliche Berührung mit dem Redner Aristides kam, worüber dieser in dem vierten der ἱεροὶ λόγοι ausführlich berichtet (or. XXVI Dind. = L 71–93 K.). Wie der Proconsul dem Sophisten, von dem er eine hohe Meinung hegte, Ehrungen zu erweisen wünschte, die freilich zugleich Verpflichtungen auferlegten, und wie der von Krankheit geplagte Mann Götter und Menschen in Bewegung setzte, um sich dagegen zu wehren: darauf näher einzugehen, erübrigt sich, da diese Vorgänge mehr für die Lebensgeschichte des Aristides von Interesse sind. Gelegentlich sagt der Redner, Severus sei τῶν βασιλικῶν δικαστῶν εἰς gewesen (L 77); das dürfte bedeuten, daß der Kaiser dem Proconsul das Ius gladii verliehen hatte (vgl. über dieses Mommsen Strafr. 243f.; anders erklärt Keil z. St. p. 444 den Ausdruck: ex iurisconsultis in consilium Caesaris adsumptis).

Der Proconsulat von Asia bildete wohl den Abschluß von Severus’ consularischer Laufbahn. Er lebte jedenfalls noch im J. 155, in welchem sein Sohn C. Iulius Severus als Consul ordinarius die Fasces führte (s. Nr. 486): eine Ehrung, die dieser wohl in erster Linie dem Ansehen des Vaters verdankte.

[820] Ob eine im Coemeterium des Praetextatus an der Via Appia gefundene Grabschrift, die Εὐδαίμων καὶ Ὑγία Ἰουλίου Σεουήρου ἀπελεύθεροι ihren Kindern setzten (IG IV 1596), von Freigelassenen unseres I. herrührt, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen und ebensowenig, ob die genannten Personen Christen waren. Eine Bleimarke mit dem Namen C. Iul(i) Severi (Rostowzew Tess. urb. Rom. syll. 1266) mag aus dem Besitze des I. oder seines Sohnes stammen (vgl. Rostowzew Klio Beih. III 105).

c) Persönlichkeit. Dio fällt über Severus ein sehr günstiges Urteil: (Ἀδριανὸς) τὸν δὲ Σεουῆρον ἐς Βιθυνίαν ἔπεμψεν, … ἄρχοντος δὲ καὶ ἐπιστάτου καὶ δικαίου καὶ φρονίμου καὶ ἀξίωμα ἔχοντος δεομένην. ἃ πάντα ἐν ἐκείνῳ ἦν (LXIX 14, 4). Dem entspricht die Bezeichnung ζῶντά τε δικαίως καὶ ἰσοτείμως in der ältesten ankyranischen Ehreninschrift (IGR III 173), vor allem aber das Urteil des Aristides. Obwohl dieser keine Ursache hatte, gerade Severus sonderlich dankbar zu sein, zollt er doch seinem Charakter die höchste Anerkennung. Er nennt ihn einen hochangesehenen und einflußreichen Mann (ἀνὴρ καὶ μάλα τῶν γνωρίμων L 12. 77 K.), ὑψηλὸς τοὺς τρόπους (ebd. 71), und rühmt ihn als einen Statthalter von großer Tüchtigkeit und Verwaltungskenntnis, Festigkeit und Energie, der sich von keinem täuschen oder beeinflussen lasse und so unbestechlich sei, daß ,man eher die Fluten eines Stromes zurückstauen als ihn erkaufen könne‘ (ebd. 71. 77. 82).

Severus ist eine interessante Erscheinung, weil er die kosmopolitische, ausgleichende Kultur der Antoninenzeit gewissermaßen in seiner Person verkörpert: der Abkömmling galatischer Klanhäuptlinge, der als ,erster der Hellenen‘ gefeiert wird und im römischen Staatsdienst zu den höchsten staatlichen und geistlichen Würden emporsteigt, ein Mann, der seine Laufbahn als Marktaufseher und Festspielleiter in Angora beginnt und als Kommandant der Rheinlegionen und Statthalter von Asia endet und noch das Jahr erlebt, das im römischen Reiche nach seinem Sohne genannt wird.
[Groag.]

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