ART

Iason (Ιάσων, ion. Ἰήσων, etrusk. Heiasun [o. Bd. VII S. 2622]). 1) Held der Argonautensage. Der Name (von ἰᾶσθαι) kennzeichnet I. als alten Heilgott (vgl. Usener Götternamen 156S. Gruppe Griech. Mythol. 545, 1), wie man schon im Altertum erzählte, Chiron habe I. die Heilkunst gelehrt und ihm den Namen I. = ἰατρός gegeben (Pind. Pyth. IV 119 nebst Schol. 211. Schol. Apoll. Rhod. I 554). Allein die ursprüngliche göttliche Bedeutung geriet frühzeitig in Vergessenheit. In unserer Überlieferung, in den spärlichen Resten eines I.-Kultes und in der Sage, ist I. stets der thessalische Heros, der von seinem Oheim Pelias von Iolkos hinausgesandt wird, um das Vließ des Phrixos-Widders aus dem fernen Aia wiederzuholen, der dann nach vielen Mühen und Gefahren das Vließ mit Hilfe der Medeia erringt und mit dem Vließ zugleich Medeia als seine Gemahlin auf der Argo heimführt. Der Kern dieser Sage war durch alte Argonautenepen festgelegt; ihm mußten sich alle sonstigen Sagen von I. und Medeia anpassen. Was damit unvereinbar war, wurde übergangen oder derart umgestaltet, daß sich die einstige Bedeutung nur noch ahnen, aber nicht mehr beweisen läßt. Abgesehen von diesem festen Kern hatte allerdings kein altes Argonautenlied eine so überragende Bedeutung für die Einzelheiten der Argonautensage gewonnen, wie z. B. die Odyssee für die Odysseussage. Daher gibt es für alle Einzelheiten zahlreiche poetische Variationen, z. T. unter Anknüpfung an Lokalsagen, z. T. unter Übertragung von Motiven anderer Sagen auf I. und die Argonauten.

Über den Vater des I. gibt es nur eine einzige, offenbar schon in den ältesten Argonautenliedern festgelegte Tradition. I. heißt Αἰσονίδης, Κρηθεΐδης, Αἰολίδης. Aiolos hatte einen Sohn Kretheus, dessen Sohn war Aison, der Eponymos des von Pind. frg. 273. Pherekyd. frg. 58. Apoll. Rhod. I 411 nebst Schol. Steph. Byz. erwähnten thessalischen Ortes Aison (Aitonia, Aisonis). Dieser Aison, von dem die Sage nur im Zusammenhang der I.-Sage erzählt, war der Vater des I. Trotzdem aber wohnen I. und Aison niemals in dem Ort Aison, sondern stets in Iolkos (Hesiod. theog. 997. Pind. Pyth. IV 118. Apoll. Rhod. I 906 u. a.): daß I. gelegentlich Παγασαῖος heißt (Anth. Pal. IV 3, 66. Ovid. fast. I 491), hängt damit zusammen, daß die Argo in Pagasai gebaut war. Festgelegt war in alten Liedern auch der weitere Stammbaum: [760] Tyro, die Tochter des Salmoneus, gebar nach Hom. Od. XI 235ff. dem Kretheus drei Söhne, Aison, Pheres und Amythaon, ferner gebar sie dem Poseidon, der ihr in der Gestalt des Flußgotts Enipeus genaht war, zwei Söhne Pelias und Neleus. Pind. Pyth. IV 125ff. benutzt diesen Stammbaum zu seiner Argonautendichtung: als der 20jährige, heimlich von Chiron auferzogene I. nach Iolkos zu seinem Vater Aison zurückkehrt, finden sich auch Pheres und Amythaon als Verwandte mit ihren Söhnen Admetos und Melampus zur Begrüßung ein. Allein im übrigen haben Amythaon und Melampus mit der Argonautensage nichts zu tun. Von jenem Stammbaum, der zu ganz anderen Zwecken aufgestellt ist, fällt in den Kreis der Argonautenlieder im wesentlichen nur das Verhältnis des Pelias als Stiefsohn des Kretheus, somit als Stiefbruder des Aison und Oheim des I. Darauf beruht die Anschauung, in Iolkos hätten von Rechts wegen Aison und I. auf Kretheus als Herrscher folgen müssen, Pelias habe den Thron widerrechtlich an sich gerissen. – Auch der erweiterte Stammbaum der Aioliden, der seit Hesiod frg. 7 (27) Rz. oft wiederholt ist und der Kretheus, Athamas, Sisyphos, Salmoneus und Perieres als Söhne des Aiolos aufführt (s. den Art. Aiolos o Bd. I S. 1039), hat z. T. seinen Ursprung in der Argonautendichtung. Athamas, der Vater des Phrixos, wird AioÜde, so daß die Heimholung des goldenen Vließes des Phrixos-Widders zur Familienpflicht des Aioliden I. wird; und dadurch, daß Salmoneus, der Vater der Tyro und Großvater des Pelias, ein Bruder des Athamas und Kretheus ist, wie u. a. Pind. Pyth. IV 142 betont, wird auch Pelias als Aiolide berechtigt, die Heimbringung des Vließes als seine Familienpflicht anzusehen. Die kleinen Unebenheiten, daß Kretheus nach den kombinierten Genealogien in Tyro seine Nichte heiratet und daß der alte Schicksalsspruch vom Tod durch einen Aioliden (Pind. Pyth. IV 72) nunmehr den Pelias trifft, der selbst ein Aiolide ist, haben die alten Genealogen und Dichter für geringfügig erachtet. Alle halten an dem Stammbaum übereinstimmend fest; vgl. u. a. Hellanik. frg. 32 (Schol. Apoll. Rhod. III 335). Eurip. Aiolos frg. 14. Apoll. Rhod. II 1162. III 360. Apollod. I 49–107. Schol. Apoll. Rhod. I 121. 143. II 1162. Vit. Apoll. Rhod. p. 532f. Schol. Hom. Od. X 2. XI 237. XII 69.

Die Mutter des I., die Gemahlin des Aison, führt verschiedene Namen: 1. Polymela (Hesiod. frg. 18 (39) bei Schol. Hom. Od. XII 69); Polymele, Tochter des Autolykos (Tzetz. Chil. VI 979); Polymede, Tochter des Autolykos (Apollod. I 107. Tzetz. Lykophr. 175. 872); Polypheme, Tochter des Autolykos (Herodor. frg. 36 bei Schol. Apoll. Rhod. I 45). Vielleicht ist überall Πολυμήδη zu schreiben, ein Name, der an Medeia erinnert, vgl. Usener Götternamen 160. Daß die Dichter I. auf diese Weise mütterlicherseits zum Enkel des Autolykos machen, hat seine Parallele darin, daß auch Odysseus mütterlicherseits ein Enkel des Autolykos ist. Die Argonautendichtung hat mancherlei Züge mit der Odyssee gemeinsam, z. B. die Abenteuer bei den Sirenen, Skylla, Charybdis, Planktai-Symplegaden [761] usw. Und wenn Schwestern der Penelope die Namen Mede (Μήδη oder Μέδη) und Hypsipyle führen, so sind diese Namen wohl in Erinnerung an Medeia und Hypsipyle, die Gattinnen des I., gewählt. – Die Kombination, daß Autolykos der Großvater des I. sei, mußte selbstverständlich abgelehnt werden von allen, welche die ältere Fassung der Lokalsage von Sinope anerkannten, daß Autolykos, der Sohn des Hermes, als Argonaut (vgl. Apollod. I 112) mit I. hinausgezogen und so der Oikistes von Sinope war (Strab. XII 546; s. o. Bd. II S. 763f.).

2. Alkimede (Ἀλκιμέδη), Tochter des Phylakos und der Minyastochter Klymene (Eteoklymene Stesichor. frg. 54; Periklymene Schol. Apoll. Rhod. I 230), Pherekyd. frg. 59. Apoll. Rhod. I 45ff. 233. 251ff. Asklepiad. Schol. Hom. Od. XII 69. Val. Flacc. I 297ff. 731. Hygin. fab. 3. 13. 14. Ovid. heroid. VI 105. Die Wahl dieses Namens hängt mit der kühnen Erklärung zusammen, die Argonauten seien nur deshalb Minyer genannt, weil ,die meisten und besten von Töchtern des Minyas abstammten‘ (Apoll. Rhod. I 230, vgl. Serv. Buc. IV 34).

3. Amphinome: Diod. IV 50; ebenso heißt eine Tochter des Pelias Diod. IV 53.

4. Theognete, Tochter des Laodikos, Andron frg. 15 bei Schol. Apoll. Rhod. I 45.

5. Rhoio, Tochter des Staphylos, Tzetz. Chil. VI 979.

6. Arne, Tzetz. Lykophr. 872.

7. Skarphe, Tzetz. Lykophr. 872; vgl. Schol. min. Hom. Il. II 532 Σκάρφην· ἁπὸ Σκάρφης τῆς Αἴσονος ⟨? Ἰάσονος⟩ μητρός. – Die beiden Namen Arne und Skarphe stammen wohl aus der Lokalsage der beiden thessalischen Orte.

Geschwister hatte I. nach Apoll. Rhod. I 287 (vgl. Schol. I 271) nicht. Dagegen bezeichnet Ibykos frg. 39 (Schol. Apoll. Rhod. I 287) die Gemahlin des Akastos Hippolyte (s. d.) als Schwester des I. Andere erwähnen einen kleinen Bruder Promachos, den Pelias tötet, während I. in Kolchis weilt, Apollod. I 143. Diod. IV 50. Val. Flacc. I 771ff. 823f. Tzetz. Lykophr. 175.

Kinder. Medeia und I. werden, zumal im Kultus von Korinthe Kinder zugeschrieben, die in der Jugend gestorben sein sollten. Das hängt mit der Vorstellung zusammen, daß früh verstorbene, durch Trauerlieder und Totenfeste verehrte Kinder als Schutz- und Heilgötter (vgl. Telesphoros) weiterwirkten, vgl. Nilsson Griech. Feste 59. Die alten Mythographen, deren Interesse genealogischen Zusammenhängen zugewandt war, hatten wenig Verständnis für solche Kinder, deren Namen in alten Gedichten z. T. erwähnt waren, ,ohne daß etwas Bemerkenswertes hinzugefügt war‘, wie Paus. II 3, 9 für den Pheres der Naupaktien und für Medeios und Eriopis des Kinaithon bemerkt. Sie bringen dieselben Namen deshalb oft in völlig abgeänderter genealogischer Verknüpfung.

1. Medeios. Als I. mit Medeia nach Iolkos zurückgekehrt war, gebar Medeia ihm den Medeios, den Chiron, wie einst seinen Vater I., erzog, μεγάλου δὲ Διὸς νόος ἐξετελεῖτο, Hesiod. theog. 1001. Kinaithon frg. 2 bei Paus. II 3, 9. Usener Götternamen 161f. sieht in ihm einen [762] alten Heilgott Medeios neben der Heilgöttin Medeia. Die Mythographen übergehen ihn zugunsten jenes späteren Medos bezw. Medeios, der ein Sohn des Aigeus und der Medeia sein sollte und angeblich dem Lande Medien seinen Namen gegeben hatte.

2. Eriopis, von Kinaithon a. a. O. als Schwester des Medeios erwähnt, πέρα δὲ ἐς τοὺς παῖδας οὐδὲ τούτῳ πεποιημένα ἐστίν (Paus. II 3, 9). Die Mythographen verwerten den Namen als Eriopis bezw. Eriope, Tochter des Pheres, Gemahlin des Oileus und Mutter des Aias (o. Bd. VI S. 459), oder als Periopis, Tochter des Pheres, Gemahlin des Menoitios und Mutter des Patroklos (Apollod. III 176; zu der Namensform Eriopis – Periopis vgl. Eriboia – Periboia). Dadurch daß aus der Tochter des I. eine Tochter des Pheres wird, ist die Chronologie im Sinne der Mythographen ,korrekt‘ geworden; denn sie halten unbedingt fest, daß die Helden des troianischen Krieges nur um eine Generation jünger sind, als die Argonauten.

3. Polyxenos, nach Hellanik. frg. 30 (Paus. II 3, 8) ein Sohn des I. und der Medeia, mit dem Medeia später nach Medien floh. Die von Seeliger bei Roscher Myth. Lex. II 2497, 11, vgl. III 2744, 60 vorgeschlagene Textänderung ist nicht notwendig.

4. Mermeros und Pheres. Die Zahl der in Korinth im Heiligtum der Hera Akraia bestatteten und an den Heraia mit Trauerriten verehrten Kinder wird verschieden angegeben. Nach Eumel. frg. 3 (Paus. II 3, 11) waren es mehrere: Medeia brachte sie jedesmal nach der Geburt in den Heratempel, damit sie die Unsterblichkeit erlangten. Nach dem ergänzenden Bericht in Schol. Pind. Ol. XIII 74 hatte Hera die Unsterblichkeit zugesagt, und die Kinder wurden unter dem Namen μιξοβάρβαροι verehrt. Unter denen, welche die Kinder von den Korinthern getötet werden lassen, spricht Parmeniskos (Schol. Eurip. Med. 273) von sieben Söhnen und sieben Töchtern entsprechend der Zahl der jährlich im Tempel dienenden korinthischen Kinder. Dagegen spricht Paus. II 8, 6, wo er die korinthische Quelle Glauke und das dort liegende μνῆμα der von den Korinthern gesteinigten Medeiakinder erwähnt, von zwei Kindern, Mermeros und Pheres, und diese beiden Namen kehren wieder bei vielen, die im Anschluß an Euripides’ Medeia erzählen, daß Medeia selbst ihre beiden Söhne getötet habe. Euripides nennt ihre Namen nicht. Dagegen heißen sie Mermeros und Pheres bei Apollod. I 146. Hygin. fab. 25. 239. Schol. Eurip. Med. 118. Tzetz. Lykophr. 175. 1318. Dracont. X 531. Daß diese beiden Namen schon in älterer Zeit bekannt waren, zeigen die Sagen von Korkyra und dem thesprotischen Ephyra. Nach Naupakt. frg. 10 (Paus. II 3, 9) siedelten I. und Medeia nach dem Tode des Pelias von Iolkos nach Korkyra über und hatten dort zwei Söhne, Mermeros und Pheres; von letzterem wurde nichts Näheres berichtet; von Mermeros hieß es, er sei bei einer Jagd auf dem gegenüberliegenden Festland von einer Löwin zerrissen worden. Ob die Naupaktien einen Zusammenhang dieses Mermeros mit dem von Hom. Od. I 259 erwähnten Ilos Mermerides [763] von Ephyra (nach Proxenos Epeirot. bei Schol. Hom. Od. I 259: Iros, Sohn des Mermeros) kennen, ist ungewiß. Apollod. frg. 170 (Schol. Hom. Od. I 259, ergänzt durch Eustath. Hom. Od. 1416, 2 vgl. 1415, 57. 1448, 30) kennt eine Version, nach welcher I. und Medeia von Iolkos nach dem thesprotischen Ephyra übersiedeln, dort haben sie einen Sohn Pheres, dessen Sohn Mermeros der Vater des Ilos ist; vgl. auch Kichyros Sohn des Mermeros, Schol. Pind. Nem. VII 53.

5. Alkimenes und Tisandros, Diod. IV 54 nennt die in Korinth von Medeia getöteten und im Heraion bestatteten Söhne Alkimenes und Tisandros. Der Name Alkimenes kommt in Korinth noch einmal in anderem Zusammenhang für einen in der Jugend gestorbenen Knaben vor als Bruder der Bellerophontes, den dieser tötet, Apollod. II 30. Tzetz. Lykophr. 17.

6. Thessalos. Diod. IV 54f. erwähnt neben Alkimenes und Tisandros noch einen Zwillingsbruder des Alkimedes namens Thessalos. Dieser entgeht in Korinth der Ermordung durch Medeia und flüchtet nach Iolkos, wo er nach dem Tod des Akastos die Herrschaft antritt und dem Lande Thessalien seinen Namen gibt.

7. Argos, nach Ptolem. Hephaist. 2 p. 185, 16 Westermann Mythograph. ein Sohn des I. und Liebling des Herakles, der ihm zu Liebe dem I. folgt, die Argo baut und nach seinem Namen benennt.

8. Über die Söhne des I. und der Hypsipyle, Euneos und seinen Zwillingsbruder Nebrophonos, Deipylos oder Thoas vgl. den Art. Hypsipyle.

I. und Chiron. Daß I. wie Asklepios, Achilleus und wie nachmals sein eigener Sohn Medeios (Hesiod. theog. 1001) von Chiron erzogen wird, ist ein alter Zug der Sage, vgl. Hesiod. frg. 19 (40). Pind. Nem III 54. Hermipp. in Schol. Arat. 436. Von der Heilkunst, die er dort lernt, soll er den Namen I. = ἰατρός erhalten haben, Pind. Pyth. IV 119 nebst Schol. 211. Schol. Apoll. Rhod. I 554. Zum Teil ist die Voraussetzung, daß die Eltern den kleinen I. dem Chiron übergeben haben, um ihn vor den Nachstellungen des Pelias zu schützen, Pind. Pyth. IV 102ff. (vgl. Schol. 135). Asklepiad. frg. 3 (Schol. Hom. Od. XII 59); anders motiviert in der vit. Apoll. Rhod. p. 533 Keil. Die Argonautendichtung benutzt die alte Sage zu einigen poetischen Erweiterungen: Als I. von Pelias den Auftrag erhalten hat, nach Kolchis zu fahren, holt er Chirons Rat ein, und der Kentaur ist bei der Auswahl der Helden behilflich (Asklepiad. a. a. O.); insbesondere nimmt I. auf Chirons Rat den Orpheus mit (Herodor. frg. 39. Apoll. Rhod. I 33. Schol. Apoll. Rhod. I 23. 31); bei der Abfahrt der Argo kommt Chiron mit dem kleinen Achilleus zum Strande (Apoll. Rhod. I 553ff. Val. Flacc. I 255ff. Stat. Achill. I 156f.). Nach Orph. Argon. 376ff. besuchen die Argonauten nach ihrer Abfahrt noch einmal auf Peleus Bitte den Chiron.

I. und Pelias. Hom. Od. XI 255 bezeichnet den in Iolkos herrschenden Pelias und seinen Bruder Neleus als τὼ κρατερ ὼ θεράποντε Διὸς μεγάλοιο , und ebenso werden die alten Lieder von den Leichenspielen des Pelias ihn nur als [764] den mächtigen König gefeiert haben. Reste einer alten Sagenbildung, der eine tiefere Feindschaft zwischen Pelias und I. fremd war, liegen darin, daß I. an den Leichenspielen für Pelias teilnimmt, und zwar im Ringkampf mit Peleus in Gegenwart der Töchter des Pelias (Kypselos-Lade: Paus. V 17, 10f.), ferner auch darin, daß Akastos, der Sohn des Pelias – nach Ibykos a. a. O. mit I.s Schwester vermählt – den I. auf der Argofahrt begleitet; daß dies gegen den Willen des Pelias geschah (o. Bd. I S. 1157), ist eine spätere Kombination. Weiter gehört zur alten Sagenbildung, daß I. nach der Rückkehr aus Kolchis mit Medeia und seinem Sohn Medeios in Iolkos lebt (Hesiod. theog. 997ff.) und daß Medeia dort ihre Kunst der Verjüngung betätigt. Sie verjüngt Aison (Nostoi frg. 6: Hypoth. Eurip. Med. und Schol. Aristoph. Equ. 1321. Ovid. met. VII 162ff.), ihren Gatten I. (Simonid. frg. 204. Pherekyd. frg. 74. Lykophr. 1315. Dosiad. Anth. Pal. XV 26, 2) und in der älteren Peliassage vielleicht auch Pelias selbst. Bei der epischen Ausgestaltung der Argonautensage verschwindet das friedlichere Verhältnis zwischen I. und Pelias. Die Aussendung nach Kolchis wird, wie in anderen Sagen eine Aussendung in Gefahren, begründet durch Rivalität, durch die Furcht vor Entthronung, durch die Hoffnung, der Ausgesandte werde in der Gefahr draußen sein Leben einbüßen. Pelias wird als ?βριστής charakterisiert (Hesiod. theog. 995f. Mimnerm. frg. 11), und seine Strafe ist schließlich der Tod durch Medeia und die Peliaden: I. und die Peliaden können jetzt nicht mehr an den Leichenspielen teilnehmen. Zwei Momente treten bedeutungsvoller hervor:

1. Hera will Pelias verderben, da er die Göttin vernachlässigt und seine Stiefmutter am Heraaltar getötet hat (Apollod. I 92. Tzetz. Lykophr. 175). Sie begünstigt die Argofahrt, damit I. die Medeia τὰν Πελίαο φόνον (Pind. Pyth. IV 250) heimbringe; vgl. Pherekyd. frg. 60 (Schol. Pind. Pyth. IV 133). Apollod. I 109. Apollon. Rhod. I 14. III 64. 1134. IV 242. Hygin. fab. 13. Hera ist von alters her die Freundin der Argonauten, vgl. Hom. Od. XII 72. Pind. Pyth. IV 184. Apoll. Rhod. II 865. III 8ff. 210ff. 250. 922. Val. Flacc. I 305. Orph. Argon. 61ff. 297. Ihre besondere Liebe für I. wird damit begründet, daß I. dereinst auf der Heimkehr von einer Jagd die Göttin, welche in Gestalt einer alten Frau die Gesinnung der Menschen prüfen wollte, durch einen reißenden Fluß getragen hatte, durch den Anauros (Apoll. Rhod. III 67ff., vgl. Hygin. fab. 22), Enipeus (Val. Flacc. I 81 ff.), Euenos (Hygin. fab. 13) oder Ister (Dracont. X 57), wobei er nach Hygin. fab. 13. Serv. Buc. IV 34. Vit. Apoll. Rhod. p. 533 Keil seine eine Sandale verlor. – Daß dieses Freundschaftsverhältnis zwischen I. und Hera eine tiefere Bedeutung hat, geht aus den Sagen von Korinth hervor, wo Medeia der Hera besonders nahe steht und die Kinder des I. im Heraion Grab und Kult haben. Wenn aber R. Schröder Die Argonautensage und Verwandtes, Progr. d. Berger-Realgymn. Posen 1899, daraus I. als Frühlingsgott erküren will, so weist Gruppe Gr. Myth. Literatur [765] a. d. Jahr. 1898–1905, 414 das mit Recht zurück.

2. Pelias war durch ein Orakel gewarnt worden, er solle sich vor dem Manne hüten, der nur an seinem einen Fuße einen Schuh trage und so als μονοκρήπις (Pind. Pyth. IV 75. Lykophr. 1310), μονοσάνδαλος (Apollod. I 108), μονοπέδιλος (Vit. Apoll. Rhod. p. 533, 9. Schol. Lykophr. 1310) oder οἰοπέδιλος (Apoll. Rhod. I 7) vor ihn trete. Deshalb schickt Pelias, als I. μονοσάνδαλος 1 vor ihm erscheint, ihn fort auf das kolchische Abenteuer, in der Hoffnung, er werde dabei den Tod finden. Unter den verschiedenen Versionen, welche dies Orakel von dem ,Einschuhigen‘ erwähnen, kennt die eine Gruppe keine frühere Feindschaft zwischen Pelias und I., ehe I. μονοσάνδαλος auftritt, vgl. Pherekyd. frg. 60 (Schol. Pind. Pyth. IV 133). Apollod. I 107. Apoll. Rhod. I 5ff. Hygin. fab. 12. Schol. Stat. Theb. ΙΙΙ 516. V 336. Serv. Buc. IV 34. Myth. Vat. 5 ΙΙ 135. Aison lebt in Iolkos, wo Pelias herrscht; I. selbst weilt auf dem Lande, da er die Landwirtschaft liebt (πόθω γεωργίας: Apollod.). Pelias ruft alle zu einem Opfer für seinen Vater Poseidon zusammen. I. pflügt gerade in der Nähe des Anauros, und als er diesen Fluß durchwatet, vergißt er die linke Sundale wieder anzulegen (Pherekyd.) oder er verliert die eine Sandale im Anauros (Apollod. Apoll. Rhod. u. a.) oder Euenos (Hygin. fab. 12). Pelias gedenkt beim Anblick des Einschuhigen des Orakels und fragt am nächsten Tage. I. selbst, was er wohl mit demjenigen beginnen würde, von dessen Hand ihm nach einem Orakel der Tod drohe. I. entgegnet, er würde ihn beauftragen, das goldene Vließ zu holen, ein Wort, das Hera ihm eingab, damit Medeia zur Ermordung des Pelias nach Iolkos komme. Auf dieses Wort des I. hin erteilt Pelias dem I. den Auftrag. – Nach anderen Versionen besteht schon ehe I. mit der einen Sandale vor Pelias tritt, ein feindseliges Verhältnis zwischen Pelias und I. bezw. Aison. Bei Pind. Pyth. IV 71ff. findet sich neben dem Orakel, das vor dem μονοκρήπις warnte, anscheinend ein zweiter dem Pelias bekannter Götterspruch, daß ihm der Tod durch einen Aioliden drohe (IV 72. Tzetz. Lykophr. 175). In Iolkos hätte die Herrschaft von Kretheus auf Aison und dessen Nachkommen übergehen müssen. Aber Pelias entthront den Aison, und als I. geboren wird, senden Aison und seine Gemahlin das kleine Kind aus Furcht vor Pelias heimlich zu Chiron, ja sie veranstalten sogar ein Leichenbegängnis, damit Pelias glauben soll, das Kind sei gestorben. Chiron und seine Töchter ziehen das Kind groß. Erst als Zwanzigjähriger kehrt I. nach Iolkos zurüek, ein schöner Jüngling in der Tracht der Magneten mit lang wallenden Locken, ein Pantherfell über den Schultern, zwei Speere in der Hand, aber nur am rechten Fuß eine Sandale. Auf dem Markte, wo alle den einem Gotte gleichenden I. bewundern, erkennt Pelias, daß der Unbekannte nur einen Schuh trägt, und fragt voll Furcht nach seiner Heimat I. gibt freimütig die Antwort, daß er von Chiron komme, Aisons Sohn sei und seinen Vater wieder in die Herrschaft einsetzen wolle. Da erkennt erst Aison seinen Sohn, Aisons Brüder [766] Pheres und Amythaon eilen mit ihren Söhnen Admetos und Melampus nach Iolkos und werden fünf Tage lang von I. bewirtet. Am sechsten traten aller Verwandten zur Beratung zusammen. I. verlangt den Thron für sich, während er dem Pelias seinen sonstigen Besitz belassen will. Pelias willigt heuchlerisch ein unter der Bedingung, daß I. als der jüngere zuvor das Werk vollbringe, das er als Greis nicht mehr vollenden könne: es gelte, den Zorn der θεοὶ χθόνιοι abzuwenden, Phrixos verlange, wie ihm ein Traum und Orakel verkündet habe, daß seine Seele und das goldene Vließ von Kolchis in die Heimat zurückgebracht werde. I. übernimmt das Werk, sammelt die Helden, zieht mit der Argo hinaus und bringt aus Kolchis Medeia τὰν Πελίαο φόνον heim. – Diese Darstellung Pindars kehrt bei Tzetz. Lykophr. 175 wieder, vermischt mit den Versionen von Apollon. Rhod. und Apollod. Nach der Vit. Apollon. Rhod. p. 533 Keil hat Aison seinen Sohn dem Chiron übergeben und die Herrschaft dem Pelias anvertraut, bis I. herangewachsen sei. Als I. heimkehrt, um die Herrschaft zu übernehmen, verliert er seine Sandale in dem Flusse, über den er Hera trägt (vgl. Hygin. fab. 13. Serv. Buc. IV 34). Er trifft die Bewohner von Iolkos bei einem von Pelias veranstalteten Opferfeste. Pelias gedenkt des warnenden Orakels und schickt I. nach Skythien zum goldenen Vließ, nicht weil ihm wirklich an dem goldenen Vließ gelegen war, sondern nur damit I. zugrunde gehe. Ähnlich, doch ohne Erwähnung des Orakels vom Einschuhigen, ist die knappe Erzählung in Schol. Hom. Od. XII 69, wo am Schluß Asklepiades zitiert ist. Hier übergibt Aison bei seinem Tode die Herrschaft dem Pelias als Vormund für I. Aisons Gattin Alkimede fürchtet jedoch den Pelias und bringt den kleinen I. zu Chiron. Herangewachsen kehrt I. nach Iolkos zurück und fordert den väterlichen Thron. Pelias sagt dies zu unter der Bedingung, daß I. zuvor das goldene Vließ aus Kolchis hole und die feuerschnaubenden Stiere bändige. – Fortgefallen ist das Orakel von dem μονοσάνδαλος bei Diod. IV 40: Pelias hat keinen Sohn, fürchtet, daß Aison und I. ihm die Herrschaft nehmen wollen, geht daher gern auf die Bitte des I. ein, der ebenso Großes unternehmen möchte, wie Perseus und andere Helden, und schickt ihn nach Kolchis. Auch bei Val. Flacc. I 22ff., wo der Argwohn gegen Aison und I. gleichfalls die treibende Kraft ist, fehlt die spezielle Erwähnung des ,Einschuhigen‘, doch ist dafür im allgemeinen die Rede von einem Seherwort, das Pelias direkt den Tod durch I. verkündet. – Über die Bedeutung des μονοσάνδαλος vgl. Amelung Atti della Pontif. Accadem. 1905/6, 123ff. Aus dem dort zusammengestellten Material ergibt sich, daß man in dem ,einschuhigen‘ Auftreten das Zeichen einer besonderen Kriegstüchtigkeit (vgl. die Plataeer, Aetoler, Herniker bei Thukyd. III 22. Macrob. Sat. V 18, 13ff.), einer dämonischen Kraft, eines engeren Zusammenhangs mit der Mutter Erde sah. Ob I. erst als der starke Kriegsheld der Argonantensage zum μονοσάνδαλος ward, oder ob dieser Begriff schon vordem mit dem Heilgott I. als θεὸς χθόνιος verbunden war, ist zweifelhaft.

[767] Das Motiv von Freveltaten des Pelias gegen Aison und dessen Angehörige ist am stärksten ausgebaut in der Version, daß Pelias, während I. die Argofahrt durchführt, das ganze Geschlecht des Aison ausrottet: Aison ist gezwungen, sich selbst durch einen Trunk Stierblut das Leben zu nehmen; seine Gemahlin erhängt oder ersticht sich; Promachos, der kleine Bruder des I., wird von Pelias getötet, vgl. Apollod. I 143. Diod. IV 50. Val. Flacc. I 730ff. Tzetz. Lykophr. 175. Die Freveltaten rechtfertigen zugleich die Tötung des Pelias durch Medeia und die Peliaden. Aber dieser Tod des Pelias wird wieder als der Grund betrachtet, weshalb I. mit Medeia Iolkos verlassen muß. Die älteste Dichtung kennt, wie schon bemerkt, das Verlassen von Iolkos nicht. Bei Hesiod. theog. 995ff. bleibt I. in Iolkos, nachdem er aus Kolchis heimgekehrt ist τελέσας στονόεντας ἀέθλους (derselbe Ausdruck 951 für Herakles], τοὺς πολλοὺς ἐπέτελλε μέγας βασιλέὺς ὑπερήνωρ ὑβριστὴς Πελίης. Aber die Auswanderung von Iolkos brauchen erstlich alle, die den alten Argonautenliedern etwas anpassen wollten, was an anderen Orten von I. und Medeia erzählt wurde: so lassen sie denn I. und Medeia teils nach Korinth, teils nach Korkyra, teils nach Ephyra übersiedeln. Zweitens brauchen die Auswanderung alle, die mit den alten Akastos-Peleussagen Akastos als den späteren König von Iolkos betrachten. Allerdings bricht auch hierbei gelegentlich wieder die Anschauung durch, daß I. eigentlich in Iolkos sein Leben beschlossen habe. Eumel. frg. 3 (Paus. II 3, 11) läßt I. von Korinth aus wieder nach Iolkos zurückkehren. Bei Diod. IV 53 kehrt zwar nicht I., der die Herrschaft dem Akastos übergeben hat, aber doch sein Sohn Thessalos nach Iolkos zurück. Andere lassen I. nach Pelias Tod von Akastos vertrieben sein (Apollod. I 144. Schol. Eurip. Med. 20), aber sie erweitern die alte Peleus-Akastossage, die mit der Eroberung von Iolkos durch Peleus abschloß (Hesiod. frg. 81 <102>. Pind. Nem. III 34. IV 54ff.) dahin, daß I. mit Peleus an der Eroberung von Iolkos beteiligt gewesen sei (Pherekyd. bei Schol. Pind. Nem. III 57. Apollod. III 173. Nicol. Damask. frg. 56 = Suid. s. ?ταλάντη).

I. in Kolchis. Über die Einzelheiten der kolchischen Abenteuer vgl. o. Bd. II S. 765f. 781f. Groeger De Argonautic. fabularum historia, 11ff. Gruppe Griech. Myth. 542ff. In Aia-Kolchis gewinnt I. die Liebe der Medeia und besteht mit ihrer Hilfe die von Medeias Vater Aietes aufgetragenen Athloi; er bändigt die feuerschnaubenden erzfüßigen Stiere des Aietes, pflügt mit ihnen das Aresfeld, sät Zähne jenes Drachen, den einst Kadmos getötet hatte, bezwingt die aus dieser Saat entsprießenden Riesen, überwältigt mit Gewalt oder List den Drachen, der das goldene Vließ des Phrixos-Widders hütet, raubt das Vließ und entführt Medeia als seine Gattin. Die einzelnen Sagenmotive, Stierbändigung, Pflügen des Feldes, Kampf mit erdentsprossenen Riesen, Drachenkampf, Entführung der Gattin sind alte Motive vieler Heldensagen. Da wir die I.-Sage nur in der komplizierten, durch das Argonautenepos [768] festgelegten Form kennen, liegt die Frage nahe, ob nicht einzelne Motive aus anderen Sagen auf I. übertragen sind und daher für die Erklärung der ältesten I.-Sage ausscheiden müssen. Das Motiv der Saat von Drachenzähnen und des Kampfes mit den Erdentsprossenen ist jedenfalls für Kadmos und die thebanischen Spartoi bedeutungsvoller, als für I., und die Verwendung dieses Motivs für die I.-Sage ist daher oft durch die Annahme einer mehr äußerlichen Sagenübertragung erklärt worden; anders Gruppe a. a. O. 543, der die Wesensgleichheit von Kadmos und I. betont. – Der Raub des goldenen Vließes des Phrixos-Widders steht zwar in unserer Überlieferung durchweg im Mittelpunkt der ganzen Sage. Allein nach allen Schilderungen ist es Pelias gar nicht Ernst mit dem Wunsch, das Vließ wiederzuerhalten. Die Aussendung des I. nach dem Vließe ist ihm nur der Vorwand, um I. zu verderben. Nirgends spielt das heimgebrachte Vließ eine Rolle. Während die verschiedensten Städte behaupten, der Platz zu sein, an dem I. und Medeia die Brautnacht verlebten, rühmt sich keine Stadt eines Andenkens an das heimgeführte Vließ. Die Phrixossage ist in sich abgeschlossen, ohne daß es der Heimbringung des Vließes bedürfte. Diese Beobachtungen legen die Annahme nahe (vgl. o. Bd. II S. 787), daß die ganze Verknüpfung zwischen I. und dem goldenen Vließ 3 nicht zum ursprünglichen Wesen des I. gehört. Wie es tbessalische Achilleussagen gab, ehe der Tod vor Ilion der Mittelpunkt der Achilleussagen wurde, so dürfte es thessalische I.-Sagen gegeben haben, ehe die Seefahrt nach Kolchis und die Heimbringung des goldenen Vließes der Hauptbestandteil der Sage ward. – Die alten Motive der Bändigung erzfüßiger Stiere und des Pflügens eines Feldes hat Gruppe a. a. O. in einen tieferen Zusammenhang gebracht, ersteres mit der Vorstellung vom Sieg über den stierförmigen Gott der Unterwelt, letzteres mit der Vorstellung von der Vereinigung des göttlichen Paares auf dem Saatfeld in der Furche (Iolkos von ἰῶλκα αὔλακα, Hesych). – Der Kern der ganzen I.-Sage bleibt die Gewinnung der Medeia.

I. auf der Argofahrt. Als Leiter des ganzen Zuges tritt I. in allen ausführlicheren Darstellungen der Argonautensage (vgl. die Art. Argo und Argonautai) lebhaft hervor. Er baut die Argo, sammelt die Helden, opfert den Göttern, betätigt sich unterwegs in jeder Weise als Führer und gilt an vielen Orten als der Stifter von Kulten. Erinnerungen an den Namen I. bewahren manche Plätze. In Kyzikos (o. Bd. S. 757f.), wo I. selbst den König Kyzikos getötet haben soll, gibt es Kulte des Apollon Iasonios und der Athena Iasonia (vgl. Iasonios), einen ,Iason-Weg‘ (Apoll. Rhod. I 988) und eine ,Iason-Quelle‘ (Apoll. Rhod. I 1148). Am Bosporos, und zwar am europäischen Ufer, liegt das Iasonion, bei dem die Argonauten gelandet sein sollten (s. o. Bd. III S. 747), ferner nach Ptol. Heph. 5 (Westermann Mythogr. 191, 8) ein Ἰησόνιος αἰχμή genannter Platz, an dem angeblich I. den Amykos bezwungen hätte (in der echten Amykossage ist stets Polydeukes der Sieger). An der Südküste des Pontos östlich von Sinope folgen das Ἰασόνιον ἄκρον, weiterhin die [769] κῆποι Ἰασόνιοι, wo I. nach Timonax bei Schol. Apoll. Rhod. IV 1217 gelandet war. In Kolchis selbst wurden nach derselben Quelle späterhin als Erinnerungen an die Argonauten nicht nur γυμνάσια καὶ δίσκοι καὶ τῆς Μηδείας θάλαμος, καθ’ ὃν ἐνυμφεύθη ποτέ, gezeigt, sondern auch ein Heiligtum des I. (καὶ πρὸς τῇ πόλει ἱερὸν ἱδρυμένον Ἰάσονος καὶ πρὸς τούτοις ἱερὰ πολλά). Solche τεκμήρια τῆς Ἰάσονος στρατείας (Strab. I 46) gab es nachmals insbesondere auch in Medien, Armenien und südlich des Kaukasos bei den Iberern und Albanern; dort waren überall Ἰασόνια, ὧν τινα οἱ δυνάσται κατεσκεύασαν, wie Parmenion einen Tempel des I. in Abdera gestiftet hatte (Strab. XI 531), Ἰασσονια ἡρῷα τιμώμενα σφόδρα ὑπὸ τῶν βαρβάρων (Strab. XI 526; vgl. I 45. XI 503. Tac ann. VI 34), dazu ein ὄρος Ἰασόνιον (Strab. XI 526. Amm. Marcell. XXIII 6, 28. 39. Ptolem. VI 2, 4. 6) und eine Stadt Ἰασόνιον in Margiana (Amm. Marcell. XXIII 6, 54. Ptolem. VI 10, 3). Diese τεκμήρια im Binnenlande gehören allerdings nicht zur alten Argonautensage. Alles, was mit ihnen zusammenhängt, entstammt erst der Zeit Alexanders d. G. (Strab. XI 530). In Abänderung der älteren Sage, daß Medeia allein mit ihrem Sohne Medos oder Polyxenos nach Medien kam (Hekataios frg. 171 bei Steph. Byz. s. Μηδία. Herodot. VII 62. Hellanik. frg. 30 b. Paus. II 3, 8 u. a.) oder von Athen nach Kolchis zurückkehrte, wird damals erzählt, I. sei mit Armenos (s. o. Bd. II S. 1188) nach Armenien gelangt, sei zu Lande ohne Schiff nach Medien bezw. Armenien gezogen, habe den Durchbruch des Araxes zum Kaspischen Meer nach Art des Tempe-Tales umgestaltet (Strab. I 48. XI 498. 503. 530f. Eustath. Dionys. Per. 694. Iustin. XLII 2, 10. 3, 8. Plin. VI 38); man spricht nunmehr von einer zweiten Fahrt des I. nach Kolchis, wo er nach dem Tod des Aietes die Herrschaft übernimmt (Tac. ann. VI 34), man läßt ihn auf dieser zweiten Fahrt sogar Medeia und den Sohn des Aigeus Medos bezw. Medeios mitnehmen: I. setzt in Kolchis den vertriebenen Aietes wieder ein und macht große Eroberungszüge, itaque Iasoni totus ferme oriens ut conditori divinos honores templaque constituit, quae Parmenion, dux Alexandri Magni, post multos annos dirui iussit, ne cuiusquam nomen in oriente venerabilius quam Alexandri esset (Iustin. XLII 3, 5), eine späte Fiktion; denn Parmenion hat gerade den I.-Tempel in Abdera gestiftet (Strab. XI 531), und der ganze I.-Kult im asiatischen Binnenland ist erst in der Zeit Alexanders entstanden.

Mehrere Orte erheben den Anspruch, der Platz zu sein, an dem die Hochzeit zwischen I. und Medeia vollzogen sei. Von der alten Bedeutung dieser Hochzeit gibt die Darstellung auf der Kypselos-Lade (Paus. V 18, 3) Kunde, ebenso Hesiod. theog. 992ff., wo alles Interesse auf Iolkos gewandt ist. Antimachos läßt in der Lyde I. und Medeia in Kolchis πλησίον τοῦ ποταμοῦ μιγῆναι (Schol. Apoll. Rhod. IV 1153). Nach Timonax a. a. O. zeigte man in Kolchis das Brautgemach Medeias. Bei Dionys. Skytobrach. (Schol. Apoll. Rhod. IV 1158) ist die Hochzeit in Byzantion (vgl o. Bd. II S. 759), bei Val. Flacc. VIII 217ff. auf der Insel Peuke. [770] Besonders berühmt aber war die heilige Grotte von Korkyra, in der I. und Medeia nach Apoll. Rhod. u. a. (s. o. Bd. II S. 771f.) die Brautnacht verleben, da Medeia den sie verfolgenden Kolchern hätte ausgeliefert werden müssen, wenn die Ehe nicht vollzogen gewesen wäre.

Von den sonstigen Ereignissen während der Fahrt hat für die Persönlichkeit I.s tiefere Bedeutung die Landung auf Lemnos, die oben in dem Artikel Hypsipyle eingehend behandelt ist. Wie Medeia neben I. auch andere Paredroi hat, so steht in der lemnischen Sage Hypsipyle neben I., und der Name des aus der Ilias bekannten Sohnes, Euneos von Lemnos, zeigt, daß sein Vater I. auch dort der kühne Seefahrer, der Argonaut, war.

Kalydonische Jagd. Unter den Teilnehmern an der kalydonischen Jagd findet sich I. erwähnt bei Apollod. I 68. Ovid. met. VIII 302. Hygin. fab. 173 und dargestellt auf der sf. Vase in München nr. 333, abgeb. Gerhard Auserl Vasenb. III 235f. Mon. d. Inst. IV 59. Die Kataloge der Argonauten, der kalydonischen Jäger und der Teilnehmer an den Leichenspielen des Pelias weisen vielfach dieselben Helden auf.

Iasons Ende. Die wesentlichsten, bereits erwähnten Versionen über das Schicksal des I. nach der Heimkehr aus Kolchis sind: 1. I. bleibt in Iolkos, nimmt an den Leichenspielen für Pelias teil und wird von Medeia verjüngt; 2. er siedelt mit Medeia nach Korkyra über, wo die Hochzeit in der heiligen Grotte gefeiert und die Kinder Mermeros und Pheres geboren werden; 3. I. und Medeia leben in dem thesprotischen Ephyra; Medeia wird von I. in Buthroton bestattet; 4. I. und Medeia ziehen von Iolkos nach Korinth; 5. I. kehrt auf einem zweiten Zuge nach Kolchis zurück. – Von diesen Versionen hat in der griechischen Literatur und Kunst eine reiche Ausgestaltung nur die korinthische Sage erfahren, die schon o. Bd. II S. 776 in ihren Grundzügen skizziert ist und in dem Art. Medeia eingehend behandelt wird. In Korinth steht Medeia im Mittelpunkt der Sage, in Beziehungen zu Zeus, Sisyphos, Hera und Aphrodite; Aietes selbst, der doch von Aia nicht zu trennen ist, wird zum Korinther gemacht, nur damit Medeia als rechtmäßige Königin von Korinth reklamiert werden kann; für den Tod ihrer Kinder trägt sie allein die Verantwortung in den älteren Versionen; I. steht als ein in Korinth nicht heimischer Fremdling neben ihr. Erst später wird seine Treulosigkeit das Motiv für den Untergang der Kinder: er liebt Thetis (Plut. de Herodot. malign. 39), die korinthische Quellnymphe Glauke (s. o. Bd. VII S. 1395) oder – wie es nachmals allgemein heißt – die Tochter des korinthischen Königs Kreon bezw. Hippotes, die den Namen Glauke oder (Kreontis, Kreonteia) führt, und aus Rache über diese Treulosigkeit sendet Medeia der Königstochter die todbringenden Geschenke und alle gehen zu Grunde: Kreusa, Kreon und die Kinder des I. Wer so dichtete, konnte sich natürlich nicht mit jenen Kombinationen abfinden, nach denen I. von Korinth nach Iolkos zurückgekehrt war oder einen zweiten Zug nach Kolchis unternommen hatte. Auch I. muß die Schuld seiner [771] Untreue mit dem Tode büßen, er verbrennt gleichzeitig mit Kreon und Kreusa (Hygin. fab. 5) oder er endet durch Selbstmord (Neophron Med. bei Schol. Eurip. Med. 1387. Diod. IV 55, 1), nach Apollon. Soph. lex. 156, 18, wo jedoch vielleicht Αἴσονος statt Ἰάσονος zu lesen ist, durch Trinken von Stierblut. Andere knüpfen an die Sage an, daß I. nach der Rückkehr aus Kolchis die Argo von Iolkos nach dem Isthmos geführt und sie dort dem Poseidon gewidmet hatte (Apollod. I 144. Diod. IV 53, 2. Ps.-Dio Chrysost. XXXVII 458 M. Orph. frg. 10); in dem bezüglich der Echtheit umstrittenen Schluß von Euripid. Med. heißt es, daß I. als Greis (1396) ein schlimmes Ende finden werde, denn die morsch gewordene Argo werde über seinem Haupte zusammenbrechen und ihn erschlagen; nach Staphylos frg. 5 (Hypoth. 1 Eurip. Med.) hatte er sich auf Medeias Rat bei dem Steuer der Argo zum Schlafen niedergelegt, da brach das Schiff über ihm zusammen.

Über Darstellungen des I. in der Kunst vgl. o. Bd. II S. 778ff. Mit Recht betont Seeliger in Roschers Myth. Lex. II 77, daß ein charakteristischer Typus für I. in der antiken Kunst nicht existiert hat, während sich in der Literatur, zumal bei Pind. Pyth. IV 78ff., anschauliche Schilderungen der jugendlichen Gestalt in der Tracht der Magneten finden.
[Jessen.]
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch Iason 1a.

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