Fucinus lacus, Lago di Celano, im Gebiet der Marser (u. a. Suet. Claud. 20. Vib. Sequ. 153 Riese. Paul. hist. Langob. II 20), heute durch die auf Kosten des Fürsten A. Torlonia 1855–75 ausgeführten Entwässerungsarbeiten bis auf einen geringen Teil trockengelegt und zu fruchtbarem Ackerland gemacht, war bis dahin eine ausgedehnte Wasserfläche von ca. 150 qkm. Oberfläche. Das Kesseltal von Celano, in welchem er lag, ist ein typisches Karstpolje, und der See wies auch alle Eigenschaften eines Karstsees auf: keine oberflächliche Entwässerung, Ponore am Rand und Grund, bedeutende Schwankungen des Wasserstandes (Lykophr. Alex. 1275 und Schol. Strab. V 240. Seneca nat. quaest. III 3). Viel gefabelt wurde über den heute ,Pedogna‘ genannten Ponor an der Westseite, in dem das Wasser verschwand. Man erzählte von dem Fluß Pitonius (Pedogna), der von den Paelignerbergen kommend (wohl der in den See mündende Iuvencus) den See durchfloß, ohne sich mit dessen Wasser zu mischen, dann am anderen Rand in das Erdinnere eintrat und bei Subiaco als Aqua Marcia angeblich hervorkam (Vib. Sequ. 150 Riese. Plin. II 224. XXXI 41). Verstopfung der Ponore und übermäßige Niederschläge haben den See des öfteren zu einer für die umwohnende Bevölkerung und deren Besitz gefährlichen Höhe steigen lassen. Im J. 137 v. Chr. trat der See per milia passuum quinque quoque versus aus (Obsequ. 24), im J. 117 n. Chr. [193] hat der Senat dem Traian eine Ehreninschrift (CIL IX 3915)[1] ob reciperatos agros et possess[ores reductos] quos lacus Fucini violent[ia exturbaverat] gewidmet. Strabons Darstellung der Größe der Überschwemmungen (μέχρι τῆς ὀρεινῆς a. O.) mag übertrieben sein. Da ferner die Sumpfzone um den See (Sil. Ital. VIII 507 per udos Alba sedit campos, dazu Plin. III 106. Serv. Aen. VII 750. Myth. Vatic. II 136) gewiß gesundheitsgefährdend war und durch seine Trockenlegung viel Ackerland gewonnen werden konnte, so hatte schon Caesar den Plan der Trockenlegung gehegt, Suet. Caes. 44. Gesuche der Marser an Augustus um Ableitung des Wassers blieben unberücksichtigt, Suet. Claud. 20.
Als sich Privatunternehmer unter Claudius an die Sache machen wollten – sie verlangten den Besitz der gewonnenen Ländereien –, nahm der Kaiser non minus compendii spe quam gloriae die Sache in die Hand. Der Entwässerungsstollen wurde per tria passuum milia (genauer 5640 m) partim effosso monte (Monte Salviano) zum Liris hin durchgeschlagen post undecim annos quamvis continuis XXX hominum milibus sine intermissione operantibus (Suet. a. O.). Plin. XXXVI 124 ist des Lobes voll für die auch trotz ihrer Mängel außerordentliche Leistung. Nach Tac. ann. XII 57 war die incuria operis manifesta, als man nach großen Feierlichkeiten und Festspielen am See (a. O. 56. Martial, sp. 28. Suet. Claud. 21. 32) das Wasser ablassen wollte und sah, daß der Stollenmund eine ungenügend tiefe Lage hatte; man mußte daher eine andere Öffnung durchschlagen. Hofintriguen wälzten die Schuld an dem teilweisen Mißlingen des Werkes auf den allmächtigen Narcissus (Tac. a. O. Cass. Dio LX 33). Wie Tacitus spricht sich auch Cass. Dio LX 11, 5 tadelnd aus.
Verstopfung des Emissars, der den See auf einer bestimmten Höhe erhalten sollte, hatte die Ansbesserungsarbeiten unter Traian (s. o.) und Hadrian (Hist. aug. Hadr. 22 Fucinum lacum emisit) zur Folge. Ein neuerlicher Versuch begegnet erst unter Kaiser Friedrich II. 1240, Böhmer Reg. Imp. V 3000.
Der See wurde nach den Inschriften CIL IX 3656.[2] 3847. 3887 göttlich verehrt.
Eine besondere Fischart erwähnt Plin. IX 73. Sonst ist der See noch genannt Liv. IV 57. Verg. Aen. VII 750. Sil. Ital. IV 344. Solin. II 4. 27 (Sagen). Sidon. ep. I 5. 8 (?). Hist. misc. V 9. Die außerordentlich reiche Literatur vom 17. bis Ende des 19. Jhdts. gibt K. Hassert Globus 1897, 88f. an. Diagramme der Entwässerungsanlagen aus der Claudischen Zeit bei G. Kramer Der Fuciner See, Berlin 1839. Über die neueren Anlagen u. a. Betocchi Del prosciugamento del lago Fucino, Rom 1873. Brisse et Rotrou Desséchement du lac Fucino 1876; vgl. im allgemeinen Nissen Ital. Landesk. I 289. II 450.
[Weiss.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 3915.
Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 3656.
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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