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Ὕβρεως γραφή.[WS 1] Das Gesetz gegen ὕβρις in Athen steht bei Demosth. XXI 47: ἐάν τις ὑβρίσῃ εἴς τινα ἢ παῖδα ἢ γυναῖκα ἢ ἄνδρα, τῶν ἐλευθέρων ἢ τῶν δούλων ἢ παράνομόν τι ποιήσῃ εἰς τούτων τινά, γραφέσθω πρὸς τοὺς θεσμοθέτας ὁ βουλόμενος Ἀθηναίων οἷς ἔξεστιν. Es wird, in diesem Teile wenigstens, als echt erwiesen durch Aisch. I 15, während das dort eingelegte Gesetz eine Fälschung ist. Die Verbindung ὑβρίζῃ ἢ παράνομόν τι ποιῇ findet sich auch in dem Gesetz bei [Demosth.] XLIII 75. Daß auch die Sklaven vor ὕ. geschützt waren, bezeugen Demosth. XXI 46. Aisch. I 17. Hypereides und Lykurgos bei Athen. VI 267a. [Xen.] resp. Athen. 1, 10. Danach besteht auch für den weiteren Teil des Gesetzes, der das Verfahren regelt, die Wahrscheinlichkeit der Echtheit, wenn auch einzelne Anstöße vorhanden sind (Hermann De iniurianum actionibus 18. Zink Dem. or. in Cononem 12. Hermann-Thalheim Rechtsalt.⁴ 39. Brewer Wien. Studien XXIII 48 gegen Westermann De litis instr. 22. Mücke De iniuriarum actione 5. Drerup Urk. 298). Schwierig ist die nähere Bestimmung der unbestimmten Ausdrücke ὑβρίζειν und παράνομόν τι ποιεῖν. Doch beweist die Voranstellung von Kindern und Weibern in dem Gesetz, daß es sich darin wesentlich um den Schutz des körperlich schwächeren Teiles der Bevölkerung handelt, vgl. [Lys.] XX 3 ἢ τῷ σώματι πιστεύων, ἵνα ὑβρίζοι εἰς τῶν ὑμετέρων τινά, Thuk. VIII 74. Arist. Rhet. II 2, 5, 1378b erklärt den Begriff als τὸ πράττειν καὶ λέγειν ἐφ’ οἷς αἰσχύνη ἐστὶν τῷ πάσχοντι, und gibt als Beweggrund an die Freude an der eigenen Überlegenheit. Sie ist πολυμερής Arist. Pol. V 10, 1311a, umfaßt auch Vergewaltigung ebd. 11, 1315a. Ähnlich die Grammatiker Argum. Demosth. XXI. Bekker Anecd. I 355. Suid. s. v. Doch ist auf Beleidigung durch Worte das Gesetz schwerlich angewandt [32] worden, und selbst tätliche Angriffe wurden zumeist durch die αἰκίας δίκη (s. d.) verfolgt, vgl. Isokr. XX 5. Demosth. LIV 1, wobei vielleicht, zumal bei Leuten niederen Standes, der Umstand mitwirkte, daß bei der öffentlichen Klage ὕ. die ganze Buße dem Staate anheimfiel, Demosth. XXI 45. Die Anwendbarkeit der γ. ὕ. aber ergibt sich aus [Demosth.] LIII 16. Demosth. XXI 25. Arist. Av. 1046; Vesp. 1417. Sonst findet sie sich wegen Freiheitsberaubung Isai. VIII 41 frg. 19. Und da der Ausdruck ὕβρις öfter von Vergewaltigung gebraucht wird, Demosth. XIX 309. XXXVII 56, dürfen wir sie auch in Athen dafür als anwendbar erachten. Die Anbringung dieser Klage durch Apollodor gegen Pasion bei Demosth. XLV 4 wegen der Heirat mit seiner Mutter ist offenbarer Mißbrauch, wie auch Aischines I 15 seiner Sache nicht sicher ist, wenn er das Mieten eines Knaben zu widernatürlicher Unzucht als unter das Gesetz fallend bezeichnet. Die Klage gehört vor die Thesmotheten, die gehalten sind, sie binnen dreißig Tagen, oder wenigstens sobald als möglich, zur Entscheidung zu bringen. Sie ist schätzbar; wird auf Geldstrafe erkannt, so tritt, sofern der Geschädigte freien Standes war, bis zur Erlegung Gefängnis hinzu. Die Buße fiel ganz an den Staat. Trat der Ankläger zurück, oder erhielt er nicht den fünften Teil der Richterstimmen, so verfiel er in eine Geldstrafe von 1000 Drachmen. So das oben angeführte Gesetz, welches dabei diese Klagen als γραφαὶ ἴδιαι bezeichnet. Der Ausdruck hat Anstoß erregt und zu weitergehenden Unterscheidungen Anlaß gegeben, vgl. Meier-Lipsius Att. Proz. 197, 9. Ist er korrekt (das ἰδίας könnte wohl aus ὕβρεως verdorben sein), so deutet er nur an, daß diesen Klagen zunächst ein persönliches und erst mittelbar ein staatliches Interesse zu Grunde lag. Vgl. Berl. phil. W. 1904, 655 und im allgemeinen Meier-Lipsius Att. Proz. 392. 647. Lipsius Att. Recht 420. Hitzig Iniuria 34.
[Thalheim.]
Anmerkungen (Wikisource)

↑ transkribiert: Hybreos graphe.

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