Formiae, Stadt der Aurunker in Latium am Tyrrhenischen Meer (Ptolem. III, 1, 5. Flor. I 11. Iord. Rom. 143), 88 Millien von Rom an der Via Appia gelegen (Cic. ad Quint. fr. I 1, 6. 17. Hor. Sat. I 5, 37. Strab. V 233. Augustin. epist. 94. Itin. Ant. 108. 121; Hieros. 611. Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32. 33. 34, V 2; Meilensteine von F. mit den Meilenangaben bis 87, CIL X 6859–6863),[1] heute Mola di Gaeta oder Formia. Im Rücken der Stadt erheben sich Berge bis zu beträchtlichen Höhen. Formiana saxa Liv. XXII 16, 4, vgl. XXXIX 44, 6. Die halbkreisförmige, nach Süden offene Bucht (Formianus sinus Symm. epist. VII 18. VIII 23), im Westen flankiert vom Kap Torre d'Orlando mit dem Grabmal des Munatius Plancus auf der Höhe, ist und war ein ausgezeichneter Ankerplatz. Mit Rücksicht darauf leitete etymologische Spielerei F. von ὅρμος ab (Strabon a. O. Φορμίαι ... Ὁρμίαι λεγόμενον πρότερον διὰ τὸ εὔορμον. Fest. p. 83 M. Formiae oppidum appellatur ex Graeco velut Hormiae, quod circa id crebrae stationes tutaeque erant, unde proficiscebantur navigaturi. Plin. III 59. Serv. Aen. VII 695, vgl. o. Art. Caietae portus). Cic. ad Att. II 13, 2. Horat. carm. III 17, 6. Ovid. met. XIV 233. Sil. Ital. VII 276. VIII 530. Plin. III 59. Solin. II 22. Symm. ep. VIII 23. Mart. Cap. VI 641 verlegen den Sitz der Homerischen Laestrygonen und ihrer Könige Antiphates und Lamus (daher das scherzhafte Gedicht des Horaz an Aelius Lamia, s. o. Aelius Nr. 76) nach F. (vgl. Haupt Herm. I 37). Über die Verknüpfung des Ortes, besonders aber des zu seinem Gebiet gehörigen Caieta mit der Argonauten- und Aeneassage s. o. den Art. Caieta. Strabon a. O. schreibt F. lakonischen Ursprung zu, zumal er in Caieta ein lakonisches Wort zu erkennen glaubt. Über die älteste Geschichte von F. wissen wir nichts. Die volskische Herrschaft hat allem Anschein nach in der Sprache der Bevölkerung Spuren zurückgelassen (Fest. 293 M.). Im Latinerkrieg 338 v. Chr. wurde den Formianern die civitas sine suffragio gegeben, nach Liv. VIII 14, 10 als Auszeichnung quod per fines eorum tuta pacataque semper fuisset via, vgl. Vell. I 14 (nach diesem im J. 332). Dion. Hal. XV 7, 4. Fest. 127 M. Die Rechtsprechung lag dem vom römischen Praetor delegierten Praefectus ob (Fest. 233 M.). Im Kriegsjahr 295 plünderten die Samniten die Feldflur der Untertanengemeinde (Liv. X 31, 2). Diese erhielt im J. 188 v. Chr. auf Antrag des Volkstribunen C. Valerius Tappo das Vollbürgerrecht und wurde der Tribus Aemilia zugeteilt (Liv. XXXVIII 36. Cic. ad Att. II 14, 2; vgl. Kubitschek Imp. Rom. tributim discr. 19). Nach der Angabe des Lib. col., Feldm. I 234 wäre F. von den Triumvirn zur Colonie gemacht worden. Dagegen spricht, daß Plinius a. O. F. als oppidum bezeichnet. Es scheint vielmehr aus dem Namen der Stadt auf einer Inschrift des J. 197 n. Chr. (CIL X 6079)[2] col. Aelia Hadriana Augusta Formiae hervorzugehen, daß sie erst von Hadrian im Rang erhöht worden ist (vgl. CIL VIII 8207.[3] X 5058.[4] 6090. 6094). Seit dieser Zeit stehen an der Spitze der Gemeinde statt dreier Aedilen Duovirn (Mommsen CIL X p. 603).[5]
Das Gebiet von F. wurde von den Seeräubern [2858] vor ihrer Niederwerfung durch Pompeius (Cic. de imp. Cn. Pomp. 33), die Stadt selbst von Sextus Pompeius heimgesucht (Flor. II 18, 2). Eine arge Schädigung erlitt sie durch das unredliche Gebaren (Veruntreuung der Gemeindegelder) des Vitellius vor seiner Erhebung zum Kaiser (Suet. Vit. 7, 2), um 400 n. Chr. war sie gänzlich verarmt, so daß die Ausbesserung eines Bades erst von dem Stande der Finanzen abhängig gemacht wurde (Symm. ep. IX 136). Curatores der Colonie nennen die Inschriften CIL VIII 8207.[3] X 5058.[4] 5654.
Infolge des angenehmen Seeklimas (Martial. X 30. Symm. ep. V 69) war F. und Umgebung ein Sommeraufenthalt der römischen vornehmen Welt. Cicero und viele seines Kreises hatten dort ihre Villen (de re publ. I 61; nat. deor. III 86; ad Att. IV 2, 7. XV 13, 5; ad fam. VIII 17. XVI 12, 5 usw.), Cicero selbst fand auf der Flucht aus seinem Formianum den Tod (Seneca suas. VI 17. Aurel. Vict. de vir. ill. 81, 7). Symmachus hielt sich des Sommers sehr oft in F. auf (Seeck Symmach. p. LXf.); vgl. sonst noch Tac. ann. XVI 10. Aus F. stammte der berüchtigte Emporkömmling Mamurra (Catull. 41, 4. 43, 5. 57; daher Mamurrarum urbs Hor. sat. I 5, 37, dazu Acron: in Formias civitatem, quia Mamurrae quidam fratres dicebantur senatores, qui maximam partem Formianae civitatis possidebant. ideo dicebatur Mamurrana civitas usw.), der als praef. fabrum unter Caesar in Gallien große Reichtümer erwarb (Plin. XXXVI 48). Eine Inschrift aus dem Gebiet von F. nennt einen Publius Mamurra (Not. d. scavi 1908, 391f. mit Kommentar).
Über Prodigien in F. berichtet Liv. XXXII 1, 10. 29, 2. XXXV 21, 4. XL 2, 4. Obsequ. 14. Oros. IV 4. Bekannt war der Wein von F. (Hor. carm. I 20, 11. III 16, 34. Athen. I 26 e). Ein Erlaß des Pius bezüglich des Seefischereirechtes an die piscatores Formiani läßt auf berufsmäßigen Fischereibetrieb der Formianer schließen. Literatur: CIL X p. 602.[6] Nissen Ital. Landesk. II 659f.
[Weiss.]
Anmerkungen (Wikisource)
Corpus Inscriptionum Latinarum X, 6859.
Corpus Inscriptionum Latinarum X, 6079.
Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 8207.
Corpus Inscriptionum Latinarum X, 5058.
Corpus Inscriptionum Latinarum X, 603.
Corpus Inscriptionum Latinarum X, 602.
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