196) C. Iulius Cornutus Tertullus, Senator der flavisch-traianischen Zeit, bekannt durch seine Freundschaft mit dem jüngeren Plinius, der häufig seiner gedenkt, und durch ein Denkmal, dessen Errichtung er selbst testamentarisch verfügt hatte (CIL XIV 2925 [= Dessau 1024] und 2925 a; es liegen nur zwei Kopien desselben Inschrifttextes vor, vgl. Dessau a. a. O. Lanciani Bull. com. 1884, 210; die Abschrift eines Unbekannten [2925 a] ist fehlerhaft und weniger vollständig als die von Lesley [† 1758] besorgte, doch hat auch dieser den Stein nicht vollständig gesehen). Die monumentale Inschrift wurde vom Kardinal Pallotta im J. 1640 in den Ruinen einer antiken Villa zwischen La Colonna und Monte Porzio im Gebiete von Tusculum aufgefunden (vgl. Lanciani a. a. O. und Storia d. scavi di Roma III 56. Grossi Gondi Il Tusculano nell’ età cl. 1908, 175f.; der anonyme Abschreiber bemerkte fälschlich: inscript(io) Praen(estina); Dessau hat daher CIL XIV a. a. O. die Inschrift unter die praenestinischen eingereiht, dies aber Eph. epigr. IX p. 424. 432 wieder zurückgenommen).
Der Name lautet im Lesleyschen Text C. Julius P. f. Hor(atia) … Cornutus Tertul[lus] (in der anderen Kopie ist nur C. Iulio … Hor … Cornuto Ter[tullo] überliefert); die Raumverhältnisse der Inschrift lassen die Vermutung zu, daß nach der Tribusangabe noch ein zweiter Gentilname folgte (vgl. Dessau Pros. imp. R. II 188 n. 187; Nomenklaturen dieser Art finden sich bereits in flavischer Zeit nicht selten, vgl. Mommsen Ges. Schr. IV 406). Möglicherweise war das unbekannte zweite Gentile des Cornutus das seines leiblichen Vaters, von dessen Namen wir sonst nur das Praenomen Publius kennen (das zu Iulius nicht recht passen will). Plinius [571] nennt ihn entweder Cornutus Tertullus oder nur Cornutus, dieser Name war demnach sein Hauptcognomen.
Über die Heimat des Cornutus ist nichts Sicheres bekannt. Aus seiner Tribus Horatia und seinem Namen schloß Stech (Klio Bhft. X 170f.), daß er aus Afrika und zwar vielleicht aus der caesarischen Kolonie Assuras stammte, doch sind seine Argumente nicht genügend beweiskräftig (das Cognomen Tertullus ist auch außerhalb Afrikas nicht selten, der Name C. Iulius viel zu verbreitet, als daß er ohne ausreichende Anhaltspunkte zu Schlüssen verwendet werden könnte; C. Iulius Cornutus, der zu Perge in Pamphylien dem Nero ein Bauwerk dedizierte [CIL III 6734 vgl. Graf Lanckoroński Städte Pamph. u. Pisid. 144], hat mit I. nichts zu tun; in einer anderen Inschrift derselben Stadt begegnet ein Nachkomme dieses Mannes, C. Iulius Cornutus Bryonianus, Lanckoroński I 167 n. 35). Eine der italischen Städte, die der Tribus Horatia zugeteilt waren (Kubitschek Imp. Rom. trib. discr. 271), käme wohl eher als Heimat des Cornutus in Betracht.
Cornutus muß um 46 n. Chr. geboren sein. Dies folgt daraus, daß er im J. 73/74 bereits unter die Praetorier aufgenommen wurde und vorher noch die Quaestur, die ein Minimalalter von 25 Jahren voraussetzt, und die Aedilität bekleidet hat (s. u.; selbst wenn er auf Grund der Kinderrechte früher zur Quaestur gelangte, kann sein Geburtsjahr höchstens um ein, zwei Jahre herabgerückt werden). Er war demnach um etwa 16 Jahre älter als Plinius (vgl. Plin. ep. V 14, 5 ut parentem vererer, quod non tam aetatis maturitate quam vitae merebatur). Auffällig erscheint freilich, daß er als beinahe siebzigjähriger Mann von Traian die Verwaltung einer schwer zu regierenden Provinz erhalten und im Alter von über 70 Jahren noch den Proconsulat von Asia übernommen hat.
Die Beamtenlaufbahn des Cornutus von der Quaestur an verzeichnet seine große, von Borghesi Oeuvr. IV 117 richtig ergänzte Inschrift, in der wohl nur eine einzige Lücke (Z. 12 vor a[dl]e[cto] inter praetorios) unausgefüllt bleibt; doch dürfte hier kein Staats- sondern ein Priesteramt gestanden haben, da nicht anzunehmen ist, daß er neben so vielen und hohen Staatsstellungen keine geistliche Würde bekleidet habe. Niedere, der Quaestur vorangehende Ämter sind nicht erwähnt. Wir wissen demnach nicht, ob er als Tribunus militum laticlavius den Offiziersdienst geleistet hat, der für angehende Senatoren obligatorisch war (vgl Mommsen St. R. I³ 546, wo auch vereinzelte Ausnahmen von dieser Regel aufgezählt werden); es ist allerdings bemerkenswert, daß sich in der langen Reihe seiner späteren Ämter kein einziges militärisches findet.
Der Cursus honorum ist – mit Ausnahme der beiden Proconsulate (s. u.) – absteigend geordnet. Cornutus war quaestor urbanus, aedilis ce[rialis] und wurde a[dl]e[ctus] inter praetorios a divis Ves[pasiano] et Tito censoribus (73/74 n. Chr., vgl. o. Bd. VI S. 2660f.; in dem reducis der schlechteren Kopie steckt wohl auch nichts anderes als [a] d[iv]is). Sein nächstes Amt war das eines legatus pro praetore provinc(iae) [572] Cretae et Cyrenarum; auf dieses wird in der Ämterstaffel der (praetorische und von der Praetur durch mindestens 5 Jahre getrennte) Proconsulat von Gallia Narbonensis gefolgt sein (in der Inschrift wird derselbe außerhalb der Ämterreihe nach dem Proconsulat von Asia angeführt, offenbar wegen der Gleichartigkeit der beiden Funktionen, vgl. Waddington Fast. As. n. 123. v. Domaszewski Rhein. Mus. XLVI 600. Dessau Pros. a. a. O.): vielleicht die einzige (übrigens durch Losung besetzte) Staatsstellung, die Cornutus unter Domitian übernommen hat (vgl. Waddington a. a. O. Rat-Bayet Rev. épigr. II 1914, 62f.). Er ist also in noch höherem Grade als Plinius und selbst Tacitus von dem dritten Flavier zurückgesetzt worden. Zwar gehörte er nicht geradezu der stoischen Opposition im Senate an (dies ergibt sich aus der Art, wie Plinius seiner gedenkt), aber er stand ihren Führern, vor allem Helvidius Priscus, sehr nahe (Plin. paneg. 90, 5; nach dem Untergang des Helvidius ernannten ihn die Consuln – doch wohl erst unter Nerva – auf Bitten der Witwe und ihres zweiten Gemahls zum Vormund der Tochter, Plin. ep. IX 13, 16 vgl. Gaheis o. Bd. VIII S. 222). Utrumque nostrum, sagt Plinius (paneg. 90, 5), ille optimi cuiusque spoliator et carnifex stragibus amicorum et in proximum iacto fulmine adflaverat. Cornutus war zweifellos gleich Plinius und Tacitus ein Verfechter der politischen Gleichberechtigung des Senates und der möglichst weitgehenden Erhaltung gewisser republikanischer Traditionen; daher mußten ihn die autokratischen Tendenzen Domitians und die Majestätsprozesse gegen seine Freunde mit tiefer Erbitterung erfüllen. Doch hat er es ebensowenig wie Tacitus und Plinius gewagt, seinen Gesinnungen offen Ausdruck zu geben; er bekundete sie wohl nur durch eine Art passiven Widerstandes und durch Verzicht auf jedes Hervortreten im Senate sowie überhaupt in der öffentlichkeit (vgl. Plin. paneg. 90, 6: quorum praecipuum votum ante fuerat, ut memoriae principis elaberentur). So gilt auch von ihm das Wort des Tacitus (Agr. 3): pauci … superstites sumus, exemptis e media vita tot annis, quibus iuvenes ad senectutem … per silentium venimus.
Erst nach Domitians Sturz konnte Cornutus seine Zurückhaltung aufgeben. Als Plinius im J. 97 den Aerarpraefecten Publicius Certus, der unter Domitian das meiste zum Untergang des Helvidius beigetragen hatte, zur Rechenschaft ziehen wollte, ergriff bei der Umfrage auch Cornutus als Vormund der Helvidia das Wort und führte aus, daß die Damen der Familie nicht die Bestrafung des Certus, sondern nur ein Tadelsvotum gegen diesen wünschten, und daß er selbst sich ihrem Wunsche anschließe (Plin. ep. IX 13, 16) Der Angriff des Plinius hatte zwar keinen Erfolg, doch wurden Certus und (vielleicht erst nach diesem) sein Kollege Bittius Proculus vom Kaiser Nerva ihres Amtes enthoben (Plin. ep. IX 13, 23) und Plinius und Cornutus zu Praefecten des Aerarium Saturni ernannt (Plin. ep. V 14, 5. VII 21, 1 [s. u.]. paneg. 90, 6. 91, 1. 92, 1. CIL XIV 2925; der Amtsantritt wird [nach paneg. 91, 1] zwischen 9. Januar 98 und dem 25. d. M. – dam Todestag Nervas – erfolgt sein; die Ernennung wurde von [573] Traian bestätigt, daher nennt Plinius ad Tr. 3 A. 8, 3 Nerva und Traian als die Verleiher der Würde, vgl. Mommsen Ges. Schr. IV 423f. Allain Pline le jeune I 306f. Rat-Bayet a. a. O. abweichend Merrill Amer. Journ. of philol. XXIII 1902. 400f., der sich freilich u. a. auch auf die unechte Inschrift CIL VI 5, 616* stützt; wenn Plinius sagt, daß ihn collegae optimi meique amantissimi von der Vertretung der Baetiker gegen Classicus zu entlasten suchten [ep. III 4, 3], so ist dabei wohl in erster Linie an I. zu denken).
Traian designierte beide, als sie noch nicht zwei volle Jahre in dieser Stellung waren, zu (Suffect-)Consuln für das J. 100 (Plin. paneg. 91, 1. 92, 2. 3; ep. V 14, 5. CIL XIV 2925; s. u.); es bedeutete eine besondere Auszeichnung, daß sie als Consuln die Leitung des Staatsschatzes weiterführen durften (paneg. 92, 1. 2). Auch die Worte, mit denen sie der Kaiser dem Senate empfahl, waren für beide höchst ehrenvoll (ebd. 91, 3. 4; s. u.). Als designierter Consul gab Cornutus in der Schlußverhandlung gegen den Proconsul von Africa, Marius Priscus, im Januar 100, das Votum ab septingenta milia, quae acceperat Marius, aerario inferenda, Mario urbe Italiaque interdicendum und fügte noch den Antrag auf offizielle Anerkennung für die Vertreter der Anklage, Plinius und Tacitus. hinzu (Plin. ep. II 11, 19). Das von ihm vorgeschlagene Strafausmaß erhielt trotz anfänglich schwankender Haltung des Senates schließlich die überwiegende Stimmenmehrheit gegenüber dem milderen des Consularen Pompeius Collega (Plin. ep. II 11, 21f.). In der nächsten Senatssitzung, in der seinem Vorschlage zufolge der Legat und Mitschuldige des Marius, Hostilius Firminus, vorgeführt wurde (ep. II 11, 24), trat Cornutus gleichfalls für die strengere Strafe ein und beantragte die Ausstoßung des Angeklagten aus dem Senate, ohne jedoch gegenüber dem nachsichtigeren Votum des Acutius Nerva durchdringen zu können (ep. II 12).
Der Consulat des Cornutus und Plinius wird nur die Monate September und Oktober 100 umfaßt haben (vgl. Mommsen Ges. Schr. IV 425f.; daß die Nundinen in diesem Jahre zweimonatliche waren, ergibt sich wohl daraus, daß außer den Ordinarien und den beiden genannten noch folgende Consuln bezeugt sind: ein unbekannter cos. III [Nachfolger des cos. ord. Frontinus], Acutius Nerva, Herennius Saturninus und Pomponius Mamilianus [8. Mai], Roscius Aelianus und Claudius Sacerdos [29. Dez.], endlich vielleicht auch Pompeius Macrinus, vgl. Premerstein Öst. Jhft. XV 209). Wahrscheinlich am 1. Sept hielt Plinius die Dankrede, in welcher er dem Kaiser auch im Namen seines Kollegen den Dank abstattete (paneg. 90, 3ff.). Die beiden Consuln feierten den Geburtstag Traians (18. Sept.) durch ein Edikt und durch Spiele (paneg. 92, 4. 5).
Plinius und Cornutus blieben kaum über das J. 100 hinaus an der Spitze der Staatskasse (allerdings hat Mommsen Ges. Schr. IV 376f die Anklage gegen Caecilius Classicus, die Plinius noch als Praefect des Aerars übernahm, in den Sept. 101 gesetzt, sie gehört aber wohl in den Sept. 98 oder 99, vgl. Stobbe Philol. XXX 1870, 347ff. C. Peter ebd. XXXII 1873, 705f. Asbach [574] Rhein. Mus. XXXVI 1881, 40f. Allair Pline I 578, 2. Merrill a. a. O. 411. Herm. Peten Abh. Sächs. Ges. d. W. ph. hist. Cl. XX 3, 103; schon aus paneg. 92, 1 läßt sich schließen, daß die Niederlegung der Praefectur bald auf die des Consulates folgte). Nach dem Consulat wurde Cornutus cu[ra]to[r viae] Aemiliae (CIL XIV 2925). In einem Schreiben an Pontius Allifanus gibt Plinius seiner Freude über die aus eigener kaiserlicher Entschließung erfolgte Betrauung des Freundes mit diesem Mandate überschwenglichen Ausdruck (ep. V 14). Cornutus erhielt die Straßencuratel, als Plinius bereits Curator alvei Tiberis war (ep. V 14, 2. 9; zu VII 21 s. u.), demnach wohl im J. 105 oder 106 (Mommsen Ges. Schr. IV 382f. 431, 2. Cantarelli Bull. com. 1891, 87f. Allain Pline I 333. Rat-Bayet Rev. épigr. 1914, 63). Das sonst praetorische Amt ist von Traian wohl aus dem Grunde einem Consularen übertragen worden, weil damals auch die Durchführung der Alimentarinstitution in der Aemilia in seinen Wirkungskreis gefallen sein wird (vgl. Hirschfeld Verw.-B² 215; abweichend Rat und Bayet a. a. O. 56f., die auf das Fehlen des Titels praefectus alimentorum hinweisen; doch hatte sich eben für die neue Funktion noch keine feste Bezeichnung eingebürgert). Vielleicht zur gleichen Zeit, da er Plinius nach Bithynien sendete (111/112), ernannte der Kaiser Cornutus zum legatus pro pr[aetore] provinciae Aquitani[ae] c[e]nsu[um] accipiendorum (CIL XIV 2925 ; I. war wohl Gouverneur der Provinz mit besonderer Befugnis zur Vornahme des Census, vgl. Mommsen St.-R. II³ 1092).
Plinius ist anscheinend noch in Bithynien vom Tode ereilt worden (Mommsen Ges. Schr. IV 433); da ist es wohl der Freund des vorzeitig Dahingeschiedenen gewesen, den Traian um 113 beauftragte, das von diesem begonnene Werk der Reorganisierung der Provinz zu Ende zu führen (vgl. Borghesi Oeuvr. IV 118. Waddington Fast. As. n. 123. Mommsen 431, 2). Die Inschrift bezeichnet Cornutus als legatus pr.o praetore divi Traiani [Parthici] provinciae Ponti et Bith[yniae]; er besaß demnach nicht, gleich Plinius (vgl. Bormann Arch.-epigr. Mitt. XV 40f), proconsularische Gewalt. Schließlich erreichte er, obwohl schon über 70 Jahre alt (s. o.), das durch Losung besetzte höchste provinziale Amt eines proconsul provinci[ae Asiae] (CIL XIV 2925). Auch die Ergänzung Africae wäre möglich, aber Cornutus ist der Anciennität nach um 117 oder 118 zum Proconsulat gelangt und gerade für die Amtsjahre 116 bis 119 kennen wir die Proconsuln von Africa. Er verwaltete Asia wahrscheinlich im J. 118/119 (wie Heberdey Österr. Jhft. VIII 1905, 233. 237 und v. Premerstein ebd. XV 1912,209f. annehmen; Waddington hatte sich für 117/118 entschieden).
Cornutus überlebte Traian, wie die Inschrift lehrt, die seiner letztwilligen Verfügung gemäß (ex testamento) errichtet wurde. Als Testamentsvollstrecker nennt sich auf dem Denkmal C. Iulius Plancius Varus Cornutus, vielleicht ein Adoptivsohn des Cornutus (die eine Kopie [2925] hat C. Iulius Pl. Anicius Varus Cornutus, die andere [2925 a] C. Iulius Plant… Varus; Borghesi Oeuvr. IV 117 las C. Iulius P. f. Anicius Varus Cornutus [fratri], vgl. auch Mommsen Ind. Plin. [575] p. 414; doch ist von Cichorius [zu CIL XIV 2925, s. Dessau 1024] mit Recht darauf hingewiesen worden, daß sich der Name Plancius Varus bei einem Consular der flavischen Zeit findet, vgl. noch Lanciani Bull. com. 1899, 34). Eine Tochter des I. war vielleicht Iulia Tertulla, die Gemahlin des L. Iulius Marinus Caecilius Simplex, Consuls im J. 102 (s. d.).
Cornutus war mit Plinius in langjähriger Freundschaft (artissima familiaritate ep. V 14, 4) verbunden. Den Grund zu derselben legten, wie Plinius wiederholt hervorhebt (ep. V 14, 4; paneg. 90, 5), die vertrauten Beziehungen zu gemeinsamen Freunden, in erster Linie zu Corellius Rufus (ep. IV 17, 9. VII 31, 4) und Helvidius Priscus (ep. IX 13, 16); dazu kam die Gleichartigkeit der Lebensauffassung und politischen Richtung (caritas mutua, … congruens tenor vitae, … una eademque ratio propositi, paneg. 91, 6), sowie endlich die Kollegialität in der Schatzpräfektur und im Consulate (ep. V 14, 5; paneg. 90. 4f. 91, 5f.). Zwei an Cornutus gerichtete Schreiben haben Aufnahme in die Sammlung der Plinianischen Briefe gefunden; inhaltlich besagen sie freilich nicht viel. In dem ersten (VII 21), das aus der Zeit der Aerarverwaltung stammt (nicht aus jener der Straßencuratel, wie Mommsen Ges. Schr. IV 385, 3, Cantarelli Bull. com. 1891, 89 und Dessau Pros. a. a. O. meinten; Plinius hätte ihn dann nicht als collega anreden können, vgl. ep. V 14, 5. Peter Abh. Sächs. Ges. d. W. XX 3, 108), antwortet Plinius auf eine Mahnung des Freundes, seine erkrankten Augen zu schonen, und dankt ihm für die Übersendung einer Henne. Der andere Brief (VII 31) ist ein Empfehlungsschreiben für den Ritter Claudius Pollio, der Cornutus persönlich näherzutreten wünschte (vgl. Stein o. Bd. III S. 2842; Peter Philol. XXXII 709 setzt den Brief schon in Nervas Zeit, mit Unrecht, denn das Argument, daß Plinius kein späteres Amt des Pollio erwähne, erledigt sich durch seine Worte nunc otium patitur).
Im anmutigen Hügelland nördlich von Frascati besaß Cornutus sein ,Tusculanum‘, dessen Ruinen (mit Überresten von Bädern, Statuen, Säulen, Mosaiken) Kardinal Pallotta im J. 1640 aufdeckte (vgl. Lanciani und Grossi Gondi a. a. O.); hier fand sich die große Inschrift des Cornutus, die demnach wohl nicht (wie Mommsen Ges. Schr. IV 446 gemeint hatte) seine Grabschrift war.
Bei der überaus günstigen Charakterschilderung, die Plinius von Cornutus entwirft (vir egregius et pro veritate firmissimus [ep. II 11, 19], Cornuto autem quid melius, quid sanctius, quid in omni genere laudis ad exemplar antiquitatis expressius? quod mihi cognitum est non fama, qua alioqui optima et meritissima fruitur, sed longis magnisque experimentis, ep. V 14, 3 und sonst), ist das freundschaftliche Verhältnis der beiden Männer und die unverkennbare Absicht des Schriftstellers, seinem Freunde ein literarisches Denkmal zu setzen, nicht außer acht zu lassen. Aber auch Traian kann als Zeuge dafür angefahrt werden, daß Plinius nicht allzusehr übertreibt (obstat verecundia, redet Plinius den Kaiser an [paneg. 91, 3t], quominus percenseamus, [576] quo utrumque nostrum testimonio ornaris, ut amore recti, amore rei publicae priscis illis consulibus aequaveris … tu tamen dignus es, qui eos consules facias, de quibus ista possis praedicare), und so werden wir es dem Redner schon glauben dürfen, daß sein Freund ein ernster und ehrlicher, persönlich integrer, rechtlich und patriotisch gesinnter Mann gewesen ist. Wie sein Auftreten gegen Marius Priscus und Hostilius Firminus beweist, ließ sich sein strenger Gerechtigkeitssinn auch durch Rücksicht auf seine Standesgenossen nicht beeinflussen. Daß er bis in sein hohes Alter von einem Herrscher wie Traian in öffentlichen Ämtern verwendet wurde, zeugt für seine Tüchtigkeit im Verwaltungsdienst.
[Groag.]
Nachträge und Berichtigungen
196) C. Iulius Cornutus Tertullus. Er stammt wahrscheinlich aus Perge in Pamphylien, S. Jameson Journ. rom. stud. LV (1965) 54ff. und R. Syme Historia XVIII (1969) 365. etc. etc.
[Werner Eck.]
196) C. I. Cornutus Tertullus. cos. suff. im J. 100 n. Chr. S XIV.
[Hans Gärtner.]
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch Iulius 196a und Iulius 196b.
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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