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Hebron (M. T. חֶבְרֹון‎, LXX Χεβρών) liegt etwa sieben Stunden südlich von Jerusalem auf dem Gebirge Juda an den oberen Anfängen eines nicht tiefeingeschnittenen fruchtbaren Tales, dessen umgebende Berge ca. 950—1000 m hoch sind, am Kreuzungspunkt von vier wichtigen Handels- und Verkehrsstraßen (Guthe in Realencyklop. für prot. Theol. IX³ 565), woraus sich das hohe Alter und die große Bedeutung H.s als Handelsstadt und Kultstätte erklärt. Nach der alten und glaubwürdigen Nachricht Num, 13, 22 (J) war H. sieben Jahre vor Ṣoan (= Tanis) in Ägypten gebaut (E. Meyer Die Israeliten 1906, 447). Joseph. bell. Jud. IV 9, 7 ist das Alter von H. noch höher als das von Memphis in Ägypten eingeschätzt. Jedenfalls ist H. vor der Einwanderung Israels in Kanaan gegründet worden. Als älteste Bewohner werden Num. 13, 23. Richter 1, 10 die drei fabelhaften Enakitergeschlechter Šešai, ʾAḫiman und Talmai genannt; sie gelten Num. 3, 32f. (E) Deut. 2, 11 als Riesen, für welche jüngere Überlieferung als Stammvater Jos. 15, 3. 21, 11, oder als gewaltigsten unter ihnen Jos. 14, 15 einen ʾArbaʿ fingiert. H. hieß nämlich früher קִרְיַת אַרְבַּע‎, Richt. 1, 10. Jos. 15, 13f. (J), und darnach bei P Gen. 23, 2. 35, 27. Jos. 15, 54. 20, 7. 21, 11. אַרְבַּע‎ (4) = ʾArbaʿ wurde von jüngerer Schriftgelehrsamkeit als Personname gedeutet, wovon schon der Umstand hätte abhalten müssen, daß Gen. 35, 27. Neh. 11, 25 ארבע‎ den Artikel vor sich hat. קִרְיַת אַרְבַּע‎ wird von E. Meyer a. a. O. 264 als die Stadt der vier Götter, nämlich Abraham, Šešai, ʾAḫiman und Talmai gedeutet (s. o.); vgl. Hieronymus, Peregrinatio S. Paulae, wonach die Juden א׳ ק׳‎ als Stadt der vier Männer Abraham, Isaak, Jakob und Adam erklären, indem Adam aus Mißverstand von Jos. 14, 15 als vierter dazugekommen ist (Baedeker Palästina⁷ 1910, 105). Guthe a. a. O. 564 möchte den Namen als [2585] Stadt der vier zusammenlaufenden Wege (s. o.) deuten. Vielleicht laufen Meyers und Guthes Erklärungen auf das gleiche hinaus: ק׳ א׳‎ die Stadt der vier Götter, denen die vier Wege anvertraut sind. Wenn P Gen. 23, 2ff. 25, 10. 49, 32 Hetiter die Urbewohner von H. sein läßt, so erklärt sich dies daraus, daß für P Hetiter = Kananiter sind, indem die Tatsache nachwirkt, daß Hetiter einst vor den Israeliten in Vorderasien einschließlich Palästinas Reiche gründeten. Nur läßt sich nicht beweisen, daß gerade H. hetitischer Besitz war. Hommel (Altisrael. Überlief. 232f.) will die Umnennung von Ḳirjat ʾArbaʿ in H. mit dem Eindringen der in den Amarnabriefen genannten Ḫabiri zusammenbringen, während andere den Namen חברון‎ von חבר‎ Genosse ableiten und die Umnennung auf die Kalebiter zurückführen. Dieser den Edomitern und Judäern nahestehende Stamm hat nämlich bei der Einwanderung Israels in Kanaan sich von Süden aus H.s bemächtigt. Jos. 10, 3ff. besiegt zwar Josua an der Spitze von ganz Israel Hoham, den König von H., und erobert seine Stadt, während Richt. 1, 10 Juda H. erobert. Da aber Kalebiter (Guthe a. a. O. 713ff.) zur Zeit Davids in und um H. wohnen, ist es das natürlichste anzunehmen, daß sie sich in H. bei der Invasion Israels in Kanaan festsetzten. Die Überlieferung von der Eroberung H.s durch ganz Israel, bezw. durch Juda, ist eine Konstruktion der biblischen Geschichtsschreiber. Jos. 15, 13ff. überweist Josua dem Stamm Kaleb das Gebiet von H. Als Saul gegen die Philister gefallen war, wurde H. 7½ Jahre lang die Residenz Davids als Königs von Juda (II. Sam. 2, 1ff. 5, 1ff.), da David durch seine Heirat mit Abigail (I. Sam. 25) mit den Kalebitern verschwägert war. In H. fanden die Verhandlungen Davids mit Abner statt (II. Sam. 3, 20ff.), der schließlich von Joab im Stadttor von H. ermordet wurde. Am Teiche von H., wohl dem unteren der zwei noch vorhandenen Teiche von H., wurden die abgeschlagenen Hände und Füße der hingerichteten Mörder Isboseths (II. Sam. 4, 12) aufgehängt. Als David als König von Gesamtisrael das von ihm eroberte Jerusalem zur Hauptstadt gemacht hatte, sank die Bedeutung von H., es bildete aber beim Auftreten Absaloms den Herd der Verschwörung, II. Sam. 15, 7ff. Hernach wurde H. von Rehabeam (II Chr. 11, 10) befestigt. Seit dem Exil geriet es in die Hand der Edomiter, vor welchen die Kalebiter zum Teil nach dem Norden auswichen, I. Chr. 2, 19. 50ff. 4, 4. Neh. 3, 9. Der Theorie nach wurde aber H. als jüdischer Besitz nicht aufgegeben. Bei P Jos. 20, 7 gilt H. als eine Asylstadt, Jos. 21, 11. 13. I. Chron. 6, 40—42 als Priesterstadt. Der Chronist bezeichnet Neh. 11, 25 H. als jüdisch. Wahrscheinlich will auch P Gen. 23 nachweisen, daß mindestens auf eins der Hauptheiligtümer von H., die heilige Höhle in der Maχpela von H., Israel ein uraltes Anrecht habe. Nichtsdestoweniger ist H. edomitisch geblieben, bis es 164 v. Chr. von Judas Makkabaeus erobert wurde, I. Makk. 5, 65. 128 v. Chr. wurden die Edomiter durch Johann Hyrkan dem neujüdischen Reich einverleibt, Joseph. ant. Iud. XIII 9, 1. Während des jüdischen Kriegs gegen die Römer wurde H. von Simon [2586] bar Giora überrumpelt und geplündert (Joseph. bell. Iud. IV 9, 7) und im J. 69 von dem römischen Tribun Cerealis erobert und zerstört, bell. Iud. IV 9, 9 (Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I³·⁴ 621). Nach der Beendigung des großen jüdischen Aufstandes unter Bar Coχβa (132—135 n. Chr.) wurden auf dem Jahrmarkt an der Terebinthe von H. Juden so viel feilgeboten, ‚daß ein jüdischer Sklave nicht mehr als ein Pferd galt‘ (Schürer a. a. O. I 698, 143). Von byzantinischen Kaisern mit Bauten geschmückt, erlangte H. unter muslimischer Herrschaft wieder Ansehen. Bei den Kreuzfahrern hieß H. castellum oder praesidium ad sanctum Abraham. Gerhard von Avesnes erhielt H. von Gottfried von Bouillon als Lehen. 1167 wurde H. Bischofssitz, fiel aber schon 20 Jahre später an Saladin (Baedeker Palästina⁷ 106). Heute heißt H. el-ḫalil (eine Abkürzung aus ḫalil er-raḥmân), [Stadt] des Freundes (des Barmherzigen [Gottes]), d. h. Abrahams, Jes. 41, 8 Jak. 2, 23. Es ist von ca. 20 000 recht fanatischen Moslims und ca. 2000 Juden (mit drei Synagogen) bewohnt und bildet einen Kreis (ḳaḍa) des Gouvernements (sandschak) Jerusalem. Über die Einteilung der Stadt in sieben Quartiere s. Baedeker a. a. O. 106. H. hat sich seine Bedeutung als Handelsstadt und Kultstätte bewahrt. Von Industrie ist besonders die Bearbeitung von Ziegenfellen zu Wasserschläuchen und die Herstellung von Glasarbeiten, durch welche H. schon im Mittelalter bekannt war, zu nennen. Wichtig ist H. wie einst für den Verkehr mit den Beduinen. Wie schon im höchsten Altertum ist der Wein von H. berühmt; der Name des Tales Eškol, von wo Num. 13, 23 die Kundschafter die Riesentraube mitbrachten, hat sich erhalten in bet iskâhil nördlich von H. Charakteristischerweise fehlt aber der Wein bei dem Beduinenmahl, das Abraham Gen. 18 seinen Gästen auftischt. Vor allem aber ist H. eines der Hauptheiligtümer der muslimischen Welt, die in das Erbe von Synagoge und Kirche trat. Der Ruf des heutigen H. als muslimischer Wallfahrtsort knüpft sich an die biblische Patriarchenlegende, besonders in der Form, in der sie P bietet. Das Hauptheiligtum H.s bildet heute das im Osten der Stadt gelegene ḥáram mit den Patriarchengräbern. Nach P sollen in der durch Abraham von den Hetitern käuflich erworbenen Höhle in der מכפלה‎ H. Sara (Gen 23, 19), Abraham (Gen. 25, 9), Isaak, Rebekka, Lea (Gen. 49, 31) und Jakob (Gen. 50, 13) bestattet sein. Gen. 23, 9. 11. 17 war das Grab eine Höhle, die 23, 17 in der Maχpela vor (לִפְנֵי‎), das ist wohl östlich von Mamre = Hebron lag. Maχpela war daher wahrscheinlich Bezeichnung einer Gegend, etwa eines Feldes von H., während LXX (τὸ σπήλαιον τὸ διπλοῦν) bei מכפלה‎ an eine Doppelhöhle denkt. Wenn Maχpela östlich von H. zu suchen ist, stimmt wenig dazu die Lokalisierung der Patriarchengräber in und unter dem ḥáram von H. (vgl. die Beschreibung desselben bei Guthe a. a. O. 566–568). Denn der ḥáram liegt am Ostende des heutigen H., während nun aber dieses selbst dem größeren Teil nach in der Osthälfte des Hebroner Tales liegt, hat das ältere H. vielmehr in der Westhälfte des Tales von H. gelegen. Der hier befindliche Hügel er-rumeidi [2587] ist reich an Höhlen, Zisternen u. dgl. Dort mögen in der Zeit Ps die Patriarchengräber, vergleichbar den Königs- und Richtergräbern bei Jerusalem, gezeigt worden sein. Vielleicht kennt sie hier noch Joseph. bell. Iud. IV 9, 7. Vgl. die Planskizze von H. bei Guthe (Kurzes Bibelwörterbuch 1903, 247). Ersten Spuren von größeren Bauten über den Patriarchengräbern begegnen wir bei dem Pilger von Bordeaux (333 n. Chr.). Antoninus Martyr (570 n. Chr.) erwähnt eine vierhallige Basilica. Sie möchte von Iustinian (527—565) herrühren und wurde, nachdem sie inzwischen in eine Moschee umgewandelt war, 1167—1187 durch eine Kreuzfahrerkirche ersetzt, die von den Arabern restauriert wurde und die jetzige Hauptmoschee von H. bildet, ein den Christen und Juden verwehrtes Heiligtum. Die Verlegung der Patriarchengräber nach ihrer jetzigen Stelle wird mit der Zerstörung der Stadt durch die Römer und mit dem Wiederaufbau in dem östlichen Tal von H. zusammenhängen und ca. 70—300 n. Chr. erfolgt sein. Der Jes. 51, 1f, erwähnte Schacht (בור‎) der Sara dürfte mit dem am östlichen Fuß des Hügels er-rumeidi gelegenen ʾAin dschedide (Bädeker a. a. O. 106) gemeint sein. Viel verloren von seiner ursprünglich hohen Bedeutung hat der sogenannte Hain Mamre (Gen. 13, 18. 18, 1ff.), einst vielleicht nicht bloß das Konkurrenzheiligtum der Höhle in der Maχpela, sondern noch angesehener als diese. Ältere jüdische und christliche Überlieferung (Joseph. ant. Iud. I 10, 4; bell. Iud. IV 9, 7. Pilger von Bordeaux 333 n. Chr.) sucht ihn in der 3 km nördlich von H. gelegenen Stätte Ramet el-ḫalil (vgl. die Planskizze bei Guthe). Die dort befindlichen Steinschichten könnten Reste des ehemaligen heiligen Hages sein, während die östlich davon zu sehenden größeren Bauüberbleibsel der von Konstantin an Stelle des zerstörten heidnischen Altars erbauten Kirche angehören möchten. Der MT redet Gen. 13, 18 und 18, 1 von אלני ממרא‎, also von Terebinthen in der Mehrzahl, während LXX hier, wie auch der MT Gen. 18, 4. 8 nur einen Baum hat. Ebenso läßt Joseph. ant. Iud. I 10, 4 den Abraham περὶ τὴν Ὠγύγην καλουμένην δρῦν wohnen, wohl demselben Baum, den Joseph. bell. Iud. IV 9, 7 nennt. Sind die Terebinthen Gen. 13, 18 und 18, 1 treue Überlieferung, so wäre von dem heiligen Hain schließlich nur ein heiliger Baum stehen geblieben, woraus sich bereits der Singular bei LXX erklärt. Jedenfalls kennt die heilige Legende seit Josephus nur einen Abrahamsbaum. Nach den Angaben des Hieronymus (im Onomastikon 114 und in der Peregrinatio S. Paulae) wäre zu seiner Zeit dieser heilige Baum beseitigt gewesen. Seit den Kreuzzügen taucht die Auffassung auf, daß eine Rieseneiche, die noch heute bei dem russischen Hospiz vor H. steht, leider aber jetzt im Absterben begriffen ist, der heilige Abrahamsbaum sei. Wenn auch Ramet el-ḫalîl die ältere Überlieferung für sich hat, so entspricht auch sie wenig den alttestamentlichen Angaben. Die Entfernung des Baumes von H. wäre zu weit (Guthe Realenc. IX³ 569). Gen. 13, 18 und 18, 1f. ist die Gründungssage für das Heiligtum ממרא‎(Gunkel Genesis³ 1910, 201), wie Gen. 23 die [2588] für die heilige Höhle in der Maχpela von H. Was ממרא‎ bedeutet — eine Entstellung von מוֹרֶה‎ Orakel[-Terebinthe] ? — ist unsicher. Der junge Midrasch (Gen. 14, 3) macht Mamre und Eschkol zu Personen. Das Heiligtum von H. ist schon zu Davids Zeit hochberühmt, II. Sam. 15, 17ff. David hat es nicht erst gegründet, wohl aber ist die Beziehung auf Jahwe in israelitischer Zeit erfolgt. Wenn man in Israel erzählt, daß in H. Jahwe dem Abraham erschienen, und dieser zum Dank den Altar von H. stiftete, so folgt daraus 1) das Heiligtum von H. ist älter als das historische Israel; 2) das Heiligtum von H. unterstand früher einem anderen Numen; 3) da H. bis zur Zeit Davids kalebitischer Besitz war und H. bereits zur Zeit Davids ein israelitisches Heiligtum ist, so wird die Verbindung H.s mit Abraham nicht erst durch Israel erfolgt sein, d. h. Abraham ist dann ein Heros oder Gott der Kalebiter oder ihrer Vorgänger. Ja er ist wohl das in H. verehrte Numen (oder eines der dortigen Numina), und Sara ist das weibliche Pendant. Das Numen ist schließlich zum Stifter seines Heiligtums geworden. Unter dem Firnis des Jahwismus in den Kult Israels aufgenommen, hat aber der Kult des ursprünglich selbständigen Numens sich zäh bis in die Gegenwart gehalten. Abraham ist mit den übrigen Patriarchengestalten einer der Nothelfer von Christen, Juden und Moslemen. Die Bittzettel, die man den Patriarchen in die Gräber wirft, gelten ihnen als Heiligen, Welis, Halb- oder Vollgöttern. Wie für den Juden H. neben Jerusalem, Tiberias und Safed, so ist für den Muslimen H. nach Mekka und Jerusalem die angesehenste heilige Stadt, und auch Christen wallfahrten zu der Abrahamseiche von H. Das ursprünglich heidnische Numen der uralten Handelsstadt hat ihr bei den Bekennern der drei monotheistischen semitischen Religionen bis jetzt ihre Hauptanziehungskraft gewahrt.
[Beer.]

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