ART

3) Der Metriker, der uns durch 15 Anführungen bei späteren lateinischen Grammatikern bekannt ist. Serv. Aen. V 522 nennt ihn artigraphus, er hat also eine Ars metrica verfaßt. Die Buchzahl geben zwei Zitate, Rufin. GL VI 561, 11 I. in libro quarto (über den iambischen Trimeter). Priscian. GL III 420, 24 idem (womit nur I. gemeint sein kann) in octavo. Da [2396] hier die μέτρα πολυσχημάτιστα behandelt werden, die am Ende zu stehen pflegen, so ist es möglich, aber keineswegs sicher, daß dieses Buch das letzte war; im übrigen läßt sich eine Verteilung des Stoffes auf die einzelnen Bücher, wie sie Hense versucht hat, kaum zur Wahrscheinlichkeit erheben (doch s. Hense Rh. Mus. LVI 111). Daß die Erörterungen de litteris, die durch frg. 1. 3 B sicher bezeugt sind, am Anfange standen, ist klar; darauf folgte etwa die Behandlung der Füße, der μέτρα πρωτότυπα, der ἀσυνάρτητα. – Für I.s Standpunkt ist wichtig Mar. Vict. 88, 4: ut I. noster atque alii Graecorum opinionem secuti referunt; ebd. 94, 6: I. noster, qui inter metricos auctoritatem primae eruditionis obtinuit, insistens Heliodori vestigiis, qui inter Graecos huiusce artis antistes aut primus aut solus est. Der hier bezeugte Anschluß an Heliodoros (s. Hense o. Bd. VIII S. 28) wird durch die Überreste bestätigt; I. ist also ein Vertreter des jüngeren, von den einzelnen Versfüßen ausgehenden metrischen Systems. Daß er einen Vertreter des anderen (Derivaten) Systems (Caesius Bassus) benutzt habe, hatte Hense angenommen, doch ist es von G. Schultz Quibus auctor. Aphthonius usus sit, Breslau 1885 widerlegt worden: I. stellte also das andere System rein dar. So auch Hense neuerdings Rh. Mus. LVI 107. Für seine Zeit ergibt sich aus der Benutzung Heliodors, dessen Zeit nicht genau feststeht, kein recht bestimmter Terminus post quem; auch die sprachlichen Indizien verfangen nicht recht, da sie meist aus Stellen entnommen sind, an denen I. nicht wörtlich vorzuliegen braucht (Hense 105). Ferner hat man geltend gemacht, daß das von I. frg. 149 gebildete metrische Beispiel si qua flagella iugabis, ante putare decet sich an den Vers des Neoterikers Septimius Serenus (Mar. Vict. 122, 015) anlehnt quando flagella ligas, ita liga; doch scheint der Vers vielmehr von Annius Faliscus zu stammen (Terentian. 1991, dort q. fl. iugas, ita iuga). Liegt hier in der Beziehung des Verses auf Serenus ein durch Mißverständnis des Terentianus verschuldeter Irrtum des I. vor, so müßte er diesen bereits benutzt haben; doch liegt zu dieser Annahme kein zwingender Grund vor. Man wird das Werk schon wegen seiner Gründlichkeit und seines gelehrten Charakters ungern weit unter das Ende des 2. Jhdt. herabrücken. Von dem reichen griechischen Material, das sich bei Heliodor fand, hat I. viel beibehalten; seine eigene Tätigkeit bestand besonders darin, daß er lateinische Beispiele auffand oder neubildete. Dabei lehnt er sich meist an Dichterstellen, die ihm bekannt waren, besonders aus Vergil, an und verrät keine eigene dichteriche Begabung. Wentzel Progr. Oppeln 1881.

Die Nachwirkung I.s war erheblich, wenn auch vielleicht nicht so groß, wie Hense sie darstellt. Besonders Marius Victorinus (bezw. Aphthonius) scheint von S. 31, 17 an auf ihm zu fußen, das Fragm. Bobiense (aus Cod. Vindob. 16 saec. VIII/IX) de iambico, trochaico, dactylico, anapaestico (GL VI 620) und das Fragm. Paris, (aus Cod. 7530 saec. VIII) Auszüge aus I. zu sein. Sonst nennt ihn Sacerdos am Schlusse seiner Metrik 546, 8 (sicut praecepit I. metricus). Rufinus, Mallius [2397] Theodorus, Pompeius, Servius und Priscian, die ihn natürlich nicht alle direkt benutzt zu haben brauchen. Daß es einen Auszug aus I. gegeben habe, wie Schultz 39. 54 vermutet, ist möglich, aber unnachweisbar; vgl. Hense Rh. Mus. LVI 108 A.

Westphal Griech. Metrik I² 223 (der zuerst I.s Bedeutung und Stellung erkannte). H. Keil Ind. lect. Halle 1873/4; GL VI 583. 617. 630. Umfassende Behandlung aller Fragen und Rekonstruktion von Hense De I. artigrapho, Acta Soc. Lips. IV (Lpzg. 1875). Vgl. H. Wentzel Symbolae crit. ad Script. metr., Breslau 1858; Progr. Oppeln 1864. Teuffel RLG III § 373, 5. Verfehlt ist die frühere Literatur, die I. mit I. Nr. 2 gleichsetzte (z. B. ten Brink I. de re metr. rell., Utrecht 1854).
[Kroll.]

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