ART

59) Q. Fulvius Flaccus M. f. Q. n. (Fasti Cap.) war der bedeutendste Mann dieses Zweiges der Fulvier. Er war Consul zum erstenmal mit L. Cornelius Lentulus Caudinus 517 = 237 (Fasti Cap. Chronogr. Eutrop. III 2, 1. Cassiod. Zonar. VIII 18) und unternahm mit ihm einen Feldzug gegen die Kelten in Oberitalien (Zonar.; vgl. o. Bd. IV S. 1378, 5ff.), statt deren Eutrop (und Flor. I 19, 5, wo aber wohl eher an seinen Sohn Nr. 61 zu denken ist) die Ligurer nennt. 523 = 231 wurde F. Censor mit T. Manlius Torquatus, doch mußten beide wegen fehlerhafter Wahl abdanken (Fasti Cap.; vgl. die Bezeichnung des F. als Censor bei Liv. XXIII 30, 18. XXV 5, 3. XXVIII 45, 2). Mit demselben Manlius erhielt F. zum zweitenmal 530 = 224 das Consulat (Fasti Cap. Chronogr. Polyb. II 31, 8. Oros. IV 13. 11. Cassiod.; mit Entstellung des Cognomens Idat. und Chron. Pasch.) und das Kommando gegen die Kelten und überschritt als erster römischer Feldherr den Po (Polyb. Oros.). 537 = 217 führte er dem Dictator Q. Fabius Maximus das Heer des einen Consuls zu (Liv. XXII 12, 1 ohne Praenomen), und 538 = 216 wurde er Pontifex (Liv. XXIII 21, 7 vgl. XXV 5, 2f.). Für 539 = 215 übernahm er die städtische Praetur (Liv. XXXIII 24, 4. 30, 18 vgl. 32, 4), hatte aber namentlich für den Krieg Sorge zu tragen, so für den Küstenschutz (ebd. 32, 15. 18), für die Verstärkung der Truppen in Sardinien (ebd. 34, 13f.), für die Kriegsgefangenen (ebd. 47, 7), für die Lieferungen an die spanische Armee (ebd. 48, 10ff.). Er wurde für das folgende J. 540 = 214 als Praetor wiedergewählt und in außerordentlicher Weise mit der Führung der städtischen [244] Geschäfte betraut (ebd. XXIV 9, 4f.). Ende 541 = 213 wurde er von dem für die Abhaltung der Wahlen bestellten Dictator C. Claudius Centho zum Reiterobersten ernannt (ebd. XXV 2, 3f.) und dann für 542 = 212 selbst zum Consul gewählt zusammen mit einem Bruderssohn des Dictators Ap. Claudius Pulcher (Fasti fer. Lat. CIL I2 p. 57.[1] Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XXV 3, 1. XXVII 23, 5. Fest. 326. Frontin. strat. IV 1, 44. Cassiod.). Dagegen bewarb er sich vergebens um die Oberpriesterwürde (Liv. XXV 5, 3). Nachdem er die Angelegenheiten in Rom geordnet hatte (Liv. XXV 3, 3. 7. 19. 5, 5. 7, 2. 12, 1f.), ging er mit seinem Kollegen auf den Kriegsschauplatz nach Samnium ab. Da zu erwarten war, daß sie sich mit aller Macht gegen Capua wenden würden, suchte Hannibal diese Stadt genügend zu verproviantieren, und Hanno brachte bei Benevent zahlreiche Vorräte zusammen; auf die Nachricht davon eilte F. herbei und nahm nach heftigem Kampfe das feindliche Lager mit allen Vorräten (Liv. XXV 13, 1–15, 3 mit starken Ausschmückungen. Appian. Hann. 37). Beide Consuln rückten darauf in Campanien ein, verwüsteten das Land, lieferten dem Feinde mehrere kleine Gefechte mit wechselndem Ausgang, erreichten aber gegen Ende des Jahres ihren Zweck, indem sie Capua vollständig einschlossen und die regelrechte Belagerung eröffneten (Liv. 18, 1–19, 8. 20, 1–4. 22, 1–16. Appian. a. O.), die F. auch fortsetzte, während Claudius zu den Wahlen nach Rom ging (Liv. 41, 10), und während in Rom die Verurteilung seines Bruders Cn. Nr. 54 erfolgte, der vergebens auf seine Hilfe rechnete (Liv. XXVI 3, 10–12). Für das J. 543 = 211 wurden beide Consuln mit prorogiertem Imperium ausgestattet und beauftragt, die Belagerung Capuas mit aller Kraft bis zu Ende durchzuführen (Liv. XXV 41, 13. XXVI 1, 2). Es gelang ihnen, der bei Ausfällen der Belagerten zu Tage tretenden Überlegenheit der campanischen Reiterei zu begegnen (Liv. XXVI 4, 1–10; daraus Val. Max. II 3, 3. Frontin. strat. IV 7, 29) und vor allem einen Entsatzversuch Hannibals abzuschlagen, wobei F. die römischen Verschanzungen mit Mühe gegen den Angriff der Punier verteidigte, während Claudius mit geringerer Anstrengung die aus der Stadt hervorbrechenden Campaner zurücktrieb. Livius läßt auf seinen ausführlichen Bericht darüber XXVI 5, 1–6, 8 in größerer Kürze einen abweichenden 6, 9–13 folgen; abweichend ist auch die Darstellung des Polyb. IX 3, 1–4, 6 und ganz kurz der Hinweis Appians Hann. 38. Jedenfalls aber war Hannibals Unternehmung gescheitert, und er faßte daraufhin den Plan, durch einen plötzlichen Vorstoß gegen Rom die Aufhebung der Belagerung Capuas zu erzwingen. Auch über diese berühmte Episode gehen die Berichte weit auseinander. Nach Polybios, der bei der Belagerung Capuas überhaupt nur Appius und niemals F. nennt, blieb die Belagerungsarmee unbeweglich auf ihrem Posten (IX 7, 7); nach Livius, der am Schluß Coelius zitiert (XXVI 11, 10), wurde F. mit einem Teil des Heeres von Capua abberufen, erhielt gleiches Imperium mit den beiden Consuln, lagerte vor dem Serviuswalle und stellte sich zweimal schlachtbereit auf, [245] ohne daß es zum Kampfe kam (8, 1. 7–11. 9, 4f. 10. 10, 1–11, 13. XXVIII 41, 13. Flor. I 22, 43. Oros. IV 17, 4. Sil. Ital. XII 570ff. XVI 626); auch Appian. 40–42 und Zonar. IX 6 stimmen damit im ganzen überein. Gegen die entschiedene Bevorzugung des Polybianischen Berichtes (vgl. z. B. H. Haupt Mélanges Graux 23ff.) sind von Ihne R. G.2 II 310ff. (vgl. auch Neumann Zeitalter der pun. Kriege 439f. Delbrück Gesch. der Kriegskunst I2 355) beachtenswerte Bedenken geltend gemacht worden, ohne daß deshalb alle Einzelheiten des Livianischen als glaubwürdig betrachtet wurden. Der Hauptzweck Hannibals ist auch diesmal nicht erreicht worden, und damit war Capuas Schicksal entschieden. Auf die Übergabe der Stadt folgte ihre harte Bestrafung; die Berichte stellen vor allem F. als den blutdürstigen und unerbittlichen Rächer des Abfalls hin (Liv. XXVI 12, 1–16, 13. 27, 7. XXXVIII 43, 9 wieder mit einem Hinweis auf abweichende Berichte. XXVI 16, 1–4; daraus Val. Max. II 8, 4. III 2 ext. 1. 8, 1. V 2, 1. Vell. II 8, 3. Oros. IV 17, 12. Sil. Ital. XI 114f. XIII 95ff. Appian. 43. Zonar. IX 6, vgl. Plut. comp. Per. et Fab. 2, 1). Aber seine strengen Maßregeln wurden im Anfang des folgenden J. 544 = 210 trotz der Klagen der Campaner vom Senat bestätigt und noch verschärft (Liv. XXVI 27, 10–15. 30, 12. 33, 1–34, 13), ihm selbst wurde das Kommando, allerdings nur mit einer Legion, verlängert (ebd. 28, 6–8. 13) und die Ausführung der Beschlüsse gegen die Campaner übertragen (ebd. XXVIII 3, 1–7). Ende des Jahres wurde infolge eines Konflikts zwischen dem Consul M. Valerius Laevinus und dem Senat F. in einer ganz ungewöhnlichen Form – durch ein Plebiscit, dem der andere Consul M. Marcellus Folge leistete, – zum Dictator ernannt (ebd. 5, 17–19. Plut. Marc. 24, 8. 25, 1, vgl. Mommsen St.-R. II 150), hielt als solcher die Comitien ab und setzte trotz heftigen Widerstandes durch, daß für 545 = 209 er selbst zum viertenmale zum Consul gewählt wurde, zusammen mit Q. Fabius Maximus, der das Amt zum fünftenmale erhielt (Liv. XXVII 6, 1–12. 7, 7. XXIX 15, 2. Cic. leg. agr. II 90. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Cassiod.). Er erhielt das Kommando in Lucanien und Bruttium mit zwei Legionen (Liv. XXVII 7, 7. 9f., vgl. 8, 11f.), leitete in Rom, wo ihn auch andere Geschäfte in Anspruch nahmen, die Censorenwahlen (ebd. 11, 7), ging dann über Capua (ebd. 12, 2) zum Heere ab und nahm die Unterwerfung der Hirpiner und Lucaner entgegen, die er mild behandelte (ebd. 15, 2f.). Ohne sonst etwas erreicht zu haben (20, 9), kehrte er Ende des Jahres zu den Wahlen heim (ebd. 13). Bei Capua hatte in diesem Jahre der Praetor T. Quinctius Crispinus den Befehl geführt; im folgenden J. 546 = 208 tauschte dieser als Consul mit F. als Proconsul seinen Posten (ebd. 22, 4. 25, 6); als er dann am Ende seines Amtsjahres starb, wurde 547 = 207 wiederum F. mit nochmals erneuertem Imperium sein Nachfolger (ebd. 35, 13f. 36, 13. 40, 14. 42, 17). Im J. 549 = 205 soll F. bei den Senatsverhandlungen über die afrikanische Expedition des neuen Consuls Scipio gegen diesen aufgetreten sein (ebd. XXVIII 45, 2–7); dies ist seine letzte Erwähnung, und [246] nicht lange darauf muß er, da er bereits hochbejahrt war, gestorben sein. Seine Gemahlin war Sulpicia, die Tochter des Ser. Sulpicius Paterculus, die gelegentlich der Weihung eines Bildes der Venus Verticordia als die ehrbarste aller Matronen anerkannt wurde (Val. Max. VIII 15, 12. Plin. n. h. VII 120. Solin. I 126 p. 30, 8 M.² mit dem Praenomen M.); aus ihrer Ehe gingen drei Söhne hervor Nr. 61, 57 und L. Manlius Acidinus Fulvianus.
[Münzer.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum I, 57.

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