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Ituraea (Schürer Gesch. des jüd. Volkes I3. 4 1901, 707–725. Guthe Abilene, Realenc. f. protest. Theol. u. Kirche I³ 1896, 99–101; ders. Ituräa, ebd. IX³ 1901, 543f. und Ergänzungen XXIII 1913, 4. Dussaud Les Arabes en Syrie avant l’Islam 1907, 10–13). [2378]
I. Die Ituräer Ἰτουραῖοι, Ἰτυραῖοι sind identisch mit יְטוּר Genes. 25, 15 P. LXX Ιετουρ‚ LXX DE Ιεττουρ, 1. Chron. 1, 31 einem syrisch-arabischen Wüstenstamm, der wegen der Zusammennennung mit תימא θαιμαν einstmals zwischen Medina und der Oase Dschôf seine Weideplätze gehabt haben wird. Eine Völkerwelle hat sie dann zunächst in das Ostjordanland geführt. Hier kennt sie der Chronist 1. Chron. 5, 19. LXX Τουραῖοι und läßt sie mit den transjordanischen jüdischen Stämmen Ruben, Gad und Manasse in Kämpfe verwickelt werden. Noch vor Ende des 2. Jhdts. v. Chr. sind die I. aber in das nordpalästinische Kulturland eingebrochen und haben sich hier festgesetzt. Doch der hasmonäische Judenkönig Aristobul I. 105/4 bekämpft die benachbarten I. Joseph. ant. Iud. XIII 1, 2 und nimmt ihnen Land ab, das er mit Iudaea vereinigt. Näher sind die Wohnsitze der I. die Gebirgszüge des Libanon und Antilibanon und die Niederung dazwischen, d. i. die Ebene Masseyas (Massyas), Strab. XVI 2, 10. 18. Polyb. V 45f. Guthe Bibel-Atlas 1911, nr. 14. Diese Gegend zwischen Laodicea ad Libanum bis Chalcis (das heutige ʿAndschar südlich von Baʿalbek) ist ,Ituraea‘. Für den Libanon als Wohnsitz spricht auch die Inschrift des Quirinius (Mommsen Ephem. epigr. IV 1881, 537=542=CIL III Suppl. nr. 6687), auf der der Unterfeldherr Q. Aemilius Secundus von sich sagt: missu Quirini adversus Ituraeos in Libano monte castellum eorum cepi. Über die Unmöglichkeit, das Gebiet der I. mit der Trachonitis (Euseb. Onomasticon ed. de Lagarde 268. 298) oder mit der Landschaft Dschedûr südwestlich von Damaskos gleichzusetzen, oder sie am Ostabhang des Haurân zu suchen (Wetzstein Reisebericht über Hauran und die Trachonen 1860, 90ff.), s. Schürer a. a. O. 710ff. und Dussaud a. a. O. 11f.
II. Mit dem Übertritt ins Kulturland gingen die I. vom Nomadentum zu festen Wohnsitzen über. Auch trat eine starke Vermischung mit den aramäisch redenden Bewohnern ein. So erklärt sich, obwohl die Grundlage des Volkes die arabische Nationalität ist, daß sich bei den I. viele aramäische Namen finden, z. B. Bargathes (Schürer 708, 5) = בר עתה (vgl. zu dem häufigen weiblichen Gottesnamen עתה Baudissin Atargatis, Realenc. f. prot. Theol. II³ 172f. Dussaud a. a. O. 151); Beliabus בל יהב Bel hat gegeben. Hanel Ανηλος חן אל Gnade Gottes (Dussaud 11). Das Pantheon der I. wird ähnlich dem der übrigen nach Syrien eingedrungenen vorislamischen Araber ein Gemisch von arabischen und aramäischen Gottheiten gewesen sein (Dussaud 116ff.). Als gefährliche Räuber, aber auch als geschickte Bogenschützen, deren sich u. a. ein Caesar und Marcus Antonius bedienten, sind die I. den klassischen Schriftstellern (Schürer 709) bis in die spätere Kaiserzeit bekannt. Den von Aristobul I. unterjochten I. wurde die Beschneidung und jüdische Lebensweise aufgezwungen, Joseph. ant. XIII 11, 3.
III. Der bis jetzt bekannte erste Herrscher der I. ist Ptolemaios, Sohn des Mennaeus, Πτολεμαῖος ὁ Μενναίου Strab. XVI 2, 10, 85–40 v. Chr. Sein Reich umfaßte das Bergland mit der [2379] Hauptstadt Chalcis Jos. ant. XIV 7, 4. Ptolemaios versuchte die Grenzen seines Gebietes zu erweitern. So eroberte er am Meer Botrys und Θεοῦ πρόσωπον; im Osten bedrohte er Damaskos ant. XIII 16, 3; nach Süden gehörte ihm die Gegend der Jordanquellen ant. XV 10, 1ff. Zur Zeit des oben genannten jüdischen Königs Aristobul I. scheint Galiläa unter ituräischer Gewalt gestanden zu haben. Nach ant. XIV 3, 2 erkaufte sich Ptolemaios, als Pompeius 63 nach Syrien kam, von diesem durch schweres Geld Verzeihung für sein eroberndes Auftreten, scheint aber doch von dem Römer sich Verkleinerungen seines Besitzes haben gefallen lassen müssen. Die letzten Hasmonäer, d. i. die Nachkommen des von den Pompeianern getöteten Aristobul II., fanden im J. 49 bei Ptolemaios Zuflucht (ant. XIV 7, 4). Ptolemaios heiratete Alexandra, eine Tochter Aristobuls II., die erst sein Sohn Philippion zur Frau genommen hatte, bis ihn der eigne Vater umbringen ließ, und unterstützte der Verwandtschaft zu Liebe ihren Bruder Antigonus, als dieser sich der Herrschaft von Judäa bemächtigen wollte ant. XIV 12, 1. Nach ant. XIV 13, 3 ist Ptolemaios während des Parthereinfalls in Palästina gestorben. Der Sohn des Ptolemaios, Lysanias (ant. XIV 13, 3), herrschte nach Cass. Dio XLIX 32 als ‚König der Ituräer‘. Unter dem Vorwand, daß er mit den Parthern konspiriere, ließ Antonius, auf Betreiben der habgierigen Kleopatra, den Lysanias im J. 34 hinrichten, nachdem er schon zuvor Stücke des ituräischen Gebietes an seine ägyptische Hetäre verschenkt hatte (ant. XV 4, 1. Cass. Dio XLIX 32).
Das von Ptolemaios errichtete Ituräische Reich muß sich nach dem Tode des Lysanias in eine Reihe von Einzelherrschaften aufgelöst haben. So 1) die Abîlene. Im J. 37 verlieh Caligula seinem Günstling Agrippa I., einem Enkel des Herodes d. Gr., die Tetrarchie des Lysanias ant. XVIII 6, 10, d. i. die Abilene, eine Schenkung, die nachher Claudius 41 n. Chr. (ant. XIX 5, 1; bell. Iud. II 11, 5) bestätigte. Von demselben Claudius wurde Agrippa II. im J. 53 mit der Abilene ant. XX 7, 1 beschenkt, die in seinem Besitz bis zu seinem Tode 100 geblieben sein wird. Die Abilene ist benannt nach Abila, das nach dem Itinerarium Antonini (ed. Wesseling 198) und der Tabula Peutingeriana (ed. Miller X 3) 18 römische Meilen von Damaskos nach Heliopolis = Baʿalbek lag. Der Ort deckt sich mit dem heutigen Ṣûḳ wadi Barada, wo ein Grab des nebi Hābīl (= Abel) gezeigt wird, in dem der alte Ortsname Abil weiterlebt. Die Gleichheit wird überdies noch gesichert durch eine römische Inschrift an der alten Römerstaße bei Ṣûḳ (CIL III 199). Darnach haben die Kaiser Marcus Aurelius Antoninus und Lucius Aurelius Verus 163–165 impendiis Abilenorum die römische Straße wiederhergestellt. Vgl. auch den bei Ṣûḳ gefundenen römischen Meilenstein mit dem Vermerk 2 römische Meilen, wohl gerechnet von dem Mittelpunkt des alten Abila aus, und die Angaben arabischer Geographen, z. B. des Iâḳût bei Guthe Abilene Nachträge 4. Die Tetrarchie des Lysanias ist nicht zu vereinigen mit dem Reich des Lysanias 40–34 v. Chr. [2380] Der Tetrarch Lysanias wird Ev. Luc. 3, 1 in das 15. Jahr des Tiberius 29/8 gesetzt. Ihn bezeugt die von Pococke 1738 entdeckte griechische Inschrift von Abila‚ wonach Νυμφαῖος ein Freigelassener des Tetrarchen Lysanias eine Straße und einen Tempel bei Abila gebaut hat (CIG nr. 4521, Addenda. p. 1174). Die Inschrift ist sicher unter Tiberius hergestellt (Schürer a. a. O. 719). Nun wird nicht ein Freigelassener des Lysanias, der 40–34 v. Chr. regierte, noch mindestens 50 Jahre nach seinem Tode Stiftungen für ihn gemacht haben – jener Tetrarch Lysanias muß also von dem Lysanias‚ dem Sohn des Ptolemaios, unterschieden werden. Auch beschränkte sich das Gebiet des Lysanias I. nicht auf die Abilene.
[Beer.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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