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Gothicus, Siegerbeiname römischer Kaiser. Vor Claudius II. (268–270 n. Chr.) ist dieser Beiname nicht in Gebrauch; daß Caracalla daran gedacht habe, beruht nur auf einem Scherz, s. Geticus o. Bd. VII S. 1336. Claudius hat nach seinem glänzenden Sieg über die Goten bei Naissus im J. 269 den Siegernamen G. angenommen, CIL VIII 4876[1] = Dessau I 571, wo er Gothicus m(aximus), Parthicus m. genannt wird. Auch nach seinem Tod ist ihm dieser Beiname geblieben: auf Konsekrationsmünzen aus der Münzstätte in Tarraco (Eckhel VII 474. Cohen VI2 135, 53. Markl Numism. Ztschr. 1884, 420f.) steht Divo Claudio Gothico (merkwürdigerweise behauptet Cagnat Cours d’épigr. Lat.3 207, 3, daß sich dieser Beiname auf keinem Denkmal von unbestrittener Echtheit finde); ähnlich wie z. B. auch Traian nach seinem Tode divus Traianus Dacicus genannt wird, oder Verus divus Verus Parthicus maximus; und uns ist es geläufig, den Namen dieses Kaisers mit dem Beinamen G. zu verbinden. Wie sein Sieg über die Goten in gleicher Weise als victoria Germanica und victoria Gothica gefeiert wird, so führt er zum Siegestitel G. auch den schon früher angenommenen Germanicus, s. o. Bd. VII S. 1254f. Daher ist auch die Münze, die dem Kaiser die Namen Ger. Gothicus gibt (Eckhel VII 472) mit Unrecht wegen des Ger. verdächtigt worden. Vgl. auch Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 846, 4; 848, 2. Henze o. Bd. II S. 2460. Rappaport Die Einfalle der Goten in d. röm. Reich (Leipzig 1899) 88f., 3. L. Schmidt Gesch. d. deutschen Stämme bis zum Ausgang d. Völkerwanderung I (1904) 75.
Trotz Claudius Sieg bei Naissus hatte auch Aurelian einen Einfall der Goten unter Cannabas oder Cannabaudes (= Kniva?) abzuwehren, was ihm trefflich gelang, im J. 271, worauf auch er den Beinamen G. maximus erhielt, Rappaport 96f. Groag o. Bd. V S. 1377f.; Belege für die Führung des Titels 1356. Der Meilenstein aus dem J. 275, Dessau I 581, ist jetzt CIL XIII 8973.[2] Dazu kommt noch CIL III 12517[3] (?). XII 2673 = 5571 a. 5549; vgl. L. Schmidt a. a. O. 76, 2, ferner neuerdings eine Inschrift aus Segermes, in welcher Aurelian nur der Siegername Got. max. gegeben ist, Bull. du com. trav. hist. 1904, 455 = Rev. arch. VI (1905) 473, 116. Auch auf Papyrusurkunden finden wir diesen Titel beim Namen Aurelians: Pap. Lips. I n. 119 (aus dem J. 273; denn es ist nicht das 6., wie der Herausgeber liest, sondern das 5. Jahr angegeben, Wilcken Pap. Arch. III 569): Γουντικὸς μέγ(ιστος); ebenso Pap. Oxy. VII 177f., 1036 (vom 10. Oktober 272) Γ[ο]υ[ντ]ικὸς μέγιστος (der Herausgeber schreibt Γ[ο]υ[νθ]ικὸς und vermutet Pap. Ox. VI S. 206, daß auch in dem zitierten Pap. Lips. so zu schreiben sei, L. Schmidt a. O. 472f. Γ[ο]υ[τθ]ικὸς). Die Inschrift aus Cosa, CIL XI 2635,[4] wo Gotico Germanico steht, kann von Claudius oder Aurelian sein. [1684]
Kaiser Tacitus besiegte gemeinsam mit seinem Bruder und Gardepräfekten Florianus die Goten, die auf die Nachricht von dem Tode Aurelians in Kleinasien eingefallen waren, und erhielt dafür den Siegerbeinamen G. maximus, s. o. Bd. III S. 2875. Rappaport 101f. Florianus setzte, nach der Ermordung des Tacitus selbst zum Kaiser erhoben, den Krieg erfolgreich fort (Zosim. I 64, 2), fand aber dann durch eine Soldatenverschwörung den Tod, und erst der gegen ihn ausgerufene Kaiser Probus konnte die Vertreibung der Goten vollenden; vgl. Rappaport 103. Dannhäuser Untersuchungen zur Gesch. des Kaisers Probus (Jena 1909) 47. Schon damals hat er den Namen G. angenommen (CIL XI 1178 b[5] = Dessau I 594 Gutthico), aber auch später noch führte er so wie am Rhein gegen Alamannen, Franken, Burgunder und Vandalen, so an der unteren Donau Kämpfe gegen gotische Scharen, und daher erscheint unter seinen Siegesnamen neben Germanicus auch Gothicus maximus, s. o. Henze Bd. II S. 2521. Rappaport 103f. Dannhäuser 59–61). Auf einem Papyrus aus dem British Museum (Pap. Lond. III 176f., 1243, dazu Wilcken Pap. Arch. IV 553) ist von den Siegernamen des Kaisers Probus nur Γοθεικὸς μέγι[στ]ος sicher erhalten. In einer von der Stadt Nikopolis ad Istrum gesetzten Kaiserinschrift (IGR I 582; vgl. 1424), in welcher der Name des Kaisers nicht erhalten ist, scheint neben Παρθικὸν μέγιστον auch Γετικὸν (ἘÙÜΙΚΟΝ) μέγιστον erhalten zu sein, womit vielleicht Probus gemeint ist, doch wäre auch Aurelian oder Claudius nicht ausgeschlossen.
Aus der späteren Zeit erfahren wir von Kämpfen gegen die Goten weniger, doch scheint daran eher der Zustand unserer Überlieferung schuld zu sein, als daß wir daraus etwa einen Schluß auf die wirklichen Verhältnisse ziehen dürften. So hatte z. B. noch Rappaport 107 die Kämpfe gegen die Goten unter Diokletian im J. 297 für bedeutungslos erklärt und Zweifel daran geäußert, ob die Inschriften aus Gunugu in Mauretanien, CIL VIII 21447–21449,[6] die aus diesem Jahre stammen, richtig zusammengesetzt seien, weil hier Diokletian als [G]oticus maximus bezeichnet ist geradeso wie in der Parallelinschrift für Maximian auch dieser wahrscheinlich [Goticus] maximus. Dieser Zweifel wird jetzt durch ein Papyrusdokument beseitigt. In dem Pap. Oxy. VI 206, 889 führen Diokletian und Maximian (ihre Namen sind nicht erhalten, doch ist die Beziehung auf sie völlig gesichert) u. a. den Titel [Γε]ρμανικὸς μέγιστος, Γουνθικ[ὸς μέγιστος] (der zweite ist nur bei Diokletian erhalten). Sonst finden wir auf keiner der bisher bekannten Urkunden aus der diokletianischen Zeit diesen Titel; er fehlt z. B. auch unter den vielen Siegestiteln der Kaiser in dem Edictum Diokletians über den Maximaltarif.
Was wir von den folgenden Kaisern über die Annahme des Siegernamens G. wissen, beruht gleichfalls nur auf den Zufälligkeiten unserer Überlieferung. Bloß bei Konstantin d. Gr. erscheint der Name in mehreren Inschriften, bei Constantius II. nur auf einer sicheren, ebenso bei Valentinian, Valens und Gratian nur in der Inschrift der Brücke zur Tiberinsel. Fast zwei [1685] Jahrhunderte, bis auf Iustinian, der wieder eine ganze Menge von Siegestiteln aufnimmt, finden wir solche bei keinem Herrscher. Auffällig ist es auch, daß mit einer einzigen, nicht ganz sicheren Ausnahme (s. o.) der Name G. auf keiner griechischen Inschrift begegnet.
Constantin d. Gr. besiegte die Goten zuerst in der Dobrudscha, wahrscheinlich im J. 315, und dann noch zweimal, im J. 323 und 332, Schiller II 199. 220. Rappaport 108–117. Ruggiero Diz. epigr. II 649. Schmidt a. a. O. 81. Maurice Numismatique Constantinienne XCVII. CI. CLVII. (Die Vermutung von Schiller II 197, 2 und Maurice, daß Constantin zuerst den Titel G. wegen des Sieges über Licinius erhalten habe, in dessen Armee viele Goten waren, hat nicht viel Wahrscheinlichkeit). Doch finden wir nirgends eine Iterationsangabe dieses Titels, CIL III 352[7] = 7000. VIII 8412 (= Dessau I 696). 8477 (= Dessau I 695). XI 5265 (= Dessau I 705); hier nur Got(hicus) ohne maximus, in der erstgenannten Inschrift maximus Guth(icus), wobei aber maximus vielleicht zu dem vorhergehenden Siegestitel gehört. Auch auf Münzen Constantins ist die victoria Gotica gefeiert (Eckhel VIII 90. Cohen VII 623), und der Fastenkalender des Philocalus verzeichnet vom 4.–9. Februar ludi Gothici, deren Einrichtung wohl auf Constantin zurückgeht, Mommsen CIL I p. 386[8] = I2 p. 258. An dem Kampf im J. 332 hatte Constantins ältester Sohn Constantin II. den Hauptanteil. Daher scheint er bei dieser Gelegenheit auch den Beinamen G[oth(icus) max(imus)] erhalten zu haben, wie wir demnach CIL III 12483[9] = Dessau I 724 wahrscheinlich ergänzen müssen, vgl. Ruggiero II 658.
Constantius II. hat den Ehrennamen G. wohl erst in der Zeit nach Constantins d. Gr. Tod erworben, CIL III 3705[10] = Dessau I 732 (nach der verbesserten Lesung CIL III 10617[11] aus dem J. 354): Germanic(us) Gohticus maximus vgl. L. Schmidt a. a. O. 85.
Valentinian I., Valens und Gratian haben jeder auf der schon erwähnten Brückeninschrift (CIL VI 1175[12] = Dessau I 771, wahrscheinlich aus dem J. 369; eine genaue Datierung ist, da die Zahlen fehlerhaft sind, nicht möglich) wegen der Kämpfe, die Valens führte und im J. 369 durch einen ehrenvollen Frieden mit dem König Athanarich (vgl. auch CIL III 7494[13] = Dessau I 770) abschloß, den Titel Gothic. max. Speziell Valens wird auch in der Dedikation Eutrops Gothicus maximus genannt (aber nur in der hsl. Gruppe, die Droysen als B bezeichnet, die übrigen haben bloß Valenti maximo); vgl. Schmidt a. a. O. 86–89.
Iustinian endlich nahm, noch ehe ihm die Besiegung der Ostgoten in Italien gelungen war, unter vielen anderen ruhmredigen und unverdienten (vgl. Agathias hist. I 4) Triumphnamen auch den eines G. an, CIL III 13673[14] (Milet). CIG IV 8636 (Trapezunt). Cod. Iust. I 27, 1 (aus dem J. 534). Chron. Pasch. I 636 Dind. (aus dem J. 552); ebenso in der des Kaisers gegen die Bischöfe Anthimus, Severus, Petrus und Zooras aus dem J. 536, Mansi Sacrorum conciliorum collectio VIII 1150.
[Stein.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 4876.
Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 8973.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 12517.
Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 2635.
Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 1178.
Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 21447.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 352.
Corpus Inscriptionum Latinarum I, 386.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 12483.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 3705.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 10617.
Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1175.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 7494.
Corpus Inscriptionum Latinarum III, 13673.
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