7) Ein H. aus Askalon soll nach Iulius Africanus bei Euseb. hist. eccl. I 6, 2–3. 7, 11 und Syncell. I 561 ed. Dindorf (s. etwa noch Epiphan. advers. haeres. I 1, 20) der Großvater Herodes’ I., der Vater von dessen Vater Antipatros [RE:919] gewesen sein; er wird als Hierodule des askalonitischen Apollonheiligtums und als ein in dürftigen Verhältnissen lebender Mann gekennzeichnet. Dagegen kennt Josephus diesen H. garnicht. Nach ihm heißt der Großvater des ersten Herodes vielmehr Antipatros und gehört einem vornehmen idumäischen Geschlecht an (ant. Iud. XIV 10; bell. Iud. I 123; s. auch ant. Iud. XIV 403. Hierbei werden auch Nikolaos’ von Damaskos Angaben über die Abstammung der Herodeer von den ersten aus Babylonien zurückgekehrten Juden von ihm, ant. Iud. XIV 9, ausdrücklich abgelehnt). Josephus bezw. seine Quelle erwähnen aber auch nicht Askalon als Heimat der Herodeer, obgleich dies in Anbetracht der sonstigen Angaben in ant. Iud. XIV 10 gerade sehr nahe gelegen hätte, wenn etwas hiervon bekannt gewesen wäre. Für ein absichtliches Verschweigen läßt sich nun auch nicht der geringste Grund anführen, und so wird man denn schon deshalb die erst später, und zwar zuerst bei Iustinus Martyr (dial. c. Tryph. 52) und seitdem immer wieder bei den christlichen Autoren auftretende Tradition von Askalon als Heimat der Herodeer als minderwertig bezeichnen und daher aufgeben dürfen (der von Ewald Gesch. d. Volkes Israel IV³ 518 [s. auch Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I³ 292, 3] angebahnte Ausweg, die Herodeer seien Idumäer, aber infolge der lokalen Berührungen einst in Askalon ansäßig geworden, erscheint nicht recht gangbar, da Askalon seit 104 v. Chr. eine unabhängige Stadt gewesen ist, und daher ein Askalonite von Josephus nicht ohne weiteres als Idumäer hätte bezeichnet werden können). Das eine Fragment, das uns aus dem Werk eines Ptolemaios über Herodes I. erhalten ist (Ammon. de adfin. vocab. diff. s. Ἰδουμαῖοι, weist uns übrigens darauf hin, daß auch er für die idumäische Abkunft des ersten Herodes eingetreten ist, und falls wir diesen Ptolemaios mit Recht mit dem Askaloniten gleichsetzen und als Zeitgenossen Herodes’ I. fassen (s. Schürer a. a. O. I³ 349; auch S. 5f.), so würde man die Bedeutung der hier vorliegenden Tradition besonders hoch einschätzen dürfen. Auch ein anderer Zeitgenosse des ersten Herodes, Strabon, scheint sich schon für dessen idumäische Herkunft entschieden zu haben. Denn da er (XVI 765[1]) den späteren König zuerst als einen ‚τῶν ἀπὸ γένους‘, d. h. dem Zusammenhang [2] nach als einen aus dem Adel (s. etwa Plutarch, Romulus 21) bezeichnet, dann aber noch die besondere Charakterisierung ‚ἀνὴρ ἐπιχώριος‘ hinzufügt, so hat man ἐπιχώριος kaum als Hinweis auf das Judentum des Königs zu fassen – der Zusatz wäre dann nicht nötig, auch würde man Ἰουδαῖος erwarten – sondern Herodes’ I. soll gerade hierdurch nur als Landesangehöriger, eben als Nichtjude gekennzeichnet werden[2].
Mit [RE:920] Askalon als Heimat fallen natürlich zugleich alle Angaben des Africanus über unseren H., da sie inhärierend mit Askalon in Verbindung stehen; sie sind übrigens schon an und für sich – inhaltlich und infolge der für sie genannten Gewährsleute der ‚τοῦ Σωτῆρος οἱ κατὰ σάρκα συγγενεῖς‘ – verdächtig und dürften als Ausfluß der jüdisch-christlichen Feindschaft gegen Herodes I. zu fassen sein. Im speziellen durfte diese ganze askalonitische Tradition entstanden sein durch die nahen Beziehungen, die bereits Antipatros, der wahre Großvater des ersten Herodes, zu Askalon gehabt hat (Joseph. ant. Iud. XIV 10) und die dann auch von Herodes I. weiter unterhalten worden sind (Schürer a. a. O. II⁴ 122f.), und ferner dadurch, daß wohl gerade infolge dieser Beziehungen die Namen Antipatros und Herodes hier öfters vorgekommen zu sein scheinen (Schürer a. a. O. I³ 292, 3). Die Angaben über die dürftigen Verhältnisse des H. dürften aus gelegentlichen Bemerkungen bei Josephus über die niedrige Herkunft Herodes’ I. herausgesponnen worden sein (bell. Iud. I 313. 477. 478. 522; ant. Iud. XIV 430; auch XV 81. 220). Nach alledem hat man also H. von Askalon als historische Persönlichkeit zu streichen und als eine christliche Erfindung anzusehen. Gelzer Iulius Africanus I 258ff., der zuletzt für die askalonitische Tradition eingetreten ist, überzeugt nicht. Schürer a. a. O. I³ 292, 3 (hier weitere Literaturangaben- und Quellenstellen) entscheidet sich nicht, dagegen ist von den Neueren Wilcken in Pauly-Wissowas Realencykl. Bd. I S. 1509 s. Antipatros Nr. 16 für die Tradition des Josephus eingetreten. S. auch Trieber Nachr. Gött. Ges. Phil.-hist. Kl. 1895, 386f.
Anmerkungen
Falsche Deutungen der Stelle z. B. von Keim in Schenkels Bibellexik. III 27 und von Sieffert in Herzogs Realencykl. f. prot. Theol. u. Kirche VII³ 760.
S. Strabon XVI 749. 760; ferner Joseph. bell. Iud. I 293 und ant. Iud. XIV 398, wo ἐπιχώριοι direkt im Gegensatz zu Ἰουδαῖοι steht und wo die geographische Situation ihre Identifizierung mit den Idumäern mit Sicherheit ergibt; vgl. auch etwa Joseph. bell. Iud. I 241 (Bezeichnung der ersten Frau Herodes’ I. als ‚γυναῖκα τῶν ἐπιχωρίων οὐκ ἄσημον‘) mit ant. Iud. XIV 300 (hier darf man aus sachlichen Gründen das die erste Frau kennzeichnen sollende δημότις nur in der Bedeutung Landsmännin fassen). S. auch S. 23 Anm.
[Walter Otto.]
Anmerkungen (Wikisource)
Die Originalversion der RE-Seiten 918, 919 wird nicht transkribiert, siehe hierzu stattdessen den verbesserten Wiederabdruck des Artikels in Walter Otto, Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses, S. 1–2.
Der Nachtrag ist auch hinfällig.
[Walter Otto.]
7) H. von Askalon, Großvater H’. I. Nr. 14 (S II 1) (?). (K) VIII 2625.
[Hans Gärtner.]
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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