ART

70) Q. Fulvius Gillo Bittius Proculus. a) Name. Der ganze Name in den Arvalakten CIL VI 2074, 72 (an vielen anderen Stellen unvollständig erhalten). Der Hauptname allein, Q. Bittius Proculus, findet sich gleichfalls in den Arvalakten (CIL VI 2080 = 32375, 22f. 26. 45), ferner in griechischen Inschriften (Βίττιος Πρόκλος, Hicks Greek inscr. III 500; [Βίττ]ιος Πρόκλος, Bull. hell. XII 63) und auf einer Münze (Βίτ. Πρόκ[λῳ] s. u.). Demnach ist die Lesung Bittius Proculus, die der Codex Mediceus der Pliniusbriefe (IX 13, 13) bietet, die richtige gegenüber der Form Vettius Proculus in den meisten Textrezensionen, vgl. Dessau Prosop. imp. Rom. II 93 nr. 369.

b) Die Nomenclatur des Proculus scheint dafür zu sprechen, daß er der Sohn des M. Fulvius Gillo [252] (Nr. 68) war und von einem Bittius Proculus adoptiert wurde (vgl. Mommsen Hist. Schr. I 404ff.). Wie Plinius gelegentlich bemerkt (ep. IX 13, 13), war Proculus der Stiefvater von Plinius’ zweiter Gattin, die dieser im J. 97 oder kurz vorher durch den Tod verlor (ebd. 13, 4). Die reiche Gutsbesitzerin Pompeia Celerina (vielleicht die Tochter des L. Pompeius Vopiscus C. Arruntius Catellius Celer cos. 72), Plinius’ Schwiegermutter (ep. I 4. 18, 3. III 19, 8. VI 10, 1; ad Tr. 51), dürfte in zweiter Ehe die Gemahlin des Proculus gewesen sein (vgl. Mommsen Hist. Schr. I 270).

Im J. 97 war Proculus zugleich mit Publicius Certus Praefect des Aerariums (Plin. IX 13, 11. 13. 23) und zwar allem Anschein nach des Aerarium Saturni (auf dessen Verwaltung folgte gewöhnlich der Consulat; die Praefectur des Aerarium militare stand niedriger im Range und war überdies dreigliedrig, vgl. o. Bd. I S. 671f.; zur Zeitbestimmung vgl. Mommsen Hist. Schr. I 372). Jedenfalls waren Certus und Proculus von Domitian zu Praefecten ernannt worden; doch ist es fraglich, ob ihre Amtsführung, wie sonst üblich, drei Jahre währte, da ersterer vermutlich vorzeitig seiner Stellung enthoben wurde (vgl. Plin. ep. IX 13, 23). Als Plinius nach dem Tode Domitians dessen einstiges Werkzeug, Publicius Certus, im Senate angriff, setzte sich Proculus für den Kollegen ein (Plin. ebd. 13, 13). Wohl noch in demselben Jahre (97) traten beide von der Direktion der Staatskasse zurück und wurden durch Plinius und C. Iulius Cornutus Tertullus abgelöst (vgl. Mommsen Herm. III 90 = Hist. Schr. 1424); doch nur Proculus erhielt den (Suffect-) Consulat (Plin. IX 13, 23). Man wird mit Mommsen (a. a. O.) annehmen können, daß er im Januar 98 zum Consul designiert wurde und die Fasces noch im Verlaufe dieses Jahres führte (die Inschrift CIL VI 5, 616*, die für den 3. Dezember ein Consulnpaar Vettius Proc(u)lus und Iulius Lupus bezeugt, ist gefälscht – wie die Namensform Vettius beweist, nicht einmal nach einem antiken Vorbild, vgl. Mommsen Hist Schr. 1373,5; die Folgerung Heberdeys Österr. Jahresh. VIII 1905, 233, 5, daß Proculus vor Caepio Hispo [o. Bd. VI S. 260f.] Consul gewesen sein müsse, weil er vor ihm Proconsul von Asia gewesen sei, ist nicht unbedingt beweiskräftig, weil bei der Losung um Asia auch andere Rücksichten neben der Anciennität maßgebend waren, vgl. Mommsen St.-R. II³ 251f.). Im J. 101 finden wir Proculus als Mitglied der Arvalbrüderschaft genannt (CIL VI 2074), in welche er nach dem J. 91 Aufnahme gefunden haben wird (in den ziemlich vollständigen Listen der J. 89 bis 91 begegnet sein Name noch nicht). Er erscheint dann wieder in den Akten des J. 105 (CIL VI 2075). Im Proconsulatjahre (Frühsommer) ) 115/116 hatte er die Verwaltung von Asia (Inschriften von Ephesos, Hicks Greek inscr. Brit. Mus. III 500, und Kyzikos, Bull. hell. XII 1888, 63; Münze von Hyrkanoi, Waddington Bull. hell. VI 1882, 288 = Head Greek coins, Lydia p. LXV; die Zeit ergibt sich aus dem Beinamen Π[αρθικός] und der 11. imperatorischen Akklamation Traians in der kyzikenischen Inschrift; auf dem Denkmal, das die Ephesier Traian dedizierten, [253] und auf der Münze fehlt nicht nur Parthicus, sondern auffälligerweise auch Optimus, s. Lechat und Radet Bull. hell. a. a. O. Waddington Fast. d. prov. As. nr. 118; Bull. hell. VI 288. Heberdey Österr. Jahresh. VIII 1905, 231. Dessau Prosop. imp. Rom. II 93 nr. 369).

In den J. 117 und 118 war Proculus wieder in Rom und nahm an den Kulthandlungen der Arvalbrüder teil (CIL VI 2076. 2078 = 32 374). Vor dem 7. Februar 120 ist er gestorben; an diesem Tage wurde an seiner Stelle P. Manlius Carbo unter die Fratres Arvales kooptiert (CIL VI 2080 = 32 375). Einer seiner Freigelassenen, Bittius Thallus, hatte zuletzt als sein Kalator im Arvalkolleg fungiert (CIL VI 2080 = 32 375, 44ff., auch der ebd. genannte Bittius Callistratus war ein Libertine des Proculus; vgl. Mommsen St.-R. I³ 359, 6. Vaglieri Not. d. scavi 1897, 318).
[Groag.]

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